Anfragebeantwortung zu Indonesien: Verbreitung von FGM, rechtliche Bestimmungen und Organisationen [a-11204-4 (11207)]

27. März 2020

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Verbreitung

Das indonesische Gesundheitsministerium führte im Jahr 2013 eine Umfrage zur Basisgesundheit (RISKESDAS 2013) unter fast 300.000 Haushalten durch.[1] Laut dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) seien, unter Berufung auf die Ergebnisse der RISKESDAS 2013, 49 Prozent der indonesischen Mädchen, die jünger als 12 Jahre alt sind, von weiblicher Genitalverstümmelung (FGM) betroffen. (UNICEF, Jänner 2020)

Die Verbreitung innerhalb des Landes variiere stark zwischen den Provinzen: im Osten des Landes liege sie bei unter 10 Prozent (UNICEF, Jänner 2020), am geringsten sei die Verbreitung mit 3 Prozent in der Provinz East Nusa Tenggara (WHO, 2017, S. 34), während sie in anderen Provinzen über 80 Prozent erreichen würde. In der Provinz Gorontalo liege sie beispielsweise bei 83 Prozent (WHO, 2017, S 34, S. 41).

Ein statistisches Länderprofil des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF) vom Jänner 2020 enthält die folgende auf den Umfragedaten zur Basisgesundheit (RISKESDAS) von 2013 basierende Karte zur regionalen Verbreitung von FGM:

[Bild entfernt] (UNICEF, Jänner 2020)

Ein Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu Ungleichheiten im Gesundheitsbereich aus dem Jahr 2017 enthält auf Seite 41 eine Grafik, die den Anteil der von FGM betroffenen Mädchen bis zum Alter von 12 Jahren nach Provinzen aufschlüsselt.[2] Ein Bericht der Netzwerkorganisation Orchid Project vom März 2020 enthält auf den Seiten 42 und 43 eine Karte Indonesiens, die die Verbreitung von FGM nach Provinzen aufschlüsselt:

·      Orchid Project: Asia Network to End Remale Genital Mutilation/Cutting (FGM/C) Consultation Report, März 2020
https://www.orchidproject.org/wp-content/uploads/2020/03/Orchid_ARROW_Asia_Network_FGMC_Consultation.pdf

·      WHO – World Health Organization: State of Health Inequality Indonesia, 2017
https://www.who.int/docs/default-source/gho-documents/health-equity/12-dec-final-final-17220-state-of-health-inequality-in-indonesia-for-web.pdfsfvrsn=54ae73ea_2

Die Daten der RISKESDAS hätten gemäß UNICEF ergeben, dass prozentuell mehr Mädchen bis zum Alter von 12 Jahren, die in einem städtischen Umfeld leben, von FGM betroffen seien, als solche, die in ländlichen Gebieten leben würden: Mädchen im urbanen Umfeld seien nach Angaben ihrer Mütter zu 56 Prozent von FGM betroffen, Mädchen im ländlichen Umfeld zu 47 Prozent. Weiters seien Mädchen mit höherem ökonomischen Status mit 53 Prozent anteilig häufiger von FGM betroffen als Mädchen, die der Bevölkerungsgruppe mit dem niedrigsten ökonomischen Status zugerechnet wurden (47 Prozent von FGM Betroffene). Nach Bildungsgrad des Haushaltsvorstands aufgeschlüsselt seien Mädchen im Alter bis 12 Jahren nach Angaben ihrer Mütter dann am wahrscheinlichsten von FGM betroffen, wenn der Haushaltsvorstand die primäre oder sekundäre Bildungsstufe abgeschlossen habe. Der Prozentsatz der betroffenen Mädchen sei geringer, wenn entweder keine formale Bildung oder eine tertiäre Ausbildung vorliege. (UNICEF, Jänner 2020)

Der WHO-Bericht zu Ungleichheiten im Gesundheitssystem aus dem Jahr 2017 stellt fest, dass weibliche Genitalverstümmelung in Indonesien scheinbar nicht mit den etablierten sozioökonomischen Mustern von Vulnerabilität korrespondiere (WHO, 2017, S. 34).

Das statistische Länderprofil der UNICEF vom Jänner 2020 enthält folgende Grafik zur Verbreitung von FGM nach Wohnohrt, sozioökonomischer Lage sowie formaler Ausbildung des Haushaltsvorstands von betroffenen Mädchen. Die Angaben würden auf den Daten der Umfrage zur Basisgesundheit (RISKESDAS) von 2013 beruhen: 

[Bild entfernt] (UNICEF, Jänner 2020)

Alter bei Durchführung des Eingriffs und Formen von FGM

Eine Grafik des statistischen Länderprofils der UNICEF zeigt, dass 77 Prozent der betroffenen Mädchen zum Zeitpunkt des Eingriffs fünf Monate alt oder jünger gewesen seien. Fünf Prozent seien zwischen sechs und elf Monaten alt gewesen, 14 Prozent der Mädchen seien im Alter von ein bis vier Jahren und drei Prozent im Alter von fünf bis elf Jahren gewesen, als der Eingriff an ihnen durchgeführt worden sei. (UNICEF, Jänner 2020)

Die kanadische Nichtregierungsorganisation Islamic Relief Canada (IRC) führte im Jahr 2013 eine zweiwöchige Feldstudie zum Thema FGM durch, in deren Rahmen insgesamt 81 Personen in Jakarta, Padang und Lombok befragt worden seien (IRC, 10. Mai 2016, S. 8). Die Interviews hätten ergeben, dass FGM üblicherweise in den ersten 24 Monaten nach Geburt des Mädchens erfolgen würde, es sei aber auch berichtet worden, dass in Payakumbuh, einer Stadt in West-Sumatra, der Eingriff im Alter zwischen neun und 16 Jahren erfolge. Eine befragte traditionelle Hebamme habe im Interview geschildert, dass sie Frauen im Alter von 90, 45, 10, 7 und 6 Jahren beschnitten („performed circumcision“) habe. Aus den gesammelten Daten lese IRC Hinweise darauf heraus, dass die Gesetzgebung des Jahres 2010 [eine 2014 wieder aufgehobene Verordnung, die eine Medikalisierung von FGM vorgeschrieben hatte, siehe unten] zu einer Verschiebung im Alter der betroffenen Mädchen und Frauen geführt haben könnte. (IRC, 10. Mai 2016, S. 10)

In unterschiedlichen Teilen Indonesiens würden unterschiedliche Formen von FGM praktiziert. Die verbreitetsten Formen[3] seien Typ I und Typ IV (UNICEF, Jänner 2020), es würde aber vereinzelt auch über das Vorkommen von Typ II berichtet sowie von Typ III in der Region Ost Java (Orchid Project, März 2020, S. 7, S. 41; IRC, 10. Mai 2016, S. 13). Der Länderbericht zu Indonesien des australischen Außenministeriums erläutert, dass in der großen Mehrheit der Fälle traditionelle Hebammen eine „symbolische“ Vorgangsweise durchführen würden, die Schneiden beinhalten könne. Bei einigen würde der Eingriff das teilweise oder vollständige Entfernen der weiblichen Genitalien involvieren. (DFAT, 22. Dezember 2017, S. 28) In einem Artikel der Jakarta Post vom Februar 2016 wird der Generaldirektor der Abteilung Mutter-Kind-Gesundheit und Ernährungskontrolle des Gesundheitsministeriums mit den Worten zitiert, dass die Regierungsdefinition von „weiblicher Beschneidung“ („female circumcision“) das Kratzen („scratching“) der Haut, die die Front der Klitoris („front of the clitoris“) bedecke ohne Verletzung der Klitoris umfasse (The Jakarta Post, 6. Februar 2016).

Im städtischen Umfeld werde laut UNICEF in 61 Prozent der Fälle, der Eingriff durch eine Hebamme durchgeführt, während dies auf 39 Prozent der Eingriffe im ländlichen Raum zutreffe. Im ländlichen Raum würden in der Mehrzahl der Fälle (51 Prozent) traditionelle GeburtshelferInnen den Eingriff durchführen. (UNICEF, Jänner 2020)

Eine im Rahmen der Feldstudie von IRC 2013 befragte Scharia-Dozentin des State Institute of Islamic Studies in Padang habe berichtet, dass die Bevölkerung von Payakumbuk traditionelle Hebammen gegenüber medizinischem Personal bevorzuge, da FGM als religiöse und nicht als medizinische Angelegenheit betrachtet werde. Aufgrund der von ihr gemachten Beobachtung in West-Sumatra würde es beim Eingriff stärker um das religiöse Ritual als um das eigentliche „Schneiden“ („cutting“) gehen. Das Schneiden wäre nur ein kurzer Moment während des Rituals, die meiste Zeit würde die Dukun (traditionelle Hebamme) das Mädchen anweisen, dass sie eine vollwertige Muslima sei und ihre religiösen Pflichten ausführen müsse. Sie würde das Mädchen daran erinnern ihre Eltern zu respektieren, zu beten und zu fasten. Den Eingriff habe die Scharia-Dozentin wie folgt beschrieben: Die Dukun würde mit einer Schere oder einem Messer einen kleinen, oberen Teil der Klitoris, so klein wie die Spitze eines Reiskorns, entfernen. Manchmal werde dabei die Schahada (Islamisches Glaubensbekenntnis) aufgesagt. Danach würde sie dem Mädchen Medizin geben. (IRC, 10. Mai 2016, S. 13)

Wissensstand und Haltung zu FGM

Zum Wissensstand der indonesischen Bevölkerung über weibliche Genitalverstümmelung konnten keine Informationen gefunden werden.

Laut der Organisation Terre Des Femmes werde FGM in Indonesien religiös gerechtfertigt. Unter anderem werde gesagt, dass eine unbeschnittene Frau keine Muslima sein könne und FGM werde in Indonesien als religiöses Ritual verstanden. Viele muslimische Führer seien der Meinung, dass der Koran weibliche Genitalverstümmelung vorschreibe. (Terre Des Femmes, Dezember 2019)

Auch gemäß der Organisation Orchid Project sei eine der größten Herausforderungen im Kampf gegen FGM in Indonesien, dass die Praxis als religiöser Imperativ oder kulturelle Norm verstanden werde. In Ländern wie Indonesien, aber auch in Malysia, gebe es seit 12 Jahren Fatwas, die FGM zu einer Pflicht machen würden. Religiöse Autoritäten hätten großen Einfluss auf die Gemeinden (Orchid Project, März 2020, S. 5). Die von IRC in ihrer Feldstudie aus 2013 befragten Personen hätten angegeben, dass die vom indonesischen Rat der Muslimgelehrten (Indonesian Ulema Council) ausgegebene Fatwa [siehe dazu auch unten] ein Hauptgrund für die Durchführung von FGM sei. Zu den Gesundheitsrisiken dieser Praxis befragt hätten sie behauptet, dass FGM sicher und für das Mädchen gesund sei, wenn der Eingriff „unter der Führung des Propheten“ durchgeführt werde (IRC, 10. Mai 2016, S. 16). Weiters würde unter den Befragten, die FGM akzeptieren würden, ein Konsens bestehen, dass die islamischen Pflichten eines Mädchens, wie die Gebete, das Fasten oder Wohltätigkeit nicht akzeptiert würden, wenn FGM nicht durchgeführt worden sei (IRC, 10. Mai 2016, S. 12).

IndonesierInnen würden denken, dass FGM bei Frauen bewirke, dass ihre Sexualität schwächer werde. Menschen in Indonesien würden außerdem glauben, dass die Praxis für die Gesundheit der Babies förderlich sei, könnten aber nicht sagen in welcher Weise und seien nicht der Meinung, dass der Vorgang für die Gesundheit der Mädchen im späteren Leben schädlich sein könne (End FGM, März 2020, S. 23). Eine von IRC im Zuge der Feldstudie im Jahr 2013 befragte, in Jakarta ansässige Frauenorganisation habe berichtet, dass islamische Gelehrte und Eltern FGM deshalb befürworten würden, weil sie durch die Kontrolle der Sexualität eines Mädchens religiösen Lohn („religious reward“) gewinnen würden. Das Argument der Eltern sei, dass sie die junge Generation vor Hypersexualität und Pornographie schützen würden (IRC, 10. Mai 2016, S. 13).

Die Netzwerkorganisation End FGM berichtet, dass FGM auch in Kliniken durchgeführt werde, wo es für neugeborene Mädchenein Paketangebot gebe: Ohrlöcher stechen und FGM. Dies werde von professionellem, medizinischem Personal durchgeführt (End FGM, März 2020, S. 23). Im Bericht zur oben bereits erwähnten Feldstudie von Islamic Relief Canada wird angeführt, dass die Medikalisierung von FGM [die durch eine 2010 erlassene Verordnung des Gesundheitsministeriums bis zu ihrer Aufhebung im Jahr 2014 vorgeschrieben war, siehe unten], erheblich dazu beigetragen habe, dass FGM eine Art weiblicher Beschneidung [vergleichbar mit der, die an Buben durchgeführt werde, Anmerkung ACCORD] sei, da sie als Teil eines „Geburtenpakets“ in medizinischen Einrichtungen im ganzen Land vermarktet worden sei. Müttern, die entbunden hätten, sei manchmal nicht klar gewesen, was der Eingriff umfasse, hätten aber der Durchführung zugestimmt, da sie Teil eines Pakets zur Geburt gewesen sei, das auch reguläre Impfungen und medizinische Untersuchungen umfasst habe (IRC, 10. Mai 2016, S. 10).

Ein Ergebnis der Interviews im Rahmen der Feldstudie von IRC im Jahr 2013 sei, dass Personen aufgrund von sozialem Druck FGM durchführen lassen, selbst wenn sie dagegen seien. Andererseits habe die Feldstudie ergeben, dass Mädchen, an denen FGM nicht durchgeführt worden sei, nicht stigmatisiert würden, vor allem da FGM im Vorschulalter durchgeführt werde und das Thema in der indonesischen Gesellschaft nur wenig diskutiert werde. Der Bericht räumt ein, dass es sich in ländlichen Regionen anders verhalten könne, in Padang sei der Eingriff für Frauen beispielsweise verpflichtend. Wenn er nicht vorgenommen worden sei, oder darüber keine Klarheit bestehe, werde der Eingriff an dem Mädchen oder der Frau (nochmals) durchgeführt. (IRC, 10. Mai 2016, S. 11, S. 13)

Weiters hätten die befragten Personen eine Reihe von unterschiedlichen Arten angegeben, wie FGM gefeiert werde. In Padang werde der Eingriff insgeheim durchgeführt, manchmal wisse nur die Mutter davon, während in Lombok FGM mit einer Party gefeiert werde, da das Mädchen von da an eine „komplettere Muslima“ wäre. Vor dem Fastenmonat Ramadan oder an religiösen Feiertagen wie dem Geburtstag des Propheten Mohammed würde es auch zu „Massenbeschneidungen“ („mass circumcision“) von Mädchen kommen, da geglaubt werde, dass der religiöse Lohn sich dadurch verdopple (IRC, 10. Mai 2016, S. 12-13). Die Zeitung The Jakarta Post berichtet in einem Artikel vom Februar 2016, dass in Gorontalo [die indonesische Provinz mit dem höchsten Vorkommen von FGM, siehe oben] Mädchen vor ihrem dritten Geburtstag im Rahmen einer Zeremonie namens Mongubingu beschnitten („circumcised“) würden, als Beweis ihrer Fügsamkeit („compliance“) gegenüber dem Islam (The Jakarta Post, 6. Februar 2016).

Nationale Gesetzgebung

Weibliche Genitalverstümmelung sei in Indonesien nicht gesetzlich verboten (USDOS, 13. März 2019, Section 6; Orchid Project, März 2020, S. 41). Das statistische Länderprofil der UNICEF vom Jänner 2020 fasst die gesetzlichen Entwicklungen seit dem Jahr 2010 rund um FGM wie folgt zusammen:

Das indonesische Gesundheitsministerium habe die Durchführung von FGM durch medizinisches Personal im Jahr 2006 verboten. Im Jahr 2008 habe das größte klerikale Gremium, der indonesische Rat der Muslimgelehrten (Indonesian Ulema Council), mit der Begründung, dass FGM Teil der Scharia sei, eine Fatwa gegen dieses Verbot erlassen. Die Fatwa habe gleichzeitig übermäßige Praktiken von FGM, die eine Gefahr für Mädchen und Frauen darstellen würden, verboten. Im Jahr 2010 habe das indonesische Gesundheitsministerium auf Betreiben des indonesischen Rats der Muslimgelehrten eine Verordnung[4] erlassen, die es erlaubt habe, dass FGM durch professionelles, medizinisches Personal durchgeführt werde. Diese Verordnung würde schwere Formen von FGM verbieten und vorschreiben, dass nur Ärzte, Hebammen und Pfleger oder, bevorzugt, Pflegerinnen und nur auf Wunsch oder mit Zustimmung der Eltern beziehungsweise des Vormunds, den Eingriff durchführen. Dies habe dazu geführt, dass in allen Krankenhäusern FGM durchgeführt worden sei, mit der Begründung, dass der Eingriff von medizinischem Personal sicherer und hygienischer durchgeführt werden könne. (UNICEF, Jänner 2020)

Anfang des Jahres 2014 habe die indonesische Regierung diese Verordnung mit dem Argument, dass FGM medizinisch nicht angezeigt sei und daher nicht geduldet werden könne, mit einer weiteren Verordnung[5] (Minister of Health Regulation No. 6/2014) wieder aufgehoben. (Orchid Project, März 2020, S. 41). Ein Artikel der Jakarta Post vom Februar 2016 zitiert einen Generaldirektor des Gesundheitsministeriums, der gesagt habe, dass weibliche „Beschneidung“ („circumcision“) keine medizinische sondern eine kulturelle Praxis sei (The Jakarta Post, 6. Februar 2016).

Das US-Außenministerium berichet im Jahresbericht zur Menschenrechtslage im Jahr 2019, dass das indonesische Ministerium für die Förderung von Frauen und zum Schutz des Kindes FGM ausdrücklich ablehne und eine Kampagne zur Bewußtseinsbildung hinsichtlich der Gefahren von FGM weiterführen würde. Im Jahr 2018 hätten religiöse RepräsentantInnen aus 34 Provinzen eine religiöse Stellungnahme unterzeichnet, die den indonesischen Rat der Muslimgelehrten (Indonesia Ulema Council) dazu anhalten würde, eine Fatwa zu erlassen, die die Durchführung von FGM nicht als „empfohlen“ sondern als „nicht erforderlich oder empfohlen“ herabstufen solle. (USDOS, 11. März 2020, Section 6)

Mit dem Thema FGM befasste Organisationen

Die Kontaktdaten der Frauenrechtsorganisation Kalyanamitra, die sich seit 2011 gegen FGM einsetzt, finden sich unter folgendem Link:

·      Kalyanamitra: Home, ohne Datum:
https://www.kalyanamitra.or.id/

Folgende Dokumente enthalten weitere allgemeine Informationen zu FGM in Indonesien:

·      IRC - Islamic Relief Canada: Female Genital Cutting in Indonesia, 10. Mai 2016
https://www.28toomany.org/static/media/uploads/Continent%20Research%20and%20Resources/Asia/irc_fgc_report_indonesia.pdf

·      UNICEF – UN Children's Fund: Indonesia; Statistical Profile on Female Genital Mutilation, Jänner 2020
https://data.unicef.org/wp-content/uploads/country_profiles/Indonesia/FGM_IDN.pdf

Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 27. März 2020)

·      DFAT – Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade: DFAT Country Information Report Indonesia, 22. Dezember 2017
https://www.ecoi.net/en/file/local/1424380/4792_1518595955_country-information-report-indonesia.pdf

·      End FGM: Female Genital Mutilation/Cutting: A Call for a Global Response, März 2020
https://www.endfgm.eu/editor/files/2020/03/FGM_Global_-_ONLINE_PDF_VERSION_-_06_2.pdf

·      HRC – Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen: National report submitted in accordance with paragraph 5 of the annex to Human Rights Council resolution 16/21; Indonesia [A/HRC/WG.6/27/IDN/1], 20. Februar 2017
https://www.ecoi.net/en/file/local/1400766/1930_1496824012_g1703693.pdf

·      IRC - Islamic Relief Canada: Female Genital Cutting in Indonesia, 10. Mai 2016
https://www.28toomany.org/static/media/uploads/Continent%20Research%20and%20Resources/Asia/irc_fgc_report_indonesia.pdf

·      Kalyanamitra: Home, ohne Datum:
https://www.kalyanamitra.or.id/

·      Kementerian Kesehatan Republik Indonesia (Ministry of Health Republic of Indonesia): Riset Kesehatan Dasar (RISKESDAS), 2013
https://www.kemkes.go.id/resources/download/general/Hasil%20Riskesdas%202013.pdf

·      Orchid Project: Asia Network to End Female Genital Mutilation/Cutting (FGM/C) Consultation Report, März 2020
https://www.orchidproject.org/wp-content/uploads/2020/03/Orchid_ARROW_Asia_Network_FGMC_Consultation.pdf

·      Terre Des Femmes: Genitalverstümmelung in Asien; Indonesien, Stand Dezember 2019
https://frauenrechte.de/unsere-arbeit/themen/weibliche-genitalverstuemmelung/unser-engagement/aktivitaeten/genitalverstuemmelung-in-asien/1352-indonesien

·      The Jakarta Post: FGM in Indonesia hits alarming level, 6. Februar 2016
https://www.thejakartapost.com/news/2016/02/06/fgm-indonesia-hits-alarming-level.html

·      UNICEF – UN Children's Fund: Indonesia; Statistical Profile on Female Genital Mutilation, Jänner 2020
https://data.unicef.org/wp-content/uploads/country_profiles/Indonesia/FGM_IDN.pdf

·      USDOS – US Department of State: Country Report on Human Rights Practices 2018 - Indonesia, 13. März 2019
https://www.ecoi.net/de/dokument/2004239.html
 

·      USDOS – US Department of State: Country Report on Human Rights Practices 2019 - Indonesia, 11. März 2020
https://www.ecoi.net/de/dokument/2026421.html

·      WHO – World Health Organization: State of Health Inequality Indonesia, 2017
https://www.who.int/docs/default-source/gho-documents/health-equity/12-dec-final-final-17220-state-of-health-inequality-in-indonesia-for-web.pdfsfvrsn=54ae73ea_2

Anhang: Zugrunde liegende Originalzitate aus Quellen

·      DFAT – Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade: DFAT Country Information Report Indonesia, 22. Dezember 2017
https://www.ecoi.net/en/file/local/1424380/4792_1518595955_country-information-report-indonesia.pdf

„Female genital mutilation/ cutting (FGM/C) is practised in Indonesia. In the vast majority of cases, traditional midwives carry out ‘symbolic’ procedures, which may include cutting. For some, the practice can involve the removal of some or all of the female external genitalia.“ (DFAT, 22. Dezember 2017, S. 28)

·      End FGM: Female Genital Mutilation/Cutting: A Call for a Global Response, März 2020
https://www.endfgm.eu/editor/files/2020/03/FGM_Global_-_ONLINE_PDF_VERSION_-_06_2.pdf

„You can also get FGM done in clinics where they offer a package for baby girls shortly after birth – piercing the ears and FGM at the same time. This is done by professional medical staff. There are some misconceptions about FGM. People think it makes a woman less forceful sexually. They also think it is good for the health of the baby girls but they don’t know in what way. They think it has no bad impact on the health of girls or later in life.“ (End FGM, März 2020, S. 23)

·      IRC - Islamic Relief Canada: Female Genital Cutting in Indonesia, 10. Mai 2016
https://www.28toomany.org/static/media/uploads/Continent%20Research%20and%20Resources/Asia/irc_fgc_report_indonesia.pdf

„Fieldwork activity was conducted over a period of fourteen days during November 2013. The fieldwork included a total of 31 interviewees in Padang and 38 interviewees in Lombok. These included focus group discussions with men, women and girls, as well as in-depth interviews with cultural and religious leaders, women’s groups, NGOs, researchers and medical and nonmedical practitioners. In Jakarta, 12 interviews were conducted with women’s organisations, NGOs, civil servants, activists and medical practitioners. This was done through in-depth interviews and a roundtable discussion with key stakeholders.“ (IRC, 10. Mai 2016, S. 8)

„The study found that while there is some disparity with age when it comes to FGC in Indonesia, it is usually performed within the first 24 months of a girl’s life. [...] In an interview carried out in the Pessir Sultan district of Padang, a traditional midwife told Islamic Relief: ‚I have performed circumcision on girls and women who are 90, 45, 10, 7 and 6 years old. The girls are brought to me by their parents while the women are coming because they want to go to heaven and become better Muslims.’ [...] From the data collected, there are indications that the age at which FGC is performed has changed over a generation and this shift may be as a result of the 2010 government legislation and the medicalisation of FGC in Indonesia. This medicalisation of FGC by the Ministry of Health contributed greatly to the perception of FGC as female circumcision – because it was marketed as part of a birth package in medical facilities across the country. Islamic Relief has learnt that mothers who are delivering babies are sometimes unaware of what FGC entails but agree to have it carried out on their daughters because it comes as part of a complete birth package – which includes regular vaccinations and medical check-ups.“ (IRC, 10. Mai 2016, S. 10)

„Despite disagreeing with FGC, respondents still practised it due to social pressure. One doctor in Padang related his views: ‚People believe female circumcision to be a religious obligation but for me it is more about social pressure … I don’t see any benefits in this [FGC] but I had it done to my daughter based on the demands of my in-laws.’“ (IRC, 10. Mai 2016, S. 11)

„Interviewees reported a variety of ways on how FGC is celebrated or not, as the case may be. In Padang, it is performed secretly with sometimes only the mother’s knowledge, while in Lombok, FGC is celebrated with a party to mark the girl as a ‘more complete’ Muslim. [...] There was consensus amongst those interviewees who agreed with FGC that if a girl did not undergo circumcision, her Islamic duties such as prayers, fasting and charity were not accepted. Dr Salma, a Sharia lecturer from the State Institute of Islamic Studies in Padang, believed that the tradition of FGC plays a significant role in the Islamic spiritual cultivation of children. Based on her direct observation in Payakumbuh, West Sumatra, she concludes that FGC is more about religious ritual than the ‘cutting’ itself: ‚In the ceremony, the cutting process is very brief. Most of the time, the dukun [traditional midwife] advises the girl that she is a full Muslim and must perform her religious responsibilities. After the dukun observes the girl’s ablution and prayers … she reminds the girl to respect her parents, to pray and fast, and to observe her Islamic obligations.’ Dr Salma argued that people in Payakumbuk preferred to go to the traditional midwives rather than medical professionals because of the emphasis on the religious dimension of FGC rather than its medical considerations. She describes the practice as follows: ‚Using scissors or a knife, the dukun takes out or removes a small upper part of the clitoris, as small as the tip of rice, just like a pimple. Sometimes, the Shahada (Islamic declaration of faith) is said. She will throw it out and give her medicine, such as Betadine … The girl will cry a little bit, indicating that she is hurt … There is a little blood but nothing major.’” (IRC, 10. Mai 2016, S. 12-13)

„Organisations and individuals who have been working extensively in Jakarta, reported that while across Indonesia, Type I and Type IV is typical, on the island of Madura, the most harmful types of FGC – Type II and Type III – were being performed on girls between the ages of five and eighteen. Islamic Relief has also learnt that mass circumcision events occur prior to the month of Ramadan and on other religious holidays – such as the Prophet Muhammad’s birthday, peace be upon him – as it is believed that there is a ‘double reward’ if FGC is performed on a religious holiday. One women’s organisation in Jakarta told us that the reason Islamic scholars and parents advocate for FGC is to gain religious reward by controlling a girl’s sexuality: ‚The parents’ argument for FGC is to save a young generation from hypersexuality and pornography.[...]’ In addition, the findings also disclosed that there was no stigma attached to uncircumcised girls at school, primarily because FGC is now carried out at a pre-school age and because it is a topic rarely discussed within Indonesian society. [...] This may be primarily an urban phenomenon as this study found that in some rural communities in Padang, it is mandatory for a woman to undergo FGC before marriage: “Before a girl is married, she has to be circumcised. This is for her to prove herself to be a Muslim and for better [sexual] relations with her husband. In the village next to mine, when a girl is about to be married, the mother and the girl are asked if she is circumcised. If the girl is not or if both parties do not know, she is taken to be circumcised [again].” (IRC, 10. Mai 2016, S. 13)

·      Orchid Project: Asia Network to End Female Genital Mutilation/Cutting (FGM/C) Consultation Report, März 2020
https://www.orchidproject.org/wp-content/uploads/2020/03/Orchid_ARROW_Asia_Network_FGMC_Consultation.pdf

„The core challenges that so far have been identified towards bringing an end to FGM/C is the beliefs that it is a religious imperative or cultural norm. In countries like Indonesia and Malaysia, the fatwas making these practices obligatory only developed as recently as 12 years ago, in contrast to the Qur’an itself where there is no call or demand for girls or women to be circumcised. Religious authorities have a strong influence over communities and any campaign to end FGM/C needs to involve the engagement of religious authorities and leaders.“ (Orchid Project, März 2020, S. 5)

„Though there is anecdotal evidence highlighting Type III FGM/C in the East Java region of Indonesia.“ (Orchid Project, März 2020, S. 7)

„Types of FGM/C Mainly Type I and Type IV, but anecdotal evidence of Type II and III“ (Orchid Project, März 2020, S. 41)

·      Terre Des Femmes: Genitalverstümmelung in Asien; Indonesien, Stand Dezember 2019
https://frauenrechte.de/unsere-arbeit/themen/weibliche-genitalverstuemmelung/unser-engagement/aktivitaeten/genitalverstuemmelung-in-asien/1352-indonesien

„Weibliche Genitalverstümmelung wird in Indonesien religiös begründet. Es wird unter anderem gesagt, dass eine unbeschnittene Frau keine Muslimin sein kann. Die Beschneidung wird als religiöses Ritual verstanden, bei dem das abgeschnittene Fleisch zeremoniell beerdigt wird. Viele muslimische Führer sind der Meinung, dass der Koran Mädchen zur Beschneidung verpflichtet.“ (Terre Des Femmes, Dezember 2019)

·      The Jakarta Post: FGM in Indonesia hits alarming level, 6. Februar 2016
https://www.thejakartapost.com/news/2016/02/06/fgm-indonesia-hits-alarming-level.html

„FGM in Indonesia is strongly related to culture and religion. In Gorontalo, girls are circumcised before their third birthday in a traditional ceremony called mongubingu, as proof of their compliance to Islam. [...]

Indonesian authorities tried to ban FGM 10 years ago, but the Indonesian UlemaCouncil (MUI) issued a fatwa saying that female circumcision was part of religious practice.

In response, the Health Ministry softened its stance, issuing regulations that said the practice should only be done by medical professionals in a noninvasive way that did not injure girls and women. However, in 2013, the ministry revoked its regulations on female circumcision.

The ministry's director general of mother and child health and nutrition supervision, Anung Sugihantono, said the government did not acknowledge female genital mutilation as a medical practice.

The reasoning behind it is that the government acknowledges female circumcision only as a part of Indonesian culture, according to him. The government's definition of female circumcision was 'an act of scratching the skin that covers the front of the clitoris without injuring the clitoris'.“ (The Jakarta Post, 6. Februar 2016)

·      UNICEF – UN Children's Fund: Indonesia; Statistical Profile on Female Genital Mutilation, Jänner 2020
https://data.unicef.org/wp-content/uploads/country_profiles/Indonesia/FGM_IDN.pdf

„In 2006, the Ministry of Health issued a circular letter prohibiting female circumcision by medical professionals. Two years later, the Indonesian Ulema Council (Majelis Ulama Indonesia – MUI) issued a fatwa (religious edict) against the prohibition on the grounds that female circumcision is part of Sharia (Islamic law) and should be provided by medical professionals if requested by families and communities. The fatwa requires that female circumcision procedures be conducted in accordance with Sharia and prohibits excessive circumcision practices that pose a danger to women and girls, both physically and psychologically. In 2010, the Council urged the Ministry of Health to issue a decree that would allow female circumcision by medical professionals. This regulation, PMK No. 1636/2010, prohibits ‚grave types of FGM’ and stipulates that only licensed doctors, midwives and nurses (preferably female) may practice FGM, and that it should only be performed upon the request or approval of those undergoing the procedure or their parent/guardian. The Ministerial regulation includes a detailed standard operating procedure to be followed by skilled health personnel performing FGM, noting that it should be conducted hygienically in a clean environment and that practitioners should provide clear guidance to patients and caregivers on how to deal with potential complications. As a consequence of PMK No. 1636/2010 every hospital, even private maternity clinics, continued to perform female circumcision on the grounds that it was considered safer and more hygienic if it was performed by trained medical personnel.“ (UNICEF, Jänner 2020)

·      USDOS – US Department of State: Country Report on Human Rights Practices 2018 - Indonesia, 13. März 2019
https://www.ecoi.net/de/dokument/2004239.html

„FGM/C reportedly occurred regularly, and no laws prohibit the practice.“ (USDOS, 13. März 2019, Section 6)

·      USDOS – US Department of State: Country Report on Human Rights Practices 2019 - Indonesia, 11. März 2020
https://www.ecoi.net/de/dokument/2026421.html

„The Ministry of Women’s Empowerment and Child Protection vocally opposed FGM/C and continued an awareness campaign on the dangers of FGM/C. In 2018 religious representatives from 34 provinces signed a religious opinion advising the national board of the Indonesia Ulema Council to issue a fatwa downgrading FGM/C from ‚recommended’ to ‚not required or recommended.’ (USDOS, 11. März 2020, Section 6)

·      WHO – World Health Organization: State of Health Inequality Indonesia, 2017
https://www.who.int/docs/default-source/gho-documents/health-equity/12-dec-final-final-17220-state-of-health-inequality-in-indonesia-for-web.pdfsfvrsn=54ae73ea_2

Female genital mutilation ranged from 2.6% in East Nusa Tenggara to 83.2% in Gorontalo. Four regions reported female genital mutilation to be 10% or less, and six reported percentages in excess of 70%. [...] Female genital mutilation did not appear to correspond with established socioeconomic patterns of vulnerability; expanded inequality analyses are warranted to explore additional dimensions of inequality, including religion and sociocultural values.“ (WHO, 2017, S. 34)

 



[1] Der Bericht des Gesundheitsministeriums ist in indonesischer Sprache verfügbar (Kementerian Kesehatan Republik Indonesia, 2013). Eine englische Übersetzung der Umfrage zur Basisgesundheit konnte nicht gefunden werden.

 

[2] Bitte beachten Sie, dass die Daten des WHO-Berichts geringfügig von den Daten der UNICEF abweichen, obwohl sich der WHO-Bericht laut eigenen Angaben ebenfalls auf die Daten der RISKESDAS stützt.

[3] Eine genaue Beschreibung der vier Hauptformen von FGM findet sich in der Klassifizierung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) (WHO, ohne Datum, https://www.who.int/sexual-and-reproductive-health/types-of-female-genital-mutilation)

[4] Minister for Health Regulation No. 1636/2010 (HRC, 20. Februar 2017, S. 9); Eine englische Übersetzung dieser Regelung findet sich in der angeführten Publikation von IRC (IRC, 10. Mai 2016, S. 26‑27).

[5] Minister for Health Regulation No. 6/2014 (HRC, 20. Februar 2017, S. 9)