Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Afghanistan Football Federation; Angriffe auf mit Sport (insbesondere Fußball) assoziierte Einrichtungen/Personen [a-11066]

4. September 2019

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Die Berliner Tageszeitung Der Tagesspiegel berichtet im Juli 2019 von einem Autobomben-Anschlag im Osten Kabuls, bei dem insgesamt sechs Personen, darunter vier Zivilisten, getötet worden seien. Von dem Anschlag sei auch das Gebäude des Afghanischen Fußballverbandes betroffen gewesen, unter den Mitarbeitern des Verbandes habe es Verletzte gegeben:

„In Afghanistan dauert die Gewalt im Land ungeachtet laufender Gespräche über eine politische Lösung des Konflikts an. Bei einem Autobomben-Anschlag in Kabul seien am Montag mindestens sechs Menschen getötet worden, vier von ihnen Zivilisten und zwei Polizisten, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Weitere mindestens 84 Menschen seien verletzt worden. Lokale Medien berichteten unter Berufung auf Militärkreise von höheren Opferzahlen. Die radikalislamischen Taliban bekannten sich zu dem Angriff. Laut Innenministerium war kurz vor 9.00 Uhr (Ortszeit) eine Autobombe im Osten Kabuls detoniert. Daraufhin seien mehrere Angreifer in ein Gebäude eingedrungen. Am späten Nachmittag hieß es, alle fünf Angreifer seien getötet worden. Erst nach fast elf Stunden erklärten die Behörden den Angriff für beendet. […]

Bilder in sozialen Medien zeigten eine große Rauchwolke über dem Anschlagsort. Einer Erklärung der Taliban zufolge galt der Angriff einem Logistik-Zentrum der Armee. Eine ‚große Anzahl‘ an Kämpfern sei in die „Abteilung des Verteidigungsministeriums“ vorgedrungen. Da die Explosion sehr stark gewesen sei, seien auch ‚ein paar Zivilisten leicht verletzt worden‘, hieß es in der Mitteilung weiter. Der lokale TV-Sender Shamshad berichtete, die Autobombe sei an der nördlichen Wand des Senders detoniert. Der Kanal sendete für rund 20 Minuten nicht mehr. Danach sprach der Moderator von einer zweiten Explosion und Gewehrfeuer. In weiteren Beiträgen zeigte der Sender zerstörte Büroräume voller Glassplitter und sich auf Nachbargebäude abseilende Spezialkräfte. Ein Sprecher des Afghanischen Fußballverbandes erklärte, eineExplosion habe sich direkt vor dem Eingang des Gebäudes der Fußballföderation ereignet. Es gebe Verletzte unter den Mitarbeitern des Verbands. Ein Mitarbeiter einer Regierungsbehörde in der Nähe des Anschlagsortes sprach von einer sehr starken Explosion. ‚Ich dachte, das ist der letzte Tag meines Lebens‘, sagte er. Von dem Anschlag soll auch eine Schule in der Nähe betroffen sein, berichteten lokale Medien. Ein in sozialen Medien häufig geteiltes Bild zeigte einen Schuljungen, der verletzt in ein Krankenhaus gebracht wurde. Er hielt noch sein Schulheft und einen Bleistift in der Hand.“ (Tagesspiegel, 1. Juli 2019)

Auch der vom US-amerikanischen Kongress finanzierte Rundfunkveranstalter Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL) berichtet über diesen Vorfall. Der Artikel kann unter dem folgenden Link abgerufen werden:

Es konnten keine weiteren Informationen zu Angriffen auf mit dem Afghanischen Fußballverband assoziierte Einrichtungen oder Personen gefunden werden. Im Folgenden finden sich Informationen zu Angriffen auf mit Sport assoziierte Einrichtungen oder Personen:

Der britische Nachrichtensender BBC News berichtet im September 2018 von einem Doppelselbstmordanschlag auf einen Wrestling-Verein in Kabul am 5. September 2018, bei dem mindestens 20 Personen getötet und weitere 70 verletzt worden seien. Nachdem ein Selbstmordattentäter vier Menschen im Vereinslokal getötet habe, habe ein zweiter Attentäter mit einer Autobombe die Mitarbeiter der Rettungsdienste angegriffen, die zum Einsatzort gekommen seien. Zwei JournalistInnen des Nachrichtensenders Tolo seien durch die Autobombe getötet und vier weitere verletzt worden. Die Anschläge hätten in einem überwiegend schiitisch-muslimischen Viertel der Stadt stattgefunden:

„A double suicide bombing at a wrestling club in the Afghan capital Kabul has killed at least 20 people and injured 70, officials say. After a suicide bomber killed four people in the club, a second bomber in a car attacked emergency services responding to the incident. Two journalists from the Tolo news channel were killed and four others injured by the car bomb. The attacks happened in a predominantly Shia Muslim district of the city.” (BBC News, 5. September 2018)

RFE/RL hält in einem Artikel vom 12. September 2018 fest, dass sich zu den (oben beschriebenen) zwei Anschlägen vom 5. September 2018 die Gruppe Islamischer Staat (IS) bekannt habe, sowie, dass dies die jüngsten Anschläge aus einer Reihe von Anschlägen gewesen seien, die Sportanlagen und Athleten in Afghanistan ins Visier genommen hätten. In Afghanistan seien seit dem Sturz des Taliban-Regimes Freizeitbeschäftigungen wie Ringen, Cricket und Fußball beliebter geworden. Die fundamentalistischen Taliban hätten während ihrer Regierungszeit 1996-2001 die meisten Sportarten streng untersagt, sie für unislamisch gehalten und Sportstätten für öffentliche Hinrichtungen genutzt. Laut Experten seien die jüngsten Attentate auf Sportanlagen Teil eines größeren Angriffs auf zivile Ziele, der Schulen, Medien und Moscheen umfasse. Unter Verweis auf Ali Adili vom Afghanistan Analysts Network, einem unabhängigen Think-Tank mit Sitz in Kabul, schreibt RFE/RL weiters, dass die militanten Gruppen solche Sportstätten als weiche Ziele ansehen würden. Erfolgreiche Anschläge auf solche Ziele würden zudem Schlagzeilen machen, und die Anschläge könnten dazu benutzt werden, um eine Traumatisierung der lokalen Gesellschaft herbeizuführen, so Adili.

Der Anschlag auf die Wrestling-Vereinshalle am 5. September 2018 sei nur der jüngste in einer Reihe von tödlichen Anschlägen auf Sportanlagen in den letzten Monaten gewesen. Militante Gruppen hätten am 18. Mai 2018 ein Stadion in der östlichen Stadt Dschalalabad angegriffen und dabei acht Zivilisten getötet und 55 weitere verwundet. Vier Bomben seien im Stadion gezündet worden, als sich die Leute versammelt hätten, um ein Cricketspiel zwischen zwei lokalen Teams zu verfolgen.

RFE/RL erwähnt einen weiteren Vorfall vom 23. März 2018, bei dem bei der Detonation einer Autobombe am Eingang eines Sportstadions in Lashkar Gah, der Hauptstadt der südwestlichen Provinz Helmand, 13 Menschen getötet und Dutzende verletzt worden seien, als sie nach einer Wrestling-Veranstaltung das Stadion verlassen hätten.

Trotz der Angriffe durch militante Gruppen und des Mangels an Infrastruktur und Finanzierung habe Afghanistan im Bereich Sport seit 2001 erhebliche Fortschritte gemacht, insbesondere bei der Sportart Cricket. Tausende Menschen würden heimische Cricketspiele besuchen und der Bedrohung durch Bombenanschläge und Angriffe durch militante Gruppen trotzen:

„The September 5 bombings -- claimed by the Islamic State (IS) extremist group -- were the latest to target sports facilities and athletes in Afghanistan, where pastimes like wrestling, cricket, and soccer have flourished since the U.S.-led invasion toppled the Taliban regime in 2001. The fundamentalist Taliban had strictly prohibited most forms of sport during their 1996-2001 reign, deeming them un-Islamic, and used sports venues for public executions. Now, analysts say the recent attacks on sports facilities are part of a larger assault on civilian targets including schools, media outlets, and mosques. ’The militants see these sports venues as soft targets,’ says Ali Adili, a researcher at Afghanistan Analysts Network, an independent think tank in Kabul. ’Striking these targets also makes headlines. More than this, these attacks may be used to traumatize the local community.’ […]

The attack on the Maiwand gym was just the latest in a spate of deadly attacks on sports facilities in recent months. Militants attacked a stadium in the eastern city of Jalalabad on May 18, killing eight civilians and wounding 55 others. Four bombs were detonated in the stadium as people gathered after evening prayers to watch a cricket match between two local teams. A car bomb that exploded at the entrance to a sports stadium in Lashkar Gah, the capital of the southwestern province of Helmand, killed 13 people and injured dozens as they were leaving a wrestling match on March 23. […]

Afghanistan has made significant inroads in sports since 2001, despite targeting by militants and a lack of infrastructure and funding. The biggest success story has been the men’s cricket team, which took part in its first-ever Cricket World Cup in 2015. Afghanistan has since qualified for the 2019 edition and been promoted to the highest level of test cricket after being voted a full member of the International Cricket Council (ICC) in 2017. Reintroduced to Afghanistan in large part by returning refugees who learned the game in neighboring Pakistan, cricket has become the country's most popular sport, with cricket teams, stadiums, and academies set up in almost all 34 Afghan provinces. Thousands of people attend domestic cricket matches, defying threats of bombing and militant attacks.” (RFE/RL, 12. September 2018)

Die unabhängige afghanische Nachrichtenagentur Pajhwok Afghan News (PAN) berichtet im Februar 2018, dass laut einem offiziellen Sprecher zwei Fußballer bei der Detonation einer am Straßenrand platzierten Bombe im Distrikt Anar Dara (Provinz Farah) ums Leben gekommen seien, drei weitere seien verwundet worden. Laut Angaben eines Verwandten der Opfer, allesamt Mitglieder eines Dorf-Fußballteams, seien diese auf dem Weg zu einem Fußballmatch gewesen. Laut dem stellvertretenden Polizeichef der Provinz Farah sei die Bombe von den Taliban platziert worden, jedoch habe sich niemand zu dem Anschlag bekannt. In dem Artikel wird nicht erwähnt, dass die Fußballer gezielt ins Visier genommen worden seien:  

„Two footballers have been killed and three others wounded in a roadside blast in Anar Dara district of western Farah province, an official said on Sunday. Habibullah, a relative of the victims, told Pajhwok Afghan News the athletes were on their way to Anar Dara district to attend a football match but a roadside mine struck them late on Saturday. He said the victims hailed from Jija village and were members of the village football team.” (PAN, 11. Februar 2018)

RFE/RL berichtet im Dezember 2017, dass laut Angaben des Sprechers der Provinz Nangarhar bei einem Anschlag vor einem Fußballstadium in der Stadt Dschalalabad acht Menschen verletzt worden seien. Die Explosion habe sich im Anschluss an eine im Stadion abgehaltene pro-Regierungskampagne ereignet. Niemand habe sich bislang zu dem Anschlag bekannt:

A spokesman for the governor of eastern Nangarhar Province said eight people were wounded in the attack on December 3 outside a soccer stadium in the provincial capital of Jalalabad. Attahullah Khogyani said the explosion occurred after a pro-government rally at the stadium, which had been packed with supporters of the government. No one immediately claimed responsibility for the attack.” (RFE/RL, 3. Dezember 2017)

RFE/RL berichtet im September 2017 von einem Selbstmordanschlag am Eingang eines Cricketstadions, bei dem drei Menschen getötet und weitere sieben verletzt worden seien. Keine Gruppe habe sich bislang zu dem Anschlag bekannt:

At least three people were killed when a suicide bomber blew himself up while attempting to enter a cricket stadium in the Afghan capital, Kabul, officials say. Police said the September 13 blast also injured at least seven people near the Kabul International Cricket Stadium, where hundreds of fans were watching a tournament involving both Afghan and foreign players. No group specifically claimed responsibility for the bombing, the latest in a series of terrorist attacks in the capital.” (RFE/RL, 13. September 2017)

BBC News berichtet in einem Artikel vom Dezember 2018 über den (zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels) siebenjährigen Fußballfan Murtaza Ahmadi aus der Provinz Ghazni, dessen Foto, auf dem er in einem Fußballtrikot abgebildet sei, sich in den sozialen Medien viral verbreitet habe. Danach habe er in Katar sein Idol Lionel Messi getroffen. Laut Angaben seiner Familie hätten diese daraufhin Drohungen vonseiten der Taliban erhalten und sie hätten ihr Haus verlassen und seien nach Pakistan geflohen. Sie seien nach Afghanistan zurückgekehrt, nachdem ihnen das Geld ausgegangen sei. Weiterhin hätten sie sich davor gefürchtet, dass Murtaza durch seinen Bekanntheitsgrad nun zu einem Ziel der Taliban geworden sei. Einflussreiche Männer hätten angerufen und die Familie erpresst, da sie angenommen hätten, dass Murtaza Geld von Messi erhalten habe. BBC News erwähnt weiters, dass Murtazas Familie zur schiitischen Gruppe der Hazara gehöre, die von den sunnitischen Taliban ins Visier genommen werde:

„Murtaza Ahmadi, now aged seven, went viral in 2016 after being photographed wearing a homemade Messi shirt, fashioned out of a plastic bag. He later met his hero in Qatar. His family say they have now abandoned their home in Afghanistan, after receiving threats from the Taliban. They were living in the south-eastern Ghazni province - which militants have been targeting - and have escaped to the capital, Kabul. They previously sought short-term refuge in Pakistan in 2016, but returned when they ran out of money, according to the AFP news agency. However, his family say they fear the fame has made him a Taliban target. ‘Local strongmen were calling and saying, 'You have become rich, pay the money you have received from Messi or we will take your son',’ his mother, Shafiqa, told AFP [Agence France Presse]. […] Murtaza's family are part of the Shia-denominated Hazara ethnic group, which has been targeted by the Sunni Taliban.” (BBC News, 6. Dezember 2018)

Zum Thema Schutzfähigkeit konnten keine Informationen zur konkreten Personengruppe gefunden werden. Allgemeine Informationen zur Fähigkeit und Bereitschaft des Staates, Zivilisten vor Menschenrechtsverletzungen zu schützen, finden Sie unter anderem auf den Seiten 34-35 der Richtlinien zur Beurteilung internationaler Schutzbedürftigkeit des UNO-Flüchtlingshochkommissariats (UN High Commissioner for Refugees, UNHCR). Der Bericht ist unter diesem Link abrufbar:

 

 

Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 4. September 2019)