Anfragebeantwortung zur Russischen Föderation: Gebiet Rostow: Gibt es Dörfer, in denen hauptsächlich Jesiden (unter sich) leben?; Woher stammen die Jesiden in dieser Region ursprünglich/aus welchen Ländern sind sie eingewandert?; Sofern es sich nicht um russische Staatsangehörige handelt, welchen Aufenthaltsstatus haben sie in der Russischen Föderation [a-11040]

30. Juli 2019

Das vorliegende Dokument beruht auf einer zeitlich begrenzten Recherche in öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD derzeit zur Verfügung stehen sowie gegebenenfalls auf Expertenauskünften, und wurde in Übereinstimmung mit den Standards von ACCORD und den Common EU Guidelines for processing Country of Origin Information (COI) erstellt.

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Es konnten kaum Informationen konkret zu Jesiden in der Oblast Rostow und ihrem Aufenthaltsstatus dort gefunden werden. Allerdings haben wir mehrere Experten kontaktiert, von denen wir bisher jedoch keine Antwort erhalten haben. Sollte noch eine Antwort bei uns eintreffen, werden wir diese unverzüglich an Sie weiterleiten.

 

Im Folgenden finden Sie überwiegend allgemeine Informationen zu Jesiden in der Russischen Föderation.

 

Ein undatierter Eintrag der Bolschaja Rossijskaja Enziklopedija, der Nachfolgerin des Nachschlagewerks Bolschaja Sowetskaja Enziklopedija, die gemäß Erlass von Wladimir Putin unter der wissenschaftlichen Leitung der Russischen Akademie der Wissenschaften und mit Unterstützung des Kulturministeriums herausgegeben wird, geht auf die Anzahl der Jesiden in der Russischen Föderation ein. Gemäß der Volkszählung von 2002 habe es in Russland 31.300 Jesiden gegeben, davon 4.400 in der Region Krasnojarsk, 2.400 in der Region Stawropol, 1.600 im Gebiet Rostow, 1.100 im Gebiet Wolgograd, 1.600 in Moskau, 3.100 im Gebiet Nischnij Nowgorod, 2.700 im Gebiet Jaroslawl sowie 2.000 im Gebiet Nowosibirsk:

ЕЗИ́ДЫ (йезиды, самоназвание – эзди), народ на севере Ира­ка (до 600 тыс. чел. – 2006, оцен­ка). Живут в осн. в губернаторстве Мосул (р-ны Айн­Сифни и Синджар). 100–300 тыс. чел. проживают так­же в Турции, Сирии, Иране, Армении, Грузии, России (31,3 тыс. чел., в т. ч. в Краснодарском крае 4,4 тыс., Ставропольском крае 2,4 тыс., Ростовской обл. 1,6 тыс., Волгоградской обл. 1,1 тыс., Москве 1,6 тыс., Нижегородской обл. 3,1 тыс., Ярославской обл. 2,7 тыс., Новосибирской обл. 2,0 тыс. чел. – 2002, перепись), Германии и др.(Bolschaja Sowetskaja Enziklopedija, ohne Datum)

In der von der Gesellschaft für bedrohte Völker herausgegebenen Zeitschrift „pogrom / bedrohte Völker“ wird in der zweiten Ausgabe von 2015 Folgendes von Khanna Omarkhali, wissenschaftlicher Mitarbeiterin und Lektorin zur Religion des Jesiden sowie für kurdische Sprache und Kultur am Seminar für Iranistik der Georg-August-Universität Göttingen, erläutert:

„Etwa 23 Prozent der Yeziden – also etwa 150.000 Personen – weltweit leben in den ehemaligen Sowjetrepubliken. Die meisten kamen als Flüchtlinge Ende des 19. und vor allem zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach Russland, weil sie im Osmanischen Reich religiös verfolgt wurden. Seit diesem Zeitpunkt sind die Yeziden Teil der russischen Geschichte. […]

In der Sowjetunion wurden den yezidischen Kurden bestimmte kulturelle Rechte eingeräumt. Vor allem Armenien war Zentrum eines bunten, kulturellen Lebens, nicht nur der Sowjetkurden, sondern für Kurden weltweit, zu dem auch viele yezidische Intellektuelle beigetragen haben. […]

Trotz der Tatsache, dass die sowjetische Regierung inoffiziell staatlichen Atheismus betrieb mit dem Ziel, nach und nach Religion innerhalb der UdSSR auszulöschen, konnten die Yeziden ihr religiöses Leben bewahren. Doch auch sie wurden zu Opfern von Stalins Politik und seiner Repressionen: Aus dem Kaukasus wurden 1930 und 1944 ein Teil der Kurden nach Zentralasien und Kasachstan umgesiedelt.

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion Anfang der 1990er Jahre wanderte mindestens die Hälfte der Yeziden aus wirtschaftlichen Gründen aus Armenien und Georgien nach Russland, in die Ukraine und nach Westeuropa aus – und sie tun es noch heute. […]

Obwohl sich die meisten Yeziden der ehemaligen Sowjetrepubliken als Kurden betrachten, teilen die meisten der im Kaukasus lebenden Yeziden diese Meinung nicht. Dies wurde beispielsweise deutlich bei Volkszählungen in Armenien, Georgien und auch in der Russischen Föderation, bei denen Kurden und Yeziden als zwei verschiedene Gruppen geführt wurden. In der russischen Föderation wurde in der Region Jaroslawl am 18. August 2009 die erste yezidisch-religiöse Organisation Ezidstvo (‚Yezidentum‘) registriert. Mit diesem Schritt hat die Russische Föderation die Yeziden erstmals als religiöse Gemeinschaft anerkannt.

Heutige Situation

Die Situation der Yeziden nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion in Armenien, Georgien und Russische Föderation hat sich radikal verschlechtert. Die Mehrheit der Yeziden hat sich in Dörfern und Siedlungen in Russland, der Ukraine und auf der Krim niedergelassen, die zuvor dort lebende Russen oder Ukrainer verlassen haben. Viele dieser Dörfer verfügen über keinerlei Infrastruktur. Das größte Hindernis, dass sich die yezidischen Migranten in Russland integrieren können, ist die fehlende Staatsbürgerschaft. Viele können keine offizielle Arbeit aufnehmen und sie haben weder Zugang zur staatliche medizinischen Versorgung noch zu Bildung.“ (Omarkhali, 2015, S. 32-33)

Im Bundesanzeiger findet sich eine Antwort der deutschen Bundesregierung vom 12. Juni 2014 auf eine Anfrage mehrerer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE zur Lage der Jesiden im Kaukasus:

„9. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung die derzeitige Lebenssituation von Angehörigen der ezidischen Religionsgemeinschaft im Kaukasus (Georgien, Armenien, Russische Föderation) einzuschätzen? […]

In der Russischen Föderation leben laut einer Volkszählung im Jahr 2010 ca. 40 500 Menschen, die sich als Eziden bezeichnen. Sie sind größtenteils außerhalb des russischen Föderalbezirks Nordkaukasus ansässig, einzig in der Region Stawropol lebt eine größere Gruppe der ezidischen Minderheit. Die ezidische Bevölkerungsgruppe in Russland ist gegenüber dem Jahr 2002 (damals rund 31 300) deutlich angestiegen, was unter anderem auf Migration aus Armenien und Georgien zurückgeführt wird. Im Jaroslawer Gebiet wurde im Jahr 2009 erstmals eine ezidische Religionsgemeinschaft registriert. Die überwiegende Mehrheit der Eziden beherrscht offiziellen Angaben zufolge die russische Sprache.

10. Welche Fälle von politisch, rassistisch oder religiös motivierter Diskriminierung, Verfolgung und Unterdrückung von Ezidinnen und Eziden im Kaukasus (Georgien, Armenien, Russische Föderation) durch staatliche oder nichtstaatliche Kräfte sind der Bundesregierung bekannt (bitte einzeln benennen)? […]

Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse über eine gezielte politisch, rassistisch oder religiös motivierte Diskriminierung, Verfolgung und Unterdrückung der ezidischen Minderheit in Russland vor.“ (Bundesanzeiger, 12. Juni 2014)

In einer Stellungnahme des Beratenden Ausschusses des Europarats vom Jänner 2019 zum Staatenbericht bezüglich des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten wird Folgendes festgehalten:

„Efforts have been undertaken to address the issue of statelessness of former citizens of the Soviet Union, often persons belonging to national minorities. Nevertheless, according to the United Nations High Commissioner for Refugees (UNHCR) there are still at least 90 000 stateless persons. In 2012, the Federal Law No. 62-FZ on Citizenship of the Russian Federation was amended by a chapter on regularisation of former citizens of the Soviet Union until 2017. As this had not been fully solved by 2016, the formal opportunity to obtain Russian citizenship for this category was extended until 1 January 2020. Despite progress made, pockets of stateless persons and the risk of discrimination linked to their status remain, including for those belonging to minorities. Some stateless persons are sent to ‘Centres for Interim Detention of Foreign Citizens’ and, as they cannot be expulsed to another country, stay there for extended periods. While noting progress regarding regularisation of Ahiska Turks (also known as Meskhetians) as well as Yazidis and Kurmanches in Krasnodar kray, the Advisory Committee regrets that there are still people belonging to these minorities whose status of statelessness prevents them from accessing their minority rights.“ (CoE-FCNM, 15. Jänner 2019, S. 7-8)

Weitere allgemeine Informationen zu Staatenlosigkeit in der Russischen Föderation finden Sie auch in den folgenden Berichten:

 

Auf VK.com, einem russischen sozialen Netzwerk, das ähnlich wie Facebook aufgebaut ist, findet sich die Seite einer Gruppe mit dem Titel „Jesiden des Gebiets Rostow“ (Jesidy Rostowskoj oblasti). In der Beschreibung der Seite vom Jänner 2016 finden sich folgende Informationen:

„Welcome to the group!

This group is created to unite the Yezidis of the Rostov region. Also this is the official page of the organization ‘the Yezidis of the Rostov region’ which will soon be open.

Dear readers, our community ‘the Yezidis of the Rostov region’ was created quite recently, and its first meeting was held on 31 January 2016. We created it, inspired by the ideas of preserving features of their national culture and language in terms of alphabet forgotten by many of us. As well as the ideas of the their own script. We want to combine the Yezidis of the Rostov region, who will be able ideas and real work to help make this community - a large organization that will be called upon to help the Yezidi families visiting in search of a better life and support individual talented people and children. We want our children to receive a decent education in Russia and its Universities, but the treasured traditions and customs of the Yezidis, as well as the prayers and songs until the 21st century was passed and passed not from books, but only from mouth to mouth.“ (Jesiden des Gebiets Rostow, 31. Jänner 2016

Der letzte Eintrag der Gruppe stammt vom 4. September 2016. (Jesiden des Gebiets Rostow, 4. September 2016)

 

Im staatlichen Register der juristischen Personen und Einzelunternehmer GosReestr findet sich die Information, dass die Organisation „Jesiden des Gebiets Rostow“ im April 2016 in Rostow am Don registriert wurde. Als Vorsitzender wird eine Person namens Baris Sardifowitsch Issajan angegeben. Als Gründer fungierten Baris Sardifowitsch Issajan, Rasgan Karamowitsch Safojan und Serosch Sultanowitsch Sultanjan. Am 17. April 2018 wurde die Organisation liquidiert. (GosReestr, Stand 30. Juli 2019)

 

Die Zeitung Batajskoje Wremja berichtet im Dezember 2018, dass es in der Stadt Batajsk (liegt im Gebiet Rostow, Anm. ACCORD) „konfessionelle“ Friedhöfe geben könnte. Die Diaspora der Jesiden habe einen Antrag gestellt, ihnen zu diesem Zweck ein Stück Land zuzuteilen. Dies habe Baris Issajan, der Leiter der regionalen gesellschaftlichen Organisation „Jesiden des Gebiets Rostow“ für die Vereinigung und Unterstützung Personen jesidischer Volkszugehörigkeit, der Zeitung mitgeteilt. Laut Issajan habe man einen Antrag gestellt, um ein Grundstück für ein Kulturzentrum zu erhalten, in dem man miteinander sprechen, sich versammeln und einander helfen könne. Außerdem wolle man, wie in anderen Gebieten, einen eigenen Platz für Bestattungen haben. Die Gruppe der Jesiden habe in Batajsk laut der Volkszählung von 2010 etwa 1.000 Personen umfasst. Als gesellschaftliche Organisation sei die Diaspora offiziell im April 2016 registriert worden. Der volle Name der Organisation laute: Regionale gesellschaftliche Organisation für die Vereinigung und Unterstützung Personen jesidischer Volkszugehörigkeit „Jesiden des Gebiets Rostow“. In den letzten Jahren sei die Gemeinschaft der Jesiden beträchtlich gewachsen. Laut Baris Issajan hätten die Jesiden historisch gesehen vor 30 Jahren begonnen, an den Don zu ziehen. Sie hätten sich vor allem in Salsk (Stadt im Gebiet Rostow) und Batajsk angesiedelt. Sie seien vor allem im Möbelgeschäft und der Viehzucht tätig. Laut Angaben von Issajan umfasse die Gemeinschaft der Jesiden in Batajsk bereits 5.000 Personen. Und nirgendwo im Gebiet Rostow gebe es ein Kulturzentrum:

В Батайске могут появиться конфессионныепогосты. Диаспора езидов города ходатайствовала о выделении земли на эти цели. По некоторым данным, количество представителей этого сообщества за последние 8 лет в городе выросло в пять раз.

Об этом БВ 10 декабря рассказал глава Региональной общественной организации по объединению и поддержке граждан езидской национальности Барис Исаян.

- Мы просили выделить нам землю под культурный центр, где мы могли бы общаться, собираться, помогать друг другу,- рассказал Барис Исаян. - А еще мы хотели бы, как есть в других областях, свое место для захоронения сородичей.

Со слов председателя РОО ‚Езиды Ростовской области‘, обращались они не только к властям Батайска, но и к заместителю министра имущественных и земельных отношений Ростовской области Станиславу Хлундину. Тот обещал помочь, но пока воз и ныне там. […]

Это национальное сообщество в Батайске, по данным Всероссийской переписи 2010 года, насчитывало порядка тысячи человек. Диаспора как общественная организация была официально зарегистрирована в апреле 2016 года. Полное название - Региональная Общественная организация по объединению и поддержке граждан езидской национальности ‚Езиды Ростовской области‘.

За последние несколько лет сообщество существенно разрослось.

- Исторически сложилось, что езиды стали приезжать на Дон около 30 лет назад. Селились они в основном в Сальске и в Батайске. Занимаются соотечественники, в основном, мебелью и животноводством. По вере среди нас есть христиане и язычники, - заметил Барис Исаян.

С его слов, в Батайске община насчитывает уже около 5000 человек. И нигде в Ростовской области нет ни одного национального центра.(Batajskoje Wremja, 11. Dezember 2018)

Takie Dela, das Informationsportal des wohltätigen Fonds Nuschna Pomoschtsch (russisch für „Es wird Hilfe benötigt“), veröffentlichte im Juli 2019 einen Artikel zu einer jesidischen Familie aus der Nähe von Irkutsk, die 1999 wegen des Konflikts in Bergkarabach aus Armenien nach Sibirien geflohen sei und nicht über die russische Staatbürgerschaft verfüge. Allein der Vater der Familie, der inzwischen verstorben sei, habe die russische Staatsbürgerschaft besessen. Die Frau habe erst nach dem Tod ihres Mannes einen Antrag auf die russische Staatsbürgerschaft gestellt, dieser sei jedoch abgelehnt worden. Die Familie lebe bereits seit 20 Jahren im Gebiet Irkutsk. In der Verwaltung ihres Heimatdorfes versichere man, dass die Familie dort dauerhaft lebe und man habe schon mehrfach Bestätigungen ausgestellt, dass die Familienmitglieder Einwohner des Dorfes seien. Nur der Staat habe kein Erbarmen und verhänge gegen die Familie Strafen wegen des nicht legalen Aufenthalts auf dem Gebiet eines fremden Staats. Aber der Staat weise die Familie auch nicht aus. Die Ehefrau des Sohnes der Familie sei noch in Armenien geboren und mit zwei Jahren nach Irkutsk gekommen. Sie sei mit ihrer Familie für ein Jahr in Deutschland gewesen, dann hätten sie beschlossen, nach Russland zurückzukehren. Sie lebe bereits das siebte Jahr mit einer Aufenthaltserlaubnis in Russland. Man verspreche ihr nicht einmal die Staatsbürgerschaft. Die Mitarbeiter des Migrationsdienstes würden ihr mitteilen, dass man die Aufenthaltserlaubnis verlängern könne, so lange man wolle. Die Familie ihres Cousins sei aus Deutschland nach Tula gezogen. Dort habe er innerhalb von Monaten die russische Staatsbürgerschaft erhalten, so die Frau. Auch Verwandte in Moskau hätten bereits die Staatsbürgerschaft erhalten. Sie sei bereits seit drei Jahren mit dem Sohn der anfangs beschriebenen Familie verheiratet und habe zwei Töchter. Für den Staat existiere die Familie allerdings nicht. Ihr Ehemann habe überhaupt keine Dokumente außer der Geburtsurkunde und dem Schulabschlusszeugnis. Der Mann mit stark orientalischen Zügen werde häufig von Polizisten aufgehalten und dazu aufgefordert, seine Ausweisdokumente vorzuweisen. Er werde eine Weile festgehalten und dann mit einer Strafe wieder freigelassen. Er könne einen ganzen Stapel von verhängten Strafen vorweisen und es gebe sogar einen Gerichtsentscheid über die Verhängung einer weiteren Strafe, allerdings werde er auf dem Gebiet der Russischen Föderation belassen. Selbst der Richter, der den Fall geprüft habe, habe keinen Ausweg aus der Situation gesehen. Man weise den Mann nicht aus, auch wenn er keine gesetzlichen Rechte in der Russischen Föderation habe. Dem Mann bleibe nichts anderes übrig, als sich zu verstecken und zu Hause zu sitzen.

Die sibirischen Jesiden würden von den Beamten nach Armenien geschickt, damit sie zuerst dort die Staatsbürgerschaft beantragen würden. Dann könnten sie als Arbeitsmigranten wieder nach Russland einreisen und dann den Weg von der Erteilung einer vorübergehenden Aufenthaltsgenehmigung, über eine Aufenthaltserlaubnis bis hin zum ersehnten russischen Pass durchlaufen. Allerdings sei es für Männer schwieriger, ihren Aufenthalt zu legalisieren. Das erste, was einen jungen Mann in Armenien erwarte, sei die Armee und der Wehrdienst dauere dort drei Jahre.

Ein Cousin des Mannes habe erzählt, dass einmal im Fernsehen gezeigt worden sei, wie im Föderalen Migrationsdienst staatenlosen Personen wie ihnen die russische Staatsbürgerschaft verliehen worden sei. Das sei einige Monate zuvor gewesen. Danach sei im Dorf verkündet worden, dass sie nach Irkutsk gehen müssten. Sie hätten sich alle gefreut und an ein Wunder geglaubt. Aber sie seien dann einzeln aufgerufen worden und man habe ihre Dokumente angesehen. Ihm habe man gesagt, er solle nach Armenien fahren.

Der Artikel thematisiert zudem die Probleme der beschriebenen Jesiden beim Zugang zu Bildung, medizinischer Versorgung und anderen staatlichen Leistungen:

В деревне Кыцигировка под Иркутском живут несколько семей езидов, беженцев из Армении. В Сибирь они приехали в 90-х годах. Занимаются, чем привыкли: держат коров, торгуют скотом, сажают фасоль, поклоняются Солнцу. Одна беда: паспорта им в нашей стране не положены, а значит, и прав у них никаких нет

На всю большую семью Хайлаз Сафоян приходится один-единственный российский паспорт. Да и тот — мужа Афо, умершего пять лет назад. Паспорт покойного бережно хранится вместе с другими важными документами в отдельном прозрачном файле. Он, паспорт главы семьи, для родных — едва ли не единственное доказательство: на сибирской земле Сафояны не чужие. «Через десять дней после смерти мужа я пришла подавать документы на гражданство. Мне сказали: ‚Пока он был жив, он был тебе мужем. Умер, теперь он тебе никто!‘ Документы не приняли», — Хайлаз не комментирует ответ чиновников, только морщит брови. Она старательно обходит вопрос: почему раньше не оформляли документы. Теперь сложно выделить одну причину: хозяйство, дети-внуки, до города добираться далеко, муж болел, перенес несколько инфарктов. Только собрали все справки — и Афо не стало… Семья переехала в Иркутск в 1999-м году. […]

Ровно 20 лет Сафояны живут в Иркутской области. Дети закончили здесь школу, женились и родили своих детей. В сельской администрации подтверждают, что семья постоянно проживает в деревне. Специалисты муниципалитета не раз выдавали справки о том, что Сафояны — жители Кыцигировки. Односельчане к соседям давно привыкли, считают земляками. И только государство жильцов не милует — наказывает штрафами за незаконное пребывание на территории чужой страны. Но и не выгоняет. […]

Ханум родилась в Армении, с двух лет живет в Иркутской области. На год ее семья уезжала в Германию, потом решили вернуться. Седьмой год Хана живет в России с видом на жительство. Гражданство ей даже не обещают. Сотрудники миграционной службы говорят, что вид на жительство можно продлевать сколь угодно долго.

‚Семья двоюродного брата из Германии поехала в Тулу. Там брат за считанные месяцы получил гражданство. В Москве есть родственники, они уже тоже стали гражданами России. Я живу здесь с двух годиков, и мне российский паспорт не положен. Родители и бабушка у меня тоже не граждане‘, — рассказывает Хана.

Три года она замужем за Нвером, сыном Хайлаз. В браке родились две дочки. Однако для государства этой семьи не существует. У Нвера вообще нет документов, кроме свидетельства о рождении и аттестата. Чтобы его дети могли стать гражданами России, их пришлось записать на родственника с российским паспортом. Мужчину яркой восточной наружности часто останавливают полицейские и просят показать документы. Задерживают на сутки, потом отпускают со штрафом. Чего у Нвера в избытке, так это протоколов о задержаниях. Постановлений со штрафами целая стопка. Есть судебное решение, по которому Нверу назначили очередной штраф, но при этом оставили на территории России.

Выхода из сложившейся ситуации не видит даже судья, рассмотревший дело. Мужчину не выдворили, при этом у него нет никаких законных прав в нашей стране. Нверу остается лишь вечно скрываться, отсиживаться дома, по улице передвигаться короткими перебежками. ‚Даже не знаю, наступит ли время, когда не надо будет бояться полицейских‘, — грустно шутит Нвер.

Чиновники отправляют сибирских езидов сначала оформлять гражданство в Армению, чтобы потом въезжать в Россию в статусе трудовых мигрантов. Затем проходить путь от получения разрешения на временное проживание (РВП), вида на жительство до оформления заветного паспорта гражданина России.

Мужчинам ‚легализоваться' сложнее. Первое, что ждет молодого парня в Армении, — армия. Призыв там длится три года. То есть, если Нвер уедет в Армению, к семье он вернется не скоро. […]

‚Однажды по телевизору показали, как в красивом зале в миграционной службе лицам без гражданства, таким, как мы, вручают российские паспорта. Это было пару месяцев назад. После этого в деревне объявили, что нас вызывают в Иркутск. Мы обрадовались, думали, произойдет чудо. Его не случилось. На встрече каждого из нас подзывали отдельно и смотрели документы. Мне сказали, что я должен ехать в Армению‘, — вздыхает Саргис.(Takie Dela, 23. Juli 2019)

 

Der folgende Entscheidungstext führt Informationen der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Moskau an, die nicht öffentlich zugänglich sind:

 

In einem Entscheidungstext des Asylgerichtshofes vom Jänner 2012 wird eine Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Moskau vom September 2008 zur Situation der Jesiden in der Russischen Föderation angeführt:

Gibt es im Oblast Rostow am Don eine größere jesidische Gemeinde von aus Armenien stammenden Personen?

Die Zahl der in Oblast Rostow am Don lebenden Yesiden wird mit ca. 1600 angegeben. Es ist etwa die gleiche Anzahl wie in Moskau. Die meisten Personen yesidischen Glaubens sollen in Krasnodarskij Kraj ansässig sein, mit einer Anzahl von ca. 4 400. Es liegen jedoch keine Angaben über die Herkunft der yesidischen Bevölkerung vor.

Wenn ja, welchen Status habe diese Personen in der Russischen Föderation?

Seit Ende der 80er Jahre kamen als Folge des bewaffneten Konfliktes um Nagorny Karabach Tausende von Flüchtlingen - insbesondere armenischer Volkszugehörigkeit aus Aserbaidschan - in die damalige Russische Sozialistische Sowjetrepublik bzw. nach dem Zerfall der Sowjetunion in die Russische Föderation. Von der damaligen sowjetischen Regierung wurde für diese Flüchtlinge ein spezielles Hilfsprogramm aufgelegt, das von der späteren russischen Regierung weitergeführt wurde. Neben der Bereitstellung von Wohnraum und der Ausstellung von Flüchtlingsausweisen war der erleichterte Erwerb der russischen Staatsangehörigkeit Teil des Programms. Die Möglichkeit der Einbürgerung haben zu jener Zeit die Betroffenen in Anspruch genommen. Es liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass aus Armenien stammende Flüchtlinge yesidischen Glaubens von dieser Regelung der erleichterten Einbürgerung ausgenommen worden wären.

Ist es richtigi, dass Yesiden überall in der Russischen Föderation leben?

Yesiden sind in der Russischen Föderation in vielen Gebieten wohnhaft. Laut Internetquellen leben demnach die meisten Yesiden in Krasnodarskij Kraj, ca 4 400 Personen, in der Nischgorodskaja Oblast ca. 3100 Personen, Jaroslawskaja Oblast ca. 2700 Personen, Stawropolskij Kraj ca. 2400 Personen, Nowosibirskaja Oblast ca. 2000 Personen, Tambowskaja Oblast ca. 2000 Personen, Moskau ca. 1600 Personen, Rostowskaja Oblast ca. 1600 Personen und Wolgogradskaja Oblast ca. 1100 Personen.

Liegen ihnen Kenntnisse darüber vor, ob Eheschließungen armenischer Yesiden sich nur auf Angehörige ihrer Gruppe beschränken? Welche konkreten Folgen hat es für Personen, die sich einen Partner aus einer anderen Gruppe, zB Yesiden aus der Türkei als Partner suchen?

Eine Mitarbeiterin der armenischen Botschaft in Moskau der Abteilung für humanitäre Angelegenheiten gab zur Auskunft, dass ihr zwar bekannt sei, dass es auch Yesiden innerhalb der armänischen Diaspora in der Russischen Föderation gibt, dass jedoch diese innerhalb der armänischen Gemeinschaft assimiliert sind und aus Sicht der Botschaft nicht als besondere Gruppe in Erscheinung treten. Sie könne jedoch nicht ausschließen, dass es in der Russischen Föderation auch rein yesidische Siedlungen geben könnte. Über die Folgen einer Eheschließung zwischen Yesiden, die aus verschiedenen Ländern stammen, lagen der armenischen Botschaft in Moskau keine Informationen vor.

Zu dieser Frage könnte über die deutsche Auslandsvertretung in Erewan das in Erewan befindliche Büro des Weltverbandes der Yesiden kontaktiert werden.“ (AsylGH, 9. Jänner 2012)

 

 


Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 30. Juli 2019)