Anfragebeantwortung zu Nigeria: Allgemeine Lage von (alleinstehenden) Frauen; Bedeutung der Familie und soziale Unterstützung; [Teilfrage entfernt]; allgemeine Informationen zum Arbeitsmarkt; Lage von Frauen auf dem Arbeitsmarkt; regionale Unterschiede am Arbeitsmarkt; Wohnungswesen; Informationen zur Lage von Frauen, die im Ausland als Prostituierte gearbeitet haben, bei einer Rückkehr [a-9825]

16. September 2016

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Allgemeine Lage von Frauen

Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), eine staatliche Entwicklungszusammenarbeitsorganisation der Bundesrepublik Deutschland, schreibt im Juni 2016 Folgendes zur Lage von Frauen und zum Geschlechterverhältnis in Nigeria:

„Obwohl die nigerianische Verfassung von 1999 die Gleichheit der Geschlechter garantiert, sieht die Wirklichkeit anders aus. Von dem - von der Obasanjo-Regierung in der ‚National Policy on Women‘ 2002 formulierten - Ziel, den Frauenanteil im Parlament um 30 % anzuheben, ist Nigeria auch heute noch weit entfernt. Bei den Parlamentswahlen 2015 wurden lediglich acht weibliche Senatorinnen von insgesamt 109 in das nigerianische Oberhaus, den Senat, gewählt. Zudem bot der neue Präsident Buhari nur sechs Frauen einen der 36 Ministerposten an. Innerhalb der ländlichen Bevölkerung ist das Geschlechterverhältnis eindeutig, da das Leben immer noch stark von traditionellen Gesetzen und Praktiken bestimmt wird. Allerdings gibt es - je nach ethnischer Zusammensetzung, religiöser Zugehörigkeit und Region - große Unterschiede. Eine Vielzahl von Frauenorganisationen engagiert sich in Nigeria für die Gleichstellung der Geschlechter. Auch die Kinderehe wird in der nigerianischen Öffentlichkeit zunehmend kritisch diskutiert. Zahlreiche Proteste formieren sich derzeit gegen die Verheiratung von Kindern. Homosexualität ist in Nigeria verboten und steht unter Strafe. So können gleichgeschlechtliche Eheschließungen mit bis zu 14 Jahren Haft strafrechtlich verfolgt werden. Homosexuelle werden auch von der nigerianischen Bevölkerung meist stigmatisiert. Darüber hinaus traten in letzter Zeit Fälle auf, in denen Homosexuelle von der Bevölkerung per Selbstjustiz verurteilt und verfolgt wurden. Am 05. Mai 2015 verabschiedete das nigerianische Oberhaus, der Senat, ein Gesetz zum Verbot der weiblichen Genitalverstümmelung ‚Female genital mutilation (FGM)‘. Mit dem Gesetz, das im Juni 2015 in Kraft getreten ist, hat die nigerianische Regierung unter dem scheidenden Präsident Goodluck Jonathan den historischen Schritt zur Ächtung der Praxis der weiblichen Genitalverstümmelung unternommen.” (GIZ, Juni 2016a)

Freedom House, eine in den USA ansässige NGO, die zu den Themen Demokratie, politische Freiheit und Menschenrechte forscht und sich für diese einsetzt, erwähnt in ihrem Jahresbericht vom Jänner 2016 (Berichtszeitraum 2015), dass sich die Repräsentation von Frauen in staatlichen Institutionen nach den Wahlen im Jahr 2015 verschlechtert habe. Mehrere Organisationen der Zivilgesellschaft hätten die Regierung Buhari kritisiert, weil Frauen bei den Ernennungen zu MinisterInnen marginalisiert worden seien. Laut Freedom House würden viele Familien nur Söhne in die Schule schicken, während die Töchter Straßenverkäuferinnen und Haushaltsarbeiterinnen würden. Frauen würden am Arbeitsmarkt diskriminiert und minderwertige Positionen besetzen. Geschlechtsspezifische Diskriminierung sei in den nach der Scharia regierten Bundesstaaten signifikant und habe sich durch den Aufstand der Boko Haram noch verschlimmert. Frauen bestimmter ethnischer Gruppen würde oftmals aufgrund von Gewohnheitsrecht und traditionellen Praktiken ein gleiches Erbrecht verweigert. Trotz der Existenz strenger Gesetze gegen Vergewaltigung, häusliche Gewalt, weibliche Genitalverstümmelung (female genital mutilation, FGM) und Frühehen seien diese Straftatbestände weiterhin weit verbreitet und würden nur in geringem Ausmaß angezeigt und verfolgt. (Freedom House, 27. Jänner 2016)

 

Die internationale Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) schreibt in ihrem Jahresbericht vom Februar 2016 (Berichtszeitraum 2014 und 2015), dass der damalige Präsident Jonathan im Mai 2015 ein Gesetz gegen Gewalt (Violence Against Persons (Prohibition) Act) unterzeichnet habe. Dieses Gesetz stelle weibliche Genitalverstümmelung und „die Ausübung schädlicher traditioneller Praktiken gegen Witwen“ unter Strafe. Das Gesetz würde jedoch nicht die internationalen Standards in Bezug auf die Definition von Vergewaltigung erfüllen, da nicht alle Formen von Nötigung abgedeckt würden. Auch würde das Gesetz kein explizites Verbot von Vergewaltigung in der Ehe enthalten. (AI, 24. Februar 2016)

 

Das US-Außenministerium (US Department of State, USDOS) erwähnt in seinem Länderbericht zur Menschenrechtslage vom April 2016 (Berichtszeitraum 2015), dass Frauen aufgrund traditioneller und religiöser Praktiken oftmals von Diskriminierung betroffen gewesen seien. Frauen würden im Allgemeinen weiterhin marginalisiert. Keine Gesetze würden Frauen verbieten, Land zu besitzen, jedoch würden traditionelle Pachtsysteme nur Männern den Besitz von Land erlauben. Frauen hingegen würden nur mittels Heirat oder durch die Familie Zugang zu Land erhalten. Viele traditionelle Praktiken würden zudem nicht das Recht von Frauen anerkennen, das Eigentum ihres Ehemannes zu erben und viele Witwen seien mittellos geworden, nachdem die angeheirateten Verwandten praktisch das gesamte Eigentum des verstorbenen Ehemannes an sich genommen hätten. In den 12 Bundesstaaten, die die Scharia anwenden, würden die Scharia und gesellschaftliche Normen Frauen in unterschiedlichem Ausmaß betreffen. Im Bundesstaat Zamfara hätten die örtlichen Verwaltungen Gesetze umgesetzt, die die Trennung von muslimischen Männern und Frauen im Personentransport und in der Gesundheitsversorgung verlangen. Im Jahr 2013 habe die Regierung des Bundesstaates Kano eine Erklärung veröffentlicht, wonach Männer und Frauen während der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel getrennt bleiben müssten. Die Zeugenaussagen von Frauen hätten vor vielen Strafgerichten weniger Gewicht als jene von Männern erhalten. Es gebe kein Gesetz, das Frauen verbiete, Kaution für von der Polizei inhaftierte Personen zu hinterlegen, jedoch sei es Frauen in den meisten Polizeihaftzentren nicht erlaubt worden, derartige Arrangements zu leisten. (USDOS, 13. April 2016, Section 6)

 

Es gebe laut USDOS zudem kein umfassendes Gesetz zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen. Opfer und Überlebende hätten daher nur wenig oder keine Möglichkeit vor Gericht zu gehen. Während einige, großteils südliche, Staaten Gesetze umgesetzt hätten, die einige Formen genderspezifischer Gewalt verbieten würden oder bestimmte Rechte sicherstellen würden, habe die Mehrheit der Staaten keine derartigen Gesetze. Am 25. Mai 2015 sei das Gesetz zum Verbot der Gewalt gegen Personen (Violence Against Persons Prohibition, VAPP) beschlossen worden. Das Gesetz behandle sexuelle Gewalt, körperliche Gewalt, psychische Gewalt, schädigende traditionelle Praktiken und sozioökonomische Gewalt. Vergewaltigung stehe unter Strafe, sei aber weiterhin weit verbreitet. Der gesellschaftliche Druck und das mit Vergewaltigung verbundene Stigma hätten den Prozentsatz der angezeigten Vergewaltigungen und der auferlegten Strafen bei Verurteilung verringert. Es gebe keine landesweit anwendbaren Gesetze, die genderspezifische Gewalt verbieten. Häusliche Gewalt sei weiterhin weit verbreitet gewesen und sei von vielen als gesellschaftlich akzeptabel angesehen worden. Die Polizei habe sich oftmals geweigert bei häuslichen Streitigkeiten einzuschreiten oder habe das Opfer beschuldigt, einen Missbrauch provoziert zu haben. (USDOS, 13. April 2016, Section 6)

 

Laut einer im Jahr 2008 von der WHO durchgeführten Studie seien 29,6 Prozent der Mädchen und Frauen im Alter von 15 bis 49 Jahren von weiblicher Genitalverstümmelung betroffen gewesen, so das USDOS weiter. UNICEF habe 2013 berichtet, dass 14 Prozent der Mädchen von der Geburt bis zum Alter von 14 Jahren von FGM betroffen gewesen seien. Das Alter von Frauen bei der Durchführung der Praktik habe zwischen der ersten Lebenswoche bis nach der Geburt des ersten Kindes der Frau variiert. Trotz des neuen Bundesgesetzes habe in verschiedenen nördlichen Landesteilen weiterhin Purdah, die kulturelle Praxis der Absonderung von Frauen und pubertierender Mädchen von nicht verwandten Männern, weiterhin stattgefunden. In einigen Landesteilen seien Witwen aufgrund diskriminierender traditioneller Praktiken von ungünstigen Bedingungen betroffen gewesen. (USDOS, 13. April 2016, Section 6)

 

Sexuelle Belästigung sei in Nigeria laut USDOS weiterhin ein alltägliches Problem gewesen. Es gebe keine Vorschriften, die sexuelle Belästigung verbieten, jedoch könnten die Behörden gewaltsame Belästigung nach Vorschriften zu tätlichen Angriffen strafrechtlich verfolgen. (USDOS, 13. April 2016, Section 6)

 

Die nigerianische Verfassung erkenne laut einem Bericht der Weltbank (World Bank) vom Jänner 2016 das Prinzip der Nichtdiskriminierung an, sehe aber nicht explizit Gleichberechtigung bei Eigentumsrechten vor. Darüber hinaus würden rechtliche Ausnahmen direkt oder indirekt die wirtschaftliche Freiheit von Frauen einschränken. Betreffend rechtlicher Kapazitäten sei Nigeria bei der Anerkennung gleicher Rechte für Frauen besser als viele andere afrikanische Länder: Männer gelten formell nicht als Haushaltsvorstände und eine Frau bedürfe offiziell nicht der Erlaubnis ihres Ehemannes bei der Eröffnung eines Bankkontos oder bei Erwerbstätigkeit außerhalb des Hauses. Nigeria sei ein rechtlich pluralistisches Land, wo das bürgerliche Rechtssystem mit dem von traditionellen Normen und Praktiken abgeleiteten Gewohnheitsrecht sowie dem religiösen (Scharia-) Recht koexistiere, das in einigen muslimischen Gemeinschaften, insbesondere im Norden, angewendet werde. Es gebe in Nigeria offizielle traditionelle Gerichte („customary courts“), gleichzeitig seien aber auch vom Staat nicht anerkannte traditionelle Gerichte weiterhin tätig. Nach dem Gewohnheitsrecht könne einer Witwe das Erbrecht verweigert werden und sie sei darum nicht berechtigt den Besitz zu verwalten. Sie werde als Teil des Erbes gesehen. Im Gegensatz zu anderen afrikanischen Ländern schränke die nigerianische Verfassung nicht explizit eine geschlechtsspezifische Diskriminierung durch das religiöse Recht ein. In vielen Gebieten würde das Scharia-Recht Vorschriften zum Recht von Frauen auf Eigentum, Arbeit außerhalb ihres Zuhauses, das Behalten von Gewinnen oder das Eingehen ziviler Transaktionen beinhalten. Jedoch variiere die Auslegung hinsichtlich der verschiedenen Schulen und des Kontextes. Aufgrund eines fehlenden Bewusstseins und/oder gesellschaftlicher Normen könnten die Rechte von Frauen in der Praxis nicht angewendet werden, obwohl das religiöse Recht diese vorsehen würde. (World Bank, 1. Jänner 2016, S. 31)

 

Es konnten keine Informationen speziell zur Lage von alleinstehenden Frauen gefunden werden. Wir haben Ihre Frage deshalb an mehrere ExpertInnen weitergeleitet, bislang aber keine Auskünfte erhalten. Sollten noch Antworten einlangen, werden wir sie Ihnen umgehend weiterleiten.

Bedeutung der Familie und soziale Unterstützung

Laut einem von Zitha Mokomane, einer Expertin mit Fokus auf Sub-Sahara-Afrika vom Human Sciences Research Council of South Africa, verfassten Bericht von 2012 sei die erweiterte Familie in Afrika, wie in vielen anderen Entwicklungsregionen, eine seit langem etablierte Institution, die ihren Mitgliedern ein ausgeklügeltes soziales Sicherungssystem, wirtschaftliche Unterstützung zur Deckung der grundlegenden Bedürfnisse hinsichtlich Nahrung, Unterkunft und Kleidung sowie einen großen Verwandtschaftskreis für den Fall von Krisen, Arbeitslosigkeit, Krankheit, Armut, hohem Alter und Todesfällen bereitstelle. Einem Bericht der Afrikanischen Union zufolge könne die Entwicklung Afrikas bislang großteils auf die Stärke der Familie zurückgeführt werden, da Großfamilien traditionell eine Quelle von Arbeit und Wohlstand gewesen seien und die erweiterte Familie sichergestellt habe, dass arme Familien im Allgemeinen von den wohlhabenderen unterstützt worden seien. (Mokomane, 2012, S. 4)

Laut dem undatierten Nigeria-Guide der Commisceo Global Consultancy, einem kommerziellen Beratungsunternehmen mit Sitz im Vereinigten Königreich und Fokus auf kultureller Bewusstseinsbildung, sei die erweiterte Familie in Nigeria weiterhin die Norm und praktisch das Rückgrat des gesellschaftlichen Systems. Großeltern, Cousinen, Tanten, Onkel, Schwestern, Brüder und alle angeheirateten Verwandten würden als Einheit agieren („work as a unit through life“). Familienbeziehungen seien nach Hierarchie und Seniorität aufgebaut. Gesellschaftliches Ansehen und gesellschaftliche Anerkennung würde mittels der erweiterten Familie erlangt. Die Ehre der Familie werde gleichzeitig durch die Taten ihrer Mitglieder beeinflusst. Einzelpersonen würden sich für finanzielle Hilfe oder Ratschläge an Mitglieder der erweiterten Familie wenden. Von der Familie werde erwartet, für das Wohlergehen jedes Mitglieds aufzukommen. Obwohl die Bedeutung der erweiterten Familie in städtischen Gebieten in gewissem Maße zurückgegangen sei, gebe es weiterhin eine starke Tradition gegenseitiger Hilfe und Verantwortung zwischen den Mitgliedern. (Commisceo Global Consultancy, ohne Datum)

 

Laut einem undatierten Artikel auf der Website des kommerziellen Beratungsunternehmens CultureSmart!Consulting, das seinen Sitz im Vereinigten Königreich hat und Seminare und Beratungsprogramme zu interkulturellen Themen anbietet, sei die Familie der wichtigste Aspekt im Leben jedes oder jeder NigerianerIn. Die Familie biete der Einzelperson nicht nur eine Identität, sondern biete auch soziales Ansehen und finanzielle Unterstützung. Das ultimative Ziel im Leben der meisten NigerianerInnen sei es zu heiraten und eine Familie zu haben. Die Familie umfasse in Nigeria das gesamte Verwandtschaftsnetzwerk, von Brüdern und Schwestern bis hin zu den Ehefrauen von Söhnen und Enkeln. Arbeitende Familienmitglieder würden, wenn nötig, die gesamte Familie unterstützen, sei es mit Geld für Lebensmittel oder dem Aufkommen für Schulgebühren. Die traditionellen Rollen von Männern und Frauen innerhalb der Familie seien getrennt. Männer würden dazu tendieren, die Ernährer zu sein und für die finanzielle Unterstützung zu sorgen, während Frauen die Kinder aufziehen würden und damit beauftragt seien, den kommenden Generationen kulturelle Werte zu vermitteln. In einigen städtischen Gebieten seien diese Rollen weniger streng verteilt und viele Frauen würden einer Arbeit nachgehen, jedoch seien diese Rollen in ländlichen Gebieten die Norm. (CultureSmart!Consulting, ohne Datum)

 

Laut einem Artikel der nigerianischen Tageszeitung The Punch vom Mai 2013 sei die erweiterte Familie die Grundlage des sozialen Lebens in Nigeria. In Abwesenheit eines formellen und effektiven Systems der sozialen Sicherheit habe sich das System der erweiterten Familie zu einer Art selbstgemachten Version eines formalen Wohlfahrtssystems entwickelt. Durch diese grundlegende wirtschaftliche Einheit sei es Einzelpersonen möglich, Netzwerke aufzubauen und Ressourcen anzusammeln, um etwa die Bildung von Kindern oder das Wohlergehen von Verwandten zu ermöglichen. Diese Form der gegenseitigen Kooperation habe große Auswirkungen auf das Leben der meisten NigerianerInnen gehabt. Beinahe alle Personen seien auf irgendeine Weise Begünstigte eines Systems, das bei der Versorgung von Kindern und älteren Personen, Hilfsleistungen bei Hochzeiten und Begräbnissen, der Finanzierung von Bildung, der Unterstützung von unternehmerischen Vorhaben und bei Unterkünften in Städten eine Rolle spiele. Gegenwärtig erlebe die nigerianische Gesellschaft bedeutende Änderungen des Systems der erweiterten Familie. Als Ergebnis der Urbanisierung, Modernisierung, Globalisierung und anderer sozio-ökonomischer Faktoren sei es zu einer graduellen Verwässerung des Systems der erweiterten Familie gekommen. Viele Familien würden zwischen dem traditionellen Familiensystem, das durch starken Zusammenhalt und eine Gruppenorientierung charakterisiert sei, und dem modernen System, das individualistisch sei, stehen. Die Kernfamilie scheine schrittweise eine dominante Rolle einzunehmen. (The Punch, 6. Mai 2013)

 

Die finnische Einwanderungsbehörde (Finnish Immigration Service) schreibt in einem Bericht zu Opfern von Menschenhandel vom März 2015, dass zurückkehrende Opfer von fehlenden Netzwerken zur sozialen Unterstützung betroffen seien. Je länger das Opfer in Europa gelebt habe, desto wahrscheinlicher sei dieser Mangel. Sogar im Falle, wenn die rückkehrende Person über eine Familie verfüge, wolle nicht jeder mit ihr in einem Dorf leben, nachdem sie lange Zeit in Europa verbracht habe. Dennoch würden viele davon ausgehen, dass es in Nigeria unmöglich sei ohne Familie durchzukommen („succeed“) und glauben, dass man in Nigeria ohne eine Familie nichts sei. NGOs und die von ihnen bereitgestellte Hilfe seien kein Ersatz für soziale Netzwerke, und die Organisationen könnten sich nicht dauerhaft um die zurückgekehrten Opfer kümmern. Für viele sei Prostitution die einzige Möglichkeit zur Bestreitung des Lebensunterhalts nach Ablauf der Hilfe durch die Organisationen. Die Opfer seien bei ihrer Rückkehr ohne Geld und verschuldet nicht notwendigerweise in der Lage, ihr Versagen einzugestehen, und das Versagen führe oftmals zu einer schweren psychischen Krise und Leid. Die unsichere sozioökonomische Lage, das Fehlen von Möglichkeiten zur Bestreitung des Lebensunterhalts und gesellschaftliche Stigmatisierung könne bei den Opfern zu Ängsten und Sorgen führen. (Finnish Immigration Service, 24. März 2015, S. 27)

 

Die US-amerikanischen Sozialversicherungsbehörde (US Social Security Administration, SSA) erwähnt im September 2015, dass es in Nigeria ein Sozialversicherungsprogramm für Menschen im hohen Alter, mit Behinderungen und für Hinterbliebene gebe. Durch das Programm gedeckt seien Angestellte des Bundes im öffentlichen Bereich, Angestellte des öffentlichen Bereichs des Bundesstaates und örtlicher Verwaltungen im Hauptstadtterritorium („federal capital territory“) und Privatangestellte, die in Firmen mit mindestens 15 Angestellten arbeiten würden. Zudem gebe es eine freiwillige Deckung für privat Angestellte, die in Firmen mit bis zu zwei Angestellten arbeiten würden und einige ausgeschlossene Kategorien von ArbeiterInnen nach speziellen Bedingungen. Ausgenommen seien: RichterInnen, DiplomatInnen, Militärangehörige, Nicht-StaatsbürgerInnen, die durch ein äquivalentes Programm in einem anderen Staat gedeckt seien, Selbstständige, Geistliche und Privatangestellte in Firmen, die zwischen drei und 14 MitarbeiterInnen hätten. Zudem gebe es laut der SSA ein Sozialversicherungsprogramm für Kranke und Mütter. Gedeckt seien Angestellte in den Bereichen Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft. Selbstständige seien ausgenommen. Weiters gebe es ein Sozialversicherungsprogramm für Arbeitsunfälle. Gedeckt seien Angestellte im öffentlichen und privaten Bereich, darunter der informelle Bereich. Ausgenommen seien Militärangehörige. (SSA, September 2015)

 

Weitere detaillierte Informationen zu den nigerianischen Sozialversicherungsprogrammen entnehmen Sie bitte dem Dokument der SSA unter folgendem Link:

 

 

HRW erwähnt in einem Bericht zu Schulen und Bildung in Nigeria vom April 2016, dass die nigerianische Regierung im Jänner 2016 einen neuen von der Weltbank unterstützten Plan zu sozialem Schutz eingerichtet habe, der unter anderem die Verbesserung der Qualität der Lehrer sowie der Bereitstellung von Geldüberweisungen an extrem arme Eltern vorsehe, unter der Bedingung, dass sie ihre Kinder in die Schule schicken. (HRW, April 2016, S. 3)

 

In einer Individualanfrage vom 7. Juli 2016, die im Auftrag der Zentralstelle für Informationsvermittlung zur Rückkehrförderung (ZIRF) des deutschen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) von der Internationalen Organisation für Migration (IOM) verfasst wurde, finden sich folgende Informationen:

„Gibt es noch andere Unterstützungsmöglichkeiten in Lagos zur Wohnungssuche etc? […]

Private ImmobilienmaklerInnen sind für eine Vermittlung zuständig. Sozialhilfe wird durch das Bundesministerium für Frauen und soziale Entwicklung zu Verfügung gestellt. Diese kann unter folgender Adresse kontaktiert werden: enquiries@womenaffairs.gov.ng” (IOM, 7. Juli 2016, S. 1)

Weitere Informationen zu Unterstützungsdiensten und –leistungen entnehmen Sie bitte auch dem Unterkapitel Arbeitsmarkt unten.

[Teilfrage entfernt]

Allgemeine Informationen zum Arbeitsmarkt

Das deutsche Auswärtige Amt erwähnt in seinen Länderinformationen zu Nigeria mit Stand Mai 2015 folgendes zur allgemeinen wirtschaftlichen Lage in Nigeria:

„Der Reichtum Nigerias ist das Öl, doch über 60 Prozent der Nigerianer sind in der Landwirtschaft beschäftigt. In ländlichen Gegenden beträgt der Anteil über 90 Prozent. Über 95 Prozent der landwirtschaftlichen Produktion kommt von kleinen Anbauflächen – in der Regel in Subsistenzwirtschaft – mit Größen von einem bis 5 Hektar. Der Agrarsektor macht rund 24 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Dabei ist das Potenzial der nigerianischen Landwirtschaft bei Weitem nicht ausgeschöpft. Nigeria ist Afrikas größter Yams- und Augenbohnenproduzent und der weltweit größte Produzent von Maniok (Kassava). Nigeria ist mittlerweile viertgrößter Kakaoproduzent (Tendenz steigend). Auch die Mais- und Reisproduktion wurde – durch Einwirken der Regierung - kräftig ausgeweitet.” (AA, Stand: Mai 2015)

Die wirtschaftsliberale Bertelsmann Stiftung, eine deutsche gemeinnützige Denkfabrik mit Sitz in Gütersloh, schreibt in ihrem 2016 veröffentlichten Transformationsindex zu Nigeria, dass Armut in Nigeria ein großes Problem sei. Die Lebenserwartung sei im Jahr 2012 bei 50,7 Jahren gelegen. Im Allgemeinen würde die Last des Alterns, von Krankheiten, Unterbeschäftigung und Arbeitslosigkeit Großteils von erweiterten Familiennetzwerken und dem informellen Sektor getragen. Dies bedeute, dass Sozialversicherung („social security“) nur für Angestellte des höheren Bildunsgsystems, staatlicher und teilstaatlicher Unternehmen, mittelgroße und internationale Unternehmen sowie öffentlich Bedienstete verfügbar sei. Jedoch sei das Gesetz zur Pensionsreform im Jahr 2014 geändert worden, um die Kosten und Leistungen für Beschäftigte im öffentlichen und privaten Bereich zu harmonisieren. Gleichzeitig sei die „Nigerian Police Force Pension Limited“ berechtigt worden, als Verwalter eines Pensionsfonds tätig zu sein. (Bertelsmann Stiftung, 2016, S. 16-17)

 

Die Einkommensverteilung sei in Nigeria höchst ungleich, so die Bertelsmann Stiftung weiter. Über zwei Drittel der 173 Millionen Menschen würden in absoluter Armut leben. [Der ehemalige] Präsident Goodluck Jonathan und seine Regierung hätten einen prekären Level der Arbeitslosigkeit unter jungen Menschen eingestanden. Die Bundesregierung und die Regierungen der Bundesstaaten hätten unterstützt durch die Nationalversammlung die Finanzierung mit folgenden verschiedenen Ausbildungs- und Ermächtigungsprogrammen begonnen: SUREP (Subsidy Reinvestment and Empowerment Program), YEA (Youth Empowerment in Agric), YouWIN (Youth Enterprise with Innovation in Nigeria) and BOYES (Borno Empowerment Scheme). Die Auswirkungen dieser Programme seien gegenwärtig unklar. Es gebe keine Mechanismen zur Förderung von Personen mit Behinderungen oder gesellschaftlich benachteiligter Personen. Frauen mit sekundärer oder tertiärer Bildung würden beginnen im öffentlichen und sich ausdehnenden privaten Bereich zu arbeiten, insbesondere im Bankwesen, Versicherungswesen, bei privaten Medien und im Beratungswesen. Einige Frauen würden innerhalb der Regierung und der Justiz prestigeträchtige Ämter bekleiden. Die geschlechtsspezifische Diskriminierung von Frauen sei ebenfalls reduziert worden. Der Oberste Gerichtshof habe eine bahnbrechende Entscheidung getroffen, die Witwen zum Erben berechtigt. Trotz der Tatsache, dass Frauen innerhalb der Elite an die Spitze von Ministerien und staatlichen Agenturen vordringen könnten, würden Frauen auf Ebene der Bundesstaaten und lokalen Verwaltungen kaum eine Rolle spielen. Die Alphabetisierungsrate werde auf 51 Prozent geschätzt. Die Nord-Süd-Teilung zeige jedoch Schulbesuchsraten von etwa 70 Prozent im Süden und ungefähr 30 Prozent im Norden. (Bertelsmann Stiftung, 2016, S. 17)

 

Ein Bericht der Weltbank vom Jänner 2016 geht detailliert auf die Lage des nigerianischen Arbeitsmarktes ein. Viele NigerianerInnen würden laut dem Bericht arbeiten, jedoch würden sie oftmals Tätigkeiten mit geringem und unbeständigem Verdienst nachgehen müssen. Obwohl sich die Struktur der Beschäftigung verändere, seien viele NigerianerInnen von Subsistenzlandwirtschaft abhängig, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Jene, die einer Arbeit abseits der Landwirtschaft nachgingen, täten dies vorwiegend als informelle Selbständige, insbesondere im Kleinhandel, persönlichen Diensten, der Nahrungsmittelzubereitung und ähnlichen Beschäftigungen, die im Allgemeinen wenig Verdienst abwürfen und von niedriger Produktivität seien. Arbeit finde nur in eingeschränktem Ausmaß auf dem „Arbeitsmarkt“ statt und, anders als in weiter entwickelten Volkswirtschaften, sei die Mehrheit der Jobs nicht Lohnarbeit. (World Bank, 1. Jänner 2016, S. 13)

 

Laut demselben Bericht der Weltbank sei Arbeitslosigkeit im Sinne von Personen ohne Beschäftigung, die aktiv nach einer Arbeit suchen würden, in Nigeria kein signifikantes Phänomen und betreffe großteils eine andere Gruppe. Dies betreffe etwa 3,6 Millionen Menschen, während 12,4 Millionen Menschen inaktiv seien. Obwohl der Großteil der NigerianerInnen einer Arbeit nachgehen würde, habe sich die Arbeitslosigkeit zwischen 2007 und 2011 verdreifacht. Junge Menschen seien unverhältnismäßig von Arbeitslosigkeit betroffen. Wie in vielen afrikanischen Ländern sei Arbeitslosigkeit für höher Gebildete ein bedeutenderes Problem als für jene mit geringer Bildung. Arbeitslosigkeit sei im Gegensatz zu Inaktivität unter armen Menschen nicht verbreitet. (World Bank, 1. Jänner 2016, S. 21)

 

Viele NigerianerInnen würden in informellen Jobs arbeiten, als LohnarbeiterInnen ohne Vertrag und als Selbstständige bzw. als Beschäftigte in Haushaltsunternehmen in nicht-registrierten Firmen. Etwa 96 Prozent der Selbstständigen, die auf ihrer eigenen Farm arbeiten würden und 84 Prozent der Selbstständigen im nichtlandwirtschaftlichen Sektor seien nicht registriert. Sogar unter den nichtlandwirtschaftlichen LohnarbeiterInnen würden informelle Arbeitsbedingungen vorherrschen. Im Jahr 2011 seien fünf von sechs nicht in der Landwirtschaft beschäftigten LohnarbeiterInnen informell beschäftigt gewesen. Tatsächlich begründe sich die Ausdehnung der Lohnarbeit zwischen 2007 und 2011 fast gänzlich auf Arbeitsplätze im informellen Sektor. Der Level der Informalität sei unter ArbeiterInnen im Dienstleistungssektor am höchsten. Während Arbeitsplätze im privaten Bereich fast zur Gänze informell seien (96 Prozent), seien auch drei von vier ArbeiterInnen im öffentlichen Sektor informell beschäftigt. (World Bank, 1. Jänner 2016, S. 24)

 

Es gebe weiterhin nicht ausreichend produktive Arbeitsstellen. Zwei von fünf NigerianerInnen würden unter der Armutsgrenze leben und das verdiente Einkommen sei zu gering, um Familien die Deckung grundlegender Bedürfnisse zu ermöglichen. Im Jahr 2011 hätten etwa acht Millionen Kinder im Alter zwischen fünf und 14 Jahren und ältere Personen über 64 Jahre gearbeitet, was zeige, dass alle Haushaltsmitglieder ungeachtet anderer Bedürfnisse wie etwa Schulbesuch aufgerufen seien, bei der Deckung der Bedürfnisse des Haushalts mitzuhelfen. Beschäftigte Erwachsene würden wöchentlich durchschnittlich über 45 Stunden arbeiten und die Mehrheit jener, die weniger als 40 Stunden arbeiten würden, würden nicht mehr Arbeit anstreben, vermutlich weil sie mit Haushaltsarbeit beschäftigt seien. (World Bank, 1. Jänner 2016, S. 18)

 

Ein großer Teil der nigerianischen Haushalte würden sich sogar in Gebieten am Stadtrand hinsichtlich Beschäftigung und Einkommen auf die Landwirtschaft verlassen. Der Großteil der Produktion konzentriere sich auf Subsistenzlandwirtschaft mit geringer Produktivität. Der nichtlandwirtschaftliche Bereich gewinne in Nigeria an Bedeutung. Der Großteil der Arbeit außerhalb der Landwirtschaft würde in Haushaltsunternehmen stattfinden. Im Jahr 2011 hätten etwa 60 Prozent der Haushalte ein derartiges Mikrounternehmen auf Familienbasis geführt. (World Bank, 1. Jänner 2016, S. 22)

 

Im Länderinformationsblatt Nigeria vom August 2014, das im Auftrag der Zentralstelle für Informationsvermittlung zur Rückkehrförderung (ZIRF) beim deutschen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) von der International Organization for Migration (IOM) verfasst wurde, finden sich folgende Informationen zur Lage auf dem nigerianischen Arbeitsmarkt:

„IV. ARBEITSMARKT

1. Arbeitsmarktsituation

Verschiedene Studien des National Bureau of Statistics (NBS), der Central Bank of Nigeria (CBN), des National Directorate for Employment (NDE), des National Manpower Board und des Centre for Investment, Sustainable Development, Management and Environment haben ergeben, dass mehr als 80% der arbeitsfähigen Bevölkerung Nigerias arbeitslos ist und dass 60% der Arbeitslosen Abgänger der Haupt- oder Mittelschule ohne Berufsausbildung sind.

Zu den Arbeitgebern in Nigeria zählen u.a. die Regierung, Banken, Ölfirmen, Telekommunikationsunternehmen, Fast Food Outlets, Manufakturen, multinationale Konzerne, NGOs, Bildungseinrichtungen, Botschaften, Sicherheitsfirmen. Stellenangebote werden auf verschiedene Weise wie etwa intern, per Mund-zu-Mund-Propaganda oder Zeitungsanzeigen veröffentlicht.“ (IOM, August 2014, S. 9)

Das Länderinformationsblatt erwähnt zudem die Erfordernisse, die Personen mit Universitätsabschluss oder einen Oberschulabschluss erfüllen müssen, um eine Beamtenlaufbahn einzuschlagen (IOM, August 2014, S. 9).

 

Hinsichtlich Arbeitslosenunterstützung werden im Länderinformationsblatt verschiedene vom Nationalen Beschäftigungsdirektorats (National Directorate of Employment, NDE) entwickelte Beschäftigungsprogramme erwähnt und im Detail beschrieben:

„2. Arbeitslosenunterstützung: Voraussetzungen, Dokumente, Versicherungen

‚National Directorate of Employment‘ (NDE):

Das NDE wurde am 26. März 1986 als Antwort auf die dringende Erfordernis der Einrichtung dauerhafter institutioneller Mechanismen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in Nigeria gegründet. Durch den Gründungsakt gemäß CAP 250 Laws of the Federal republic of Nigeria, 1999 (vormals Erlass Nr. 29 von 1989) wurde das NDE als Beschäftigungsagentur mit der Aufgabe des Entwurfs und der Implementierung von Programmen zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit gebildet.

Die Aufgabe des NDE besteht weiterhin in der Erstellung von Richtlinien für die Entwicklung von Programmen mit arbeitsintensivem Potenzial sowie dem Aufbau und der Pflege einer Datenbank der Beschäftigungsverhältnisse und Stellenangebote des Landes, um Arbeitssuchenden Stellenangebote zur Verfügung zu stellen.

Um diesen Auftrag zu erneuern, entwickelte das NDE vier Hauptprogramme: Vocational Skills Development (VSD), Small Scale Enterprises (SSE), Rural Employment Promotion (REP) und Special Public Works (SPW). Die Ziele dieser Beschäftigungsprogramme werden durch die folgenden Ausbildungsstrategien erreicht: Erwerb beruflicher Fähigkeiten, Schulung von Unternehmern und Geschäftsleuten, Landentwicklungsförderungen, körperliche Tätigkeiten, Beschäftigungsberatung und Verknüpfung sowie Umsiedlung geschulter Teilnehmer zur Existenzgründung.

Vocational Skills Development programme (Programm zum Erwerb beruflicher Fachkenntnisse)

Diese Programm wird vom Vocational Skills Development Department der NDE ausgeführt und richtet sich an arbeitslose Schulabgänger (mit oder ohne Abschluss). Diese Schulabgänger werden männlichen und weiblichen Handwerksmeistern für einen ausreichenden Zeitraum zugeteilt, um die erforderlichen Fähigkeiten zu erwerben. In ländlichen Gebieten, wo Handwerksmeister ungeeignet sind oder nicht existieren, werden mobile Werkstätten (Schulen auf Rädern) eingesetzt, um Arbeitslose zu schulen, die keine Möglichkeit haben, an den in den Städten angebotenen Ausbildungen teilzunehmen.

Small Scale Enterprises Programme (Programm für kleine Unternehmen)

Die Small Scale Enterprises-Programme werden vom Small Scale Enterprises Department angeboten und richten sich an arbeitslose Absolventen von Universitäten, Hochschulen und vergleichbaren Bildungseinrichtungen. Die Zielgruppen nehmen an Unternehmerausbildungsprogrammen teil, um zu lernen, eigene Unternehmen zu gründen. Darüber hinaus werden die Teilnehmer zu Praktika in Büros entsandt, um praktische Erfahrungen zu sammeln. Nach dem erfolgreichen Abschluss ihres Kurses unterstützt das NDE die Teilnehmer bei dem Erhalt eines Existenzgründungsdarlehens von der Nigerian Agricultural, Co-operative and Rural Development Bank (NACRDB).

Rural Employment Promotion Programm (Landwirtschaftliches Programm zur Beschäftigungsförderung)

Das NDE richtete das Rural Employment Promotion-Programm ein, um das Interesse arbeitsloser Jugendlicher an der Landwirtschaft zu wecken, die umfangreichen Möglichkeiten der Beschäftigung und Vermögensbildung im landwirtschaftlichen Sektor zu nutzen und letztendlich die Landflucht der Jugendlichen einzudämmen. Teilnehmer dieses Programms werden in moderner Landwirtschaft und den damit verbundenen Praktiken geschult.

Special Public Works-Programm (Programm für besondere öffentliche Arbeiten)

Das Special Public Works-Programm wird vom Special Public Works Department geleitet und hat den Zweck, arbeitslosen Jugendlichen (mit oder ohne Abschluss) kurzfristig zeitlich begrenzte Beschäftigungsverhältnisse zu vermitteln. Das Ziel besteht darin, diese wertvollen Arbeitskräfte für die Ausführung erforderlicher und arbeitsintensiver öffentlicher Tätigkeiten einzusetzen und den Teilnehmern kurzfristige Beschäftigungen zu verschaffen, in denen sie neue Fertigkeiten und berufliche Fähigkeiten erwerben können.

Zu diesen öffentlichen Projekten zählen beispielsweise Baumpflanzarbeiten, Straßenbau und -instandsetzung, Umweltverschönerung und -reinigung. Arbeitslose mit Abschluss werden darüber hinaus vorübergehend in Unternehmen eingesetzt, die mit dem NDE zusammenarbeiten und haben manchmal das Glück, eine Festanstellung zu erhalten. Das NDE unterstützt die Teilnehmer dieses Programms durch die Zahlung eines bestimmten Gehalts.

National Poverty Eradication Programme (NAPEP)

Das NAPEP wurde im Jahr 2001 eingerichtet, um die Armut in Nigeria zu bekämpfen.

Das NAPEP implementiert Strategien zur Bekämpfung der Armut und überwacht und koordiniert alle diesbezüglichen Maßnahmen auf Bundes-, Landes-und kommunaler Ebene. Das Programm betreibt Büros in jedem Bundesstaat und den lokalen Regierungsbezirken in ganz Nigeria. Das Hauptziel des NAPEP besteht in der Beseitigung der extremen Armut und entspricht allgemein dem United Nations Millennium Development Goal (MDG).

Das NAPEP führt die folgenden Pläne aus, um diese Ziele zu erreichen:

Youth Empowerment Scheme (YES) (Jugendunterstützungsprogramm): Dieses Programm dient der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit.

Capacity Enhancement Scheme (CES) (Fähigkeitsverbesserungsprogramm): Dieses Programm richtet sich an Menschen mit grundlegenden Fähigkeiten, die zusätzliche Unterstützung bei der beruflichen Weiterentwicklung benötigen, um die Vermögensbildung sicherzustellen und Armut zu vermeiden.

Community Enlightenment and Sensitization Scheme (COMESS) (Programm für öffentliche Aufklärung und Sensibilisierung): Hierbei handelt es sich um eine Reihe von Programmen, die verschiedene Medien zur Aufklärung der Öffentlichkeit, Hilfe zur Selbsthilfe, aktiven Eindämmung der Armut und Vermögensbildungsaktivitäten in den Gemeinden nutzt.

Social Welfare Service Scheme (SOWESS) (Soziales Wohlfahrtsprogramm): Das SOWESS fördert Projekte, die die soziale und persönliche Situation der Einwohner Nigerias verbessern.

Rural Infrastructure Development Scheme (RIDS) (Programm zur Entwicklung der ländlichen Infrastruktur)

Natural Resources Development & Conservation Scheme (NRDCS) (Programm zur Erschließung und Bewahrung natürlicher Ressourcen)

Die Programme der NAPEP sollen verschiedenen Bevölkerungsschichten die Möglichkeit zur Teilnahme als Beitragsleister oder Nutznießer ermöglichen.“ (IOM, August 2014, S. 10-11)

Zudem erwähnt das IOM-Länderinformationsblatt Folgendes zur Reintegrations- und Wiederaufbauhilfe:

„V. REINTEGRATIONS- UND WIEDERAUFBAUHILFE

1. Reintegrationshilfe in Sachleistungen

Es bestehen keine speziellen Reintegrations-und Wiederaufbauprogramme für Heimkehrer. Reintegrationshilfe kann durch Regierungsprogramme wie etwa NDE, NAPEP, NAPTIP, COSUDOW, UBE, SMEDAN, NACRDB erhalten werden und nichtstaatliche Organisationen wie etwa die Lift above Poverty-Organisation (LAPO) bieten allgemeine Reintegrationshilfe. Die meisten Programme hängen von der finanziellen Unterstützung der Regierung oder der Geber ab.

2. Existenzgründung

Die Small and Medium Enterprises Development Agency of Nigeria (SMEDAN) wurde durch den SMEDAN Act aus dem Jahr 2003 gegründet, um die Entwicklung von Mini-, Klein-und mittelständischen Unternehmen (MSME) in Nigeria zu fördern. Die Ziele der SMEDAN sind:

Beschaffung, Verarbeitung und Verbreitung von Geschäftsinformationen

Entwicklung von Richtlinien

Schaffung von Geschäftsunterstützungsprogrammen

Aufbau von Kapazität und Förderungsdienstleistungen

Verbesserung des Zugangs der MSME zu Finanzmitteln

Die Finanzierungsdienstleistungen der SMEDAN umfassen:

Unterstützung der MSMEs bei der Erstellung bankfähiger Geschäftspläne

Bewertung und Empfehlung von Projektvorschlägen der MSME an Partner-Finanzunternehmen

Zusammenarbeit mit Förderern spezialisierter (Mikro-) Finanzpläne zugunsten der MSME

Um diese Ziele zu erreichen, übt die SMEDAN eine Reihe von Funktionen aus, die in dem Ermächtigungsgesetz von 2003 verankert sind. Diese umfassen:

Anregung, Überwachung und Koordination der Entwicklung im MSME-Sektor

Initiierung und Artikulierung strategischer Konzepte für das Wachstum und die Entwicklung der MSME

Vorreiter in der ländlichen Industrialisierung, der Bekämpfung der Armut, der Schaffung von Arbeitsplätzen, der nachhaltigen Verbesserung des Lebensstandards

Förderung und Vermittlung von Instrumenten und Unterstützungsdienstleistungen für Entwicklungsprogramme, um die Entwicklung der MSME-Betriebe zu beschleunigen

Die SMEDAN arbeitet mit nichtstaatlichen Organisationen, Regierungsministerien sowie Forschungs-und Technologie-Einrichtungen zusammen, um ein dynamisches Netzwerk der Interessengruppen im Hinblick auf die Entwicklung des MSME-Subsektors in Nigeria zu schaffen.

3. Verfahren zur Existenzgründung

Jede Person, die in Nigeria ein Unternehmen gründen möchte, muss dieses bei der CORPORATE AFFAIRS COMMISSION (CAC) registrieren. Der Companies and Allied Matters Act, 1990 (das Unternehmensgesetz) ist das Hauptgesetz für die Unternehmensgründung.

Ihre Büros sind überall im Land angesiedelt. Unter den folgenden Links gibt es CAC Formulare und Adressen von staatlichen Büros:
http://new.cac.gov.ng/home/forms/
http://new.cac.gov.ng/home/state-offices/“ (IOM, August 2014, S. 11-12)

In zwei Individualanfragen, die im Auftrag der Zentralstelle für Informationsvermittlung zur Rückkehrförderung (ZIRF) des deutschen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) von der International Organization for Migration (IOM) verfasst wurden und sich mit dem Thema Geschäftsgründung befassen, finden sich folgende Informationen:

„Hintergrundinformation: Die o. g. Person möchte in seinem Heimatland Nigeria in Abuja einen Laden zum Verkauf von Kosmetikartikeln eröffnen. […] 1. Wie sind die Erfolgsaussichten, seinen Lebensunterhalt damit zu verdienen? 2. Wie hoch ist die monatliche Miete? Muss sie für mehrere Monate im Voraus entrichtet werden? 3. Muss eine Erlaubnis für eine Geschäftseröffnung erworben werden? 4. Wie viel kostet Strom (pro KW/h und Grundgebühr)? 5. Wie hoch sind die Anschaffungskosten für die Ausstattung eines kleinen Ladenlokales? 6. Wie hoch sind die Anschaffungskosten für Kosmetikprodukte (Einkauf)? […]

2.) Die Kosten für einen Laden im Zentrum von Abuja werden mit 4019-5024 USD im Jahr angegeben. Die Kosten für einen Laden außerhalb von Abuja liegen bei 1004-2512 USD im Jahr. Die meisten Vermieter verlangen die Zahlung des vollständigen Mietpreises im Voraus. 3.) Es ist erforderlich, das Geschäft bei der ‚Corporate Affairs Commission‘ anzumelden. Die Eintragung des Geschäftsnamens kostet etwa 151 USD. Die Geschäftsgründung kostet etwa 452 USD. 4.) Strom wird in Abuja nach dem „pay as you go“-System abgerechnet und sind variabel. Die durchschnittlichen Kosten pro Einheit liegen bei 0,08 USD. Strom wird monatlich gezahlt. Da die Eröffnung eines Kosmetikladens angestrebt wird, ist davon auszugehen, dass keine stromintensiven Geräte eingesetzt werden müssen.“ (IOM, 12. März 2015)

„Miete für Verkaufsflächen wird jährlich bezahlt. Die Miete beträgt zwischen 905 und 1206 US Dollar im Jahr. Die Miete muss bezahlt werden bevor der Klient die Räume bezieht. Strom wird unabhängig von der Miete bezahlt. In manchen Stadtteilen von Abakiliki wird eine ‚pay as you go‘ Karte verwendet, um Strom zu kaufen. In anderen Teilen der Stadt wird eine geringe Summe monatlich bezahlt. Bei Zahlungsausfall wird die Power Holding Company of Nigeria (PHCN), die für Strom zuständig ist, den Strom abstellen. Wasser wird nicht bezahlt.“ (IOM, 14. Juli 2015)

„4) Vor der Eröffnung eines Geschäfts wird in Abakiliki keine Lizenz benötigt. Während der Rückkehrer das Geschäft betreibt, muss er jedoch sein Geschäft bei der Corporate Affairs Commission in Abakiliki registrieren. Der Klient kann einem Verband von Kaufleuten mit ähnlichen Geschäften beitreten, dies ist jedoch nicht verpflichtend. 5) Während der Rückkehrer das Geschäft betreibt, können informelle Steuern geringen Betrags anfallen. Diese werden entweder von der Jugend oder der lokalen Regierung eingefordert, je nach Stadtteil.“ (IOM, 14. Juli 2015)

Lage von Frauen auf dem Arbeitsmarkt

Freedom House schreibt im Jänner 2016, dass viele Familien nur Söhne in die Schule schicken würden, während die Töchter Straßenverkäuferinnen und Haushaltsarbeiterinnen würden. Frauen würden am Arbeitsmarkt diskriminiert werden und minderwertige Positionen besetzen. (Freedom House, 27. Jänner 2016)

 

Das US-Außenministerium (US Department of State, USDOS) erwähnt in seinem Länderbericht zur Menschenrechtslage vom April 2016 (Berichtszeitraum: 2015), dass Frauen von beträchtlicher wirtschaftlicher Diskriminierung betroffen seien, obwohl in der Verfassung gleicher Status und gleiche Rechte für Frauen und Männer vorgesehen sein. Das Gesetz sehe keine gleiche Entlohnung für gleichwertige Arbeit vor und das Gesetz untersage zudem nicht Diskriminierung aufgrund des Geschlechts bei der Einstellung von Arbeitskräften. Es gebe keine Gesetze, die Frauen von bestimmten Berufsfeldern abhalten, jedoch könnten Frauen Berichten zufolge nicht wie Männer in der Schwerindustrie und am Bau arbeiten. (USDOS, 13. April 2016, Section 6)

 

Sexuelle Belästigung sei in Nigeria weiterhin ein alltägliches Problem gewesen. Es gebe keine Vorschriften, die sexuelle Belästigung verbieten, jedoch könnten die Behörden gewaltsame Belästigung nach Vorschriften zu tätlichen Angriffen strafrechtlich verfolgen. Die Praxis, sexuelle Gefälligkeiten im Austausch für Anstellung oder für Universitätsnoten zu verlangen, sei weiterhin alltäglich gewesen. (USDOS, 13. April 2016, Section 6)

 

Frauen würden laut dem oben bereits zitierten Bericht der Weltbank vom Jänner 2016 am Arbeitsmarkt von allen Seiten benachteiligt werden. Im Vergleich mit Männern würden sie weniger wahrscheinlich aktiv sein, mit einer höheren Wahrscheinlichkeit weniger profitablen Beschäftigungen wie Landwirtschaft oder informeller Arbeit nachgehen und weniger verdienen. Die Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt würden zudem auch vom Familienhintergrund beeinflusst. So würden etwa Kinder von landwirtschaftlich tätigen Personen ebenfalls in der Landwirtschaft arbeiten. (World Bank, 1. Jänner 2016, S. xvi)

 

Der Zugang von Frauen und Männern zu Beschäftigung unterscheide sich. Während 70 Prozent der Männer arbeiten würden, seien es weniger als 60 Prozent der Frauen. Frauen, die nicht arbeiten würden, seien im Allgemeinen nicht auf Jobsuche. Personen, die nie eine Schule besucht hätten oder die Schule bald verlassen hätten, würden mit geringerer Wahrscheinlichkeit einer Arbeit nachgehen als Personen mit zumindest einem Grundschulabschluss. Von den Erwachsenen ohne Grundschulabschluss seien 70 Prozent beschäftigt. Im Vergleich dazu seien 83, 77 und 82 Prozent der Erwachsenen mit einem Grundschulabschluss, Abschluss einer Sekundarschule oder einer über die Sekundarschule hinausgehenden Ausbildung beschäftigt. Diese Unterschiede seien auf die geringen Aktivitäten von Frauen mit niedriger Bildung zurückzuführen, die 83 Prozent der nicht erwerbstätigen Bevölkerung im Erwerbsalter ausmachen würden, die sich nicht in Schulung oder Ausbildung befänden. (World Bank, 1. Jänner 2016, S. 15-16)

 

Die Arbeitslosen würden sich aus den Unbeschäftigten (auf Arbeitsuche) und den Inaktiven (nicht auf Arbeitsuche) zusammensetzen. Diese zwei Gruppen würden sich in der Demographie und anderen Eigenschaften deutlich unterscheiden. Frauen würden die Mehrheit (70 Prozent) der Inaktiven bilden, die sich nicht in Schulung oder Ausbildung befänden, was Großteils Haushaltspflichten geschuldet sei. Relativ zu ihrem Anteil in der Bevölkerung im Erwerbsalter würden junge Frauen mit einer doppelten Wahrscheinlichkeit inaktiv sein und keine Schule besuchen und jene mit wenig oder keiner Bildung würden wahrscheinlicher als andere inaktiv sein. Während jene mit wenig oder keiner Bildung 31 Prozent der Bevölkerung im Erwerbsalter bilden würden, würden sie über die Hälfte der Inaktiven ausmachen. (World Bank, 1. Jänner 2016, S. 21)

 

Das nigerianische Statistikamt (National Bureau of Statistics, NBS) schreibt in einem Bericht zur Arbeitslosigkeit im ersten Vierteljahr 2016, dass Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung für Frauen höher als für Männer gewesen sei. Während 14 Prozent der Frauen in der Erwerbsbevölkerung (Personen im Alter zwischen 15 und 65 Jahren, die arbeiten können und aktiv arbeiten oder nach Arbeit suchen) im ersten Vierteljahr 2016 arbeitslos gewesen seien, seien weitere 22,2 Prozent der Frauen in der Erwerbsbevölkerung im gleichen Zeitraum unterbeschäftigt gewesen. (NBS, Mai 2016, S. 7)

 

Genauere Informationen zur Methodologie und zur Definition der genannten Begriffe entnehmen Sie bitte dem Bericht des Nationalen Statistikbüros unter folgendem Link:

 

 

Regionale Unterschiede am Arbeitsmarkt

 


Die Afrikanische Entwicklungsbank (African Development Bank, ADB) veröffentlicht in einem Bericht von 2015 Tabellen des nigerianischen Statistikamtes zur Arbeitslosigkeit in Nigeria in den Jahren 1999 und 2010:


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(ADB, 2015, S. 6)

 

Zudem erwähnt der Bericht der ADB, dass in 21 von 36 Bundesstaaten die Arbeitslosenrate im Jahr 2010 höher als der Durchschnitt gewesen sei. Viele dieser Staaten würden im unterentwickelten Nordosten und in südlichen Teilen des Landes liegen. Insgesamt habe sich die Arbeitslosigkeit 2010 im Vergleich mit dem Jahr 1999 in fast allen Staaten verschlechtert. (ADB, 2015, S. 6)

 

Die Möglichkeiten für eine produktivere Beschäftigung würden sich laut dem oben bereits zitierten Bericht der Weltbank vom Jänner 2016 landesweit stark unterscheiden und Unterschiede im wirtschaftlichen Wachstum und dem Grad der Diversifizierung der Produktion in den verschiedenen Regionen reflektieren. In den nordöstlichen und nordwestlichen Regionen würden zwei Drittel der Bevölkerung weiterhin landwirtschaftlich tätig sein. Die meisten landwirtschaftlichen Tätigkeiten würden dem Eigenbedarf der Familien dienen und es gebe in diesem Bereich nur wenig bezahlte Lohnarbeit. Im Vergleich würde weniger als eine/r von fünf ArbeiterInnen in der südöstlichen Region in der Landwirtschaft tätig sein. Mehr als die Hälfte der Beschäftigten (56 %) seien selbstständig und eine/r von vier sei LohnarbeiterIn. (World Bank, 1. Jänner 2016, S. xiii)

 

Die für Arbeitsstellen benötigten Fähigkeiten würden sich in den verschiedenen Regionen unterscheiden. Der südliche Teil Nigerias würde einen Anstieg der kognitiven Fähigkeiten erfahren, was auf eine Bewegung Richtung höhere Produktivität und modernere wirtschaftliche Aktivitäten hinweise. Die nordöstlichen und nordwestlichen Zonen hingegen würden sich weiterhin auf weniger maschinenintensive Landwirtschaft und Handelsaktivitäten konzentrieren, die Großteils manuelle Fähigkeiten erfordern würden. (World Bank, 1. Jänner 2016, S. xx)

 

Während die Armutsrate nicht gestiegen sei, sei die Anzahl der NigerianerInnen, die in Armut leben würden, gewachsen, da die Bevölkerungszahl rapide zunehme. Die Zahl der Armen habe sich zwischen den Jahren 2010 und 2013 um eine Million auf 67 Millionen erhöht. Dieser nationale Durchschnitt verberge ein auffallendes Stadt-Land-Gefälle: 52 Prozent der ländlichen Bevölkerung seien im Vergleich zu 14 Prozent in städtischen Gebieten im Jahr 2013 arm gewesen. Zudem trete ein regionales Muster auf: Die Armut sei im Norden bedeutend stärker als im Süden und zwei Drittel aller armen NigerianerInnen würden in den nördlichen Gebieten leben. (World Bank, 1. Jänner 2016, S. 9)

 

Menschen in den landwirtschaftlich dominierten nördlichen Regionen (insbesondere im Nordwesten) seien wahrscheinlicher als jene im Süden von Inaktivität betroffen. Arme Frauen im Alter zwischen 25 und 64 Jahren seien unter den Inaktiven signifikant überrepräsentiert, während dies bei armen Männern nicht so sei. Diese geschlechtsspezifischen Unterschiede könne man in vielen Ländern Afrikas südlich der Sahara beobachten, wo die Beschäftigungsmöglichkeiten von Frauen durch Unterschiede im Alter und die Auswirkungen von Heirat und Familiengründung, sowie durch berufliche Segregation, gesellschaftliche Normen und die Angst vor sexueller Belästigung eingeschränkt würden. (World Bank, 1. Jänner 2016, S. 21)

 

Aktivitäten im Haushalt außerhalb der Landwirtschaft würden für ländliche landwirtschaftliche Haushalte ein Zusatzeinkommen bieten und in städtischen Gebieten die wichtigste Form der Aktivität darstellen. In der südwestlichen Region würden Haushaltsunternehmen mehr als die Hälfte aller Arbeitsplätze ausmachen, aber auch in den nördlichen Regionen würde ein Viertel der Beschäftigten hauptsächlich in einem nichtlandwirtschaftlichen Haushalt beschäftigt sein. Viele Haushaltsunternehmen seien sehr klein und informell (beispielsweise Mikrounternehmen), obwohl es Unterschiede gebe. Das durchschnittliche Einkommen eines Haushaltsunternehmens betrage etwa 30 US-Dollar monatlich, was weniger als ein Viertel des durchschnittlichen Monatslohns im Produktionssektor sei (etwa 134 US-Dollar). Lohnarbeit würde steigen. Dies würde sich in der südwestlichen Region zeigen, wo sich auch Lagos befinde. Hier habe sich zwischen 2007 und 2011 der Anteil der Lohnarbeit auf fast 20 Prozent verdoppelt. Die Lohnarbeit habe sich schneller als der Bereich der Haushaltsunternehmen in den drei südlichen Regionen ausgedehnt. Der Großteil der Lohnarbeit konzentriere sich aber weiterhin auf den öffentlichen Sektor, insbesondere auf öffentliche Verwaltung, Bildung und Gesundheit. Obwohl private Lohnarbeit bedeutend angestiegen sei, würde diese nur sieben Prozent der gesamten Beschäftigung ausmachen. (World Bank, 1. Jänner 2016, S. 22-23)

Wohnungswesen

Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), eine staatliche Entwicklungszusammenarbeitsorganisation der Bundesrepublik Deutschland, schreibt im Juni 2016 Folgendes zu Mietpreisen in Nigeria:

„Die Immobilien- und Mietpreise in den Großstädten Nigerias sind exorbitant, Tendenz steigend. In den größeren Städten ist es nicht unüblich, dass Vermieter, je nach Lage und Größe der Wohnung, zwei bis drei Jahre Miete im Voraus verlangen. Arbeitgeber sind ihren Mitarbeitern bei längeren Arbeitseinsätzen in den größeren Städten oftmals bei der Suche nach einer bezahlbaren Unterkunft behilflich oder stellen diese von sich aus zur Verfügung.

In den Großstädten Lagos, Abuja, Kano und Port Harcourt gibt es (fast) alles, was man mit Geld kaufen kann. Dort sind die Einkaufszentren mit Waren internationalen Standards ausgestattet. Auf den lokalen Märkten werden zudem Lebensmittel und Güter für den täglichen Bedarf zu günstigen Preisen angeboten. Informationen zum Leben in Lagos und Abuja bieten Expat Arrivals Guide und Abuja City Guide.“ (GIZ, Juni 2016b)

Im Länderinformationsblatt Nigeria vom August 2014, das im Auftrag der Zentralstelle für Informationsvermittlung zur Rückkehrförderung (ZIRF) beim deutschen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) von der International Organization for Migration (IOM) verfasst wurde, finden sich folgende Informationen zum Wohnungswesen:

„III. WOHNUNGSWESEN

1. Allgemeine Informationen

a) Staatliche Wohnungen: Hierbei handelt es sich um Wohnhäuser, die der Bundes oder Landesregierung gehören oder von dieser für ihre Mitarbeiter angemietet wurden. Diese Wohnungen werden im Allgemeinen Beamten oder Regierungsangestellten oder bestimmten Dienstgraden oder Kategorien zugewiesen. Die Miete für diese Häuser wird vom monatlichen Gehalt abgezogen.

b) Private Häuser für den öffentlichen Sektor: Hierbei handelt es sich um Gebäude in Privatbesitz, die an Mitglieder des öffentlichen Sektors vermietet werden. Der Eigentümer fordert bei Anmietung einer solchen Immobilie üblicherweise eine Mietvorauszahlung für mind. 2 Jahre. Einige Vermieter bestehen auf einer Vorauszahlung für 3 Jahre. In manchen Gegenden von Ikoyi und Victoria Island könen die Mieten in USD gezahlt werden. Kürzlich hat die Regierung des Staates Lagos ein Abkommen unterzeichnet, dass Mieteinnahmen im Voraus für die Dauer von über 1 Jahr unzulässig ist.

c) Häuser im Besitz von Unternehmen, privaten Organisationen, Banken etc.: Diese werden den Mitarbeitern dieser Unternehmen oder Organisationen zugeteilt.

Informationen zu aktuellen Mietpreisen in Nigeria [nicht mehr aufrufbar, neue Adresse siehe unten, Anm. ACCORD]: http://www.olx.com.ng/real-estate-cat-16

Unterbringung von Heimkehrern ohne Familien in den Heimatländern:

Heimkehrer können gegen Gebühr eine Wohnung in jeder Region Nigerias mieten. Es gibt keine speziellen Unterkünfte für Heimkehrer.

2. Wohnflächen und Mietkosten

Unterkünfte in Nigeria können aus einem Zimmer mit gemeinsam genutzten Einrichtungen, einem unabhängigen Zimmer (mit Küche, Toilette und Bad), Wohnungen mit 1, 2, 3 oder 4 Schlafzimmern, einem Bungalow oder einer Doppelhaushälfte bestehen. Die Kosten richten sich nach der Art der Wohnung und steigen mit der Qualität der Ausstattung.

Ein Zimmer mit gemeinsam genutzten Einrichtungen kann beispielsweise schon für 30.000 (259USD) pro Jahr in Bundesstaaten wie Benue und Enugu angemietet werden, ist jedoch keine komfortable Unterkunft. Die Mietkosten hängen außerdem von der Region und der Lage der Immobilie ab.

Um eine Unterkunft zu mieten, muss dem Vermieter eine Vorauszahlung für einen bestimmten Zeitraum geleistet werden. Dieser Zeitraum beträgt im Allgemeinen 1 bis 2 Jahre; es können jedoch auch kürzere Zeiträume mit dem Vermieter vereinbart werden. In großen Städten Nigerias wie etwa Abuja, Lagos und Port Harcourt sind die Mieten höher. Es gibt keine Mietpreisbindung für Immobilien.“ (IOM, August 2014, S. 7-8)

Auf dem nigerianischen Online-Anzeigenportal OLX können Mietpreise für Wohnungen und Häuser in Nigeria eingesehen werden:

 

 

Auf den Seiten 8 und 9 des Länderinformationsblattes der IOM vom August 2014 findet sich die umseitig angeführte Tabelle mit jährlichen Kosten für verschiedene Unterkünfte:

 

 [Bild entfernt]

(IOM, August 2014, S. 8-9)

 

In einer Individualanfrage vom 4. Dezember 2014, die im Auftrag der Zentralstelle für Informationsvermittlung zur Rückkehrförderung (ZIRF) des deutschen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) von der International Organisation für Migration (IOM) verfasst wurde finden sich folgende Informationen:

„Die Lebenshaltungskosten in den Vororten von Abuja betragen etwa 50USD (ca. 40 EUR) pro Tag (darin enthalten sind Lebensmittel, Transportkosten und Gesundheitsausgaben). 2. Mietkosten in den Vororten von Abuja für ein Studio (eine Ein-Zimmer-Wohnung) betragen etwa 1.128 USD – 1.693 USD (ca. 905 EUR – 1360 EUR) pro Jahr. Stromkosten betragen zusätzlich etwa 28 USD (ca. 22 EUR) pro Monat, Sicherheitskosten 11 USD (ca. 9 EUR), Gas ca. 28 USD (ca. 22 EUR) pro Monat. Wasser ist in der Regel kostenfrei. In Abuja selbst sind die Kosten höher. Die Miete für ein Zimmer kostet 2.821 USD bis 4.514 USD (ca. 2.260-3.620 EUR) pro Jahr.“ (IOM, 4. Dezember 2014)

Informationen zur Lage von Frauen, die im Ausland als Prostituierte gearbeitet haben, bei einer Rückkehr nach Nigeria

Die finnische Einwanderungsbehörde (Finnish Immigration Service) schreibt in einem Bericht zu Opfern von Menschenhandel vom März 2015, dass jene, die wohlhabend aus Europa zurückkehren würden, in ihrer Gemeinschaft aufgrund ihres Geldes bewundert würden, in Benin City würden Menschen, die im Westen gewesen seien, im allgemeinen respektiert. Frauen, die in Europa als Prostituierte gearbeitet hätten, würden seitens ihrer Familie auf hohe Erwartungen treffen, weil angenommen werde, dass sie wohlhabend seien, und sie würden als sozioökonomisch-bevorzugt betrachtet, sogar wenn bekannt sei, wie das Geld verdient worden sei. In Nigeria würde von den Frauen erwartet, für mehrere Verwandte zu sorgen und die Verwandten würden erwarten, dass die Frauen ihnen helfen, selbst der Armut zu entkommen. Tatsächlich würden Familien fortwährend Geld von den Frauen verlangen. Frauen, die wohlhabend aus Europa zurückgekehrt seien, würden die Tatsache, dass das Geld aus der Prostitution stamme, nicht verheimlichen und die Erlangung von Wohlstand aufgrund von Prostitution sei im Bundesstaat Edo mittlerweile gesellschaftlich akzeptiert. Die Frauen würden lediglich stigmatisiert, wenn sie ohne Geld zurückkehren.

Die Frauen könnten sogar seitens ihrer Familie von Geringschätzung und Feindseligkeit betroffen sein, da die Familienmitglieder enttäuscht sein könnten, wenn das Mädchen in Europa nicht genug oder gar nichts verdient habe. Die Familien würden sich weigern, die Frauen wieder aufzunehmen. Darum hätten viele Rückkehrerinnen keinen Ort an den sie gehen könnten. Die Opfer könnten psychischer und emotionaler Gewalt ihrer Familien ausgesetzt sein und Opfer, die von ihren Verwandten oder ihrer Familie rekrutiert worden seien, könnten dem Risiko von körperlicher häuslicher Gewalt ausgesetzt sein. Es seien jedoch keine Fälle bekannt, in denen Familien, die sich von ihren Töchtern distanziert hätten, ihre Tochter ernsthafter körperlicher Gewalt ausgesetzt hätten oder sie getötet hätten.

In Nigeria würde vermutet, dass nigerianische Frauen in Europa als Prostituierte arbeiten, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Sich prostituiert zu haben werde üblicherweise als beschämend angesehen, sogar wenn man Opfer von Menschenhandel geworden sei. Die Opfer würden generell als unmoralisch eingestuft. Sie würden zudem beschuldigt, gierig zu sein. Diese Stigmatisierung habe negative Konsequenzen für die Rehabilitierung des Opfers. Sogar unter gebildeten NigerianerInnen fehle es an Empathie gegenüber den Opfern. Negative Geschichten über Prostitution in Europa würden in Benin City im Allgemeinen nicht erzählt, da sie mit Scham in Zusammenhang gebracht würden. Von Frauen werde erwartet, wohlhabend zurückzukehren, die Menschen würden sich nicht für die Quelle des Verdienstes interessieren. Zurückgekehrte Opfer von Menschenhandel könnten aufgrund der Rückkehr verspottet werden. Sie könnten aufgefordert werden, nach Europa zurückzukehren und einen Ehemann zu suchen. (Finnish Immigration Service, 24. März 2015, S. 25-27)

 

Es konnten keine weiteren Informationen zu dieser Fragestellung gefunden werden.

 

Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 16. September 2016)