Anfragebeantwortung zu Syrien: Behörden zur Registrierung von Ehen: Fristen, Anwesenheitserfordernisse, VertreterInnen, Vollmacht, Heilung von Mängeln [a-10868]

4. Februar 2019

Das vorliegende Dokument beruht auf einer zeitlich begrenzten Recherche in öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD derzeit zur Verfügung stehen sowie gegebenenfalls auf Expertenauskünften, und wurde in Übereinstimmung mit den Standards von ACCORD und den Common EU Guidelines for processing Country of Origin Information (COI) erstellt.

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Lifos, das Zentrum für Länderinformationen der schwedischen Einwanderungsbehörde (Migrationsverket), erklärt in einem im September 2018 veröffentlichten Bericht zu offiziellen Dokumenten unter Verweis auf mehrere Quellen, dass Ehen und Scheidungen von MuslimInnen (SunnitInnen, SchiitInnen, AlawitInnen) an Schariagerichten registriert würden. DrusInnen und ChristInnen hätten ihre eigenen für diese Angelegenheiten zuständigen Gerichte. Alle diese Gerichte müssten innerhalb von zehn Tagen die Information über den geänderten Zivilstatus an das Zivilstandsamt weiterleiten, welches die Information registriere und Heiratsurkunden ausstelle. Ehen, die nicht am Gericht registriert würden, seien ungültig und könnten nicht am Zivilstandsamt registriert werden:

„Äktenskap och skilsmässor mellan muslimer (sunniter, shiiter och alawiter) registreras av shariadomstolar, medan druser och kristna har egna domstolar som administrerar denna information. Samtliga domstolar ska inom tio dagar skicka upplysningar om ändrat civilstånd till Civilstatusavdelningen, som registrerar uppgifterna och utfärdar äktenskaps- och skilsmässobevis. Äktenskap och skilsmässor som inte registreras i domstolen anses som ogiltiga och kan inte heller registreras hos Civilstatusavdelningen.“ (Migrationsverket, 12. September 2018, S. 15)

Das norwegische Herkunftsländerinformationszentrum Landinfo, ein unabhängiges Organ der norwegischen Migrationsbehörden, das verschiedenen AkteurInnen innerhalb der Migrationsbehörden Herkunftsländerinformationen zur Verfügung stellt, veröffentlicht im August 2018 mit Verweis auf verschiedene Quellen einen umfassenden Bericht zur Eheregistrierung in Syrien. Landinfo erläutert, dass in Syrien die Familiengesetzgebung, darunter auch die Eheschließung, vom Personenstandsgesetz (qanun al-ahwal al-shakhsiyya) geregelt werde. Beim Personenstandsgesetz handle es sich um die Kodifizierung der islamischen Scharia. Belange, die vom Personenstandsgesetz geregelt seien, würden in die Zuständigkeit offizieller Schariagerichte fallen. Alle Ehen müssten am Gericht, entweder beim Schariagericht (MuslimInnen), bei drusischen Gerichten (DrusInnen) oder bei Kirchen (ChristInnen) registriert werden, damit sie offiziell anerkannt werden könnten:

In Syria, family legislation, hereunder marriage, divorce, custody, guardianship, wills and inheritance, is regulated by the Personal Status Law (qanun al-ahwal al-shakhsiyya) of 1953, revised in 1975, 2003 and 2010. The law is a codification of Islamic law, Sharia. Specific official Sharia courts (al-mahkama al-shar’iyya) handle all types of cases under the Personal Status Law (van Eijk 2016, p. 49-51; Rabo 2011, p. 32-33). The law applies to all Syrians, but certain exceptions are made for Druze, Christians and Jews, who can apply their own religious laws regarding marriage, divorce, child maintenance, dowries, wills and inheritance. Druze and Christians have their own family courts competent to rule in these case areas (see sections 3.2 and 3.3). […]

All marriages must be registered with the courts in order for them to be officially recognised, either with the Sharia courts (Muslims), with the Druze court or with Christian churches (van Eijk 2016, p. 53; Rabo 2011, p. 34).(Landinfo, 22. August 2018, S. 7-8)

Landinfo fährt fort, dass gemäß Personenstandsgesetz die Ehe ein Vertrag zwischen zwei Parteien sei, der von beiden Parteien oder ihren VertreterInnen sowie zwei ZeugInnen unterschrieben werde. Der Vertrag bestehe aus einem Angebot (idschab) der einen Partei und einer Annahme (qubul) der anderen Partei. Die Ehe müsse am Schariagericht registriert werden, jedoch erfolge diese Registrierung in der Praxis oft zu einem anderen Zeitpunkt als die eigentlichen Hochzeitsfeierlichkeiten. Die Registrierung am Schariagericht sei für MuslimInnen der einzig rechtlich anerkannte Weg, damit eine Ehe rechtlich anerkannt werde. Nur die Familiengerichte (Schariagerichte, Anm. ACCORD) hätten die offizielle Befugnis, Eheschließungen durchzuführen. Die Schließung einer Zivilehe sei in Syrien nicht möglich. Um eine Ehe registrieren zu lassen, müssten die Ehepartner am Schariagericht einen Antrag stellen, bei dem die folgenden Dokumente eingereicht werden müssten:

-         Eine Bestätigung des örtlichen Mukhtar (in etwa ein Ortsvorsteher, dessen Aufgabe es ist, bestimmte Dokumente auszustellen und zu beglaubigen, Anm. ACCORD), die das Alter, die Namen und die Adressen der beiden Ehepartner und des Vormundes der Braut bestätige und bezeuge, dass es keine rechtlichen Ehehindernisse gebe

-         Einen Auszug aus dem nationalen Zivilregister, das vom Zivilstandsamt ausgestellt werde und den Zivilstand beider zukünftiger Ehepartner angebe

-         Ein ärztliches Attest, das bestätige, dass keiner der beiden Parteien eine Krankheit habe, die sie daran hindere, eine Ehe einzugehen

-         Eine Erlaubnis der Militärbehörde, wenn der Mann bei der Armee angestellt sei oder sich im wehrfähigen Alter (18-42 Jahre) befinde

-         Eine Erlaubnis der Sicherheitskräfte, wenn eine der beiden Parteien ausländischer Herkunft sei

Der Registrierungsprozess erfolge normalerweise bei einem stellvertretenden Richter, der den Ehevertrag bei Gericht oder gegen eine niedrige Gebühr im Hause eines der Ehepartner unterzeichne. Der stellvertretende Richter müsse sicherstellen, dass alle notwendigen Dokumente vorhanden und in Ordnung seien. Die Ehepartner müssten nicht persönlich am Schariagericht erscheinen, um ihre Ehe registrieren zu lassen, die Registrierung könne auch durch einen Bevollmächtigten (wakil) erfolgen. Dieser müsse eine schriftliche Vollmacht der Partei vorzeigen, die nicht persönlich erscheinen könne. Die Schariagerichte würden Standardheiratsurkunden (sakk zawadsch) ausstellen, auf denen die Namen, persönliche Daten der Ehepartner sowie der ZeugInnen und Namen etwaiger Bevollmächtigter vermerkt seien:

„MARRIAGE LEGISLATION FOR MUSLIMS

According to Islamic case law and the Personal Status Law, marriage is a contract between two parties where there must be an offer (i'jab) from one party and acceptance (qabul) from the other. The contract gives the man and woman different and clearly defined rights and duties in the marriage. The marriage is entered into through the parties, or their representatives, signing a marriage contract. The contract must also be signed by two witnesses. […] The marriage must be registered with the Sharia court, but in practice, this is usually done at a different time than the actual wedding celebrations. […]

Registration with the Sharia court is the only recognised procedure (for Muslims) in order to have a marriage legally recognised. Only the family courts have formal authority to conduct marriages. It is not possible to enter into a civil marriage in Syria (CEDAW 2005, p. 86; Tabet 2005). […]

In order to register their marriage, the spouses must submit an application to the Sharia court. The following documents must be enclosed with the application (van Eijk 2016, p. 218; Person Status Law 1953, article 40, 1):

- a certificate from the local mukhtar which confirms the age, name and residential address of the parties and the name of the bride’s guardian. The certificate must also verify that there are no legal hindrances to the parties entering into marriage.

- extract of national civil registry information issued by the Civil Status Department (see section 3.1.2) showing the civil status of both parties

- medical certificate confirming that the parties do not have any diseases that prevent them from entering into marriage

- permission from the military authorities for those serving in the armed forces and those of conscription age (men aged between 18 and 42)

- permission from the security service if either party is a foreign national.

The registration process is normally completed by an assistant judge signing the marriage contract itself, either at home for a small fee, or at the court. The assistant or judge must ensure that all documentation enclosed with the application is in order. There is normally no celebration or ceremony associated with this process. The spouses do not have to attend the court in person in connection with the registration of their marriage, but can be represented by representatives (wakil). The woman’s guardian for the purposes of the marriage (see section 3.1.4) can be her representative (international organisation, meeting, May 2017). The representative must present written authorisation from the party that is not present (humanitarian organisation, meeting, June 2018). The courts use standard contracts (sakk zawaj) to which the names and personal details of the spouses are added, along with the names of the two witnesses and names of any representatives.“ (Landinfo, 22. August 2018, S. 8-9)

Landinfo zufolge erlaube das Personenstandsgesetz auch die späte Registrierung inoffiziell geschlossener religiöser Ehen. Normalerweise würden Gerichte diese Arten von Ehen registrieren, selbst wenn es keine privaten schriftlichen Eheverträge gebe, solange die beiden Eheleute und zwei ZeugInnen bestätigen würden, dass die Ehe bestehe, alle anderen Bedingungen erfüllt und die notwendigen Dokumente vorgelegt worden seien. Nach dem Personenstandsgesetz werde eine nicht rechtmäßig geschlossene Ehe sogar ohne die Erfüllung aller Bedingungen registriert, wenn bereits ein Kind aus der Ehe hervorgegangen oder die Frau nachweislich schwanger sei. Eine solche späte Registrierung heiße „tathbit az-zawadsch“ und Schariagerichte hätten bereits ein Standarddokument für solche Fälle. Eine Registrierung der Ehe sei verpflichtend. Es sei eine Straftat, eine Ehe einzugehen und diese nicht zu registrieren, ohne dass die vom Personenstandsgesetz vorgeschriebenen Bedingungen erfüllt worden seien. Die Ehepartner, die ZeugInnen und derjenige, der die Trauung vollziehe könnten mit einer Geldstrafe belegt oder in manchen Fällen sogar zu Gefängnisstrafen verurteilt werden. Jedoch seien laut einem Bericht von UNICEF diese Strafmaßnahmen nur selten bis gar nicht umgesetzt worden. Im Juni 2018 habe das syrische Parlament eine Novellierung des Strafgesetzes verabschiedet, die strengere Maßnahmen für Personen vorsehe, die eine Ehe privat abschließen und nicht registrieren lassen würden. Man könne jedoch noch nicht sagen, welche Auswirkungen diese Gesetzesänderung in der Praxis haben werde:

Late registration of marriages

The Personal Status Law also allows for late registration of unofficial religious marriages already entered into between the parties. The date of marriage will be the date specified by the spouses and witnesses. The courts will normally register the marriage even if there is no written private marriage contract, provided the spouses and two witnesses testify that the marriage has actually taken place, and provided all other terms are met and the requisite documentation is presented. According to the Personal Status Law, if a child has already been born or a woman is verifiable pregnant, a marriage shall even be registered regardless of whether or not all the terms are met. Late registration is known as tathbit al–zawaj (affirmation of marriage) and standard certificates used for this purpose by the Sharia courts have the heading bayan ithbat zawaj sadir an al-makhama al- shar’iyya fi ... (Confirmation of affirmation of marriage issued by the Sharia court of ...) (van Eijk 2016, s. 218; van Eijk, e-mail correspondence, March 2016; NID, e-mail correspondence, September 2017; Personal Status Law 1953, article 40, 2). Registration is mandatory. It is a punishable offence to enter into marriage without registering it if the conditions for entering into marriage laid down in the Personal Status Law are not met. The spouses, witnesses and wedding officiant can be punished by a fine and, in some cases, a prison sentence. However, sanctions have rarely if ever been enforced in practice (UNICEF 2014, p. 13). In June 2018, the Syrian Parliament adopted an amendment to the Penal Code, which introduced stricter fines and punishments for anyone entering into a marriage privately without registering it and without all the conditions being met (SANA 2018). It is too early to assess what implications the amendment will have, in practice, for those who enter into a marriage without registering it.” (Landinfo, 22. August 2018, S. 10-11)

Die darauf folgende Registrierung am Zivilstandsamt, so Landinfo, erfolge, indem das Schariagericht innerhalb von zehn Tagen eine Kopie der Heiratsurkunde an das Zivilstandsamt (al-shu’un al-madaniyya), das dem syrischen Innenministerium unterstehe, weiterleite. Das Hauptamt befinde sich in Damaskus, es gebe aber auch Regionalämter in den einzelnen Provinzhauptstädten. Wenn das Zivilstandsamt über eine Eheschließung vom Schariagericht unterrichtet werde, so aktualisiere es den Zivilstatus der Ehepartner im Zivilstandsregister und stelle eine eigene Heiratsurkunde (bayan zawadsch) und ein Familienbuch an den Ehemann aus:

„Registration of marriages in the civil registry

The court must send a copy of the marriage contract to the Civil Status Department (al-shu’un al-madaniyya), which is a separate department under the Syrian Ministry of Interior, within ten days. This department is responsible for administering the civil registries (national registries) and issuing ID cards and other official identity documents. The department has its head office in Damascus along with regional offices in the provincial capitals and at sub-province level. Before the outbreak of civil war in 2011, there were around 280 local offices across the country (Landinfo 2017, p. 7). When the Civil Status Department receives notification of a marriage or divorce from the Sharia courts, they must update the civil status of the spouses in the civil registries. After the marriage has been registered, the department will issue a separate marriage certificate (bayan zawaj) and a family book (daftar aila) to the husband (DISCS n.d.; van Eijk 2016, p. 218; Landinfo 2017, p. 10-11; CEDAW 2005, p. 86; U.S. Department of State, n.d.“ (Landinfo, 22. August 2018, S. 10)

Auf der Website des gemeinsamen Projektes „Syrian Nationality“ zu Staatenlosigkeit des Institute on Statelessness and Inclusion (ISI) und des Norwegian Refugee Council (NRC) findet sich eine Auflistung und Erklärung zivilstandsrechtlicher Registrierungsprozesse in Syrien. Hier wird ähnlich der oben beschriebenen Vorgehensweise auch der dreistufige Prozess der Eheschließung dargestellt: die von einem Schariarichter oder einem Scheich durchgeführte islamische Hochzeit in Anwesenheit von ZeugInnen, die Registrierung am Schariagericht und der Registrierung am Zivilstandsamt innerhalb von zehn Tagen nach der Registrierung am Schariagericht. (Syrian Nationality, ohne Datum)

 

Eine weitere Beschreibung der Vorgehensweise zur Registrierung einer Ehe in Syrien findet sich in folgendem Dokument:

 

Auf der Seite des Zivilstandsamtes des syrischen Innenministeriums findet sich ein Eintrag zur Registrierung von Ehen syrischer Staatsbürger vom September 2017. Hier wird ähnlich wie bereits im Bericht von Landinfo oben erklärt, dass die zuständige Behörde, die die Eheschließung vollzogen habe, die Ehe innerhalb der in Paragraph 14 festgelegten Frist beim Zivilstandsamt melden müsse. Dies geschehe, in dem die Behörde die Information über die Eheschließung postalisch an die Abteilung des Zivilstandsamtes an dem Ort schicke, an dem die Eheschließung vorgenommen worden sei. Sobald das Zivilstandsamt das Dokument zur Eheschließung erhalten habe, würden die Daten der Ehepartner unverzüglich ins Zivilstandsregister eingetragen. Die Behörde, die zur Meldung der Ehe beim Zivilstandsamt verpflichtet sei (das Schariagericht, Anm. ACCORD) müsse eine Geldstrafe von 3.000 syrischen Lira entrichten, wenn sich die Meldung um einen Monat verzögere. Eine Geldstrafe von 10.000 Lira werde fällig, wenn die Verzögerung mehr als ein Jahr dauere. Der Staatsbürger benötige für diesen Behördengang einen Auszug aus dem Zivilstandsregister und eine Kopie des Personalausweises, der Ehemann benötige zudem eine Genehmigung des Militärs oder eine Bestätigung des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten und Emigranten, wenn er ausgewandert sei. (Asch-Schu’un al-Madaniya, 28. September 2017)

 

Die eigenen Angaben zufolge unabhängige Nachrichtewebsite syrischer Reporter Muraselon schreibt in einem Artikel vom Jänner 2018, dass laut dem vorsitzenden Richter in Damaskus, Mahmoud Al-Maarawi, die Schariagerichte in Syrien Eheverträge (nach islamischem Ritus geschlossene Ehen, Anm. ACCORD) bestätigen würden (tathbit az-zawadsch), selbst wenn der Ehemann sich im Ausland befinde, der Kontakt werde mit dem Ehemann über soziale Medien hergestellt. Der Richter habe in einem Interview mit der Zeitung Al-Watan angegeben, dass die syrische Justiz die Bestätigung des Ehevertrags ermögliche, wenn sich beide Ehepartner oder einer von ihnen im Ausland befinde. Dies geschehe, indem die Eheleute über die Botschaft eine beglaubigte Vollmacht beantragen würden. In den Ländern, in denen es keine syrische Vertretung gebe und sich die Reise zur nächsten Vertretung schwierig gestalte, könne der Ehemann einen Verwandten mündlich über soziale Medien (gemeint ist wahrscheinlich ein Videoanruf über Skype oder ähnliche Programme, Anm. ACCORD) zu seinem Vertreter erklären. Die Bestätigung der Ehe erfolge dann in Anwesenheit der Familien beider Ehepartner und ZeugInnen. (Muraselon, 25. Jänner 2018)

 

Die eigenen Angaben zufolge unabhängige Nachrichtenwebsite AnaPress geht in einem Artikel vom Februar 2018 ebenfalls auf die Aussagen des oben bereits erwähnten Richters in Damaskus ein und beschäftigt sich mit dem Problem des Ehenachweises (tathbit az-zawadsch) für SyrerInnen, die aufgrund der Sicherheitslage oder der Wehrpflicht ins Ausland geflohen seien. Solche Leute hätten oftmals ihrer Ehe nicht registrieren können. Um dieses Problem der Eheregistrierung für SyrerInnen im Ausland zu lösen, habe der vorsitzende Richter von Damaskus, Mahmoud Al-Maarawi, einige gesetzliche Erleichterungen angekündigt. Diejenigen SyrerInnen im Ausland, denen es nicht möglich sei, über Verwandte oder Anwälte eine rechtliche Vertretung zu organisieren (insbesondere angesichts der hohen Kosten, die mit diesen Vertretungen verbunden seien und syrischen AnwältInnen, die SyrerInnen im Ausland ausnutzen würden, wenn sie um eine Bestätigung ihrer Ehe ansuchen würden) könnten mithilfe sozialer Medien in Anwesenheit von zwei ZeugInnen eine mündliche Vollmacht erteilen. Laut Maarawi gebe es eine große Anzahl von jungen Syrern im Ausland, die ihren Militärdienst nicht abgeleistet hätten und die eine Bewilligung der Armee (zur Eheschließung) bräuchten. Zur Lösung dieses Problems könnte die Ehefrau die Bestätigung (gemeint ist die offizielle Registrierung, Anm. ACCORD) der Ehe anfordern und den Vater des Ehemannes als Vertreter nennen, der dann (vor Gericht) zusammen mit zwei ZeugInnen die Gültigkeit des Ehevertrags bestätige. Die Bestätigung der Ehe, so Maarawi, erfolge im Beisein von zwei ZeugInnen, die den Ehemann gut kennen würden, sowie im Beisein des Vormundes der Braut. Der Ehemann selber müsse über soziale Medien (gemeint ist wahrscheinlich ein Videoanruf über Skype oder ähnliche Programme, Anm. ACCORD) seinen Personalausweis vorzeigen und dann seinem Vater mündlich eine Vollmacht erteilen, damit dieser die weiteren Schritte zur Bestätigung der Ehe übernehmen könne. Diese Maßnahme reiche zur Bestätigung der Ehe aus, allerdings werde die Ehe erst im Zivilstandsregister eingetragen, wenn die Frau schwanger sei oder aus der Ehe ein Kind hervorgehe. (AnaPress, 1. Februar 2018)

 

Auf der Seite der syrischen Botschaft in Berlin sind unter den konsularischen Diensten auch die notwendigen Schritte für eine Bevollmächtigung erklärt. Der Bevollmächtigende müsse persönlich bei der Botschaft erscheinen, sich ausweisen und seine persönlichen Daten angeben. Er müsse zudem eine Kopie des Personalausweises des Bevollmächtigten vorzeigen oder die persönlichen Daten des Bevollmächtigten angeben. Je nach Fall würden möglicherweise noch weitere Dokumente benötigt. Die Kosten der Bevollmächtigung würden 85 Euro betragen. (Botschaft der Arabischen Republik Syrien in Berlin, ohne Datum)

 

Sawt al-Asima, eine Webseite mit Nachrichten und Meldungen über die Stadt Damaskus, schreibt im Jänner 2018, dass die syrische Regierung ein Dekret erlassen habe, das islamischen Geistlichen verbiete, Eheverträge außerhalb der dafür zuständigen Gerichte auszustellen. Dieses Dekret solle dazu beitragen, Eheschließungen außerhalb der dafür gesetzlich vorgesehenen Gerichte mit einem Ehevertrag, genannt „Schriftstück des Scheichs“ zu unterbinden. In den letzten Jahren sei das Schariagericht in Damaskus mit tausenden Fällen der Bestätigung von Ehen konfrontiert gewesen, die nach diesem traditionellen Muster in Anwesenheit eines Scheichs und in vielen Fällen ohne ZeugInnen geschlossen worden seien. (Sawt al-Asima, 24. Jänner 2018)


Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 4. Februar 2019)