Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Zimbabwe

Aktivisten und Menschenrechtsverteidiger setzten sich mit Straßenprotesten und in den sozialen Medien unvermindert dafür ein, die Regierung wegen mutmaßlicher Korruption und Missmanagement zur Verantwortung zu ziehen. Der Staat nutzte nach wie vor die Gesetze, um hart gegen Andersdenkende vorzugehen. Die Behörden führten auch 2017 rechtswidrige Zwangsräumungen durch, obwohl sie damit gegen die Verfassung verstießen. Nach Verfassungsänderungen war die Unabhängigkeit der Justiz weiterhin bedroht.

Hintergrund

Die wirtschaftliche Lage verschlimmerte sich. Eine Lösung der Liquiditätskrise war nicht in Sicht. 

Als Reaktion auf den Aktivismus in den sozialen Medien wurde im Oktober 2017 ein Ministerium für Netzsicherheit, Bedrohungserkennung und Schutzmaßnahmen gebildet. 

Innerhalb der regierenden Zimbabwe African National Union-Patriotic Front (ZANU-PF) nahmen die Streitigkeiten und Kämpfe um die Nachfolge Präsident Mugabes zu. Dieser entließ den ersten Vizepräsidenten Emmerson Mnangagwa am 6. November 2017 wegen vermeintlicher Putschpläne gegen die Regierung und weil er sich als „illoyal, arglistig, respektlos und unzuverlässig“ erwiesen habe. Am 14. November übernahm das Militär die Macht im Land. Nachdem die Öffentlichkeit das Einschreiten des Militärs begrüßt und das Parlament ein Amtsenthebungsverfahren gegen Robert Mugabe einleitet hatte, trat dieser am 21. November 2017 zurück. Emmerson Mnangagwa legte am 24. November 2017 den Amtseid als Präsident ab.

Rechte auf Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit

Die Polizei löste Zusammenkünfte und friedliche Proteste unter Einsatz exzessiver Gewalt auf. 

Am 26. Juni 2017 nahm die Polizei in der Hauptstadt Harare den Pastor Evan Mawarire fest, nachdem er während einer Protestveranstaltung gegen die Erhöhung der Studiengebühren gemeinsam mit Medizinstudierenden der University of Zimbabwe gebetet hatte. Er wurde zwei Tage lang auf der Polizeiwache im Zentrum von Harare festgehalten, wegen Anstiftung zur Gewalt und ordnungswidrigen Verhaltens angeklagt und anschließend gegen Kaution freigelassen. Am 29. September 2017 wurde er freigesprochen. Im Zusammenhang mit einer anderen Festnahme waren jedoch weitere Anklagen gegen ihn anhängig (siehe Abschnitt „Recht auf freie Meinungsäußerung“).

Im Juli wurden Darlington Madzonga und Edmund Musvubi während einer friedlichen Demonstration der Jugendorganisation der Oppositionspartei Movement for Democratic Change von Polizisten festgenommen. Die Demonstrierenden forderten die Wahlbehörde zu Reformen auf. Die beiden Männer wurden wegen der Ermordung eines Polizisten während der Demonstration angeklagt. Ende 2017 befanden sie sich immer noch in Harare in Untersuchungshaft. Der Gerichtsprozess gegen sie war weiter anhängig. 

Am 10. November 2017 löste die Polizei in Marange Village (Ost-Simbabwe) ein Treffen von 22 Menschenrechtsverteidigern aus Lateinamerika und dem südlichen Afrika auf, die sich dort versammelt hatten, um der 200 Personen zu gedenken, die vor neun Jahren durch die Armee getötet worden waren. Die 200 Menschen hatten zuvor Diamantenfelder unter ihre Kontrolle gebracht, um so gegen Pläne der Regierung zu protestieren, die chinesischen Firmen Lizenzen zu deren Ausbeutung geben wollte. Die 22 Menschenrechtsverteidiger wurden festgenommen und wegen des Betretens eines Schutzgebietes ohne Erlaubnis der Regierung angeklagt. Nachdem sie sich schuldig bekannt hatten, wurden sie am 11. November wieder auf freien Fuß gesetzt und zu einer Geldstrafe von jeweils 100 US-Dollar verurteilt.

Recht auf freie Meinungsäußerung

Der Staat schränkte das Recht auf freie Meinungsäußerung ein. Dabei hatte die Regierung vor allem Menschenrechtsverteidiger und andere Aktivisten im Visier. 

Am 16. Januar 2017 nahmen Polizisten den Pastor Philip Mugadza in Harare fest. Philip Mugadza wurde wegen Störung des öffentlichen Friedens angeklagt, weil er erklärt hatte, dass Präsident Mugabe am 17. Oktober sterben werde. Am 10. März wurde er gegen Kaution freigelassen. Bei Jahresende war das Verfahren gegen ihn noch beim Verfassungsgericht anhängig. Im Fall einer Verurteilung droht Philip Mugadza eine Gefängnisstrafe von bis zu sechs Monaten.

Der Pastor Evan Mawarire geriet wegen öffentlicher regierungskritischer Äußerungen ins Visier der Behörden. Er war im Juli 2016 aus Simbabwe geflohen. Bei seiner Rückkehr am 31. Januar 2017 nahmen ihn Polizisten in Harare fest. Die Behörden legten ihm Subversion und Verunglimpfung der Nationalflagge zur Last. Am 8. Februar kam er gegen Kaution frei. Am 24. September wurde Mawarire erneut festgenommen und wegen „Untergrabung der Autorität einer verfassungsmäßig gewählten Regierung“ angeklagt. Er hatte am 23. September ein Video veröffentlicht, in dem er die Benzinknappheit und steigende Preise beklagte. Am 26. September wurde er aus dem Gewahrsam der Polizeiwache im Zentrum von Harare entlassen. Das Hohe Gericht in Harare sprach ihn am 29. November 2017 von allen Anklagepunkten frei.

Energy Mutodi, Geschäftsmann und Unterstützer von Emmerson Mnangagwa, wurde am 10. August 2017 von Mitarbeitern der Kriminalpolizei in Harare festgenommen, weil er auf Facebook geschrieben hatte, dass es zu einem Putsch kommen könnte, falls Präsident Mugabe seinen Nachfolger nicht mit Bedacht auswähle. Er wurde angeklagt, „die Autorität des Präsidenten zu untergraben und Unzufriedenheit in den Reihen der Polizei und der Streitkräfte zu schüren“. Am 23. August kam er gegen Kaution frei, das Gerichtsverfahren gegen ihn war Ende des Jahres jedoch noch anhängig.

Victor Matemadanda, Vorstandsmitglied des Verbands der Kriegsveteranen, wurde im August 2017 von Polizisten auf der Polizeiwache im Zentrum von Harare in Gewahrsam genommen und angeklagt, „die Autorität des Präsidenten zu untergraben und Unzufriedenheit in den Reihen der Polizei und der Streitkräfte zu schüren“. Er hatte Präsident Mugabe zum Rücktritt aufgefordert. Nach einigen Tagen wurde er gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt, das Gerichtsverfahren gegen ihn war Ende 2017 jedoch noch anhängig.

In Mutare nahmen Polizisten am 2. Oktober 2017 den Journalisten Kenneth Nyangani fest, weil er berichtet hatte, dass die Ehefrau des Präsidenten Anhängern der ZANU-PF in Mutare Kleidung, darunter auch bereits getragene Unterwäsche, gespendet habe. Am 4. Oktober kam er gegen Kaution wieder frei. Der Prozess gegen ihn sollte am 13. Dezember 2017 stattfinden, der Staat versäumte es jedoch, die entsprechenden Schritte hierfür einzuleiten.

Am 3. November 2017 wurde die US-amerikanische Journalistin Martha O’Donovan in ihrer Wohnung in Harare festgenommen und wegen Beleidigung des Präsidenten und der „Untergrabung der Autorität einer verfassungsmäßig gewählten Regierung“ angeklagt. Sie soll Robert Mugabe auf Twitter beleidigt haben. Am 10. November 2017 wurde sie gegen Kaution aus dem Hochsicherheitsgefängnis Chikurubi entlassen. Das Jahr ging zu Ende, ohne dass sie vor Gericht gestellt wurde.

Willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen

Die Militärpolizei nahm eine Reihe von Personen fest, die unter Betrugs- und Korruptionsverdacht standen. Unter den Festgenommenen waren hochrangige Vertreter staatlicher Stellen, die in Korruptionsfälle verwickelt waren und deren Rechte bei der Festnahme missachtet wurden. So wurde ihnen etwa anwaltlicher Beistand verweigert. 

Armeeangehörige nahmen während der Machtübernahme durch das Militär im November 2017 mehrere Personen fest, die zu einer Gruppe der ZANU-PF gehörten, die vermeintlich die Entlassung von Emmerson Mnangagwa befürwortet hatte. Sie wurden länger als die von der Verfassung erlaubten 48 Stunden in Gewahrsam gehalten und erst dann einem Richter vorgeführt. Der frühere Finanzminister Ignatius Chombo, der Beauftragte für die Jugendorganisation der ZANU-PF Innocent Hamandishe und Kudzanayi Chipanga, Geschäftsführer der Jugendorganisation der ZANU-PF, wurden am 14. November 2017 von Militärpolizisten festgenommen und inhaftiert. In der Haft wurde ihnen eine Betreuung durch ihre Rechtsbeistände verweigert, und sie wurden erst am 25. November einem Richter vorgeführt. Ignatius Chombo wurden Korruption und Amtsmissbrauch vorgeworfen. Kudzanayi Chipanga und Innocent Hamandishe wurden wegen Veröffentlichung und Verbreitung von Falschnachrichten angeklagt, weil sie auf einer Pressekonferenz erklärt hatten, dass General Chiwenga, Oberbefehlshaber der Armee, Geld gestohlen habe, das aus dem Verkauf von Diamanten aus Marange stamme.

Zwangsräumungen

Im April 2017 ging die Polizei in der Provinz Mashonaland Central bei der Vertreibung von 15 Familien von der Manzou-Farm, die aus mehreren kleinen Bauernhöfen besteht, mit exzessiver Gewalt vor. Die Vertreibung der Familien verstieß gegen eine Entscheidung des Hohen Gerichts vom 24. März, in der die Regierung aufgefordert worden war, die Praxis der willkürlichen Landvertreibungen und Häuserzerstörungen ohne Entschädigung oder Vergabe alternativer Landflächen einzustellen. Die Bewohner hatten seit dem Jahr 2000 auf dem Farmland gelebt. Mehr als 200 Familien haben seither durch rechtswidrige Zwangsräumungen ihr Zuhause verloren. Eine Entschädigung haben sie nicht erhalten.

Gesetzliche, verfassungsrechtliche und institutionelle Entwicklungen

Das Parlament verabschiedete im August 2017 einen Gesetzentwurf über die Änderung des Artikels 180 der Verfassung von 2013. Die Abgeordnete Jessie Majome focht das Gesetz gerichtlich an, da die erforderliche Zweidrittelmehrheit bei der Abstimmung nicht erzielt worden und die richterliche Unabhängigkeit durch das Gesetz bedroht sei. Das Gesetz ermächtigt den Präsidenten, die höchsten Richterämter eigenmächtig zu besetzen.

Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte

Wirtschaftliche Instabilität, Dürre, eine hohe Armutsrate und Arbeitslosigkeit erschwerten den Zugang zu Bildung, Gesundheit und ausreichender Nahrungsversorgung. Im Juli 2017 berichtete Simbabwe im Rahmen der freiwilligen nationalen Überprüfung durch das Hochrangige Politische Forum über nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (High-Level Political Forum on Sustainable Development), dass mehr als 76 % der Kinder in Simbabwe in relativer Armut und 25 % in extremer Armut leben. Große Teile der Bevölkerung hatten Schwierigkeiten, das Schulgeld für den Besuch der Grundschule aufzubringen. Der nationale Ernährungsrat (Food and Nutrition Council) stellte fest, dass mindestens 63 % der Kinder im Schulalter von den Schulen verwiesen wurden, weil sie das Schulgeld nicht bezahlten. Aus Berichten ging hervor, dass die Ernährung von 4,1 Mio. Menschen in ländlichen Gebieten nicht sichergestellt war.

Das Recht auf Gesundheit war immer stärker gefährdet, da die Mittel des nationalen Haushaltsplans für das Gesundheitswesen auf lediglich 8,2 % sanken. Der Rechnungshof sprach im Juni 2017 in seinem Bericht von einer Krise bei der gesundheitlichen Versorgung. Es gebe Engpässe bei der Versorgung mit lebenswichtigen Medikamenten und notwendiger medizinischer Ausrüstung, und es fehle an Wasser und Fachkräften.

Sexuelle und reproduktive Rechte

Das UN-Kinderhilfswerk UNICEF berichtete im Oktober 2017, dass 34 % der Mädchen und Frauen bei Erreichen des 18. Lebensjahres bereits verheiratet seien. Obwohl das Mindestheiratsalter vom Verfassungsgericht im Januar 2016 auf 18 Jahre heraufgesetzt worden war, hatte die Regierung bis Ende 2017 nichts unternommen, um das Eheschließungsgesetz (Marriage Act) oder andere einschlägige Rechtsvorschriften entsprechend zu ändern. Aus Berichten von NGOs sowie von Mädchen und Frauen, die ihre Kinder in staatlichen Gesundheitseinrichtungen zur Welt brachten, ging hervor, dass Mütter die Einrichtungen erst verlassen durften, wenn für die Entbindung gezahlt worden war.

Es gab zwar eine Richtlinie des Gesundheitsministeriums, die besagte, dass die Gesundheitsleistungen für Mütter unentgeltlich sein sollten. Dessen ungeachtet wurden den Gemeinden von den staatlichen Gesundheitseinrichtungen jedoch weiterhin Gebühren für diese Leistungen in Rechnung gestellt. Sozial benachteiligte Frauen und Mädchen mussten bei der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen für Mütter besonders große Verzögerungen hinnehmen oder wurden überhaupt nicht betreut.

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