Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Norway

Die Häufigkeit von Vergewaltigungen und anderen Gewalttaten gegen Frauen sowie die unzureichenden staatlichen Maßnahmen dagegen gaben weiterhin Anlass zu großer Besorgnis. Die Rechte von Flüchtlingen und Asylsuchenden blieben eingeschränkt; afghanische Asylsuchende wurden nach Afghanistan abgeschoben.

Flüchtlinge und Asylsuchende

Die Zahl der Asylsuchenden sank drastisch. Laut staatlichen Statistiken hatten bis November 2017 nur 3378 Personen in Norwegen Asyl beantragt, verglichen mit 31145 im Jahr 2015. 

Die Regierung unternahm weitere Schritte zur Einschränkung der Rechte von Asylsuchenden und Flüchtlingen. Rückführungen nach Italien auf Grundlage der Dublin-Verordnung – nach der jeder Asylantrag von dem EU-Land bearbeitet werden muss, in dem der Antragsteller zum ersten Mal den Boden der EU betreten hat – wurden fortgesetzt und Rückführungen nach Griechenland wiederaufgenommen. 

Afghanische Staatsangehörige bildeten die fünftgrößte Gruppe von Personen, die bis Ende November Asyl beantragt hatten. Nach wie vor waren sie hinsichtlich des Zugangs zu Asyl mit Hindernissen konfrontiert und sahen sich Abschiebungen nach Afghanistan ausgesetzt. Laut dem EU-Statistikamt Eurostat sank die Anerkennungsquote für Asylsuchende mit afghanischer Staatsangehörigkeit drastisch und lag bis August bei 24 %. Norwegen war 2017 das Land mit der höchsten Abschiebequote nach Afghanistan.

Gewalt gegen Frauen und Mädchen

Geschlechtsspezifische Gewalt, darunter auch Vergewaltigung und sexualisierte Gewalt, gab nach wie vor Anlass zu großer Besorgnis. Das norwegische Strafgesetz stand noch immer nicht im Einklang mit internationalen Menschenrechtsstandards, da die Definition von Vergewaltigung nicht auf dem fehlenden Einverständnis des Opfers gründete. Die Zahl der bei der Polizei angezeigten Vergewaltigungen ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. 2016 wurden 1663 Vergewaltigungen bei der Polizei angezeigt, eine Zunahme von fast 21,9 % seit 2015. Mängel in der polizeilichen Ermittlungsarbeit trugen zu der geringen Zahl der Strafverfolgungen in Vergewaltigungsfällen bei. Im April überprüfte der Generalstaatsanwalt die Qualität der Ermittlungen in 275 landesweit angezeigten Vergewaltigungsfällen. In seinem Bericht heißt es, dass die Qualität der polizeilichen Ermittlungen noch viel zu wünschen übriglasse. Vor allem wurde auf Schwächen in der Anfangsphase hingewiesen, wo nicht immer die erforderlichen Schritte zur Beweissicherung unternommen würden. 

Anlässlich des neunten Staatenberichts von Norwegen äußerte sich der UN-Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau besorgt über das Ausmaß der geschlechtsspezifischen Gewalt gegen Frauen in Norwegen und empfahl eine Reihe von Gegenmaßnahmen. Dazu gehört auch eine Definition von Vergewaltigung im Strafgesetzbuch, die auf dem fehlenden Einverständnis des Opfers gründet. Außerdem zeigte der Ausschuss Bedenken bezüglich der Konsequenzen, die die Kriminalisierung des Erwerbs sexueller Dienstleistungen von Erwachsenen nach sich ziehen könnte. Der Ausschuss empfahl eine umfassende Überarbeitung der existierenden Normen zum Thema Sexarbeit, um sicherzustellen, dass Sexarbeiterinnen für das Anbieten sexueller Dienstleistungen – einschließlich Handlungen, die gegenwärtig als „Förderung der Prostitution“ strafbar sind – nicht strafrechtlich verfolgt werden.

Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intergeschlechtlichen

Gewalttaten, die auf diskriminierende Haltungen gegenüber Transgeschlechtlichen zurückgehen, wurden nach wie vor nicht als vorurteilsmotivierte Straftaten (Hasskriminalität) in das Strafgesetzbuch aufgenommen.

Internationale Strafverfolgung

Am 1. März 2017 wurde ein 44-jähriger ruandischer Staatsangehöriger, dem eine Beteiligung an dem Völkermord im Jahr 1994 in Ruanda vorgeworfen wurde, nach vier Jahren aus der Haft entlassen. Das Justizministerium hatte zuvor entschieden, dass er nach Ruanda ausgeliefert werden könne. Die von seinem Anwalt angestrengten Untersuchungen zum Vorwurf, zwei Zeugen seien dazu gedrängt worden, gegenüber der Staatsanwaltschaft falsche Aussagen zu machen, führten zu dem Schluss, dass ihre Aussagen nicht ausreichend glaubhaft waren.

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