Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Austria

Berichtszeitraum: 1. Januar 2016 bis 31. Dezember 2016

Amtliche Bezeichnung: Republik Österreich
STAATSOBERHAUPT: Doris Bures, Karlheinz Kopf und Norbert Hofer bildeten gemeinsam eine Übergangsregierung. Sie lösten Heinz Fischer am 8. Juli 2016 im Amt ab.
STAATS- UND REGIERUNGSCHEF_IN: Christian Kern (löste im Mai 2016 Werner Faymann im Amt ab)

Die Zahl der registrierten Asylanträge sank 2016 gegenüber dem Vorjahr um die Hälfte. Im April wurde jedoch vom Parlament eine Gesetzesgrundlage beschlossen, die es der Regierung ermöglicht, per Notverordnung die Zahl der Asylsuchenden im Land zu begrenzen. Mit einem neuen Gesetz wurden dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung weitreichende Überwachungs- und Ermittlungsbefugnisse eingeräumt.

RECHTE VON FLÜCHTLINGEN UND MIGRANTEN

Im Januar 2016 kündigte die Regierung an, die Zahl der Flüchtlinge, die zum Asylverfahren zugelassen werden, auf 37500 zu begrenzen. Von Januar bis November wurden etwa 39600 Asylanträge gestellt, davon wurden knapp 32300 Anträge zugelassen. Innerhalb des gleichen Zeitraums wurden im Jahr 2015 etwa 81000 Anträge gestellt.

Im April verabschiedete das Parlament eine Novelle des Asylgesetzes, der zufolge die Regierung in Zukunft den Notstand ausrufen kann, wenn sie aufgrund hoher Asylbewerberzahlen die öffentliche Ordnung und Sicherheit bedroht sieht. Das Ausrufen des Notstands würde ein beschleunigtes Asylverfahren in Kraft setzen, bei dem die Grenzpolizei über die Zulässigkeit eines Antrags auf internationalen Schutz zu entscheiden hätte. Außerdem würde die Polizei Asylsuchende ohne fundierte Begründung in die benachbarten Transitländer zurückführen können, über die sie eingereist sind. Die Asylsuchenden könnten nur vom Ausland aus ein Rechtsmittel einlegen, da eingelegte Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung hätten. Die Umsetzung der Novelle könnte zu Verstößen gegen das Non-Refoulement-Prinzip (Grundsatz der Nichtzurückweisung in ein Land, in dem den Betroffenen schwere Menschenrechtsverletzungen drohen) und gegen das Recht auf ein faires und wirksames Asylverfahren führen. Im Jahr 2016 wurde der Notstand nicht ausgerufen.

Die Novelle sieht für Flüchtlinge und Personen, die subsidiären Schutz genießen, zudem gravierende Verschärfungen hinsichtlich der Familienzusammenführung vor.

Zwar verbesserten sich in manchen Aufnahmezentren die Bedingungen, doch wurden bei den Asylverfahren die besonderen Bedürfnisse der Opfer von Folter, Menschenhandel und geschlechtsspezifischer Gewalt sowie weiterer Personengruppen nach wie vor nicht ausreichend berücksichtigt, und die Betroffenen erhielten keine angemessene Unterstützung. Dies galt auch für Personen, die besondere Betreuung und ärztliche Versorgung benötigten, wie z. B. unbegleitete Minderjährige.

DISKRIMINIERUNG

Im Juni 2016 äußerte sich die Regierung besorgt über rassistisch motivierte Angriffe gegen Unterkünfte für Asylsuchende. Im selben Monat wurde eine neu errichtete Unterkunft in der Gemeinde Altenfelden kurz vor ihrer offiziellen Eröffnung in Brand gesetzt. Das Innenministerium registrierte in den ersten sechs Monaten beinahe so viele Straftaten gegen Unterkünfte für Asylsuchende (24) wie im gesamten Jahr 2015 (25).

Ebenfalls im Juni reichte eine intersexuelle Person Klage gegen die Weigerung des Standesamts Steyr ein, das Geschlecht als neutral (weder männlich noch weiblich) einzutragen. Der Fall war Ende des Jahres noch bei den Höchstgerichten (Verfassungsgerichtshof und Verwaltungsgerichtshof) anhängig.

Im August 2016 signalisierten mehrere Regierungsmitglieder, darunter auch der Bundeskanzler, Unterstützung für das Recht gleichgeschlechtlicher Paare auf Eheschließung. Ein entsprechender Gesetzentwurf wurde jedoch nicht vorgelegt.

ANTITERRORMAßNAHMEN UND SICHERHEIT

Im Juli trat das neue Polizeiliche Staatsschutzgesetz in Kraft, das dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) weitreichende Überwachungs- und Ermittlungsbefugnisse einräumt. Das BVT erhielt die Möglichkeit, aus einer Vielzahl von Quellen persönliche Daten zu sammeln und zu speichern. Zudem kann es Ermittlungen einleiten, ohne die Betroffenen darüber in Kenntnis zu setzen. Die fehlende gerichtliche Kontrolle und der große Ermessensspielraum des Amts bei der Ausübung seiner Befugnisse ließen Bedenken hinsichtlich der Achtung der Rechte auf Privatsphäre und einen wirksamen Rechtsbehelf laut werden.

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