Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Tanzania

Berichtszeitraum: 1. Januar 2016 bis 31. Dezember 2016

Amtliche Bezeichnung: Vereinigte Republik Tansania
STAATSOBERHAUPT: John Magufuli
STAATS- UND REGIERUNGSCHEF_IN: Kassim Majaliwa

Die Rechte auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung wurden eingeschränkt. Die staatlichen Stellen trafen keine Maßnahmen gegen Diskriminierung aufgrund der Geschlechtsidentität und der sexuellen Orientierung.

RECHT AUF VERSAMMLUNGSFREIHEIT

Die Monate vor den Wahlen im März 2016 in Sansibar waren von Gewalt überschattet. Mindestens 200 Menschen wurden verletzt, zwölf Frauen wurden Opfer sexualisierter Übergriffe, und eine Frau wurde vergewaltigt. Mehr als 100 Mitglieder der oppositionellen Vereinigten Bürgerfront (Civic United Front – CUF) – darunter auch der Verantwortliche für Öffentlichkeitsarbeit – wurden festgenommen, weil sie gegen die Wiederholung der Wahlen protestiert hatten, nachdem die allgemeinen Wahlen von 2015 aufgrund von Beschwerden wegen Unregelmäßigkeiten für ungültig erklärt worden waren. Berichten zufolge ging die Polizei mit exzessiver Gewalt gegen Anhänger der CUF vor, und eine unbekannte bewaffnete Gruppe von maskierten Männern nutzte Fahrzeuge, die auf die Regierung zugelassen waren. Obwohl bei den Behörden viele Beschwerden eingingen, wurden keine rechtlichen Schritte gegen die Polizei in die Wege geleitet.

Der Präsident verbot im Juni 2016 sämtliche politischen Kundgebungen bis zum Jahr 2020. Daraufhin riefen Oppositionsparteien unter dem Motto UKUTA (Alliance against Dictatorship in Tanzania) zu friedlichen Protesten unter dem UKUTA-Banner auf. Dies wiederum veranlasste die Polizei, das Verbot auf interne Parteiversammlungen auszuweiten. Auf dem tansanischen Festland und auf Sansibar wurden zwei führende Vertreter der Opposition und 35 Oppositionsanhänger festgenommen und wegen verschiedener Straftaten, u. a. wegen Aufwiegelung, angeklagt.

RECHT AUF FREIE MEINUNGSÄUßERUNG – JOURNALISTEN

Vier Medienunternehmen wurden geschlossen. Journalisten wurden festgenommen und wegen verschiedener Straftaten auf der Grundlage des Strafgesetzbuchs, des Gesetzes über Internetkriminalität und des Pressegesetzes angeklagt. Die Wochenzeitung Mawio wurde dauerhaft geschlossen. Gegen drei Journalisten wurde Anklage wegen staatsgefährdender Aktivitäten erhoben, weil sie über die Wahlen in Sansibar und die darauf folgende politische Krise berichtet hatten. Nachdem in der Wochenzeitung Mseto ein Artikel erschienen war, in dem es hieß, dass ein ranghoher Regierungsvertreter in Korruptionsfälle verwickelt sei, wurde gegen das Blatt ein dreijähriges Erscheinungsverbot verhängt. Die Radiosender Radio Five und Magic FM wurden ebenfalls geschlossen, weil sie angeblich staatsgefährdende Informationen ausgestrahlt hatten.

Zwei Frauen und sechs Männer wurden nach dem Gesetz über Internetkriminalität angeklagt, weil sie auf Facebook Informationen über die Wahlen und den Präsidenten veröffentlicht hatten.

FRAUENRECHTE

In dem Fall E. S. und S. C. gegen die Vereinigte Republik Tansania aus dem Jahr 2015 machte Tansania keine Anstalten zur Umsetzung der Empfehlungen des UN-Ausschusses für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau (CEDAW-Ausschuss). In dem Fall, der dem Ausschuss bereits im Jahr 2012 vorgelegt worden war, ging es um zwei Witwen, denen es in Tansania nach dem auf dem Gewohnheitsrecht basierenden Erbrecht verwehrt wurde, die Grundstücke ihrer verstorbenen Männer zu erben und zu verwalten. Der CEDAW-Ausschuss empfahl 2016 die Reform des örtlichen Gewohnheitsrechts (Local Customary Law [Declaration No. 4]), das Frauen in Bezug auf Eigentumsverwaltung und Erbrechte diskriminierte.

Die Paragraphen 13 und 76 des Ehegesetzes (Law of Marriage Act), nach denen Kinderehen von Mädchen unter 18 Jahren bislang erlaubt waren, wurden im September 2016 in einem Grundsatzurteil für verfassungswidrig erklärt. Tansania gehört zu den Ländern mit einer der höchsten Raten an Kinderehen weltweit. 37 Prozent der Mädchen sind bei ihrer Heirat jünger als 18 Jahre. Der Generalstaatsanwalt legte gegen das Urteil Rechtsmittel ein.

RECHTE VON LESBEN, SCHWULEN, BISEXUELLEN, TRANSGESCHLECHTLICHEN UND INTERSEXUELLEN

Die Behörden griffen im Berichtsjahr gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender und Intersexuelle (LGBTI) zu drastischen Mitteln und drohten, Organisationen zu verbieten, die LGBTI unterstützten. Bei einer Durchsuchung der Büros der Organisation Community Health Education Services and Advocacy im August 2016 wurden Unterlagen beschlagnahmt und Mitarbeiter der Organisation festgenommen.

Außerdem nahm die Polizei im August in Daressalam 20 LGBTI fest. Die meisten von ihnen wurden länger als 48 Stunden in Gewahrsam gehalten und erhielten erst dann ihre Freiheit ohne Anklageerhebung zurück. Im November 2016 zogen sich die Behörden aus HIV/AIDS-Präventionsprogrammen für Schwule zurück, die auf örtlicher Ebene angesiedelt waren.

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