a-4427 (ACC-PER-4427)

Nach einer Recherche in unserer Länderdokumentation und im Internet können wir Ihnen zu oben genannter Fragestellung Materialien zur Verfügung stellen, die unter anderem folgende Informationen enthalten:

Das US-Außenministerium US Department of State (USDOS) berichtet in seinem im Februar 2005 erschienenen Menschenrechtsbericht 2004, dass häusliche Gewalt und sexueller, physischer und psychischer Missbrauch von Frauen und Mädchen ein chronisches Problem seien, erschwert durch fehlende Sensibilität von Exekutiv- und Justizbehörden gegenüber weiblichen Opfern. Des weiteren berichtet das USDOS ausführlich über diese Problematik:

“Violence against women, including rape, spousal abuse, and sexual, physical, and mental abuse of women and girls was a chronic problem. Abuses were aggravated by insensitivity on the part of law enforcement and judicial authorities toward female victims.
The law prohibits domestic violence, and penalties range from 1 month to 6 years in prison. The domestic violence law gives judges and prosecutors the authority to prevent the convicted spouse or parent from returning to the family’s home; authorizes the victim’s relatives and unrelated persons living in the home to file complaints of domestic violence; and allows any health professional to certify injuries. The law requires police investigation of domestic violence to take place within 5 days and obliges authorities to extend protection to women and children who are victims of domestic violence.
During the first 5 months of the year, the Ministry of Women and Social Development (MIMDES) centers reported 13,191 cases of domestic violence. From 2002 until August, the centers assisted 78,163 victims (including men as well as women). The monthly average of reported abuse cases was approximately 2,500. Women constituted 88 percent of the victims.
The war against terror waged by the Government from 1980-2000 sharply increased the population in rural areas of war orphans and female rape victims, who often were stigmatized and marginalized in traditional regions such as Ayacucho.
The MIMDES and NGOs stated that many domestic abuse cases never were reported. NGO sources contended that the majority of reported cases did not result in formal charges due to fear of retaliation from the accused spouse or because of the cost involved in pursuing a complaint. In addition, legal and physical protection was limited by delays in legal processes, ambiguities in the law, and lack of alternative shelter and income for victims.” (USDOS, 28. Februar 2005, Sektion 5)

Laut USDOS führe das MIMDES in Zusammenarbeit mit NGOs Trainings für die Polizei durch, um diese für Menschenrechte und häusliche Gewalt zu sensibilisieren. Das MIMDES arbeite darüber hinaus eng mit dem Frauenbüro des Polizei-Ombudsmannes zusammen, jedoch:

“Nonetheless, the national Ombudsman’s office continued to complain that officers reacted indifferently to charges of domestic violence, although the law requires all police stations to receive such complaints.
During the year, new laws increased the penalties for rape and for pimps and for clients of underage prostitutes. Rape is now punishable by a sentence of 4 to 8 years in prison. If the victim is between 14 and 18 years of age, or if the perpetrator uses a weapon or abuses his or authority to commit the crime, punishments range from 8 to 15 years in prison. [...]” (USDOS, 28. Februar 2005, Sektion 5)

Das Canadian Immigration and Refugee Board (IRB) veröffentlichte im März 2005 eine (derzeit offenbar nur auf Französisch verfügbare) Anfragebeantwortung zu Peru zum Thema staatlicher Schutz für Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt wurden (IRB, 7. März 2005). Das IRB beruft sich darin u.a. auf Informationen von einer Anwältin des MIMDES (Ministerio de la Mujer y Desarollo Social, Ministerium für Frauen und gesellschaftliche Entwicklung) vom Februar 2005, sowie von einer Anwältin der NGO Movimiento Manuela Ramos (MMR) vom Februar und März 2005. Laut der Vertreterin des MIMDES habe es im Bereich häuslicher Gewalt Fortschritte gegeben, es bleibe jedoch „viel zu tun“, u.a. weil das Problem nicht als im öffentlichen Interesse liegend und fundamentale Rechte betreffend angesehen werde. Zudem würden die Opfer häufig keine Anzeige erstatten, teils wegen Angst, teils wegen Mangel an Information. Ähnliches berichtet laut IRB auch die Vertreterin der MMR. Laut ihr hätten die angezeigten Fälle zugenommen, was teils Besorgnis erregen könne, teils jedoch auch darauf zurückzuführen sein könnte, dass mehr Frauen ihre Rechte wahrnähmen. Die Vertreterin der MMR betone, dass es eine Kluft zwischen institutionellen/gesetzlichen Maßnahmen und den Haltungen gebe, letztere sich nur langsam ändern würden.

Das IRB zitiert eine Studie aus dem Jahr 2003, derzufolge 7 von 10 peruanischen Frauen mindestens ein mal in ihrem Leben von häuslicher oder sexueller Gewalt betroffen seien (siehe hierzu auch Cimac Noticias, 20. Jänner 2005). Laut IRB spreche das MMR von 78.441 medizinisch-gutachterlichen Untersuchungen im Jahr 2004, die mit Fällen häuslicher Gewalt in Zusammenhang stünden, was durchschnittlich 215 Fälle pro Tag bedeute. Unter Berufung auf eine andere peruanische NGO, Centro de la Mujer Flora Tristan, berichtet das IRB von einer weiteren Studie, derzufolge 56% der 297 Fälle schwerer Gewalt gegen Frauen, die von Februar 2003 bis März 2004 vom Zentrum Flora Tristan verzeichnet worden seien, für das Opfer tödlich endeten. Die Studie betone, dass die Mehrzahl der Täter aus dem gesellschaftlichen/familiären Umfeld der Opfer kämen.

Unter Berufung auf staatliche Quellen berichtet das IRB folgendes zur Anzeigeerstattung: bei häuslicher Gewalt könne schriftlich oder mündlich Anzeige erstattet werden (bei der Polizei oder dem Büro des „Fiscal Provincial de Familia“). Das Opfer müsse den Personalausweis vorweisen, eine medizinische Untersuchung sei vor der Anzeige nicht notwendig - im Verlauf der gerichtlichen Untersuchungen seien dann medizinische und psychologische Tests notwendig. Sichtbare Verletzungen seien keine Voraussetzung. Das Opfer selbst oder ein Familienmitglied könne die Anzeige erstatten.

Das geltende Gesetz sei laut IRB unter Berufung auf Flora Tristan das 1993 verabschiedete Gesetz zum Schutz vor familiärer Gewalt (Gesetz Nr. 26260, „Ley de Proteccion frente a la Violencia Familiar“). Laut IRB weise das MIMDES darauf hin, dass es im Mai 2003 eine Novelle zu diesem Gesetz gegeben habe, durch welche die zuvor verpflichtende Schlichtung zwischen Opfer und Täter entfalle, da diese laut MIMDES ineffizient gewesen sei. Laut IRB spreche die Vertreterin von MMR von einer Verbesserung des Gesetzes durch die Novelle.

Die Novelle verlange einen Polizeibericht fünf Tage nach dem Vorfall - was Beschwerden von Polizisten wegen Zeitmangel hervorrufe, so das IRB unter Berufung auf MMR. Die medizinischen Untersuchungen seien kostenlos und könnten von jedem Arzt durchgeführt werden, so das IRB unter Berufung auf MMR und den oben zitierten Bericht des USDOS. Laut IRB spreche die Vertreterin des MMR jedoch davon, dass in der Realität mehrere Ärzte sich nicht an das Gesetz halten würden und solche Untersuchungen verweigerten.

Laut IRB (unter Berufung auf das Zentrum Flora Tristan) gebe es folgende Unterteilung an Delikten: „Delikt“ („falta“, Vergehen, minderes Delikt), wenn die vom Arzt geschätzte Dauer der Invalidität der Frau weniger als 10 Tage betrage. „Schwerer strafbarer Akt“ („delito“), wenn die Dauer mehr als 10 Tage betrage - dann komme der Fall vor einen Strafrichter. Das IRB verweist auf einen Bericht von Human Rights Watch (HRW) vom März 2000, demzufolge die große Mehrheit der Fälle häuslicher Gewalt als „falta“ eingestuft würden, die vor „Friedensrichter“ gelangen würden (zu den eingeschränkten Möglichkeiten von „Friedensrichtern“ siehe HRW, 31. März 2000). Diese „Falta“-Vergehen würden mit 20 bis 30 Tagen gemmeinnütziger Arbeit und einer Geldstrafe bestraft, so das IRB unter Berufung auf den HRW-Bericht.

Laut IRB betonte auch die Vertreterin von MMR diese Teilung in die zwei Kategorien, nach denen sich auch de rechtlichen Sanktionsmöglichkeiten unterschieden.

Laut IRB befinde die Vertreterin von MMR bestimmte Bereiche der Politik des MIMDES als besorgniserregend, da eine bestimmte Vision von Familie gefördert werde, zum Nachteil der individuellen Rechte der Frau.

Laut IRB die Frauenministerin Ana Maria Romera-Lozada (im Zuge eines Besuchs eines Opfers häuslicher Gewalt im Krankenhaus) eine „Null-Toleranz“-Kampagne angekündigt und davon gesprochen, dass die täglich 30 Fälle von Gewalt gegen Frauen nicht toleriert würden.

Laut IRB gebe es derzeit 41 Centros Emergencia Mujer (CEM, Frauennotfallzentren) in Peru. Laut IRB sehe der nationale Plan gegen die Gewalt gegen Frauen 2002-2007 im Jahr 2007 50 Frauenherbergshäuser vor, laut IRB gebe es jedoch Ende 2004 nach Angaben des MIMDES lediglich drei, der Mangel an Plätzen sei spürbar.

Das IRB berichtet unter Berufung auf das MIMDES bzgl häuslicher Gewalt von diversen Trainingsmaßnahmen für Richter, Anwälte und Polizei, sowie Kampagnen an Regierungsangestellte und an die Öffentlichkeit.

Bezüglich der Reaktion der Polizei und der Justiz auf häusliche Gewalt berichtet das IRB wie folgt: Laut MMR habe die Polizei nun auf nationaler Ebene eine Sonderabteilung zu häuslicher Gewalt, was eine Anerkennung des Problems darstelle. Obwohl das Gesetz die Schlichtung/Aussöhnung zwischen Opfer und Täter nicht mehr vorsehe, ziele die Haltung einiger Richter und Polizisten noch darauf ab, so MMR. Die (oben erwähnten) Friedensrichter beriefen sich laut MMR weiterhin auf die Schlichtung unter dem Vorwand, die Einheit der Familie zu erhalten. Laut IRB spreche die Vertreterin von MMR noch von vielen Hindernissen für die Opfer während der Prozesse. (IRB, 7. März 2005).

Schließlich sei noch auf eine Anfragebeantwortung des IRB zum gleichen Thema vom Juni 2003 verwiesen, deren Angaben zum Teil in der obenstehenden verwendet wurden, und welche auch auf Englisch vorliegt (IRB, 2. Juni 2003) - der Abschnitt betreffend Antwort der Polizei auf häusliche Gewalt sei hier zitiert:

“Police Response to Domestic Violence
The ability of women to acquire protection begins with the "responsiveness and competence of the police" since they are the first step in gaining access to the justice system (HRW 31 Mar. 2000b). However, in practice, police "often require women to undergo a forensic examination" before filing a police complaint, thus creating a delay in the process (ibid.). Furthermore, if the women, for whatever reason, choose not to return with the forensic exam results, there is no record of their statement and no police follow-up (ibid.).
There are two types of police stations: ordinary police stations (Comisarias) and police stations for women (Comisarias de la mujer) (Centro Flora Tristan 14 May 2003). To address the issue of the [translation] "total impunity of the accused," ordinary police stations now include special sections to deal with family issues (Peru 20 May 2003). The process for dealing with domestic violence cases are the same in both institutions; the one difference is that the Comisarias de la mujer only deal with domestic and sexual violence issues (Centro Flora Tristan 14 May 2003). There are six Comisarias de la mujer in Lima (ibid.).
The lawyer for the Manuela Ramos Movement said that domestic violence cases are difficult to deal with because the responsibility for the abuse is often put on the women (Moviemiento Manuela Ramos 14 May 2003). The police officer taking her deposition will ask questions such as, "What did you do to deserve this? Do you really want to hurt your husband and your family by lodging an official complaint?" (ibid.). In addition, as has been mentioned already, many women fear filing sexual abuse complaints (Country Reports 2002 2003, 34). This is especially so when the perpetrator is a police officer (ibid.).
Other factors which make handling domestic violence incidents difficult include the fact that proof is hard to gather since the police usually only consider the couple’s statements and the medical report, seldom taking into account other proofs such as witness testimony (Moviemiento Manuela Ramos 14 May 2003). HRW has also noted that the medical report is "often the only evidence" available to corroborate the victim’s statement (31 Mar. 2000b). The police face the problem of women who file a complaint and then fail to return to follow through with the process (Moviemiento Manuela Ramos 14 May 2003). The lawyer for Manuela Ramos reports that there is a high percentage of abandoned cases because the women either reconcile with their spouse or become too afraid to pursue the matter (ibid.). Although, the Family Violence Law does require the police "to investigate all reported cases of domestic violence, regardless of whether the victim pursues the charges (HRW 31 Mar. 2000b), the police will not act on their own; they wait for the women to return to continue the procedures (Moviemiento Manuela Ramos 14 May 2003).
However, the law does not permit police to detain a suspected aggressor nor give them preventive restraining powers (Centro Flora Tristan Sept. 2002, 5). A detention order can only come from a prosecutor or a judge (ibid.). Since it usually takes six months before a judge sees the case, the "perpetrator remains unpunished and - worse - he can repeat the offense without any restriction" (el perpetrador de la violencia queda impune y - peor - puede repetir la ofensa sin restriccion alguna) (ibid.).
The police response to domestic violence complaints reveals many deficiencies that have been documented by Human Rights Watch, including "mistreatment of women filing complaints, inadequate investigations, unnecessary delays, and practices that jeopardize women’s safety and physical and psychological integrity" (HRW 31 Mar. 2000b). For instance, the Family Violence Law requires that the prosecutor determine whether the offence is a misdemeanor or a felony; however, in practice, the police bypass the prosecutor and, when they deem the case to be a misdemeanor, refer the person directly to a justice of the peace (ibid.).” (IRB, 2. Juni 2003)

Das Norwegian Refugee Council - Global IDP Project (NRC) zitiert einen Bericht von El País vom März 2004, demzufolge es eine massive Anzahl an sexuellen Missbräuchen an Binnenvertriebenen durch Armee und Rebellen gebe. Für 83% der Fälle seien Armeeangehörige, für 11% Rebellen (Sendereo Luminoso und Movimento Revolucionario Tupac Amaru) verantwortlich. Letztere seien für Zwangsabtreibungen und sexuelle Sklaverei verantwortlich. Die Anzeigen würden in vielen Fällen von Familienangehörigen erstattet, nicht von den Betroffenen, diese würden sich weigern zu sprechen (El País, 16. März 2004).

Nach Angaben von Freedom House (FH) aus dessen im September 2004 erschienenen Jahresbericht 2004 sei häusliche Gewalt möglicherweise das größte Problem für Frauen im heutigen Peru, wenngleich die Regierung einige Schritte gesetzt habe, um das Thema anzugehen (FH, 14. September 2004).

Bezüglich des gesellschaftlichen Umgangs mit häuslicher Gewalt berichtet die Canadian International Development Agency (CIDA) im Jänner 2002 unter Berufung auf die NGO Flora Tristan folgendes:

“Peru has laws against domestic violence, but the country faces a problem with cultural differences, mostly in the Andean and Amazon regions where it is considered « normal » for women to be subjected to violence from male family members or intimate partners, and to be economically dependent” (CIDA, Jänner 2002, Kap. 6.2)

Diese Informationen beruhen auf einer zeitlich begrenzten Recherche in öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD derzeit zur Verfügung stehen. Die Antwort stellt keine abschließende Meinung zur Glaubwürdigkeit eines bestimmten Asylansuchens dar.

Quellen: