Anfragebeantwortung zu Eritrea: Informationen zum Militärdienst (wie erfolgt die Rekrutierung?; [Teilfrage entfernt]; bekannte Maßnahmen der Behörden, wenn der Einberufung nicht Folge geleistet wird) [a-10148]

9. Mai 2017

Diese Anfragebeantwortung wurde für die Veröffentlichung auf ecoi.net abgeändert.

Das vorliegende Dokument beruht auf einer zeitlich begrenzten Recherche in öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD derzeit zur Verfügung stehen sowie gegebenenfalls auf Expertenauskünften, und wurde in Übereinstimmung mit den Standards von ACCORD und den Common EU Guidelines for processing Country of Origin Information (COI) erstellt.

Diese Antwort stellt keine Meinung zum Inhalt eines Ansuchens um Asyl oder anderen internationalen Schutz dar. Alle Übersetzungen stellen Arbeitsübersetzungen dar, für die keine Gewähr übernommen werden kann.

Wir empfehlen, die verwendeten Materialien im Original durchzusehen. Originaldokumente, die nicht kostenfrei oder online abrufbar sind, können bei ACCORD eingesehen oder angefordert werden.

Rekrutierung zum Militärdienst

Die internationale Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) schreibt in ihrem Jahresbericht zur Menschenrechtslage vom Februar 2017 (Berichtszeitraum 2016) Folgendes zum Militärdienst in Eritrea:

„Der obligatorische Militärdienst konnte nach wie vor auf unbestimmte Zeit verlängert werden, obwohl die Regierung bereits 2014 angekündigt hatte, das System abzuschaffen. Ein großer Teil der Bevölkerung war auf unbestimmte Zeit - in einigen Fällen bis zu 20 Jahre lang - zum Militärdienst eingezogen. Obwohl das Mindestalter für die Einberufung bei 18 Jahren lag, mussten auch weiterhin alle Schüler das letzte Schuljahr im militärischen Ausbildungslager Sawa verbringen. Damit wurden de facto auch Minderjährige zum Militärdienst eingezogen. Die Lebensumstände in dem Ausbildungslager waren hart. Die Schüler unterlagen militärischer Disziplin und erhielten ein Waffentraining. Von den etwa 14000 Personen, deren Ausbildung in Sawa im Juli 2016 endete, waren 48% Frauen. Für diese waren die Bedingungen besonders hart: Sie waren u. a. sexueller Versklavung und Folter sowie anderen Formen sexueller Übergriffe ausgesetzt. Die Militärdienstleistenden erhielten nur eine geringe Besoldung. Zudem gewährte man ihnen nur selten und willkürlich Urlaub, was in vielen Fällen dazu führte, dass ihnen kein geregeltes Familienleben möglich war. Die Wehrpflichtigen dienten in den Streitkräften und wurden zu Arbeiten in der Landwirtschaft, der Bauindustrie, im Schul- und öffentlichen Dienst sowie in anderen Bereichen verpflichtet. Es gab nach wie vor keine rechtliche Regelung für eine Verweigerung des Militärdienstes aus Gewissensgründen. Auch ältere Frauen und Männer wurden weiterhin zur ‚Volksarmee‘ eingezogen, wo man ihnen eine Waffe gab und ihnen Aufgaben zuwies, die sie unter Androhung von Strafen verrichten mussten. Männer konnten bis zum Alter von 67 Jahren zum Militärdienst verpflichtet werden.“ (AI, 22. Februar 2017)

Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH), der unabhängige Dachverband der Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen in der Schweiz, erwähnt im August 2016 Folgendes zum eritreischen Nationaldienst:

„Gemäss der Proclamation on National Service No. 82/1995 vom 23. Oktober 1995 sind alle Eritreerinnen und Eritreer zwischen 18 und 40 Jahren dienstpflichtig und gehören bis zum 50. Lebensjahr der Reservearmee an. Wie im Bericht zu Eritrea des EASO festgehalten, sind auch Eritreerinnen und Eritreer, die seit Geburt im Ausland leben, nicht von der Dienstpflicht ausgenommen und müssen im Fall einer Rückkehr nach Eritrea Nationaldienst leisten. UNHCR wies bereits 2011 darauf hin, dass, da in Eritrea die Militärpflicht für alle gilt, auch eritreische Staatsangehörige, die im Ausland leben oder im Exil geboren wurden, nicht vom Nationaldienst ausgenommen sind. Im Fall einer Rückkehr, ob freiwillig oder erzwungen, müssen sie Militärdienst leisten. Alle drei befragten Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass die eritreische Regierung die betroffene Person als eritreische Staatsangehörige und somit bei einer Rückkehr als Nationaldienst-pflichtig betrachtet.“ (SFH, 23. August 2016, S. 4)

Das US-Außenministerium (US Department of State, USDOS) erwähnt in seinem Jahresbericht zur Menschenrechtslage vom März 2017 (Berichtszeitraum 2016), dass alle BürgerInnen im Alter zwischen 18 und 50 Jahren gesetzlich verpflichtet seien, den Nationaldienst zu leisten. Es gebe nur eingeschränkt Befreiungen. Die Verpflichtung zum Nationaldienst bestehe aus einer sechsmonatigen militärischen Ausbildung und einem 12-monatigen aktiven Militärdienst sowie weiteren 18-monatigen „Entwicklungsaufgaben”. Jene, die nicht für eine militärische Ausbildung geeignet seien, müssten an öffentlichen oder staatlichen Einrichtungen einen 18-monatigen Dienst leisten. Für Wehrdienstverweigerer sei kein Alternativdienst vorgesehen. Es sei zu Zwangsarbeit gekommen. Die Regierung habe von Personen, die noch nicht dem Militär angehört hätten, verlangt, dass sie an einer zivilen Milizausbildung teilnehmen und Schußwaffen tragen, darunter viele, die bereits demobilisiert worden seien, Ältere oder Personen, die bereits in der Vergangenheit vom Militärdienst befreit gewesen seien. Ein Versäumnis an der Miliz oder dem Nationaldienst teilzunehmen habe zu Inhaftierung führen können:

„By law all citizens between ages 18 and 50 must perform national service, with limited exceptions. The national service obligation consists of six months of military training and 12 months of active military service and development tasks in the military forces for a total of 18 months, or for those unfit to undergo military training, 18 months of service in any public and government organ according to the person’s capacity and profession. There is no provision for alternative service for conscientious objectors. Forced labor occurred. […] Persons performing national service could not resign or take other employment, generally received no promotions or salary increases, and could rarely leave the country legally because authorities denied them passports or exit visas. Those conscripted into the national service performed standard patrols and border monitoring in addition to labor such as agricultural terracing, planting, road maintenance, hotel work, teaching, construction, and laying power lines. The government required persons not already in the military to attend civilian militia training and carry firearms, including many who were demobilized, the elderly, or persons otherwise exempted from military service in the past. Failure to participate in the militia or national service could result in detention. Militia duties mostly involved security-related activities, such as airport or neighborhood patrolling. Militia training involved occasional marches and listening to patriotic lectures.“ (USDOS, 3. März 2017, Section 7b)

Ärzte ohne Grenzen (Médecins Sans Frontières, MSF), eine internationale medizinische Hilfsorganisation, schreibt im Februar 2017, dass alle jungen Menschen mit 17 Jahren eine militärische Ausbildung beginnen müssten. Im Allgemeinen erfolge diese im SAWA Defence Training Centre, einer Militärakademie in der Region Gash-Barka, und zähle als das zwölfte Schuljahr der Sekundarschule. Ohne Ableistung dieser Ausbildung würden die SchülerInnen keine Prüfungsergebnisse bekommen. Die Ausbildungsbedingungen seien Berichten zufolge streng:

„Eritrea’s mandatory military service for prolonged periods of time affects almost all families in the country. The programme, initially created after Eritrea’s independence from Ethiopia in 1993, allows the government to conscript people for an 18-month period, which in practice is extended arbitrarily. All young people are sent to do military training at the age of 17 (generally at the SAWA Defence Training Centre, a military academy in the Gash-Barka region of Eritrea), which counts as the twelfth year of high school. Without completing this training, students do not receive their examination results. Training conditions are reportedly harsh. Interviewees describe inadequate food and water, forced manual labour which they compare to slavery, arbitrary and severe punishment and sexual assault of women. According to testimonies collected by MSF, these conditions have caused physical and mental disabilities amongst students, as well as death. After completing military training, a privileged minority with the highest grades can attend government-run colleges and are later designated a profession. The majority of students, however, are deemed ineligible for further education and are forcibly posted on active military duty with no end date.“ (MSF, 27. Februar 2017, S. 15)

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) erwähnt in ihrem Jahresbericht zur Menschenrechtslage vom Jänner 2017 (Berichtszeitraum 2016), dass der Großteil der EritreerInnen als Teil des letzten Schuljahres der Sekundarschule mit der militärischen Ausbildung beginnen würde, jedoch würden manchmal auch Kinder ab 15 Jahren eingezogen. Nach dem Gesetz dauere der Nationaldienst 18 Monate. Praktisch würden die Eingezogenen auf unbestimmte Zeit dienen, einige über ein Jahrzehnt lang. 2015 hätten hochrangige RegierungsbeamtInnen ausländischen BesucherInnen und DiplomatInnen mitgeteilt, dass die Regierung vorhabe, die aktuellen und die zukünftigen Eingezogenen nach einem 18-monatigen Dienst freizulassen. Präsident Isaias habe jedoch weder eine öffentliche Stellungnahme zu einem Politikwechsel abgegeben, noch habe es eine unabhängige Bestätigung der Behauptung gegeben:

„By law, each Eritrean is compelled to serve 18 months in national service starting at 18. In practice, conscripts serve indefinitely, many for over a decade. One escapee, echoing many others, told Human Rights Watch, ‚I don’t mind military service but in Eritrea it never ends and you have no rights.‘ Most Eritreans begin military training as part of the last year of high school, but children as young as 15 are sometimes conscripted. Assignments include forced labor for government-owned construction firms, farms, or manufacturers. Conscripts receive inadequate pay to support themselves, much less a family. They are subject to military discipline and are harshly treated throughout their long service. Perceived infractions result in incarceration and physical abuse often amounting to torture. Military commanders and jailers have absolute discretion to determine the length of incarceration and the severity of physical abuse. Female conscripts are often sexually abused by commanders. There is no mechanism for redressing abuses; protest can result in more severe punishment. Senior government officials told foreign visitors and diplomats in 2015 that the government intended to release the current and future classes of conscripts after they serve 18 months, but President Isaias made no public announcement of a change in policy, nor was there any other independent corroboration of the claim. Yemane Gebreab, the president’s political adviser, admitted to a foreign reporter that demobilization hinged on whether the economy could absorb those released. When conscripts have been ‚released‘ from national service, some have been forced to work for the government, rather than being allowed to choose their own careers and jobs, although at somewhat higher pay than conscripts. Older former conscripts are compelled to participate in the ‚People’s Army,‘ including periodic military training and weekly participation in public works projects, guard duty, or security patrols, all without pay.“ (HRW, 12. Jänner 2017)

Das norwegische Herkunftsländerinformationszentrum Landinfo schreibt in einem Bericht vom Mai 2016, dass die Behörden zwischen 1994 und 1998 zweimal jährlich etwa 25.000 neue RekrutInnen entweder schriftlich oder mündlich in Dörfern und kleineren Zentren eingezogen hätten. Die RekrutInnen seien über den Treffpunkt („place of attendance“), etwa ein Fußballstadion oder eine Schule, informiert worden und von dort in das Ausbildungslager in Sawa transportiert worden. Ab Sommer 2002 hätten mehr und mehr EritreerInnen begonnen, sich dem Nationaldienst zu entziehen und die Behörden hätten damit begonnen, stärkere Maßnahmen zu ergreifen. Die Militärpolizei habe bei der Suche nach RekrutInnen Privathäuser, Arbeitsplätze und gesellschaftliche Zusammenkünfte aufgesucht. Sogar Frauen seien mit Gewalt aufgegriffen worden. Im Februar 2005 seien erstmals tagsüber junge Menschen verhaftet worden. 2006 habe es Anzeichen gegeben, dass das Ausmaß der Verhaftungen ansteige. Dies sei wahrscheinlich mit der angespannten Lage in Zusammenhang mit der Grenzstreitigkeit mit Äthiopien gestanden. 2008 habe die oppositionelle Website Awate über neuerliche Verhaftungen (giffa) berichtet:

„From 1994 to the border war in 1998, the local authorities, zoba, summoned approximately 25,000 new recruits to the national service at semi-annual intervals either in writing, or by word of mouth in villages and smaller centres. The recruits were informed about the place of attendance, for example a football stadium or a school, and were transported from there to the training camp at Sawa (see also further mention of this camp in points 2.6.1 and 2.6.1.1). From the summer 2002 more and more Eritreans began to evade national service, and the authorities began using stronger measures. Military police visited private homes, job locations and social gathering places in search of recruits (diplomatic source (1), email 2002; Müller 2008). Even women were taken by force. In February 2005, for the first time young people were arrested in full daylight (diplomatic source (1), email 2005). In 2006, there were signs that the arrests were increasing in scale, and this was probably associated with the tense situation in connection with the border dispute with Ethiopia (diplomatic source (1), email 2006). In 2008 the opposition website Awate reported new arrests (giffa), and also that all Ethiopians were taken into training and service (Awate 2008).“ (Landinfo, 20. Mai 2016, S. 9)

In den vergangenen Jahren sei die Lage komplex und in gewissem Ausmaß widersprüchlich beschrieben worden, so der Bericht weiters. Im Februar 2011 habe eine örtliche Quelle in Asmara angegeben, dass es zu weit weniger Verhaftungen von jungen Menschen in Verbindung mit dem Nationaldienst als in der Vergangenheit gekommen sei. Im März 2013 jedoch hätten andere Quellen behauptet, dass auf allen Ebenen der Armee ein Personalmangel herrsche und an einigen Orten sogar Mütter zum Dienst eingezogen worden seien. Bei Interviews mit internationalen VertreterInnen in Asmara im Jänner und Februar 2016 sei man jedoch übereingekommen, dass sich das Ausmaß der giffas in Asmara wahrscheinlich bedeutend verringert habe. Was in den ländlichen Gebieten geschehe sei großteils nicht bekannt. Aus logistischen Gründen sei es jedoch schwer vorstellbar, dass umfassende Maßnahmen zur Rekrutierung junger Personen für den Dienst in den wenig bevölkerten Gebieten außerhalb der Städte durchgeführt werden könnten:

„The descriptions of the situation have in recent years become complex and to some extent contradictory. A local source in Asmara stated in February 2011 that arrests of young people for the national service occurred far less often than in the past. In March 2013, however, other sources claimed that there were signs of a shortage of personnel at all levels in the army, and in some places even mothers were being ordered into service (diplomatic source (1), email of 2 April 2013). In interviews with international representatives in Asmara most recently in January/February 2016, however, it was agreed that the scope of the giffas in Asmara has probably been significantly reduced. What happens in the countryside is largely unknown. For logistical reasons, it is nevertheless hard to imagine that comprehensive actions to recruit young persons for the service can be executed in the sparsely populated areas outside the cities.“ (Landinfo, 20. Mai 2016, S. 9)

[Teilfrage entfernt]

Maßnahmen der Behörden, wenn der Einberufung nicht Folge geleistet wird

Das US-amerikanische Außenministerium (US Department of State, USDOS) erwähnt in seinem Jahresbericht zur Menschenrechtslage vom März 2017 (Berichtszeitraum 2016), dass trotz der rechtlichen Beschränkung des Militärdiensts auf 18 Monate, die Regierung viele Eingezogene nicht aus dem Militär entlassen und einige gezwungen habe, für eine unbestimmte Zeit unter der Androhung von Haft, Folter oder Bestrafung derer Familien zu dienen:

„Despite the 18-month legal limit on national service, the government did not demobilize many conscripts from the military as scheduled and forced some to serve indefinitely under threats of detention, torture, or punishment of their families.“ (USDOS, 3. März 2017, Section 1d)

Die Gesellschaft für bedrohte Völker, eine unabhängige internationale Menschenrechtsorganisation, die sich für verfolgte Minderheiten und indigene Völker einsetzt, schreibt in einer Stellungnahme an den UNO-Menschenrechtsrat vom Februar 2017, dass ein unfreiwilliger Armeedienst mittels brutaler Maßnahmen, darunter Folter und Misshandlung, durchgesetzt werde. Die schätzungsweise 300.000 Wehrpflichtigen würden in Regierungsprojekten wie Bau, Bergbau und Landwirtschaft arbeiten. Der Wehrdienst werde auf unbestimmte Zeit verlängert. Die Regierung rechtfertige die Zwangsrekrutierung teilweise mit der Bedrohung durch das benachbarte Land [Äthiopien, Anm. ACCORD]. Die zwei Länder seien seit Jahren an mörderischen Stellvertreterkriegen in der Region beteiligt:

„An involuntary service in the army is enforced with brutal measures – including torture and ill-treatment. The estimated 300,000 Conscripts work on government projects such as construction or mining and farming. It is extended indefinitely Eritrea’s government is partly justifying the forced recruitment with being threatened by the neighboring country. The two countries have been involved in murderous proxy wars in the region for years.“ (GfbV, 21. Februar 2017, S. 2)

War Resisters’ International (WRI), ein weltweites Netzwerk von Antimilitaristen, Kriegsdienstverweigerern und Pazifisten mit Sitz in London, schreibt im Jänner 2017, dass die Familien von Personen, die sich nicht zum Militärdienst melden würden, von willkürlicher Haft ohne Gerichtsverfahren betroffen seien und erst freigelassen würden, wenn sich der vermisste Wehrpflichtige melde („produce the missing conscript“) oder sie eine Geldbuße von 50.000 Nakfa [etwa 2.940 Euro, Anm. ACCORD] bezahlen würden. Dies sei etwa die zehnfache Menge des Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukts:

„The families of persons who do not report for military service have been subject to arbitrary detention without trial, being released only when they produce the missing conscript, or somehow manage to pay a fine of 50,000 Nakfa (approximately ten times the per capita GDP).“ (WRI, 10. Jänner 2017, S. 10)

Freedom House, eine in den USA ansässige NGO, die zu den Themen Demokratie, politische Freiheit und Menschenrechte forscht und sich für diese einsetzt, berichtet im Jänner 2016, dass die Polizei oftmals Razzien bei Personen durchführe, von denen angenommen werde, dass sie sich dem Nationaldienst entziehen würden. Jene, die Widerstand leisten würden, könnten auf der Stelle hingerichtet werden. Die Regierung setze Kollektivbestrafungen bei den Familien von DeserteurInnen durch, zwinge sie, schwere Geldstrafen zu bezahlen und inhaftiere diese, falls sie nicht bezahlen könnten:

„The police frequently conduct round-ups of people thought to be evading national service; those who resist can be executed on the spot. The government imposes collective punishment on the families of deserters, forcing them to pay heavy fines and putting them in prison if they cannot pay.“ (Freedom House, 27. Jänner 2016, Section G)

Das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (European Asylum Support Office, EASO), eine Agentur der Europäischen Union, dessen Aufgabe es ist, die praktische Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten im Asylbereich zu fördern, schreibt in ihrem Bericht zum eritreischen Nationaldienst vom November 2016, dass Personen, die sich dem Militärdienst entziehen würden, gewöhnlicherweise mittels Razzien aufgespürt würden. Die Aufgegriffenen würden gewöhnlicherweise einige Zeit lang festgehalten, bevor sie eine militärische Ausbildung beginnen würden, die oftmals in Lagern unter gefährlichen und haftähnlichen Bedingungen erfolge. Ein Teil der Personen, die sich dem Militärdienst entziehen würden, würden es allerdings schaffen, diesen Razzien auf lange Sicht zu entgehen. Sporadisch würden Militäreinheiten versuchen, bestimmte Personen, die sich dem Militärdienst entziehen, individuell aufzuspüren, insbesondere jene, die bereits eine Aufforderung erhalten hätten („called up already“):

„Draft evaders are usually tracked down in round-ups (‘giffas’). Those apprehended are usually detained for some time before starting a military training, which often takes place in camps with hazardous and detention-like conditions. A part of the draft evaders, however, manages to avoid these round-ups in the long run. Sporadically, military units try to individually track down certain draft evaders, particularly those who have been called up already.“ (EASO, November 2016, S. 11)

Gerichtsurteile würden nicht öffentlich gemacht und es gebe keine Möglichkeit zur Berufung, so das EASO weiters. Jedoch würde die gegenwärtig angewendete Politik der Behörden kürzere Gefängnisurteile als die im Gesetz vorgesehenen erlauben. Dem Großteil der Berichte folgend würde die Haftzeit abhängig von den Umständen nun für gewöhnlich wenige Monate bis zu zwei Jahren dauern. Nach der Freilassung würden Personen, die sich dem Militärdienst entzogen hätten, zur militärischen Ausbildung eingezogen. Der mutmaßliche „Schießbefehl“ an der Grenze werde den meisten befragten Quellen zufolge nicht streng befolgt. Jedoch könne es zu Schießereien kommen. Für freiwillige RückkehrerInnen aus dem Ausland, die sich zuvor dem Wehrdienst entzogen hätten, die desertiert seien oder das Land illegal verlassen hätten, würden die drakonischen Gesetze Berichten zufolge gegenwärtig nicht angewendet, wenn sie ihre Beziehungen zu den eritreischen Behörden vor ihrer Rückkehr geregelt hätten. Laut einer neuen unveröffentlichten Direktive würden solche RückkehrerInnen von einer Bestrafung ausgenommen sein. Es werde davon ausgegangen, dass die Mehrheit der Einzelpersonen, die nach dieser Direktive zurückgekehrt seien tatsächlich nicht verfolgt worden seien. Nichtsdestotrotz bestünde weiterhin Besorgnis:

„No judgments are made public and there is no possibility of appeal. However, the policy currently applied by the authorities appears to allow for shorter prison sentences than those enshrined in the law. According to most reports, the detention period now commonly lasts a few months up to two years, depending on the circumstances. After being released, deserters have to resume their national service, while draft evaders are conscripted for military training. The alleged ‘shoot-to-kill order’ at the border is not followed strictly, according to most consulted sources. However, shootings may occur. For voluntary returnees from abroad who had previously evaded draft, deserted or left the country illegally, the draconian laws are reportedly not applied at the moment, provided they have regularised their relationship with the Eritrean authorities prior to their return. According to a new, unpublished directive, such returnees are exempt from punishment. It is understood that the majority of the individuals who have returned according to this directive have effectively not been persecuted. Nonetheless, concerns remain.“ (EASO, November 2016, S. 11)

Der oben erwähnte EASO-Bericht enthält zudem umfassende weitere Informationen zu diesem Thema:

·      EASO - European Asylum Support Office: Eritrea: National service and illegal exit, November 2016 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/file_upload/90_1482135398_easo-coi-eritrea-2016-11.pdf

 

Auch der oben erwähnte Bericht von Landinfo vom Mai 2016 enthält detaillierte und umfassende Informationen zu diesem Thema:

·      Landinfo: Report Eritrea: National Service, 20. Mai 2016
http://www.landinfo.no/asset/3382/1/3382_1.pdf

 

Ebenso finden sich in folgendem Bericht des UK Home Office detaillierte Informationen zum Nationaldienst in Eritrea:

·      UK Home Office: Country Policy and Information Note Eritrea: National service and illegal exit, Oktober 2016 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1478091746_cpin-eritrea-ns-and-illegal-exit-october-2016.pdf

 

 

image001.gif 

 

Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 9. Mai 2017)

·      AI - Amnesty International: Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Eritrea, 22. Februar 2017 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/local_link/336474/479126_de.html

·      EASO - European Asylum Support Office: Eritrea: National service and illegal exit, November 2016 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/file_upload/90_1482135398_easo-coi-eritrea-2016-11.pdf

·      Freedom House: Freedom in the World 2016 - Eritrea, 27. Jänner 2016 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/local_link/327688/468342_de.html

·      GfbV - Gesellschaft für bedrohte Völker: Written statement submitted by the Society for Threatened Peoples, a non-governmental organization in special consultative status; Human Rights Situation in Eritrea [13 February 2017] [A/HRC/34/NGO/140], 21. Februar 2017 (veröffentlicht von HRC, verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1492085102_g1703891.pdf

·      HRW - Human Rights Watch: World Report 2017 - Eritrea, 12. Jänner 2017 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/local_link/334689/476442_de.html

·      Landinfo: Report Eritrea: National Service, 20. Mai 2016
http://www.landinfo.no/asset/3382/1/3382_1.pdf

·      MSF - Médecins Sans Frontières: Dying to Reach Europe: Eritreans in search of safety, 27. Februar 2017 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1489053768_report-dying-to-reach-europe.pdf

·      SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe: Eritrea: Staatsangehörigkeit, 23. August 2016 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1478867388_160823-eri-nationalitaet.pdf

·      UK Home Office: Country Policy and Information Note Eritrea: National service and illegal exit, Oktober 2016 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1478091746_cpin-eritrea-ns-and-illegal-exit-october-2016.pdf

·      USDOS - US Department of State: Country Report on Human Rights Practices 2016 - Eritrea, 3. März 2017 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/local_link/337164/479928_de.html

·      WRI - War Resisters' International: Eritrea: submission to the Human Rights Committee, 10. Jänner 2017
http://www.wri-irg.org/en/system/files/ERITREA%20-%20HRC119%28TF%29%20-%20IFOR%20submission.pdf