Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Iran

Berichtszeitraum: 1. Januar 2016 bis 31. Dezember 2016

Amtliche Bezeichnung: Islamische Republik Iran
Staatsoberhaupt: Ayatollah Sayed Ali Khamenei
Regierungschef: Hassan Rohani

Die Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs-, Versammlungs- und Religionsfreiheit waren 2016 weiterhin stark eingeschränkt. Personen, die friedlich Kritik äußerten, wurden festgenommen und nach grob unfairen Verfahren von Revolutionsgerichten zu Gefängnisstrafen verurteilt. Folter und andere Misshandlungen von Gefangenen waren weiterhin an der Tagesordnung und blieben straflos. Die Behörden verhängten und vollstreckten nach wie vor grausame Körperstrafen wie Auspeitschungen und Zwangsamputationen. Angehörige religiöser und ethnischer Minderheiten wurden diskriminiert und strafrechtlich verfolgt. Frauen und Mädchen erlitten Gewalt und Diskriminierung in vielfacher Weise. Die Behörden verhängten zahlreiche Todesurteile und richteten Hunderte von Menschen hin, einige von ihnen in der Öffentlichkeit. Unter den Hingerichteten waren mindestens zwei Personen, die zur Tatzeit noch minderjährig waren.

HINTERGRUND

Im März 2016 verlängerte der UN-Menschenrechtsrat das Mandat des UN-Sonderberichterstatters über die Menschenrechtssituation in der Islamischen Republik Iran. Die iranische Regierung verweigerte sowohl dem Sonderberichterstatter als auch anderen UN-Experten weiterhin die Einreise.

Die iranische Regierung und die EU berieten über eine Wiederaufnahme des Menschenrechtsdialogs.

INTERNATIONALE KONTROLLE

Der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes führte die dritte und vierte regelmäßige Überprüfung des Iran durch und kritisierte die anhaltenden Hinrichtungen von zur Tatzeit noch minderjährigen Straftätern sowie die Auswirkungen öffentlicher Hinrichtungen auf die psychische Gesundheit von minderjährigen Zuschauern. Der Ausschuss bemängelte außerdem, dass Mädchen und Minderjährige, die religiösen und ethnischen Minderheiten angehören, sowie lesbische, schwule, bisexuelle, transgeschlechtliche und intersexuelle Minderjährige weiterhin diskriminiert wurden. Kritisiert wurde auch das frühe Alter, in dem vor allem Mädchen strafmündig werden.

RECHTE AUF MEINUNGS-, VEREINIGUNGS- UND VERSAMMLUNGSFREIHEIT

Die Regierung beschnitt 2016 weiterhin massiv die Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit. Friedliche Regierungskritiker wurden willkürlich festgenommen und aufgrund von vagen Anklagen, die sich auf die nationale Sicherheit bezogen, inhaftiert. Dies betraf insbesondere Menschenrechtsverteidiger, Journalisten, Rechtsanwälte, Blogger, Studierende, Gewerkschafter, Filmemacher, Musiker, Dichter, Frauenrechtlerinnen, Aktivisten, die sich für die Rechte ethnischer und religiöser Minderheiten einsetzten, und Umweltschützer sowie Gegner der Todesstrafe.

Gegen Jahresende traten viele gewaltlose politische Gefangene in den Hungerstreik, um gegen ihre ungerechte Inhaftierung zu protestieren und deutlich zu machen, in welchem Maß das iranische Strafrechtssystem für politische Zwecke missbraucht wird.

Die Behörden erhöhten 2016 vor allem den Druck auf Menschenrechtsverteidiger und verurteilten sie für ihr friedliches Engagement zu langen Haftstrafen. Immer häufiger wurde Angeklagten vorgeworfen, sie hätten die Menschenrechtssituation im Iran in den sozialen Medien kritisiert oder mit internationalen Menschenrechtsinstitutionen zusammengearbeitet, insbesondere mit dem UN-Sonderberichterstatter für den Iran und ausländischen Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International. Sie hätten damit "kriminelle" Aktivitäten verübt, die dazu dienen sollten, die nationale Sicherheit zu gefährden.

Die Behörden gingen auch hart gegen Musikveranstaltungen vor, indem sie Konzerte unterbrachen oder deren Absage erzwangen, darunter auch solche, die das Ministerium für Kultur und islamische Führung zuvor genehmigt hatte. Außerdem untersagten sie Veranstaltungen, wie z. B. private Feiern, an denen sowohl Männer als auch Frauen teilnahmen, mit der Begründung, sie seien "sozial verdorben" und "unislamisch". Hunderte Personen wurden deswegen festgenommen und viele zu Auspeitschungen verurteilt.

Die Oppositionsführer Mehdi Karroubi und Mir Hossein Mussawi sowie dessen Ehefrau Zahra Rahnavard standen immer noch ohne Anklage oder Gerichtsverfahren unter Hausarrest, der 2011 gegen sie verhängt worden war. Ihre Privatsphäre wurde mehrfach empfindlich verletzt, und sie hatten keinen ausreichenden Zugang zu medizinischer Versorgung.

Die Behörden zensierten weiterhin alle Medien, störten ausländische Satellitensender, schlossen Zeitungen, wie z. B. Bahar und Ghanoun, vorübergehend oder endgültig und zwangen die Zeitschrift Zanan-e Emrooz, die sich Frauenrechten widmete, ihr Erscheinen bis auf Weiteres einzustellen.

Im Februar 2016 wurden WhatsApp, Line und Tango per richterliche Anordnung auf die Liste der blockierten Internetseiten sozialer Medien gesetzt, auf der bereits Facebook und Twitter standen. Eine Einheit der Revolutionsgarden zur Bekämpfung von Internetkriminalität blockierte oder löschte Hunderte von Telegram- und Instagram-Konten. Außerdem wurden 450 Administratoren und Nutzer der Dienste Telegram, WhatsApp und Instagram festgenommen oder zum Verhör einbestellt, darunter auch mehrere Hundert Modedesigner und Angestellte von Modegeschäften, um jede Kommunikation in den sozialen Medien auszuschalten, die von den Behörden als "Bedrohung der moralischen Sicherheit" betrachtet wurde.

Die suspendierte Vereinigung iranischer Journalisten richtete einen offenen Brief an Präsident Hassan Rohani und bat ihn eindringlich, sein Wahlversprechen von 2013 einzulösen und ihre Suspendierung aufzuheben, was jedoch nicht geschah. Gleichzeitig forderten 92 Studierendengruppen den Präsidenten auf, die an den Universitäten herrschende Atmosphäre der Angst und Unterdrückung zu beenden. Die Behörden verweigerten der iranischen Lehrergewerkschaft die Erneuerung ihrer Zulassung und verurteilten mehrere Mitglieder zu langen Gefängnisstrafen, u. a. wegen "Mitgliedschaft in einer illegalen Vereinigung".

Friedliche Proteste wurden von den Behörden auch 2016 unterdrückt, Protestierende geschlagen und willkürlich inhaftiert. Zahlreiche Personen waren weiterhin wegen "Versammlung und Verschwörung gegen die nationale Sicherheit" angeklagt, weil sie an friedlichen Protestveranstaltungen teilgenommen hatten.

Im Januar 2016 wurde ein neues Gesetz zu politischen Straftaten verabschiedet, das im Juni in Kraft trat. Als politische Straftat galt demnach alles, was sich nach Ansicht der Behörden "gegen die Führung des Landes, seine politischen Institutionen und die Innen- und Außenpolitik" richtet und "darauf abzielt, die Angelegenheiten des Landes zu reformieren, ohne den Grundlagen des Systems schaden zu wollen".

FOLTER UND ANDERE MISSHANDLUNGEN

Es war nach wie vor üblich, Inhaftierte zu foltern und anderweitig zu misshandeln, insbesondere während Verhören, um auf diese Weise "Geständnisse" zu erpressen. Gefangene, die sich in Gewahrsam des Ministeriums für Geheimdienste oder der Revolutionsgarden befanden, mussten routinemäßig lange Zeiträume in Einzelhaft verbringen, was den Tatbestand der Folter erfüllte.

Vorwürfen von Inhaftierten, dass sie gefoltert oder anderweitig misshandelt worden seien, gingen die Behörden grundsätzlich nicht nach. In einigen Fällen drohten sie den Betreffenden weitere Folter und harte Strafen an. Richter ließen weiterhin unter Folter erpresste "Geständnisse" als Beweismittel gegen Angeklagte zu, obwohl dies nach der Strafprozessordnung von 2015 nicht zulässig ist. In der Strafprozessordnung war nicht geregelt, wie Richter und Staatsanwälte vorzugehen haben, um Foltervorwürfe zu untersuchen und sicherzustellen, dass Geständnisse freiwillig erfolgen. Andere Bestimmungen der Strafprozessordnung, wie z. B. die Garantie, dass ein Gefangener unmittelbar nach der Festnahme und während der Untersuchungshaft das Recht auf einen Rechtsbeistand hat, wurden in der Praxis häufig ignoriert, wodurch Folter begünstigt wurde.

Die Justizbehörden, insbesondere die Staatsanwaltschaft und Gefängnisverwaltungen, verweigerten gewaltlosen politischen Gefangenen und anderen, die aus politischen Gründen inhaftiert waren, häufig eine angemessene medizinische Behandlung. In vielen Fällen geschah dies, um Gefangene zu bestrafen oder zu "Geständnissen" zu zwingen.

Im Juni 2016 starb der Häftling Nader Dastanpour in Gewahrsam. Nach Angaben seiner Familie erlag er Folterverletzungen, die ihm auf einer Teheraner Polizeiwache zugefügt worden waren. Es gab keine Hinweise darauf, dass der Fall unabhängig untersucht worden wäre.

GRAUSAME, UNMENSCHLICHE ODER ERNIEDRIGENDE BEHANDLUNG ODER STRAFE

Die Justizbehörden verhängten und vollstreckten weiterhin grausame, unmenschliche oder erniedrigende Strafen wie Auspeitschungen, Blendungen und Amputationen, die Folter gleichkamen. In einigen Fällen wurden die Strafen öffentlich vollstreckt.

Im April 2016 gab der Staatsanwalt von Golpayegan (Provinz Isfahan) bekannt, ein Mann und eine Frau seien wegen einer "außerehelichen Beziehung" zu je 100 Peitschenhieben verurteilt worden.

Die Staatsanwaltschaft der Provinz Qazvin teilte im Mai 2016 mit, dass 35 junge Frauen und Männer festgenommen worden seien, die "auf einer Schulabschlussfeier halbnackt gemeinsam getanzt und Alkohol getrunken" hätten. Ein Sondergericht sprach sie innerhalb von 24 Stunden wegen Handlungen schuldig, die gegen "das Gebot der Keuschheit verstoßen und die öffentliche Meinung stören". Die Strafe von je 99 Peitschenhieben wurde noch am selben Tag vollstreckt.

In der Provinz West-Aserbaidschan wurden 17 Bergleute der Goldmine von Agh Darreh ausgepeitscht, die 2014 gegen schlechte Arbeitsbedingungen und Entlassungen protestiert hatten. Sie waren zu 30 bis 100 Peitschenhieben verurteilt worden. Im Juni 2016 verurteilte ein Strafgericht in der Provinz Yazd neun Bergarbeiter zu 30 bis 50 Peitschenhieben.

Im Juli 2016 verurteilte ein Berufungsgericht den Journalisten und Blogger Mohammad Reza Fathi zu 459 Peitschenhieben, weil er in seinen Texten "Lügen verbreitet" und damit "Unruhe im öffentlichen Bewusstsein ausgelöst" habe.

Im November 2016 wurden ein Mann in Teheran vorsätzlich auf beiden Augen geblendet. Er war zu dieser Vergeltungsstrafe (qesas) verurteilt worden, weil er im Juni 2009 ein vierjähriges Kind geblendet hatte. Mehreren weiteren Gefangenen, darunter Mojtaba Yasaveli und Hossein Zareyan, drohte die Blendung. Ärzte, die der offiziellen iranischen Organisation der Gerichtsmediziner angehörten, berieten den Obersten Gerichtshof als "Experten", wie Blendungen medizinisch vorgenommen werden können, was einen Verstoß gegen die medizinische Ethik darstellt.

Im Zentralgefängnis von Mashhad in der Provinz Khorasan wurden im April 2016 einem Mann vier Finger der rechten Hand und die Zehen des linken Fußes amputiert, nachdem man ihn des bewaffneten Raubes für schuldig befunden hatte. Dieselben Behörden amputierten im Mai einem Mann, der wegen Raubes verurteilt worden war, alle Finger. Im August gab ein Vertreter der Justizbehörden in Teheran bekannt, dass mehrere Männer gegen ihre Verurteilungen zur Amputation von vier Fingern einer Hand Rechtsmittel eingelegt hätten. Im Dezember wurden zwei Brüdern, die wegen bewaffneten Raubes verurteilt worden waren, im Zentralgefängnis von Urmia jeweils vier Finger der rechten Hand amputiert.

UNFAIRE GERICHTSVERFAHREN

Die Gerichtsverfahren, auch solche, die mit Todesurteilen endeten, waren grundsätzlich unfair. Die Justiz war nicht unabhängig. Das Sondergericht für Geistliche und die Revolutionsgerichte waren besonders empfänglich für Druck seitens der Geheimdienste und anderer Sicherheitsbehörden, die darauf drängten, Angeklagte schuldig zu sprechen und harte Strafen zu verhängen.

Justizbedienstete des Ministeriums für Geheimdienste, der Revolutionsgarden und anderer Behörden setzten sich ständig über Bestimmungen hinweg, die die Strafprozessordnung von 2015 für ein ordnungsgemäßes Verfahren vorsah, wie das Recht auf einen Anwalt unmittelbar nach der Festnahme und während der Untersuchungshaft und das Recht auf Aussageverweigerung. Strafverteidiger erhielten oft keine vollständige Akteneinsicht und konnten ihre Mandanten erst unmittelbar vor Prozessbeginn treffen. Untersuchungshäftlinge befanden sich über lange Zeiträume hinweg in Einzelhaft und hatten entweder überhaupt keinen Kontakt zu einem Rechtsbeistand und ihrer Familie oder nur sehr selten. Unter Folter erzwungene "Geständnisse" wurden vor Gericht als Beweismittel zugelassen. Richter begründeten ihre Urteile häufig nicht ausreichend, und die Justizverwaltung machte die Urteile nicht öffentlich zugänglich.

Die Staatsanwaltschaft nutzte Paragraph 48 der Strafprozessordnung, um Gefangenen einen Rechtsbeistand ihrer Wahl zu verweigern. Man teilte ihnen mit, der gewünschte Rechtsbeistand stehe nicht auf der Liste der von der Obersten Justizautorität zugelassenen Anwälte. Diese Liste wurde jedoch nicht zugänglich gemacht.
Im Teheraner Evin-Gefängnis waren mehrere ausländische Staatsangehörige und Iraner mit doppelter Staatsbürgerschaft inhaftiert, die nur wenig oder gar keinen Zugang zu ihren Familien, Rechtsbeiständen und Konsulatsbeamten hatten.

Revolutionsgerichte hatten sie aufgrund von vage formulierten Anklagen wie "Zusammenarbeit mit einer feindlichen Regierung" in grob unfairen Verfahren zu langen Gefängnisstrafen verurteilt. Man warf ihnen vor, sich an einem vom Ausland gesteuerten "Infiltrationsprojekt" beteiligt zu haben, um den "schleichenden Sturz" der iranischen Regierung zu betreiben. Es deutete jedoch alles darauf hin, dass die Angeklagten verurteilt worden waren, weil sie friedlich ihre Rechte auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit ausgeübt hatten.

RECHT AUF RELIGIONS- UND GLAUBENSFREIHEIT

Anhänger der Baha'i-Glaubensgemeinschaft, Sufis, die Gemeinschaft der Ahl-e Haqq und andere religiöse Minderheiten konnten ihren Glauben nicht frei praktizieren und wurden durch Gesetze und im täglichen Leben diskriminiert, u. a. im Bildungswesen, auf dem Arbeitsmarkt und bei Erbschaftsangelegenheiten. Dies galt auch für Muslime, die zum Christentum konvertiert waren, und für Sunniten.

Staatliche Stellen beteiligten sich an Hassreden gegen Baha'i und duldeten vorurteilsmotivierte Straftaten gegen Anhänger dieser Glaubensgemeinschaft, ohne diese zu ahnden. Zahlreiche Baha'i, die lediglich friedlich ihren Glauben praktiziert hatten, wurden auf der Grundlage von konstruierten Anklagen, die sich auf die nationale Sicherheit bezogen, inhaftiert. Vorwürfe, wonach 24 Baha'i in der Provinz Golestan gefoltert worden waren, wurden nicht untersucht. Die Behörden ordneten die Schließung zahlreicher Unternehmen im Besitz von Baha'i an und inhaftierten Studierende dieser Glaubensgemeinschaft, weil diese öffentlich kritisiert hatten, dass Baha'i keinen Zugang zu höherer Bildung hätten.

Zahlreiche zum Christentum konvertierte Personen wurden bei Razzien in Hauskirchen festgenommen, in denen sie friedlich ihren Glauben praktiziert hatten. Heilige Stätten der Baha'i, der Sunniten und der Gemeinschaft der Ahl-e Haqq, darunter Friedhöfe und Gebetsstätten, wurden von Männern zerstört, denen eine Verbindung zu den Sicherheitskräften nachgesagt wurde.

Der spirituelle Lehrer Mohammad Ali Taheri befand sich 2016 weiterhin im Trakt 2A des Teheraner Evin-Gefängnisses in Einzelhaft, obwohl er im Februar eine fünfjährige Gefängnisstrafe verbüßt hatte, zu der ihn ein Gericht wegen "Beleidigung islamischer Heiligkeiten" verurteilt hatte. Die Anklage bezog sich auf eine spirituelle Lehre und eine Gruppe namens Erfan-e Halgheh, die Taheri begründet hatte. Seine Anhänger wurden weiterhin willkürlich festgenommen und inhaftiert.

DISKRIMINIERUNG - ETHNISCHE MINDERHEITEN

Irans benachteiligte ethnische Minderheiten, darunter arabische Ahwazi, Aserbaidschaner, Belutschen, Kurden und Turkmenen, berichteten weiterhin, dass staatliche Stellen sie systematisch diskriminierten. Dies betraf vor allem ihren Zugang zum Arbeitsmarkt, zu angemessenem Wohnraum und zu politischen Ämtern sowie die Ausübung ihrer kulturellen, bürgerlichen und politischen Rechte. Die Verarmung und Ausgrenzung ethnischer Minderheiten wurde dadurch verstärkt, dass die Behörden Regionen, in denen Minderheiten lebten, wirtschaftlich nach wie vor völlig vernachlässigten.

Angehörige ethnischer Minderheiten, die die Verletzung ihrer politischen, kulturellen und sprachlichen Rechte kritisierten, drohten willkürliche Inhaftierung, Folter und andere Misshandlungen, grob unfaire Gerichtsverfahren, Gefängnisstrafen und in einigen Fällen sogar die Todesstrafe.

Zahlreiche Kurden wurden Berichten zufolge wegen tatsächlicher oder vermeintlicher Verbindungen zur Demokratischen Partei Kurdistan-Iran ohne Haftbefehl festgenommen, nachdem diese im März 2016 angekündigt hatte, ihren bewaffneten Widerstand gegen die iranischen Behörden wieder aufzunehmen. Viele Kurden mussten Gefängnisstrafen verbüßen oder waren zum Tode verurteilt, weil sie verbotenen kurdischen Oppositionsgruppen angehörten oder mit ihnen sympathisierten.

Arabische Ahwazi wurden inhaftiert und waren Folter und weitere Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Sie klagten darüber, dass die Behörden Ausdrucksformen der arabischen Kultur, wie traditionelle Kleidung oder Dichtkunst, unterdrückten.

Sicherheitskräfte gingen weiterhin gegen Protestaktionen ethnischer Minderheiten vor. Im Juli und im August 2016 wurden Angehörige der ethnischen Minderheit der Aserbaidschaner nach weitgehend friedlichen Demonstrationen festgenommen. Außerdem schlug die Polizei Protestierende. Auslöser der in mehreren Städten stattfindenen Demonstrationen war ein Bericht der Zeitung Tarheh No, der von Aserbaidschanern als beleidigend empfunden wurde.

In den Grundschulen durfte weiterhin nicht in den Muttersprachen ethnischer Minderheiten unterrichtet oder diese Sprachen gesprochen werden. Im Juni 2016 kündigte die Regierung an, dass in Schulen in den beiden Provinzen Kurdistan und West-Aserbaidschan freiwillige Sprachkurse für Türkisch und Kurdisch angeboten werden sollen. Es war allerdings unklar, wann dies umgesetzt werden würde. Angehörige der turkmenischen Minderheit appellierten öffentlich an Präsident Rohani, auch für sie eine solche Ausnahme zu genehmigen.

FRAUENRECHTE

Die Behörden gingen 2016 weiterhin massiv gegen Menschenrechtsverteidigerinnen vor und setzten zunehmend jegliche Initiative, die sich mit Feminismus oder Frauenrechten befasste, mit strafbaren Handlungen gleich. Die Revolutionsgarden unterzogen Frauenrechtlerinnen, die sich für eine stärkere Beteiligung von Frauen an den Parlamentswahlen im Februar 2016 einsetzten, ausgedehnten und repressiven Verhören und drohten ihnen mit Anklagen wegen Verstößen gegen die nationale Sicherheit und Gefängnisstrafen.

Frauen wurden weiterhin diskriminiert, sowohl durch Gesetze als auch im täglichen Leben, besonders bei Scheidungen, auf dem Arbeitsmarkt, in Erbschaftsangelegenheiten, hinsichtlich politischer Ämter und bei der Anwendung des Strafgesetzes.

Frauen und Mädchen drohten weitere Verschlechterungen im Hinblick auf ihre sexuellen und reproduktiven Rechte, da entsprechende Gesetzentwürfe immer noch anhängig waren. Außerdem hatten sie nach wie vor Mühe, bezahlbare moderne Verhütungsmittel zu erhalten, weil das Budget des staatlichen Familienplanungsprogramms 2012 gekürzt und seither nicht wieder aufgestockt worden war.

Im September 2016 verkündete der Oberste Revolutionsführer Ayatollah Sayed Ali Khamenei Richtlinien einer nationalen Familienpolitik. Darin wurden eine frühzeitige Heirat, viele Geburten, weniger Scheidungen und die verstärkte Einhaltung der "traditionellen" Rollen der Frau als Hausfrau und des Mannes als Familienernährer befürwortet. Dies bot Anlass zu Befürchtungen, dass Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt wurden, noch stärker ausgegrenzt und unter Druck gesetzt werden könnten, sich mit den Tätern zu "versöhnen" und gewalttätige Beziehungen nicht zu beenden.

Frauen und Mädchen waren nach wie vor nicht angemessen gegen sexualisierte und andere geschlechtsspezifische Gewalt, wie Früh- und Zwangsverheiratungen, geschützt. Die Regierung brachte keine Gesetze gegen diese Missstände auf den Weg. Ebenso wenig bekämpfte sie Vergewaltigung in der Ehe und häusliche Gewalt, obwohl sich der Vizepräsident für Frauen- und Familienangelegenheiten für einen Gesetzentwurf einsetzte, der seit 2012 anhängig war.

Der gesetzliche Zwang, ein Kopftuch (Hidschab) zu tragen, verletzte die Rechte von Frauen auf Gleichheit, Privatsphäre, Meinungs-, Glaubens- und Religionsfreiheit. Außerdem gerieten sie dadurch ins Visier von Polizei und paramilitärischen Kräften und waren Schikanen, Gewalt und Inhaftierungen ausgesetzt.

TODESSTRAFE

Die Behörden verhängten 2016 weiterhin zahlreiche Todesurteile, auch gegen Personen, die zum Tatzeitpunkt minderjährig waren. Es wurden Hunderte von Hinrichtungen vollstreckt, oft nach unfairen Verfahren. Einige Exekutionen fanden öffentlich statt.

Die Hingerichteten waren zumeist wegen Drogendelikten verurteilt worden, die nicht zu den "schwersten Verbrechen" zählten und damit unterhalb der Schwelle liegen, die internationale Menschenrechtsnormen für die Verhängung eines Todesurteils festlegen. Der Oberste Gerichtshof entschied, dass Gefangene, die vor Inkrafttreten der Strafprozessordnung von 2015 wegen Drogendelikten zum Tode verurteilt wurden, das Recht hätten, Rechtsmittel einzulegen. Viele Todeskandidaten wussten jedoch nichts von dieser Regelung. Todesurteile ergingen auch für Mord oder aufgrund vage formulierter Anklagen wie "Feindschaft zu Gott".

Nach der Massenexekution von 25 sunnitischen Männern im August 2016 strahlten die Behörden im Fernsehen erpresste "Geständnisse" aus, die offenbar dazu dienen sollten, die Männer zu dämonisieren und von den groben Mängeln der Verfahren, in denen diese zum Tode verurteilt worden waren, abzulenken. 2016 wurden mindestens zwei Männer zum Tode verurteilt, die man wegen "Beleidigung des Propheten" für schuldig befunden hatte, was eine Verletzung ihrer Rechte auf Glaubens-, Religions- und Meinungsfreiheit darstellte.

In den Todeszellen saßen mindestens 78 Personen, die zum Tatzeitpunkt minderjährig waren, unter ihnen 15, die zum Tode verurteilt worden waren, nachdem die neuen Leitlinien zur Bestrafung jugendlicher Straftäter im islamischen Strafgesetzbuch von 2013 in Kraft getreten waren. Andere, deren Verfahren gemäß den Leitlinien wiederaufgenommen worden waren, wurden erneut zum Tode verurteilt.

Nach Kenntnis von Amnesty International wurden 2016 zwei zur Tatzeit minderjährige Straftäter hingerichtet, einer von ihnen war Hassan Afshar. Tatsächlich dürfte die Zahl sehr viel höher gewesen sein.

Das islamische Strafgesetzbuch sah auch weiterhin Steinigung als Hinrichtungsmethode vor. 2016 wurde mindestens eine Frau, Fariba Khaleghi, zum Tod durch Steinigung verurteilt.

Einige einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen konnten weiterhin mit der Todesstrafe geahndet werden.

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