Amnesty International Report 2012 - The State of the World's Human Rights

Amtliche Bezeichnung: Schweizerische Eidgenossenschaft
Bundespräsidentin: Micheline Calmy-Rey
Todesstrafe: für alle Straftaten abgeschafft
Einwohner: 7,7 Mio.
Lebenserwartung: 82,3 Jahre
Kindersterblichkeit: 4,4 pro 1000 Lebendgeburten

Gesetzliche Bestimmungen, die Muslime diskriminierten, wurden auf Bundes- und Kantonsebene vorgeschlagen bzw. blieben weiter in Kraft. Die Anwendung exzessiver Gewalt bei Abschiebungen und unzureichende Sozialhilfe für abgelehnte Asylsuchende gaben Anlass zu großer Besorgnis.

Hintergrund

Das Schweizer Strafgesetzbuch enthielt nach wie vor keine in völliger Übereinstimmung mit dem Völkerrecht stehende Definition von Folter. Am 1. April 2011 nahm das Schweizerische Kompetenzzentrum für Menschenrechte, eine nationale Menschenrechtsinstitution im universitären Bereich, seine Arbeit auf. Die Schweiz unterzeichnete das Internationale Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen, es war Ende 2011 aber noch nicht ratifiziert. Im Dezember beschloss der Nationalrat, das Übereinkommen des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels zu ratifizieren.

Diskriminierung

Die Gesetze des Landes konnten Diskriminierung nicht verhindern und trugen in einigen Fällen sogar dazu bei. Im Mai 2011 äußerte sich der UN-Menschenrechtsausschuss besorgt darüber, dass ethnische Minderheiten im Polizeidienst unterrepräsentiert waren. Außerdem wurden nach Ansicht des Gremiums nicht genügend Maßnahmen ergriffen, um Rassismus vorzubeugen, und der Rechtsschutz für Opfer von Diskriminierung war unzureichend.

Im Oktober kritisierte die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus einen parlamentarischen Vorschlag im Stadtrat von Zug, der eine "asylantenfreie Zone" einrichten wollte.

Im Mai begann im Tessin die Prüfung einer kantonalen Initiative für die Aufnahme eines Verschleierungsverbots in die Kantonsverfassung.

Das im November 2009 per Volksabstimmung beschlossene Minarett-Bauverbot war 2011 weiterhin in Kraft.

Flüchtlinge, Asylsuchende und Migranten

Zahlreiche NGOs äußerten weiterhin Bedenken im Hinblick auf die Behandlung von Asylsuchenden sowie über die Anwendung von Gewalt und den unverhältnismäßigen Einsatz von Hand- und Fußfesseln bei Zwangsrückführungen.

Im Juli 2011 wurde im Zusammenhang mit der Abschiebung von 19 nigerianischen Staatsbürgern am Flughafen Zürich ein weiterer Mann misshandelt. Eine unabhängige Untersuchung des Falls wurde nicht eingeleitet.

  • Die Strafermittlungen zum Tod des Nigerianers Joseph Ndukaku Chiakwa im Zuge einer Massenabschiebung im März 2010 waren noch nicht abgeschlossen.
  • Die Familie von Samson Chukwu, der im Jahr 2001 bei seiner Abschiebung zu Tode gekommen war, hatte nach wie vor keine Entschädigung erhalten.

Die "Nothilfe" für abgewiesene Asylsuchende war nicht ausreichend und führte häufig dazu, dass die Betroffenen mittellos waren oder ihnen die Gefahr der Mittellosigkeit drohte. Die Empfangszentren entsprachen nach wie vor nicht den Erfordernissen.

Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement kündigte im August 2011 eine externe Untersuchung zu der Frage an, warum die 7000 bis 10000 Asylanträge, die irakische Staatsangehörige in den Jahren 2006 bis 2008 bei den Schweizer Botschaften in Ägypten und Syrien gestellt hatten, immer noch nicht bearbeitet waren.

Die im Dezember abgeschlossene Untersuchung kam zu dem Schluss, das Bundesamt für Migration habe mit der Nichtbehandlung dieser Asylgesuche rechtswidrig gehandelt, doch seien disziplinarische Maßnahmen oder ein Strafverfahren keine geeignete Lösung.

Im Dezember verabschiedete der Ständerat eine Reform des Asylgesetzes, mit der das Asylverfahren beschleunigt und die Möglichkeit der Asylantragstellung bei einer Schweizer Botschaft abgeschafft werden soll. Außerdem ist vorgesehen, dass Kriegsdienstverweigerer, die in der Schweiz um Asyl nachsuchen, kein Asyl, sondern nur eine "vorläufige Aufnahme" erhalten. Der Nationalrat muss diese Gesetzesänderung noch bestätigen.

Im Dezember äußerte sich die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter besorgt über die unverhältnismäßige Anwendung von Gewalt und Zwangsmaßnahmen bei Abschiebungen.

Die 2010 beschlossene "Ausschaffungsinitiative" war Ende 2011 noch nicht umgesetzt worden. Bei der Volksabstimmung war entschieden worden, die Verfassung so zu ändern, dass ausländische Staatsangehörige, die wegen bestimmter Straftaten verurteilt wurden, automatisch abgeschoben werden können.

Gewalt gegen Frauen und Mädchen

Im September 2011 wurde mit einer parlamentarischen Initiative ein Gesetz eingeführt, durch das Genitalverstümmelung mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden kann. Dies gilt selbst dann, wenn der Eingriff in einem anderen Land vorgenommen wurde, in dem er nicht strafbar ist.

Im September verweigerte der Nationalrat eine Änderung des Ausländergesetzes, obwohl zwei UN-Ausschüsse kritisiert hatten, das Gesetz biete Migrantinnen keinen ausreichenden Schutz. Die Ausschüsse hatten sich für eine Gesetzesänderung in den Punkten ausgesprochen, die dazu führen, dass die Betroffenen aus Angst um ihre Aufenthaltsgenehmigung in einer Beziehung bleiben, obwohl sie misshandelt werden.

Amnesty International: Mission

Ein Vertreter von Amnesty International besuchte im September die Schweiz.

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