Amnesty International Report 2010 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte

Amtliche Bezeichnung: Japan
Staatsoberhaupt: Kaiser Akihito
Regierungschef: Hatoyama Yukio (löste im September Aso Taro ab)
Todesstrafe: nicht abgeschafft
Einwohner: 127,2 Mio.
Lebenserwartung: 82,7 Jahre
Kindersterblichkeit (m/w): 5/4 pro 1000 Lebendgeburten

Japan Gefangene saßen über längere Zeiträume in Einzelhaft und hatten nur unzureichenden Zugang zu medizinischer Versorgung. Im Juli empfahl die UN-Sonderberichterstatterin über den Menschenhandel härtere Gesetze und Inspektionen am Arbeitsplatz, um die Rechte von Arbeitsmigranten zu schützen. Sie zeigte sich sehr besorgt über den Menschenhandel, der die Ausbeutung von Arbeitskräften zum Ziel hat.

Hintergrund

Nach der Niederlage der Liberaldemokratischen Partei (LDP) bei den Kommunalwahlen in Tokio kündigte Ministerpräsident Aso Taro für August Neuwahlen an. Diese brachten die oppositionelle Demokratische Partei Japans (DPJ) an die Macht und beendeten die über 50 Jahre andauernde Regierungszeit der LDP. Hatoyama Yukio wurde zum Ministerpräsidenten einer Koalitionsregierung mit der Sozialdemokratischen Partei und der Neuen Volkspartei gewählt.

Justizsystem

Im Oktober richtete Justizministerin Chiba Keiko einen Ausschuss ein, der die Transparenz im Untersuchungshaftsystem (daiyo kangoku) beleuchten soll. Sie setzte jedoch keine Frist für Vorschläge. Das daiyo-kangoku-System erlaubt die Inhaftierung Verdächtiger über einen Zeitraum von 23 Tagen. Es wird in Verbindung gebracht mit Einschüchterungsmaßnahmen und missbräuchlichen Verhörmethoden, die dazu dienen sollen, Geständnisse zu erhalten.

  • Im Juni 2009 gab das Hohe Gericht in Tokio dem Antrag von Sugaya Toshikazu auf Wiederaufnahme des Verfahrens statt. Man hatte ihn 1993 zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt, nachdem er des Mordes an einem vierjährigen Mädchen schuldig gesprochen worden war. Sugaya Toshikazas Verurteilung beruhte auf fehlerhaften DNA-Indizien und einem unter dem daiyo-kangoku-System erzwungenen Geständnis. Im Laufe seines Verfahrens hatte er sein Geständnis zweimal widerrufen.

Im Rahmen eines neuen Laienrichter-Systems (saiban-in) traten Bürger bei der Entscheidung über Urteile und Strafen an die Seite professioneller Richter. Alle schweren Verbrechen, darunter auch solche, auf die die Todesstrafe steht, können nun nach diesem System verhandelt werden.

  • Im ersten Verfahren nach dem neuen System wurde im August ein 72-jähriger Mann vor dem Tokioter Bezirksgericht des Mordes schuldig gesprochen und zu 15 Jahren Haft verurteilt.

Todesstrafe

2009 wurden sieben Männer hingerichtet. Etwa 106 Häftlingen drohte die Vollstreckung der Todesstrafe. Sie lebten unter besonders harten Haftbedingungen. Unter ihnen befanden sich auch einige psychisch kranke Häftlinge.

Flüchtlinge und Asylsuchende

Die Regierung schob Asylsuchende in Länder ab, in denen ihnen Folter und andere Misshandlungen drohten. Bis September 2009 hatten 1123 Personen Asylanträge gestellt. Das Anerkennungsverfahren für Asylsuchende war sehr zeitraubend, und nur 15 der Antragsteller erhielten einen Flüchtlingsstatus, darunter drei nach der Einlegung von Rechtsmitteln. Mehr als 90% der Asylsuchenden durften nicht arbeiten, waren nicht krankenversichert und hatten keinen Anspruch auf Sozialleistungen.

  • Im April 2009 schob die Regierung die philippinischen Staatsangehörigen Arlan und Sarah Calderon ab, da sie keinen regulären Aufenthaltsstatus besaßen, und trennten sie damit von ihrer 13-jährigen Tochter Noriko Calderon. Das Justizministerium stellte Noriko Calderon, die in Japan geboren ist und nur Japanisch spricht, vor die Wahl, entweder mit ihren Eltern auf die Philippinen zurückzukehren oder allein in Japan zu bleiben.

Im Juli traten Reformen des Gesetzes zur Kontrolle der Zuwanderung und zur Anerkennung von Flüchtlingen sowie des Einwohnermeldegesetzes in Kraft. Die Reformen sehen vor, in den kommenden drei Jahren ein neues System zur Regelung und Kontrolle des Aufenthalts von ausländischen Staatsbürgern einzurichten. Zivilgesellschaftliche Organisationen äußerten Bedenken, dass Ausländer ohne Papiere, wie z. B. Asylsuchende, dadurch von grundlegenden staatlichen Leistungen ausgeschlossen würden, darunter Bildung und Gesundheitsfürsorge.

Gewalt gegen Frauen und Mädchen

Japan legte dem UN-Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau seinen sechsten Staatenbericht vor. Der Ausschuss äußerte im Juli Bedenken angesichts der Hindernisse, mit denen sich Opfer von familiärer und sexueller Gewalt konfrontiert sehen, wenn sie Anzeige erstatten und Schutz suchen. Er zeigte sich vor allem besorgt über die unsichere Situation von Migrantinnen, von Frauen, die Minderheiten angehören, sowie von Frauen aus besonders gefährdeten Gruppen.

Der UN-Ausschuss forderte das Land erneut auf, eine dauerhafte Lösung zu finden für die sogenannten Trostfrauen, die Überlebenden der sexuellen Versklavung durch das japanische Militär. Dazu sollten neben einer Entschädigung für die Opfer auch die strafrechtliche Verfolgung der Täter sowie die Aufklärung des japanischen Volks über diese Verbrechen zählen. Zwölf kommunale Ratsversammlungen verabschiedeten Resolutionen, in denen sie eine Entschuldigung und eine Entschädigung für Überlebende des "Trostfrauen"-Systems forderten.

Amnesty International: Missionen und Berichte

Delegierte von Amnesty International besuchten Japan im Februar und im April.

Hanging by a thread: mental health and the death penalty in Japan (ASA 22/005/2009)

© Amnesty International

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