Document #1333224
Amnesty International (Author)
Amtliche Bezeichnung: Republik Indonesien
Staats- und Regierungschef:
Susilo Bambang Yudhoyono
Immer wieder wurden Anschuldigungen gegen Sicherheitskräfte wegen Menschenrechtsverletzungen erhoben, darunter Folter und andere Misshandlungen sowie unverhältnismäßiger Einsatz von Gewalt und Schusswaffen. 2012 befanden sich nach wie vor mindestens 76 gewaltlose politische Gefangene in Haft. Religiöse Minderheiten litten unter Diskriminierung in Form von Einschüchterungen und Angriffen. Frauen und Mädchen wurden durch diskriminierende Rechtsvorschriften und politische Maßnahmen in ihren Rechten eingeschränkt, dies betraf insbesondere ihre sexuellen und reproduktiven Rechte. Auch 2012 wurden keine Fortschritte hinsichtlich der Strafverfolgung der Verantwortlichen für vergangene Menschenrechtsverletzungen erzielt. Es gab keine Meldungen über Hinrichtungen.
Im Mai 2012 wurde die Menschenrechtsbilanz Indonesiens im Rahmen der Universellen Regelmäßigen Überprüfung durch den UN-Menschenrechtsrat bewertet. Die indonesische Regierung hat die Umsetzung einiger der wichtigsten Empfehlungen hinsichtlich der Überprüfung bestimmter Gesetze und Dekrete, welche die Rechte auf freie Meinungsäußerung und Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit einschränken, abgelehnt. Im Juli hat Indonesien dem UN-Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau (CEDAW) seinen Bericht vorgelegt. Im November verabschiedete Indonesien die ASEAN-Menschenrechtserklärung trotz weitverbreiteter Bedenken, dass sie internationalen Standards nicht entspricht.
Das gesetzliche Rahmenwerk Indonesiens ermöglichte es auch weiterhin nicht, Vorwürfen wegen Folter und anderen Misshandlungen angemessen nachzugehen. In der Provinz Aceh wurden Stockschläge weiter als gerichtlich angeordnete Bestrafung bei Verstößen gegen die Scharia angewandt. An mindestens 45 Personen wurde wegen verschiedener Delikte die Prügelstrafe vollzogen, dazu gehörten Glücksspiel und das "Vergehen", mit einer Person des anderen Geschlechts, die weder Ehepartner noch Angehöriger ist, allein gewesen zu sein (khalwat).
Polizeibeamten wurden wiederholt Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen, darunter der unverhältnismäßige Einsatz von Gewalt und Schusswaffen sowie Folter und andere Misshandlungen. Sowohl interne als auch externe Mechanismen zur Rechenschaftslegung bei polizeilicher Willkür erwiesen sich als unzureichend. Nur selten wurden Untersuchungen zu Menschenrechtsverletzungen durchgeführt.
Angehörigen der indonesischen Sicherheitskräfte, wie Polizeibeamten und Militärpersonal, wurde vorgeworfen, in Papua Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben. Es gab Berichte über Folter und andere Misshandlungen, unverhältnismäßigen Einsatz von Gewalt und Schusswaffen sowie mögliche rechtswidrige Tötungen. In den meisten Fällen wurden die Verantwortlichen nicht vor Gericht gestellt. Die Opfer erhielten nur selten Entschädigungen.
Die Regierung kriminalisierte die friedliche politische Meinungsäußerung weiterhin mithilfe repressiver Gesetze. Mindestens 70 Personen aus den Regionen Papua und Maluku befanden sich wegen der gewaltfreien Äußerung ihrer Meinung in Haft.
Menschenrechtsverteidiger und Journalisten wurden aufgrund ihrer Arbeit immer wieder eingeschüchtert und angegriffen. Internationale Beobachter wie NGO-Mitarbeiter und Journalisten hatten weiterhin keinen ungehinderten Zugang zu der Region Papua.
Die Regierung hat Gesetze über Anstiftung und Blasphemie angewandt, um die Ausübung der Rechte auf Religions-, Meinungs-, Gedanken- und Gewissensfreiheit zu kriminalisieren. Mindestens sechs gewaltlose politische Gefangene befanden sich aufgrund von Anklagen wegen Anstiftung und Blasphemie weiter in Haft.
Es gab zahlreiche Fälle von Diskriminierung, Einschüchterung und Gewalt gegen religiöse Minderheiten, u.a. gegen schiitische, christliche und Ahmadiyya-Gemeinschaften. In vielen Fällen leiteten die Behörden weder angemessene Schutzmaßnahmen für die Betroffenen ein noch brachten sie die Verantwortlichen vor Gericht.
Frauen und Mädchen wurden weiterhin daran gehindert, ihre sexuellen und reproduktiven Rechte uneingeschränkt auszuüben. Im Juli empfahl der CEDAW-Ausschuss der indonesischen Regierung, das Verständnis für sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte zu fördern und dabei auch unverheiratete Frauen und Hausangestellte zu berücksichtigen. Außerdem solle Frauen unabhängig von der Einwilligung ihres Ehemanns der Zugang zu Verhütungsmitteln ermöglicht werden.
Eine 2010 erlassene Bestimmung, mit der die weibliche Beschneidung legitimiert wurde, blieb weiter in Kraft. Die Bestimmung verstößt gegen internationale Menschenrechtsbestimmungen, zu deren Einhaltung sich Indonesien verpflichtet hat. Der CEDAW-Ausschuss forderte die Regierung auf, die Bestimmung aufzuheben und die weibliche Genitalverstümmelung per Gesetz unter Strafe zu stellen.
Im dritten Jahr in Folge unternahm das Parlament keine Anstrengungen, ein Gesetz zum rechtlichen Schutz von Hausangestellten zu debattieren und zu verabschieden. Damit blieben Hausangestellte, in der Mehrzahl Frauen und Mädchen, weiterhin dem Risiko ausgesetzt, wirtschaftlich ausgebeutet und in der Wahrnehmung ihrer Rechte auf faire Arbeitsbedingungen, Gesundheit und Bildung eingeschränkt zu werden. Obwohl Indonesien im Mai die Internationale Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen aus dem Jahr 1990 ratifiziert hat, waren die meist weiblichen Hausangestellten aufgrund des fehlenden gesetzlichen Schutzes weiterhin Menschenhandel, Zwangsarbeit und anderen Menschenrechtsverletzungen in Indonesien sowie im Ausland ausgesetzt.
Menschenrechtsverletzungen, die in der Vergangenheit in Aceh, Papua, Timor-Leste und andernorts begangen wurden, blieben weitestgehend unaufgeklärt und straffrei. Die Betroffenen wurden nur in seltenen Fällen entschädigt. Überlebende gewalttätiger sexueller Übergriffe hatten nach wie vor weder Zugang zu angemessener medizinischer und psychologischer Versorgung noch zu Dienstleistungen im Bereich der psychischen, sexuellen und reproduktiven Gesundheit. Im September gab die indonesische Regierung vor dem UN-Menschenrechtsrat die Einführung eines neuen Gesetzes zur Gründung einer Wahrheits- und Versöhnungskommission bekannt. Über weitere diesbezügliche Fortschritte wurde jedoch nichts bekannt. Ein interdisziplinäres Team, das der Präsident 2011 zur Entwicklung einer Strategie zur Aufklärung vergangener Menschenrechtsverletzungen ins Leben gerufen hatte, hat bislang keinerlei konkrete Ergebnisse vor- gelegt.
Im vierten Jahr in Folge lagen keine Berichte über die Vollstreckung von Hinrichtungen vor. In mindestens zwölf Fällen wurde jedoch die Todesstrafe verhängt, und gegen mindestens 130 Menschen waren Todesurteile anhängig. Laut im Oktober veröffentlichten Berichten hatte der Oberste Gerichtshof im August 2011 das Todesurteil gegen einen Drogenhändler umgewandelt und die Todesstrafe als eine Verletzung der Menschenrechte und der Verfassung bezeichnet. Ebenfalls im Oktober wurde bekannt gegeben, dass der Präsident bereits zwischen 2004 und 2011 insgesamt 19 Todesurteile in andere Strafen umgewandelt hatte.
Delegierte von Amnesty International besuchten Indonesien in den Monaten April, Mai und Oktober.
© Amnesty International
Amnesty International Report 2013 - The State of the World's Human Rights - Indonesia (Periodical Report, English)