Amnesty International Report 2014/15 - The State of the World's Human Rights - South Korea

Amnesty Report 2015

Korea (Süd)

 

 

Die Verweigerung des Rechts auf Vereinigungsfreiheit, die Unterdrückung legitimer Kollektivmaßnahmen und die Ausbeutung von Arbeitsmigranten auf der Grundlage des Systems der Arbeitsgenehmigungen verletzten die Rechte der Arbeitnehmer.

Die Regierung der Republik Korea (Südkorea) schränkte in zunehmendem Maße das Recht auf freie Meinungsäußerung ein, indem sie das Gesetz über die Nationale Sicherheit dazu benutzte, Menschen einzuschüchtern und zu inhaftieren. Die Polizei vereitelte friedliche Proteste. Mindestens 635 Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen saßen weiterhin in Haft.

Hintergrund

Das zweite Jahr der Amtszeit von Präsidentin Park Geun-hye war durch einige Rückschritte bei der Verwirklichung der Menschenrechte gekennzeichnet. Unter anderem gaben Einschränkungen in der Ausübung der Rechte auf Versammlungsfreiheit und freie Meinungsäußerung Anlass zur Besorgnis.

Nach dem Kentern des Fährschiffs Sewol im April 2014, bei dem mehr als 300 Menschen - darunter zahlreiche Schüler - starben, wurden in der Öffentlichkeit weitere Bedenken über Sachverhalte wie Effektivität von Katastrophenschutzmaßnahmen und Unparteilichkeit von Ermittlungen geäußert. Zwei Spionagefälle ließen einen Machtmissbrauch durch die Regierung vermuten und führten zu Kritik am nationalen Geheimdienst, dem die Fälschung von Beweismitteln vorgeworfen wurde.

Rechte von Arbeitsmigranten

In der Landwirtschaft tätige Arbeitsmigranten mussten unter dem System der Arbeitsgenehmigungen (Employment Permit System - EPS) exzessive Arbeitszeiten und Unterbezahlung erdulden. Zudem verweigerte man ihnen ihren Anspruch auf den wöchentlichen bezahlten arbeitsfreien Tag sowie ihren Jahresurlaub und vermittelte ihre Arbeitskraft illegal weiter. Ihre Lebensbedingungen waren armselig. Viele der Arbeitsmigranten wurden zudem auf ihrer Arbeitsstelle wegen ihrer Nationalität diskriminiert.

Der Ausschluss der Landarbeiter von den Bestimmungen des Gesetzes über Arbeitsbedingungen hinsichtlich Arbeitszeit, Regelung der täglichen Pausen und des wöchentlichen bezahlten freien Tages hatte faktisch diskriminierende Auswirkungen auf die hiervon in unverhältnismäßiger Weise betroffenen Arbeitsmigranten. Viele von ihnen konnten den ausbeuterischen Arbeitsbedingungen nicht entkommen, weil die Regierung für Migranten strenge Einschränkungen der Arbeitsplatzmobilität in Kraft gesetzt hatte und die Schutzbestimmungen des Gesetzes über Arbeitsbedingungen für Landarbeiter nicht galten.

Zahlreiche von Amnesty International befragte Arbeitsmigranten waren von ihren Arbeitgebern zumeist durch Druck und Anwendung von Gewalt genötigt worden, unter harten, mit Zwangsarbeit vergleichbaren Bedingungen zu arbeiten. Viele waren bei der Anwerbung getäuscht worden, um sie dann auszubeuten. Diese Situation lief auf Menschenhandel hinaus.

Arbeitsmigranten, die ihre Arbeitgeber verklagt hatten, mussten häufig während der Ermittlungen weiterhin für diese arbeiten und waren damit dem Risiko weiterer Ausbeutung und Misshandlung ausgesetzt. Diejenigen, die ihren Arbeitsplatz verließen, riskierten, dass die Arbeitgeber sie der Einwanderungsbehörde als "Arbeitsflüchtige" meldeten, was zur Folge hatte, dass sie festgenommen und abgeschoben werden konnten.

Die Bestimmungen des EPS hielten Arbeitsmigranten davon ab, Beschwerde einzureichen und ihre Arbeitsplätze zu wechseln, weil sie in diesen Fällen befürchten mussten, die Möglichkeit zur Verlängerung ihrer Verträge zu verlieren. Einige Beamte rieten Arbeitsmigranten nachdrücklich davon ab, formelle Beschwerden vorzubringen. Folglich hatten Arbeitgeber, die Verstöße gegen Arbeitsmigranten begingen, nur in seltenen Fällen mit rechtlichen Sanktionen zu rechnen.

Vereinigungsfreiheit - Gewerkschaften

Gewerkschaften sahen sich zunehmenden Einschränkungen ausgesetzt. Mehrere Gewerkschaftsführer erhielten Strafanzeigen oder wurden sogar inhaftiert, weil sie Streikmaßnahmen oder andere legitime gewerkschaftliche Aktivitäten durchgeführt hatten.

Kim Jung-woo, ehemaliger Vorsitzender der Betriebsgruppe der Koreanischen Metallarbeitergewerkschaft im Werk von SsangYong Motors, war im Jahr 2013 zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt worden, weil er Beamte der Stadtverwaltung daran gehindert haben soll, eine Protestveranstaltung in der Hauptstadt Seoul aufzulösen.

Er wurde im April 2014 gegen Kaution freigelassen, nachdem er die ursprünglich gegen ihn verhängte Strafe verbüßt hatte. Die Staatsanwaltschaft hat jedoch gegen dieses Urteil ein Rechtsmittelverfahren angestrengt, weil sie eine härtere Bestrafung für angemessen hielt.

Das Ministerium für Arbeit und Beschäftigung versuchte im Jahr 2013, der koreanischen Bildungsgewerkschaft Korean Teachers and Education Workers' Union die Zulassung als gewerkschaftliche Interessenvertretung der Lehrkräfte zu entziehen. Im Juni 2014 wurde diese Absicht durch eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Seoul bekräftigt, doch im September setzte das Hohe Gericht von Seoul die Umsetzung dieser Entscheidung bis zum Zeitpunkt des Richterspruchs in einem Rechtsmittelverfahren aus.

Recht auf freie Meinungsäußerung

Die Regierung wendete weiterhin das Gesetz über die Nationale Sicherheit (National Security Law - NSL) an, um das Recht auf freie Meinungsäußerung einzuschränken. Während der ersten acht Monate des Jahres 2014 wurden mindestens 32 Personen wegen Verstößen gegen das NSL angeklagt.

Diese Zahl war zwar geringer als im Jahr 2013, als auf der Grundlage des NSL gegen 129 Personen Ermittlungen durchgeführt oder Anklagen erhoben wurden und damit der Höchststand in einer Dekade erreicht war. Dennoch ist diese Zahl äußerst besorgniserregend.

Lee Seok-ki, Parlamentsabgeordneter der Vereinigten Fortschrittspartei (Unified Progressive Party - UPP), wurde zusammen mit sechs weiteren Parteimitgliedern wegen "Verschwörung zum Umsturz", "Anstiftung zum Aufstand" und Aktivitäten, die als Verletzung des NSL angesehen wurden, in Haft genommen.

Im Berufungsverfahren im August 2014 wies das Hohe Gericht von Seoul den Anklagepunkt der "Verschwörung zum Umsturz" als unbegründet zurück, bestätigte jedoch die anderen Anklagepunkte und reduzierte die Gefängnisstrafen der sieben Angeklagten auf Zeiträume zwischen zwei und neun Jahren.

Die Regierung strengte eine verfassungsgerichtliche Entscheidung zur Auflösung der UPP an. Tatsächlich urteilte das Verfassungsgericht im Dezember 2014, die Partei habe "gegen die grundlegende demokratische Ordnung verstoßen". Daraufhin wurde die UPP verboten. Es war der erste Antrag der Regierung auf ein Parteiverbot seit der Demokratisierung im Jahr 1987 und die erste Parteiauflösung seit 1958.

Recht auf Versammlungsfreiheit

Seit dem Fährunglück im April 2014 hat die Polizei mehr als 300 Personen festgenommen. Sie versuchte auf diese Weise die friedlichen Demonstrationen einzudämmen, auf denen die Protestierenden ihre Unzufriedenheit mit der Reaktion der Regierung auf den Untergang des Fährschiffs zum Ausdruck brachten. Nach dem Unglück wurden Straßendemonstrationen monatelang durch Polizeiblockaden behindert.

Im Juni schlug die Polizei eine friedliche Umweltdemonstration in der Stadt Miryang nieder, wobei 14 Protestierende verletzt wurden. Etwa 300 Demonstrierende, unter denen sich viele ältere Menschen befanden, wandten sich gegen den Bau von Hochspannungsstrommasten und forderten, angemessen zu derartigen Vorhaben konsultiert zu werden.

Kriegsdienstverweigerer

Mindestens 635 Militärdienstverweigerer befanden sich Ende 2014 noch in Haft.

Nachdem zwei männliche Wehrpflichtige zu Tode gekommen waren - ein Hinweis darauf, dass beim Militär weiterhin Misshandlungen stattfanden -, äußerte die Öffentlichkeit Bedenken über das System der allgemeinen Wehrpflicht.

In einem Fall von Militärdienstverweigerung, mit dem sich das Verfassungsgericht im August 2014 befasste, legte Amnesty International zusammen mit mehreren NGOs eine Argumentation vor, die das Recht der Militärdienstverweigerung aus Gewissensgründen aus dem Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit ableitet.

Waffenhandel

Südkorea exportierte große Mengen an Tränengasgranaten in Länder, in denen Tränengas wahllos zur Niederschlagung von Unruhen benutzt wurde. Nachdem Amnesty International und andere Menschenrechtsgruppen Druck ausgeübt hatten, gab die Regierung im Januar 2014 bekannt, dass sie die Lieferung von Tränengas nach Bahrain einstellen werde.

Südkorea hatte den UN-Waffenhandelsvertrag im Jahr 2013 unterzeichnet, hatte ihn jedoch bis Ende des Jahres 2014 weder ratifiziert noch in nationales Recht umgesetzt.

Amnesty International: Berichte

 

 

 

 

 

 

 

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