Anfragebeantwortung zu Somalia: Informationen zum Clan der Dir [a-9404-1]

26. November 2015

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Ein von ACCORD im Dezember 2009 veröffentlichter Bericht zu Clans in Somalia (basierend auf einem Vortrag von Dr. Joakim Gundel) geht folgendermaßen auf die Dir ein:

„Dir

Zu den Dir gehören Gruppen wie Issa, Gadabursi und Biymaal. Dir-Gruppen leben in Somaliland sowie in Süd- und Zentralsomalia.

Isaaq

Hinsichtlich der Isaaq besteht, wie bereits oben erwähnt, Uneinigkeit darüber, ob sie eine eigenständige Clanfamilie darstellen. Während dies von den Isaaq selbst bejaht wird, vertreten Somali im Süden und Angehörige der Majerteen die Ansicht, die Isaaq seien ein Teil der Clanfamilie der Dir. Die Isaaq unterhalten jedenfalls Verwandtschaftsbeziehungen zu Dir-Gruppen wie Biymaal, Issa und Gadabursi. Die Isaaq sind die überwiegenden Bewohner Somalilands (obgleich dessen derzeitiger Präsident ein Angehöriger der Gadabursi-Gruppe ist).“ (ACCORD, 15. Mai 2009, S. 14)

In einem Artikel zu Richtlinien für ein auf Clans basierendes, demokratisches Modell für die Wahlen im Jahr 2016, der im November 2015 vom somalischen Nachrichtenportal Hiiraan Online veröffentlicht wurde, findet sich eine Tabelle mit einer Auflistung von Unterclans des Clans der Dir:

·      Hiiraan Online: Somalia: Guidelines for Democratic Clan Based 2016 Electoral Model, 19. November 2015
http://www.hiiraan.com/op4/2015/nov/102655/somalia_guidelines_for_democratic_clan_based_2016_electoral_model.aspx

 

Auf den Seiten 15 bis 18 eines vom African Studies Centre an der Universität Leiden im Jahr 2009 veröffentlichten Berichts zu Clans in Somalia findet sich ein detaillierter „Stammbaum“ zum Clan der Dir:

·      African Studies Centre: The Total Somali Clan Genealogy (second edition) (Autor: Jan Abbink), 2009
https://openaccess.leidenuniv.nl/bitstream/handle/1887/14007/ASC-07072766X-231-01.pdf?sequence=2

 

In einem Bericht des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (European Asylum Support Office, EASO) vom August 2014 finden sich folgende Informationen:

„Die Dir siedeln im Wesentlichen im Westen von Somaliland und in einigen kleineren Gebieten in Süd-/Zentralsomalia. Die Haupt-Clans sind die Issa, Gadabursi (beide in Somaliland und in Grenzregionen zu Äthiopien und Dschibuti) und die Biyomaal (in Süd-Somalia).

Die Isaaq sind die größte Clan-Familie in Somaliland. Nach Auffassung einiger Wissenschaftler und Somali gelten sie als Teil der Dir-Clan-Familie.“ (EASO, August 2014, S. 46)

In einem von Defence Research and Development Canada, einer Behörde des kanadischen Verteidigungsministeriums, veröffentlichten Bericht vom November 2011 zur Identität in der somalischen Gesellschaft findet sich unter anderem ein von David M. Anderson (University of Oxford) verfasstes Kapitel. Der Autor erwähnt darin, dass die Dir und Isaaq Somaliland im Norden dominieren würden. Zudem hätten ethnische Somali in Dschibuti für gewöhnlich Verbindungen zu diesen beiden Clans. Unter anderem die Dir seien ausschließlich nomadische Viehhirten:

„The Dir and the Isaaq dominate Somaliland in the North, and ethnic Somalis in Djibouti are also most commonly linked with these same two clans” (Defence Research and Development Canada, November 2011, S. 4)

„While the Darod, Dir and Hawiye clans are exclusively nomadic pastoralists, the Rahanweyn are agro- pastoralists that both farm and keep animals.” (Defence Research and Development Canada, November 2011, S. 21)

Ein weiteres Kapitel des oben genannten Berichts wurde von Jonathan Stevenson (Professor für Strategische Studien, U.S. Naval War College) verfasst, der die Dir in Somaliland, Äthiopien und Dschibuti verortet:

„The small Dir grouping lives in Somaliland and across the borders of Ethiopia and Djibouti.” (Defence Research and Development Canada, November 2011, S. 77)

Laut einem älteren, von Allen G. Sens, einem Professor der University of Columbia, im Jahr 1997 verfassten Bericht würden die Dir sieben Prozent der Bevölkerung Somalias ausmachen (Sens, 1997, S. 139).

 

Der Ethnograph und Somalia-Experte I. M. Lewis erwähnt in seiner erstmals im Jahr 1961 veröffentlichten Studie zu Pastoralismus und Politik im Norden Somalias, dass sich kleinere Dir-Gruppen auch im Bezirk Merka und zwischen Brawa und dem Fluss Juba finden würden. Bis zu einem gewissen Grad würden die nördlichen Dir (Iise und Gadabuursi) Besonderheiten im Vokabular und der Aussprache mit den nördlichen Hawiye teilen (Lewis, 1999, S. 8).

 

In einem im Dezember 2013 veröffentlichten Bericht des International Training Programme for Conflict Management (ITPCM) der italienischen Universität Scuola Superiore Sant’Anna werden die Biyamal, Gadsan und Werdai als den Dir nahestehende Subclans beschrieben:

„On the other hand, the Dir, largely in Somaliland, mix well with the Isaaq, the Garre and the Degodia, with closer sub-clans being the Biyamal, Gadsan, and Werdai among others. The sub-clans closer to the Isaaq include Habar Awal, Habar Jalo, Habar Yunis, Edigale, and Ayub among others while those closer to the Digil are the Geledi, Shanta Aleen, Bagadi, and Garre, among others.” (ITPCM, Dezember 2013, S. 14)

Im Oktober 2015 schreibt die International Crisis Group (ICG), eine unabhängige, nicht profitorientierte Nicht-Regierungsorganisation, die mittels Informationen und Analysen gewaltsame Konflikte verhindern und lösen will, in einem Bericht zu Somaliland, dass die zunehmende Machtkonzentration im Zentrum von Somaliland (insbesondere in Hargeisa) die Kluft zwischen den Isaaq und anderen Dir-Clans (Gadabursi/Samaron und Cisse) im Westen und zwischen den Isaaq und den Harti-Darood (Dhulbahante und Warsangeli) im Osten vergrößert habe. Die jeweils letztgenannten würden eine Verfestigung der Dominanz der Isaaq befürchten:

„Growing concentration of power in the centre (especially Hargeysa) has widened the gap between Isaaq and other Dir clans (Gadabursi/Samaron and Cisse) in the west, and Isaaq and Harti-Darood (Dhulbahante and Warsangeli clans also present in Puntland) in the east, all of whom now fear Somaliland’s independence would further entrench Isaaq dominance.” (ICG, 5. Oktober 2015, S. 4)

 

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Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 26. November 2015)

·      ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: Clans in Somalia - Bericht zum Vortrag von Dr. Joakim Gundel beim COI-Workshop in Wien am 15. Mai 2009 (überarbeitete Neuausgabe), 15. Dezember 2009 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/file_upload/90_1261131016_accord-bericht-clans-in-somalia-ueberarbeitete-neuausgabe-20091215.pdf

·      African Studies Centre: The Total Somali Clan Genealogy (second edition) (Autor: Jan Abbink), 2009
https://openaccess.leidenuniv.nl/bitstream/handle/1887/14007/ASC-07072766X-231-01.pdf?sequence=2

·      Defence Research and Development Canada: Clan and Islamic Identities in Somali Society, November 2011
http://cradpdf.drdc-rddc.gc.ca/PDFS/unc157/p536953_A1b.pdf

·      EASO - European Asylum Support Office: South and Central Somalia: Country Overview, August 2014 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/file_upload/4543_1435819133_coi-somalia-de.pdf

·      Hiiraan Online: Somalia: Guidelines for Democratic Clan Based 2016 Electoral Model, 19. November 2015
http://www.hiiraan.com/op4/2015/nov/102655/somalia_guidelines_for_democratic_clan_based_2016_electoral_model.aspx

·      ICG - International Crisis Group: Somaliland: The Strains of Success, 5. Oktober 2015 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/file_upload/1002_1444293404_b113-somaliland-the-strains-of-success.pdf

·      ITPCM - International Training Programme for Conflict Management: The ITPCM International Commentary, Vol. IX no.34, Dezember 2013
http://www.itpcm.dirpolis.sssup.it/files/2013/12/COMMENTARY_SOMALIA_ISSUE_DEC_2013.pdf

·      Lewis, I.M.: A Pastoral Democracy: A Study of Pastoralism and Politics Among the Northern Somali of the Horn of Africa, 1999 (erstmals im Jahr 1961 veröffentlicht) (Auszüge verfügbar auf Google Books)
https://books.google.com/books?id=yoMBQCr4LysC&lpg=PP1&pg=PA142#v=onepage&q&f=false

·      Sens, Allen G.: Somalia and the Changing Nature of Peacekeeping; The Implications for Canada, 1997
http://publications.gc.ca/collections/collection_2015/bcp-pco/CP32-64-1-1997-eng.pdf