Amnesty International Report 2010 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte

Amtliche Bezeichnung: Islamische Republik Pakistan
Staatsoberhaupt: Asif Ali Zardari
Regierungschef: Yousuf Raza Gilani
Todesstrafe: nicht abgeschafft
Einwohner: 180,8 Mio.
Lebenserwartung: 66,2 Jahre
Kindersterblichkeit (m/w): 85/94 pro 1000 Lebendgeburten
Alphabetisierungsrate: 54,2%

Infolge der schweren Eskalation des bewaffneten Konflikts zwischen Regierung und bewaffneten Gruppen wurden Millionen von Pakistanern zu Opfern von Menschenrechtsverstößen. Im ganzen Land gingen die pakistanischen Taliban und andere oppositionelle Gruppen gegen die Zivilbevölkerung vor. Die Sicherheitskräfte operierten mit unangemessener und willkürlicher Gewalt. Sie verübten Tötungen, bei denen es sich um mutmaßliche extralegale Hinrichtungen handelt. In den von den Taliban und den mit ihnen verbündeten bewaffneten Gruppen kontrollierten Gebieten litt die Zivilbevölkerung unter schweren Übergriffen und gravierenden Missständen. Dazu zählten: willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen, Folterungen und Misshandlungen, das weitgehende Fehlen ordnungsgemäßer Verfahren, massive Einschränkungen der Rechte auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit, religiöse, ethnische und geschlechtsspezifische Diskriminierung sowie Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Angriffe auf Angehörige von Minderheiten nahmen zu, und die Regierung tat nichts, um solche Übergriffe zu verhindern und die Täter zu bestrafen. Die Menschenrechtskommission Pakistans registrierte 2009 insgesamt 276 neue Todesurteile; Hinrichtungen fanden aber nicht statt.

Hintergrund

Nach landesweiten Protesten pakistanischer Rechtsanwälte wurde am 16. März 2009 der im November 2007 vom damaligen Präsidenten Pervez Musharraf suspendierte Iftikhar Chaudhry wieder in sein Amt als Oberster Richter eingesetzt. Am 31. Juli befand der Oberste Gerichtshof, dass Präsident Musharraf mit der Ausrufung des Ausnahmezustands am 3. November 2007 gegen die Verfassung verstoßen habe. Im August wurde ein Ermittlungsverfahren wegen der rechtswidrigen Inhaftierung von Richtern der höheren Gerichtshöfe 2007 gegen ihn eingeleitet. Am 16. November nahm der Oberste Gerichtshof die Verfahren zu Fällen von "Verschwindenlassen" wieder auf, die bei Verhängung des Ausnahmezustands ausgesetzt worden waren.

Als die bewaffneten Gruppen im Januar den Mitte 2008 vereinbarten Waffenstillstand aufkündigten, eskalierte die Gewalt in Belutschistan. Die Staatsorgane reagierten auf Geiselnahmen und widerrechtliche Tötungen durch Mitglieder dieser Gruppen mit Menschenrechtsverstößen wie willkürlichen Inhaftierungen und dem "Verschwindenlassen".
Die pakistanischen Taliban und mit ihnen verbündete Aufständische konnten ihre Stellung in den unter Bundesverwaltung stehenden Stammesgebieten konsolidieren und die Reichweite ihrer Aktivitäten auf Teile der Provinz North West Frontier ausdehnen, insbesondere auf das dicht besiedelte Swat-Tal. Die Armee setzte ihre Operationen zur Bekämpfung der Aufständischen auch 2009 fort. Dabei konzentrierte sie sich im April vor allem auf das Swat-Tal, im September auf das Stammesgebiet Khyber und von Oktober an auf Süd-Waziristan. Bei den Überfällen der Aufständischen im ganzen Land, die auch auf Moscheen und Schulen abzielten, kamen Hunderte von Zivilisten zu Tode, Tausende weitere wurden verletzt.

Am 13. April zwangen die pakistanischen Taliban im Swat-Tal Präsident Asif Ali Zardari, die Nizam-e-Adl-Verordnung zu unterzeichnen, durch die im Bezirk Malakand Gerichte eingeführt wurden, deren Rechtsprechung sich am rigiden Islamverständnis der Taliban orientierte. Mitte April zerbrach die Friedensvereinbarung, weil die Taliban weiter mit Waffengewalt in den benachbarten Bezirk Buner eindrangen. Die Aktionen der Taliban und die am 26. April einsetzenden militärischen Gegenmaßnahmen der Armee führten zur Vertreibung von mehr als 2 Mio. Menschen. Schon vor diesem Zeitpunkt hatte der Konflikt zwischen Taliban und Sicherheitskräften rund eine halbe Million Pakistaner zu Binnenflüchtlingen gemacht. Die Operation in Süd-Waziristan zwang mehr als zwei Drittel der 450000 Bewohner der Region zur Flucht.

Rechtliche und institutionelle Entwicklungen

Am 2. Oktober 2009 wurde die Frist im Antiterrorgesetz, innerhalb derer gegen Terrorverdächtige Anklage erhoben werden muss, von 30 auf 90 Tage verlängert.
Am 19. August teilte das Ministerium für Menschenrechte dem Parlament mit, dass bei 8000 der 11000 Fälle von Menschenrechtsverletzungen, die in den vergangenen drei Jahren landesweit registriert wurden und zum Großteil die Provinz Sindh betrafen, keine polizeilichen Ermittlungen eingeleitet oder entsprechende Untersuchungen eingestellt worden sind.

Am 4. August stimmte die Nationalversammlung dem Gesetzentwurf zur Vorbeugung von und Schutz vor familiärer Gewalt (Domestic Violence [Prevention and Protection] Bill) zu. Der Senat lehnte den Gesetzentwurf ab, doch die Regierung setzte keinen Vermittlungsausschuss zur Beilegung der Differenzen ein.

Präsident Zardari kündigte im August ein Reformpaket für die Stammesgebiete unter Bundesverwaltung an. Das Paket umfasste die Aufhebung des Verbots parteipolitischer Aktivitäten und eine begrenzte Reform der aus der Kolonialzeit stammenden kollektiven Strafbestimmungen (Frontier Crimes Regulation), die den Bewohnern der Stammesgebiete den Großteil der Rechte entzieht, die ihnen nach internationalem Recht und nach der pakistanischen Verfassung zustehen. Die Umsetzung dieser Reformen war bis Ende 2009 noch nicht erfolgt.

Am 24. November legte Ministerpräsident Yousuf Raza Gilani umfassende Vorschläge für ein Maßnahmenpaket vor, das eine Verringerung der Militärpräsenz in Belutschistan, die Freilassung aller belutschischen politischen Gefangenen, sofern sie nicht in den "Terrorismus" verwickelt waren, sowie die Freilassung aller "Verschwundenen" und Programme zur Entwicklung der Wirtschaft beinhaltete. Berichten zufolge wurden von Ende November bis Ende Dezember 20 Verschwundene freigelassen und 89 Strafverfahren gegen politisch engagierte Bürger eingestellt. Am 10. Dezember erklärte der Ministerpräsident, von den 992 belutschischen Opfern des "Verschwindenlassens" befänden sich mittlerweile 262 wieder auf freiem Fuß, die übrigen würden in Kürze ebenfalls freigelassen.

Aufstände in den Stammesgebieten unter Bundesverwaltung, der Provinz North West Frontier und in Belutschistan

Aufständische entführten und töteten Tausende von Menschen, darunter Stammesälteste, Lehrer, Journalisten und andere Personen mit akademischer Ausbildung sowie Binnenflüchtlinge, als diese an ihre Wohnorte zurückkehrten. Bei 87 Selbstmordattentaten wurden 1299 Menschen getötet und 3633 verletzt, darunter zahlreiche Zivilisten. Die Taliban haben in den letzten beiden Jahren im Swat-Tal über 200 Schulen zerstört, mehr als 100 davon waren Mädchenschulen. Nach Angaben der örtlichen Behörden bedeutete das für über 50000 Schüler vom Grundschul- bis zum College-Alter das Ende des Schulbesuchs.

Die Taliban-Gruppen richteten in den Gebieten unter ihrer Kontrolle informelle islamische "Gerichte" ein, vor denen zahlreiche Menschen, vor allem Frauen, wegen Verstößen gegen eine besonders rigide Auslegung des islamischen Rechts angeklagt wurden. Zu den verhängten Strafen gehörten öffentliches Auspeitschen und öffentliche Hinrichtungen.

Die Angriffe des pakistanischen Militärs gegen mutmaßliche Taliban-Verstecke, die bisweilen wahllos und mit exzessiver Gewaltanwendung erfolgten, forderten eine hohe Zahl von zivilen Opfern. Die Sicherheitskräfte nahmen die Familienangehörigen mutmaßlicher Aufständischer, darunter auch Kinder, fest, um die Gesuchten zur Aufgabe zu zwingen.
Stammesmilizen (lashkars), die auf Veranlassung der Stammesältesten in der Provinz North West Frontier und in einigen Stammesgebieten zur Bekämpfung der Taliban und zum Schutz der Dörfer gebildet wurden und mit staatlicher Unterstützung operierten, nahmen zahlreiche mutmaßliche Taliban-Kämpfer fest und töteten einige von ihnen.

Journalisten, die über die Aufstände im Nordwesten des Landes und in Belutschistan berichteten, wurden zur Zielscheibe sowohl der Regierung wie der bewaffneten Gruppen und berichteten deshalb nur selten von Übergriffen der Konfliktparteien. Mindestens zehn Journalisten kamen in Ausübung ihres Berufs ums Leben.

  • Der afghanische Journalist Janullah Hashimzada wurde am 24. August 2009 in Jamrud im Bezirk Khyber getötet; nach Ansicht seiner Kollegen waren die Täter Taliban. Im selben Monat stellte die in Quetta, der Hauptstadt von Belutschistan, ansässige Zeitung Asaap ihr Erscheinen ein, nachdem Angehörige der Sicherheits- und Geheimdienste die Redaktion aufgesucht hatten, um ihre Arbeit zu zensieren.
  • Am 7. Juli 2009 setzten Aufständische in Buner das Haus des für die Fernsehstation Geo TV tätigen Journalisten Behroz Khan in Brand.

Binnenflüchtlinge

Zusätzlich zu den etwa 500000 Menschen, die bereits in den Vorjahren im Zuge des Konflikts aus den Stammesgebieten vertrieben worden waren, flohen 2009 aus Furcht vor den im April einsetzenden Kämpfen im Swat-Tal noch einmal mehr als 2 Mio. Menschen aus ihren Wohnorten (siehe Länderbericht Afghanistan). Der Regierung gelang es nicht, die Rechte der Vertriebenen - über die Hälfte davon Kinder - auf Sicherheit, Gesundheitsversorgung, ausreichende Ernährung, Wohnraum und Bildung sicherzustellen. Im Oktober gingen die Sicherheitskräfte mit schikanösen Methoden gegen Angehörige des Mehsud-Stamms vor, als sie wegen der Kämpfe aus Süd-Waziristan flohen. Zahlreiche Stammesmitglieder wurden auf der Grundlage der kollektiven Strafbestimmungen der Frontier Crimes Regulation in Haft genommen.

Folter und Misshandlung

Dutzende von Häftlingen wurden getötet bzw. zu Tode gefoltert. Ferner gab es Berichte über außergerichtliche Hinrichtungen. Die Verantwortlichen für solche Menschenrechtsverletzungen mussten meist nicht mit Bestrafung rechnen.

  • Am 15. September 2009 wurde der 19-jährige Fanish Masih, ein Angehöriger der christlichen Minderheit, in seiner Einzelzelle im Gefängnis von Sialkot tot aufgefunden. Nach Angaben der Gefängnisbehörden hatte er Selbstmord begangen, doch seine Angehörigen stellten Berichten zufolge an seiner Stirn und an Armen und Beinen Blutergüsse fest, die auf Folterungen zurückzuführen sein könnten. Drei Gefängnisbeamte wurden wegen Vernachlässigung ihrer Amtspflichten vom Dienst suspendiert, aber gegen keinen von ihnen wurde ein Strafverfahren eröffnet.
  • In der zweiten Julihälfte 2009 sollen im Swat-Tal die Leichen von über 250 mutmaßlichen Aufständischen gefunden worden sein; sie waren zum Teil öffentlich aufgehängt worden als Warnung an die Taliban, dass ihnen das gleiche Schicksal bevorstehen könne.

"Verschwindenlassen"

Auch im Berichtsjahr wurden weitere Fälle von "Verschwindenlassen" gemeldet. Obwohl der Oberste Gerichtshof im November 2009 die Verfahren zu solchen Fällen wieder aufnahm, blieben das Schicksal und der Verbleib Hunderter von "Verschwundenen" weiterhin ungeklärt.

  • Im Oktober erklärte ein Bezirksgericht in Abbottabad den vormaligen Präsidenten Musharraf zum Verdächtigen im Fall der mutmaßlichen Entführung des Wissenschaftlers Atiq-ur Rehman, der für die pakistanische Atomenergiekommission gearbeitet hatte und am 25. Juni 2004 "verschwunden" war.
  • Am 18. August teilte die Armee mit, dass sich 900 Personen, die im Swat-Tal verhaftet worden waren, im Gewahrsam der Armee befanden und den zuständigen Behörden übergeben würden. Über Namen, Verbleib und Schicksal der Betroffenen wurde nichts bekannt.
  • Am 3. April wurden die drei belutschischen Aktivisten Ghulam Mohammad Baloch, Lala Muni und Sher Mohammad Baloch von Männern in Zivil aus der Kanzlei ihres Anwalts entführt. Die Entführung fand an dem Tag statt, an dem das Anti-Terrorismus-Gericht die drei Männer von der Anklage freigesprochen hatte, zu Unruhen aufgestachelt zu haben. Berichten zufolge wurden die drei in Fahrzeugen der paramilitärischen Einheit Frontier Corps abtransportiert. Am 8. April wurden ihre Leichen gefunden. Ghulam Mohammad Baloch hatte einer Kommission zur Aufklärung des Schicksals von etwa 800 "Verschwundenen" angehört. Das Obere Gericht der Provinz Belutschistan leitete im April eine gerichtliche Untersuchung ein. Im September forderte es die Geheimdienste auf, die Ermittlungen zu unterstützen, nachdem die Polizei deren mangelnde Bereitschaft zur Zusammenarbeit beklagt hatte.
  • Der Sozialarbeiter Zakir Majeed Baloch, stellvertretender Vorsitzender der Studentenvereinigung Baloch Students Organization (BSO), wurde nach Angaben seiner Familie am 8. Juni in der Nähe von Mastung (Belutschistan) von Geheimdienstmitarbeitern festgenommen. Die Polizei verweigerte die Entgegennahme der Anzeige der Familie. Schicksal und Verbleib von Zakir Majeed Baloch sind ungeklärt.

Diskriminierung religiöser Minderheiten

2009 kam es verstärkt zu Übergriffen gegen religiöse Minderheiten. Ihre Mitglieder mussten mit Einschüchterungsmaßnahmen und Schikanen bis hin zur Entführung und Ermordung rechnen. Die Behörden sorgten weder für ihren Schutz noch für eine konsequente Strafverfolgung der Täter. Die Taliban erhoben von allen in ihrem Herrschaftsbereich lebenden Nicht-Muslimen (Sikhs, Hindus und Christen) eine Kopfsteuer (Jyzia). In einigen Fällen wiesen sie die Betroffenen auch einfach aus. Die gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen sunnitischen und schiitischen Gemeinschaften im Bezirk Kurram spitzten sich zu, als sunnitische Taliban die Kontrolle über das Gebiet übernahmen.

  • Mindestens 14 Angehörige der Ahmadiyya-Gemeinschaft, darunter auch Kinder, wurden wegen Blasphemie verhaftet und unter Anklage gestellt. Bei diesem Delikt ist die Verhängung der Todesstrafe zwingend vorgeschrieben. Mindestens elf Ahmadis und neun Christen wurden wegen ihres Glaubens getötet.
  • Am 29. Januar 2009 wurden im Bezirk Layyah in der Provinz Punjab fünf Ahmadis, darunter ein Minderjähriger, aufgrund zweifelhafter, weder durch Beweise noch durch Zeugenaussagen bestätigter Vorwürfe wegen Blasphemie in Haft genommen. Nach Zahlung einer Kaution kamen sie wieder frei.
  • In Gojra (Provinz Punjab) drangen am 1. August 2009 über 1000 Menschen gewaltsam in das christliche Viertel ein. Sechs Bewohner, darunter ein siebenjähriges Kind, wurden bei lebendigem Leib verbrannt, 17 weitere verletzt. Ein Mann erlag später seinen Verletzungen. Anlass für die Ausschreitungen waren Gerüchte, nach denen Christen im benachbarten Korian angeblich einige Seiten einer Koran-Ausgabe entweiht hätten. Anfang September wurde den Behörden das Ergebnis einer vom Ministerpräsidenten der Provinz Punjab angeordneten gerichtlichen Untersuchung vorgelegt, es wurde aber nicht veröffentlicht. Von den 42 Personen, die man im Zusammenhang mit den Vorfällen verhaftete, kamen 35 gegen Kaution wieder frei.

Gewalt gegen Frauen und Mädchen

2009 wurden 960 Fälle gemeldet, in denen Frauen "Ehrenmorden" zum Opfer fielen. Im September kündigte der Justizminister der Provinz Punjab an, dass die Prozesse zu Verbrechen an Frauen künftig nach dem Antiterrorgesetz durchgeführt würden.

  • In der Provinz North West Frontier und in den Stammesgebieten wurden Mädchenschulen von Taliban-Gruppen geschlossen oder niedergebrannt, Frauen wurden zum Tragen eines Schleiers gezwungen und durften das Haus nur noch in Begleitung eines männlichen Angehörigen verlassen. Mehrere Frauen wurden wegen "unmoralischen" Verhaltens bestraft, verstümmelt oder erschossen.

Es war nach wie vor schwierig, auf juristischem Weg Wiedergutmachung für Verstöße gegen die Rechte von Frauen zu erreichen.

  • Am 27. April 2009 wurde in Peschawar die paschtunische Sängerin Ayman Udas erschossen. Berichten zufolge verübten ihre beiden Brüder die Tat. Sie waren der Ansicht, die künstlerische Karriere sowie die Scheidung und Wiederverheiratung ihrer Schwester beflecke die Ehre der Familie. Keiner der mutmaßlichen Täter wurde verhaftet.

Kinderrechte

Kinderarbeit, familiäre Gewalt, sexuelle Übergriffe und die Zwangsverheiratung von Mädchen zur Beilegung eines Streits waren weiter an der Tagesordnung. Die Regierung tat wenig, um solche Menschenrechtsverstöße zu verhindern oder die Bestrafung der Täter sicherzustellen. Im Oktober wurde das Parlament der Provinz Sindh darüber unterrichtet, dass zwischen Mai 2008 und April 2009 insgesamt 4367 Opfer von Kinderarbeit aus ihren Arbeitsverhältnissen befreit und einer NGO zur Rehabilitierung übergeben worden waren.
Die Armee präsentierte in den Medien wiederholt Kinder, die angeblich in Taliban-Camps aufgegriffen worden waren, wo man sie für Selbstmordattentate geschult habe.

  • Im August 2009 traten in Mingora elf "sichtlich traumatisierte" Jungen, von denen drei noch nicht einmal zehn Jahre alt zu sein schienen, vor Journalisten auf und erzählten, sie seien zusammen mit Hunderten von Gleichaltrigen in Ausbildungscamps der Taliban festgehalten worden.

Die Jugendstrafordnung aus dem Jahr 2000 wurde nach wie vor unzureichend umgesetzt. Dies galt insbesondere für die Bestimmung, dass Kinder in Haftanstalten getrennt von Erwachsenen unterzubringen sind.

Todesstrafe

Nach Angaben der Menschenrechtskommission von Pakistan verhängten die Gerichte des Landes im Berichtszeitraum 276 Todesurteile. Hinrichtungen fanden allerdings nicht statt. Ende 2009 waren gegen rund 7700 Menschen Todesurteile anhängig.

Zusicherungen aus dem Jahr 2008, alle Todesurteile in lebenslange Freiheitsstrafen umzuwandeln, wurden nicht erfüllt. Im September forderte Präsident Zardari die Provinzregierungen dazu auf, ihre Empfehlungen zur Umwandlung von Todesurteilen in Haftstrafen von 24 bis 30 Jahren vorzulegen. Am 31. August hob der Oberste Gerichtshof eine Entscheidung des Oberen Gerichts von Lahore vom April auf, bei Drogendelikten keine Todesstrafe mehr gegen Frauen und Jugendliche zu verhängen.

Amnesty International: Missionen und Berichte

Ein Delegierter von Amnesty International besuchte Pakistan im Mai.

Pakistan: Resolve hundreds of Baluch "disappearances" (ASA 33/001/2009)

Pakistan: Lahore attack shows government must do more to protect civilians (ASA 33/002/2009)

Pakistan: Government should take concrete action to amend or abolish the blasphemy laws within a year (ASA 33/008/2009)

Pakistan: Government must prepare for South Waziristan displacement crisis, 16 October 2009

Pakistan: Amnesty International welcomes Supreme Court move to hear disappearances cases (ASA 33/011/2009)

© Amnesty International

Associated documents