Amnesty International Report 2013 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Romania

Amtliche Bezeichnung: Rumänien
Staatsoberhaupt: Traian Basescu
Regierungschef: Victor Ponta (übernahm das Amt im Mai von Mihai Razvan Ungureanu, der im Februar Emil Boc abgelöst hatte)

Der Polizei wurde vorgeworfen, sie habe willkürliche und unverhältnismäßige Gewalt gegen Demonstrierende angewandt, die gegen Sparmaßnahmen und gegen die Regierung protestiert hatten. Die Stadtverwaltungen von Baia Mare und Piatra Neamt gingen 2012 mit groß angelegten rechtswidrigen Zwangsräumungen gegen Roma vor. Das Europäische Parlament forderte die rumänischen Behörden auf, eine neue Untersuchung zu ihrer Beteiligung am CIA-Programm für außerordentliche Überstellungen und Geheimgefängnisse einzuleiten.

Hintergrund

Im Jahr 2012 erfolgten zwei Regierungswechsel. Nach wochenlangen Demonstrationen gegen die Sparpolitik trat die Regierung unter Ministerpräsident Emil Boc von der Liberaldemokratischen Partei (Partidul Democrat-Liberal - PD-L) im Februar zurück. Nach einer weiteren Protestwelle stürzte im April die Regierung des parteilosen Ministerpräsidenten Mihai Razvan Ungureanu über ein Misstrauensvotum im Parlament. Präsident Traian Basescu ernannte daraufhin Victor Ponta von der Sozialdemokratischen Partei (Partidul Social Democrat - PSD) zum Interims-Ministerpräsidenten. Im Dezember gewannen die Sozialdemokraten bei den Parlamentswahlen die Mehrheit der Sitze.

Im Juli 2012 stimmte eine Mehrheit im rumänischen Parlament für die Amtsenthebung von Präsident Traian Basescu. Das Verfahren war eingeleitet worden, nachdem die Regierung dem Präsidenten Verfassungsbruch vorgeworfen hatte. Ein anschließendes Referendum zur Absetzung des Präsidenten wurde vom Verfassungsgericht jedoch wegen zu geringer Beteiligung für ungültig erklärt. Der Präsident blieb daher im Amt.

Im Juli äußerte die Europäische Kommission schwerwiegende Bedenken hinsichtlich der Wahrung der Rechtsstaatlichkeit und der Unabhängigkeit der Justiz in Rumänien.

Exzessive Gewaltanwendung

Im Zusammenhang mit gewalttätigen Auseinandersetzungen bei den regierungskritischen Demonstrationen im Januar 2012 wurde der Vorwurf laut, die Polizei habe exzessive Gewalt angewandt. Medienberichte und Videoaufnahmen zeigten, wie Polizisten mit extremer Gewalt gegen allem Anschein nach friedliche Demonstrierende vorgingen, die keinerlei Widerstand leisteten. Das rumänische Helsinki-Komitee (Asociatia pentru Apararea Drepturilor Omului în România - Comitetul Helsinki - APADOR-CH) dokumentierte mehrere Fälle von Misshandlungen durch die Polizei bei den Demonstrationen. Die NGO kam zu dem Schluss, dass das Vorgehen der Ordnungskräfte zum Teil willkürlich und unverhältnismäßig war. Im Februar erklärte das Ministerium für Verwaltung und Innere Angelegenheiten, man gehe vier Strafanzeigen im Zusammenhang mit dem Verhalten von Polizeibeamten während der Demonstrationen nach. Ende 2012 war noch keine Anklage erhoben worden.

Diskriminierung - Roma

Recht auf Bildung
Der Beratungsausschuss des Europarats für das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten stellte im Oktober 2012 fest, dass Roma-Kinder immer noch in Schulen für behinderte Kinder, in Sonderschulen oder in separaten Klassen untergebracht wurden.

Recht auf Wohnen
Kommunale Behörden vertrieben Roma nach wie vor unter Anwendung von Zwang und siedelten sie in unzureichenden Unterkünften in abgelegenen Gebieten wieder an.

  • Die Wohnverhältnisse von etwa 76 Familien, in der Mehrzahl Roma, die im Dezember 2010 das Stadtzentrum von Cluj-Napoca verlassen mussten, waren nach wie vor mangelhaft.
Sie lebten in den Außenbezirken der Stadt, in der Nähe der städtischen Mülldeponie und unweit einer ehemaligen Halde für Chemieabfälle. Bei Treffen mit den vertriebenen Familien sagten die Behörden zu, sie ab 2013 im Rahmen eines Projekts des UN-Entwicklungsprogramms umzusiedeln. Nähere Angaben zu der geplanten Umsiedlung machten sie jedoch nicht.
  • Am 18. April 2012 lehnte das Gericht von Cluj-Napoca ein erneutes Gesuch der Nationalen Eisenbahngesellschaft ab, die Unterkünfte von etwa 450 Personen, überwiegend Roma, in einer Siedlung an der Cantonului-Straße am Stadtrand abzureißen. Mit seiner Entscheidung verhinderte das Gericht eine Zwangsräumung. Viele der Bewohner waren seit 2002 von der Stadtverwaltung in das Gebiet umgesiedelt worden.
  • Im April 2012 hob ein Berufungsgericht in Cluj eine Entscheidung der Gleichbehandlungsstelle des Nationalen Rats zur Bekämpfung von Diskriminierung auf. Der Nationale Rat hatte die Stadtverwaltung von Baia Mare zu einer Geldstrafe verurteilt, weil sie eine Betonmauer bauen ließ, die von Roma bewohnte Häuserblocks vom übrigen Wohngebiet abtrennte. Das Gericht vertrat die Ansicht, die Mauer sei eine angemessene Reaktion auf verkehrsbedingte Belästigungen und grenze die Roma-Bewohner nicht aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit aus. Der Nationale Rat kündigte an, er werde Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen.
  • Im Mai und Juni 2012 wurden auf Betreiben der Stadtverwaltung von Baia Mare etwa 120 Roma-Familien aus Craica, einer der größten informellen Siedlungen der Stadt, umgesiedelt. Sie wurden in drei Gebäuden der Metallfirma CUPROM untergebracht, die jedoch nicht zu Wohnzwecken umgebaut worden waren. Jede Familie bekam jeweils ein oder zwei Räume zugewiesen. Diese besaßen weder eine Heizung noch eine angemessene Isolierung. Die sanitären Anlagen waren ebenfalls nicht ausreichend.
  • Die Stadtverwaltung von Piatra Neamt siedelte im August 2012 etwa 500 Roma, die in Unterkünften am Stadtrand lebten, in ein völlig abgelegenes Gebiet um, das 2 km von der nächsten Bushaltestelle entfernt liegt. Die Wohneinheiten dort hatten keine Stromversorgung, und es gab in dem Gebiet keine ausreichende Infrastruktur wie z.B. Straßenbeleuchtung oder eine richtige Zufahrtsstraße.

Sexuelle und reproduktive Rechte

Im September 2012 wurde ein Gesetzentwurf ins Parlament eingebracht, der eine obligatorische Beratung für schwangere Frauen vorsieht. Dies könnte u.a. zu zusätzlichen Kosten und für Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen wollen, möglicherweise zu längeren Wartezeiten führen.

Antiterror- und Sicherheitsmaßnahmen

Im September 2012 nahm das Europäische Parlament eine Entschließung an, die sich an Rumänien und weitere EU-Mitgliedstaaten richtete, die im Verdacht stehen, auf ihrem Territorium geheime CIA-Haftzentren zugelassen zu haben. Die Staaten wurden darin aufgefordert, ihrer uneingeschränkten rechtlichen Verpflichtung nachzukommen und unabhängige, unparteiische, gründliche und wirksame Ermittlungen zu ihrer Beteiligung am CIA-Programm für außerordentliche Überstellungen und Geheimgefängnisse einzuleiten. In dem Bericht wurden die Behörden aufgefordert, eine neue Untersuchung einzuleiten, die Bezug nimmt auf die Identifizierung eines Geheimgefängnisses in der Hauptstadt Bukarest durch ehemalige Staatsbedienstete der USA. Die Untersuchung solle auch die vorliegenden Beweise für Überstellungsflüge zwischen Rumänien, Polen und Litauen sowie anderen Staaten, die im Verdacht stehen, geheime CIA-Einrichtungen beherbergt zu haben, berücksichtigen.

  • Im Oktober 2012 setzte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die rumänischen Behörden über den Fall al-Nashiri gegen Rumänien in Kenntnis. Der saudi-arabische Staatsangehörige hatte den Vorwurf erhoben, in einem CIA-Geheimgefängnis in Rumänien inhaftiert und gefoltert worden zu sein, bevor er schließlich zur US-Militärbasis Guantánamo Bay auf Kuba gebracht wurde.

Amnesty International: Missionen und Berichte

Delegierte von Amnesty International besuchten Rumänien
in den Monaten März, Mai, Oktober und Dezember.



 

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