Amnesty International Report 2011 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte

Amtliche Bezeichnung: Demokratische Republik Timor-Leste
Staatsoberhaupt: José Manuel Ramos-Horta
Regierungschef: Kay Rala Xanana Gusmão
Todesstrafe: für alle Straftaten abgeschafft
Einwohner: 1,2 Mio.
Lebenserwartung: 62,1 Jahre
Kindersterblichkeit (m/w): 92/91 pro 1000 Lebendgeburten

Die Verantwortlichen für die schweren Menschenrechtsverletzungen während der indonesischen Besatzung 1975-99 wurden weiterhin nicht zur Rechenschaft gezogen. Gegen Polizei- und Militärangehörige wurden Vorwürfe erhoben, für Misshandlungen und Fälle exzessiver Gewaltanwendung verantwortlich zu sein. Obwohl 2010 ein Gesetz gegen familiäre Gewalt verabschiedet wurde, war Gewalt gegen Frauen und Mädchen nach wie vor weit verbreitet.

Hintergrund

Im Februar 2010 beschloss der UN-Sicherheitsrat, das Mandat der UN-Mission in Timor-Leste (UNMIT) um ein weiteres Jahr zu verlängern.

Polizei und Sicherheitskräfte

Die Nationalpolizei (Policia Nacional de Timor-Leste) übernahm zunehmend Verantwortung für zentrale polizeiliche Aufgabenbereiche. Auch bei der Entwicklung interner Disziplinarmechanismen waren Fortschritte zu verzeichnen. Dennoch trafen auch 2010 Berichte über Menschenrechtsverletzungen durch Angehörige von Polizei und Militär ein, darunter Folter und exzessive Gewaltanwendung. In mindestens 59 Fällen richteten sich die Vorwürfe gegen die Nationalpolizei, in weiteren 13 Fällen gegen Angehörige des Militärs.

Justizsystem

Das Justizsystem war 2010 nach wie vor schwach und kaum in der Lage, die Verantwortlichen für Verstöße zur Rechenschaft zu ziehen. Bei dem Versuch, gegen diejenigen vorzugehen, die für die Gewaltausbrüche im Jahr 2006 verantwortlich waren, als etwa ein Drittel der Soldaten des Landes aus der Armee entlassen worden war, gab es weiterhin kaum Fortschritte.
Im März 2010 wurden 24 Personen schuldig gesprochen, an den Attentatsversuchen auf Staatspräsident Ramos-Horta und Ministerpräsident Gusmão im Februar 2008 beteiligt gewesen zu sein. Im August begnadigte der Präsident jedoch 23 von ihnen, darunter auch den Anführer der Aufständischen, Leutnant Gastão Salsinha. Zivilgesellschaftliche Organisationen äußerten die Sorge, dass durch die Begnadigungen die Glaubwürdigkeit des Justizsystems in Frage gestellt werden könnte.

  • Am 26. März 2010 wurde Domingos Noronha (alias Mau Buti), ein ehemaliges Mitglied der Mahidi-Milizen, wegen schwerer Verbrechen, die er 1999 begangen hatte, zu 16 Jahren Haft verurteilt. Das Gericht befand ihn dreier Morde für schuldig.

Gewalt gegen Frauen und Mädchen

Im Mai wurde ein Gesetz gegen häusliche Gewalt verabschiedet, das Regierung, Polizei und Gesellschaft einen Rahmen bieten soll, um auf Gewalt in der Familie zu reagieren. In dem Gesetz wurde der Begriff häusliche Gewalt so weit definiert, dass damit außer körperlicher und sexueller Gewalt auch psychische und wirtschaftliche Gewalt gemeint ist. Es sieht außerdem eine Reihe von Hilfen für die Opfer vor. Trotzdem wurden viele Fälle häuslicher Gewalt nach wie vor mit traditionellen Rechtsverfahren geregelt, bei denen das Opfer keine umfassende Wiedergutmachung erhält. Die Zahl der Fälle von häuslicher Gewalt war nach wie vor hoch.

Straflosigkeit

Im Januar 2010 unterzeichneten die Ombudsstelle für Menschenrechte und Gerechtigkeit von Timor-Leste und die Nationale Menschenrechtskommission von Indonesien eine Vereinbarung zur Umsetzung der Empfehlungen der von beiden Ländern gemeinsam eingerichteten bilateralen Kommission für Wahrheit und Freundschaft (Comissão de Verdade e Amizade - CVA) und der timoresischen Kommission für Wahrheit und Versöhnung (Comissão de Acolhimento, Verdade e Reconciliacão de Timor-Leste - CAVR). Der Inhalt der Vereinbarung wurde nicht veröffentlicht.
Anfang Juli wurden der Öffentlichkeit zwei Gesetzentwürfe zur Begutachtung vorgelegt. Sie sehen die Einrichtung eines Nationalen Programms zur Wiedergutmachung und ein "Institut des Gedenkens" vor, das die Empfehlungen von CVA und CAVR umsetzen soll. Ursprünglich war für Ende September eine Parlamentsdebatte über die beiden Gesetzentwürfe vorgesehen, sie wurde dann aber auf Februar 2011 verschoben.
Bei der Aufarbeitung der schweren Menschenrechtsverletzungen, die während der indonesischen Besatzung in Timor-Leste begangen worden waren, darunter Verbrechen gegen die Menschlichkeit, wurden kaum Fortschritte erzielt. Präsident Ramos-Horta wies die Forderung nationaler und internationaler NGOs nach Einrichtung eines internationalen Tribunals zur Aufarbeitung der Verbrechen der Vergangenheit zurück. Er sagte aber auch, dass er sich nicht widersetzen würde, sollte der UN-Sicherheitsrat ein solches Tribunal einsetzen wollen. Das UN-Ermittlungsteam zur Untersuchung der schweren Menschenrechtsverletzungen, die im Jahr 1999 begangen wurden, setzte seine Arbeit 2010 weiter fort.

Amnesty International: Bericht

Timor-Leste: International Criminal Court - Justice in the shadow (ASA 57/001/2010)

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