Amnesty International Report 2012 - The State of the World's Human Rights

Amtliche Bezeichnung: Republik Niger
Staatsoberhaupt: Mahamadou Issoufou (löste im April Salou Djibo im Amt ab)
Regierungschef: Brigi Rafini (löste im April Mahamadou Danda im Amt ab)
Todesstrafe: in der Praxis abgeschafft
Einwohner: 16,1 Mio.
Lebenserwartung: 54,7 Jahre
Kindersterblichkeit: 160,3 pro 1000 Lebendgeburten
Alphabetisierungsrate: 28,7%

Zwei Spitzenpolitiker und zehn Offiziere der Streitkräfte waren mehrere Monate ohne Gerichtsverfahren inhaftiert. Niger nahm hochrangige Mitglieder der libyschen Regierung "aus humanitären Gründen" auf.

Zugleich erklärte die Staatsführung, falls Personen in das Land einreisen sollten, gegen die ein offizieller Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs vorliege, würde Niger seinen Verpflichtungen gegenüber dem Strafgerichtshof nachkommen. Mehrere ausländische Staatsangehörige wurden von Al-Qaida im islamischen Maghreb (AQIM) entführt oder befanden sich weiterhin in der Gewalt der Gruppe. Zwei Männer wurden bei einer missglückten Geiselbefreiung getötet.

Hintergrund

Im März 2011 wurde Mahamadou Issoufou zum neuen Staatspräsidenten gewählt. Damit endete die Regierung der Militärjunta, die Ex-Präsident Mamadou Tandja 2010 seines Amtes enthoben hatte.

Die Rückkehr von mehr als 200000 nigrischen Staatsangehörigen, die Libyen wegen der dort ausgebrochenen Unruhen und kriegerischen Auseinandersetzungen verließen, führte zu einer prekären humanitären Situation.

Im gesamten Berichtsjahr gingen aus dem Norden des Landes Meldungen über Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und AQIM-Milizen ein. Nach Angaben der nigrischen Regierung versorgte sich AQIM mit Waffen, die aus Libyen geschmuggelt wurden. Im Mai erklärte Niger, dass es die Zusammenarbeit mit Mali, Mauretanien und Algerien im Sicherheitsbereich verstärken wolle. Im November zerstörten die Streitkräfte einen mit schweren Waffen beladenen Konvoi, der sich auf dem Weg von Libyen nach Mali befand.

Haft ohne Gerichtsverfahren

Zwei Spitzenpolitiker und zehn Offiziere der Streitkräfte waren mehrere Monate inhaftiert. Mindestens drei befanden sich Ende des Berichtsjahrs nach wie vor ohne Gerichtsverfahren in Haft.

  • Ex-Präsident Tandja, der nach seiner Entmachtung im Jahr 2010 zunächst unter Hausarrest gestellt worden war, wurde im Januar 2011 wegen Veruntreuung angeklagt und inhaftiert. Im Mai kam er vorläufig aus der Haft frei. Bis Jahresende hatte noch kein Verfahren gegen den einstigen Staatschef stattgefunden. Der frühere Innenminister Albadé Abouba, der seit Februar 2010 unter Hausarrest gestanden hatte, wurde im März ohne Anklageerhebung auf freien Fuß gesetzt.
  • Im Juli 2011 wurden zehn Angehörige der Streitkräfte unter der Anschuldigung festgenommen, eine Verschwörung gegen den Staat geplant zu haben. Sie wurden mehrere Tage lang festgehalten und dann wieder freigelassen. Im September wurden zwei hochrangige Militärangehörige, Oberst Abdoulaye Badié und Oberstleutnant Hamadou Djibo, unter dem Vorwurf verhaftet, sie hätten ein Schreiben verfasst und verbreitet, in dem sie die Beförderung einiger Militärangehöriger kritisierten. Beide wurden ohne Anklageerhebung im November aus der Haft entlassen.

Menschenrechtsverstöße durch bewaffnete Gruppen

Mehrere Ausländer wurden von AQIM entführt oder befanden sich weiterhin in der Gewalt der Gruppe. Zwei Männer wurden bei einer missglückten Geiselbefreiung getötet.

  • Im Januar 2011 entführte AQIM zwei Franzosen in Niamey, der Hauptstadt des Landes. Einen Tag später kamen die beiden Geiseln bei einem fehlgeschlagenen Rettungsversuch, an dem nigrische und französische Soldaten beteiligt waren, an der Grenze zu Mali ums Leben. Bei dem Zwischenfall sollen auch drei Angehörige der paramilitärischen Polizei (gendarmes) aus Niger sowie mutmaßliche Angehörige von AQIM getötet worden sein. AQIM bekannte sich zu den Entführungen.
  • Im Februar 2011 ließ AQIM drei der sieben im September 2010 in der Stadt Arlit entführten Männer frei. Ein Franzose, ein Togolese und ein Madagasse kamen frei; vier weitere Franzosen befanden sich Ende des Jahres noch immer in der Gewalt von AQIM.

Internationale Strafgerichtsbarkeit

Im September 2011 reisten mehrere hochrangige Angehörige der libyschen Regierung unter Mu'ammar al-Gaddafi nach Niger ein. Einer von ihnen war Sa'adi al-Gaddafi, ein Sohn des libyschen Staatsoberhaupts, gegen den der UN-Sicherheitsrat Sanktionen verhängt hatte. Niger nahm die Geflüchteten aus "humanitären Gründen" auf und stellte sie "unter Überwachung". Ende des Jahres lagen keine Haftbefehle des Internationalen Strafgerichtshofs gegen die Geflüchteten vor.

Der wiederholten Forderung des Libyschen Übergangsrats, die Männer nach Libyen zu überstellen, kam Niger nicht nach. Das Land erklärte jedoch, falls ein entsprechendes Auslieferungsgesuch gestellt werden sollte, werde es seine völkerrechtlichen Verpflichtungen gegenüber der internationalen Gerichtsbarkeit erfüllen.

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