a-4502 (ACC-KAZ-4502)

Nach einer Recherche in unserer Länderdokumentation und im Internet können wir Ihnen zu oben genannter Fragestellung Materialien zur Verfügung stellen, die unter anderem folgende Informationen enthalten:
Wie stark ist die deutsche Volksgruppe in Kasachstan vertreten?
Während laut Volkszählung von 1989 noch ca. 950.000 ethnische Deutsche in Kasachstan lebten, schwanken nach Angaben des Integrated Regional Information Network (IRIN), der UN Commission on Human Rights, dem kasachischen Fernsehsender Kazakh Khabar sowie der kasachischen Zeitung Ekspress-K die Angaben über die derzeit in Kasachstan lebenden Angehörigen der deutschen Volksgruppe zwischen 250.000 und 300.000 (IRIN, 1. Februar 2005; UN Commission on Human Rights, 5. Mai 2003, S. 13; Kazakh Khabar, 8. Juni 2005; Ekspress-K, 3. November 2004); laut Freedom House (FH) und dem US Department of State (USDOS) machen die Angehörigen der deutschen Minderheit zwischen 2,4 und 1,8 Prozent der Gesamtbevölkerung Kasachstans aus (FH, 15. Juni 2005, S. 10; USDOS, April 2005).
 
In einem von der Deutschen Welle übersetzen Artikel der kasachischen Zeitung Ekspress-K vom 3. November 2004 heißt es:
„Wie die kasachische Zeitung Ekspress-K in ihrer Ausgabe vom 3. November berichtete, wandern keine in Kasachstan lebenden Deutschen mehr nach Deutschland aus. "Die Schlangen vor der deutschen Botschaft in Kasachstan [in der ehemaligen Hauptstadt Almaty] sind verschwunden. Mehrere Jahre lang hatten ganze Massen ethnischer Deutscher, die in ihre historische Heimat ausreisen wollten, praktisch die Botschaft belagert", so die Zeitung. "Wer gehen wollte, ist bereits gegangen", zitiert die Zeitung einen Mann auf der Straße.
Nach Angaben von Demographen lebte Anfang der neunziger Jahre über eine Million Deutsche in Kasachstan, jetzt sind es nicht mehr als 250 000. "Wenn wir die derzeitige Situation in Kasachstan mit der Zeit nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion vergleichen ist natürlich alles viel besser geworden. Die Gründe, die die Deutschen zur Ausreise veranlassten, gibt es nicht mehr", zitiert die Zeitung den Geschäftsträger der deutschen Botschaft in Kasachstan Gebhardt Weiss. "Wir können bestätigen, dass gegenüber anderen Religionen und ethnischen Gruppen in Kasachstan eine Politik der Toleranz betrieben wird", führt die Zeitung die Worte der Vizevorsitzenden des Deutschen Bundestags Antje Vollmer an, die vor kurzem Kasachstan besuchte.
Die unzufriedensten Deutschen haben Kasachstan bereits verlassen. Diejenigen, die es vorziehen, für sich und ihre Familien hier in Kasachstan ein besseres Leben zu finden, sind geblieben, so Ekspress-K. (TS)” (Ekspress-K, 3. November 2004)
Gibt es Hinweise auf eine Verfolgung dieser Volksgruppe durch den Staat?
In den ACCORD derzeit zur Verfügung stehenden Materialien konnten keine Informationen darüber gefunden werden, ob es Hinweise auf eine Verfolgung der deutschen Volksgruppe durch den kasachischen Staat gibt.
 
Nach Angaben der UN Commission on Human Rights herrscht zwischen den 56 Prozent ethnischen Kasachen und den Rest ausmachenden Angehörigen anderer ethnischer Gruppierungen kein offen ausgetragener Unfriede. Dennoch, so die UN Commission on Human Rights, äußerten einige Personen Besorgnis darüber, dass die relativ weit verbreitete Auffassung, ethnische Kasachen genössen wirtschaftliche und politische Vorteile gegenüber Angehörigen ethnischer Minderheiten, ein gewisses Risiko darstellen könnte (UN Commission on Human Rights, 11. Januar 2005, Par. 28).  Auch IRIN berichtet am 1. Februar 2005, dass ethnische Kasachen trotz verfassungsmäßig verankerter Gleichstellung aller Einwohner Kasachstans Vorteile und Privilegien genössen (IRIN, 1. Februar 2005). Das USDOS erwähnt in seinem Jahresbericht zur Menschenrechtslage in Kasachstan im Jahr 2004 ebenfalls, die positive Diskriminierung ethnischer Kasachen (insbesondere bei Anstellungen im Staatsdienst oder bei er Privatisierung von Unternehmen) sowie die Tatsache, dass eine Diskriminierung von Angehörigen ethnischer Minderheiten weiterhin ein Problem darstellten (USDOS, 28. Februar 2005, Introduction und Sek. 5).
 
Freedom House erwähnt in seinem erst kürzlich erschienenen Bericht „Nations in Transit 2005“, dass ethnische Kasachen den Status „Erste unter Gleichen“ innehätten, während Russen und andere ethnische nicht-Kasachen zunehmend eine Herabstufung ihrer Position hinnehmen müssten (FH, 15. Juni 2005, S. 10).
 
FH und die UN Commission on Human Rights berichten zudem, dass Angehörige ethnischer Minderheiten in Politik und Justiz unterrepräsentiert seien; was letztere angehe, könnten jedoch einige Landesteile und eine Reihe von Gerichten identifiziert werden, wo die Repräsentanz ethnischer Minderheiten durchaus zufrieden stellend sei (UN Commission on Human Rights, 11. Januar 2005, Par. 28; FH, 15. Juni 2005, S. 10).
 
Die Los Angeles Times berichtet im August 2004, dass die Mehrheit von Angehörigen nicht-kasachischer Ethnien (v.a. Russen, Ukrainier und Deutsche), die sich diskriminiert gefühlt hätten, emigriert seien (mehr als 3 Mio). Diejenigen, die im Land verblieben seien, hätten durchaus „eine komfortable Nische“ gefunden (Los Angeles Times, 27. August 2004).
 
Der kasachische Präsident Nasarbajew weist in seinem Interview mit der Nachrichtenagentur Interfax-Kasachstan vom 21. April 2005 im Zusammenhang mit einer Lagebeschreibung der kasachischen Medienlandschaft auch auf die Existenz deutschsprachiger Medien hin; diese, wie z.B. die Deutsche Allgemeine Zeitung, würde sogar vom kasachischen Staat finanziell unterstützt werden, ein Umstand, der in keinem anderen Land der ehemaligen Sowjetunion existiere (Interfax-Kazakhstan, 21. April 2005).
Gibt es Hinweise auf eine Verfolgung dieser Volksgruppe durch kasachische Nationalisten; und falls ja, inwiefern schützt der Staat vor solchen Übergriffen?
In den ACCORD derzeit zur Verfügung stehenden Materialien konnten keine Informationen darüber gefunden werden, ob es Hinweise auf eine Verfolgung der deutschen Volksgruppe durch kasachische Nationalisten gibt.
Gibt es deutsche Vereine in Kasachstan?
Laut dem erst kürzlich erschienenen ‘Nations in Transit 2005” Bericht von FH, garantiert die kasachische Verfassung das Recht auf Bildung so genannter „nationaler“ Zentren zur Erhaltung des kulturellen Erbes ethnischer Gruppen; öffentliche Vereinigungen und politische Parteien mit ethnischen, religiösen oder nationalistischen Agenden sind dagegen laut der kasachischen Verfassung verboten. Die rechtlichen Rahmenbedingungen geben den nationalen Zentren laut FH die Ausrichtung auf folkloristische Aktivitäten vor; eine Unterstützung dieser Zentren durch die jeweiligen „Mutterländer“ werde vom kasachischen Staat erwartet. Im Fall deutscher Zentren gebe es nach Angaben von FH eine solche Unterstützung aus Deutschland (FH, 15. Juni 2005, S. 10).
 
Die UN Commission on Human Rights erwähnt das so genannte ‘Deutsche Haus’ (Rat der Deutsche) in Almaty, welches neben kostenlosem Deutschunterricht auch kostenlos Medikamente und Heizmaterial verteilen würde (UN Commission on Human Rights, 5. Mai 2003, S. 14). Nach Angaben des Bunds der Vertriebenen (BdV) lautet die Adresse: Rat der Deutschen in Kasachstan, Vorsitzender: Alexander Dederer, Deutsches Haus, Samal 3, Haus 9, KZ - 480051 Almaty (BdV, Deutsche Minderheiten in Osteuropa, o.A).
 
Das deutsche Auswärtige Amt konstatiert zur Lage der deutschen Minderheit in Kaschastan:
„Die russlanddeutsche Minderheit erfährt eine kulturelle Förderung vor allem durch vielfältige Programme der über das ganze Land verteilten "Wiedergeburten". Diese 23 in Siedlungsschwerpunkten deutscher Minderheit ansässigen Gesellschaften arbeiten unter der Dachorganisation des "Rates der Deutschen" in Almaty. Als Begegnungszentren werden von der Botschaft sowie Goethe-Institut und GTZ (Gesellschaft für technische Zusammenarbeit) finanziell und durch Ausbildungsprogramme unterstützt. Darüber hinaus fördert das Goethe-Institut die Arbeit des "Deutschen Theaters Almaty" (DTA) durch finanzielle Zuschüsse sowie das Institut für Auslandsbeziehungen (ifa) die halbstaatliche "Deutsche Allgemeine Zeitung" (DAZ) durch Finanzierung eines deutschen Medienassistenten. Die kulturelle Förderung der russlanddeutschen Minderheit wird durch die fortlaufende Auswanderung erschwert. Diese verkleinert zum Einen die Zielgruppe. Zum anderen werden die Sprachkenntnisse der Bleibenden trotz eines großen Angebots an Deutschkursen geringer.“ (AA, April 2005)
In welchen Gebieten sind deutsche Volksgruppenzugehörige in Kasachstan ansässig?
Nach Angaben von IRIN lebt die überwiegende Mehrheit der ethnischen Deutschen in Gebieten in Zentral- und Nordkasachstan, wo sich in der Vergangenheit die Arbeitslager befanden, in welchen sie zur Zeit des Zweiten Weltkriegs interniert worden waren. Nur einige sollten später nach Süd- und Ostkasachstan umgesiedelt sein (IRIN, 1. Februar 2005).
 
Die UN Commission on Human Rights sowie Martha Brill Olcott, Autorin des Buches “Kazkhstan: Unfulfilled Promise, 2002” erwähnen, dass die meisten Angehörigen der deutschen Minderheit im Oblast Akmola und Kostanai leben (UN Commission on Human Rights, 5. Mai 2003, S. 13; Olcott, 2002, S. 84). 
 
Diese Informationen beruhen auf einer zeitlich begrenzten Recherche in öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD derzeit zur Verfügung stehen. Die Antwort stellt keine abschließende Meinung zur Glaubwürdigkeit eines bestimmten Asylansuchens dar.
Quellen: