Amnesty International Report 2013 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Paraguay

Amtliche Bezeichnung: Republik Paraguay
Staats- und Regierungschef:
 Federico Franco Goméz (löste im Juni Fernando Lugo Méndez im Amt ab)

Bei der Gewährleistung der Rechte indigener Bevölkerungsgruppen waren gewisse Fortschritte zu verzeichnen. Einigen indigenen Gemeinschaften blieb der Zugang zu ihrem angestammten Land jedoch weiterhin verwehrt. Im Laufe des Jahres fanden mehrere Proteste im Zusammenhang mit Landrechten statt. Es bestand weiterhin Besorgnis wegen mangelnder Unparteilichkeit und Unabhängigkeit der Justiz.

Hintergrund

Im Juni 2012 wurde der ehemalige Präsident Fernando Lugo nach Zusammenstößen im östlichen Departamento Canindeyú, bei denen elf Campesinos (Kleinbauern) und sechs Polizeibeamte getötet worden waren, seines Amtes enthoben.

Im Oktober wurde ein Auswahlkomitee (Órgano Selector) eingesetzt, das die Mitglieder des Nationalen Mechanismus zur Verhütung von Folter (Mecanismo Nacional para la Prevención de la Tortura) ernennen sollte. Bis zum Jahresende waren die Mitglieder jedoch noch nicht nominiert worden.

Ein Gesetz zur Verhinderung von Diskriminierung war Ende 2012 noch vor dem Kongress anhängig. Der Gesetzentwurf, der internationale Standards in nationales Recht umsetzen soll, wird seit 2007 diskutiert. Es bestand die Befürchtung, dass der Kongress beabsichtigen könnte, sexuelle Orientierung nicht in den Katalog der Diskriminierungsverbote aufzunehmen.

Ein Gesetz zur Verhinderung, Beendigung und Bestrafung von Gewalt gegen Frauen, dessen Entwurf dem Kongress seit November vorgelegen hatte, war zum Ende des Berichtsjahres noch anhängig.


Rechte indigener Bevölkerungsgruppen

Bei der Lösung der Probleme im Zusammenhang mit Landansprüchen einiger indigener Bevölkerungsgruppen konnten Fortschritte erzielt werden, anderen indigenen Gemeinschaften wurde das Recht auf ihr angestammtes Land jedoch nach wie vor verwehrt.

  • Die Sawhoyamaxa lebten weiterhin unter erschreckenden Bedingungen am Rande einer Hauptstraße. Obwohl der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte im Jahr 2006 ein Urteil zu ihren Gunsten gefällt hatte, wurde ihnen ihr angestammtes Land nicht zurückgegeben. Im November 2012 wurden die Verhandlungen zwischen den Behörden und dem Landbesitzer erneut aufgenommen, nachdem die Gemeinschaft Proteste organisiert und eine Straßensperre errichtet hatte. Bis zum Jahresende konnte keine Vereinbarung über das Land getroffen werden.
  • Im Februar 2012 wurde zwischen den Behörden und einem Landbesitzer ein Abkommen über die Abtretung von Land getroffen, auf das die Yakye Axa Anspruch erhoben. Zum Jahresende warteten die Yakya Axa noch immer darauf, sich in diesem Gebiet ansiedeln zu können. Die vom Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte in seinem Urteil von 2005 geforderte Einrichtung eines Gemeindeentwicklungsfonds war bis Ende 2012 noch nicht erfolgt.
  • Im August 2012 versuchte die Polizei, eine rechtswidrige Zwangsräumung von mehr als 30 Familien einer im Bezirk Itakyry lebenden Gemeinschaft der Ava Guaraní durchzuführen. Angehörige der Gemeinschaft berichteten, dass die Polizei mehrere Hütten (chozas) niedergebrannt hätte. Eine Handelsgesellschaft hatte Anspruch auf das Land erhoben, auf dem die Gemeinschaft seit etwa 70 Jahren lebte. Die Gemeinschaft führte jedoch an, dass sie einen Rechtsanspruch auf das Land habe.

Justizsystem

Das Justizsystem wurde wegen mangelnder Unparteilichkeit und Unabhängigkeit kritisiert, außerdem gab es Vorwürfe wegen dessen unzulänglicher personeller und finanzieller Ausstattung. Es gab Meldungen über Verzögerungen in der Rechtsprechung.

Im Juni 2012 führten Landkonflikte im Bezirk Curuguaty im Departamento Canindeyú zu Zusammenstößen zwischen Protestierenden und der Polizei, bei denen 17 Personen - elf Campesinos und sechs Polizisten - zu Tode kamen. Im Dezember wurden 14 Campesinos wegen Straftaten, u.a. illegaler Landbesetzung und Bildung einer kriminellen Vereinigung, angeklagt; zehn von ihnen wurden außerdem wegen der Tötung der sechs Polizisten beschuldigt. Es herrschte Besorgnis wegen mangelnder Unparteilichkeit bei den Untersuchungen dieser Zusammenstöße, die sich Berichten zufolge ausschließlich auf die Handlungen der Protestierenden konzentrierten. Die Gerichtsverfahren gegen die 14 Campesinos waren zum Jahresende noch anhängig.

Einige der im Zusammenhang mit den Unruhen Inhaftierten traten in den Hungerstreik, um ihre Unschuld zu demonstrieren. Sie gaben an, dass sie während der Zusammenstöße entweder nicht anwesend oder nicht daran beteiligt gewesen seien.

Einige der im Zusammenhang mit den Ausschreitungen in Curuguaty in Gewahrsam gehaltenen Personen sollen gefoltert worden sein. Ende des Jahres 2012 war nicht bekannt, ob aufgrund dieser Vorwürfe Untersuchungen eingeleitet worden waren.

In den vergangenen Jahren war es wiederholt zu Besetzungen des umstrittenen Landes in Curuguaty gekommen. Zum Jahresende waren noch Gerichtsprozesse anhängig, in denen geklärt werden soll, wem dieses Land gehört.

Menschenrechtsverteidiger

Gegen vier Mitglieder der NGO Iniciativa Amotocodie waren 2012 weiterhin Gerichtsverfahren, u.a. wegen der Anklage des Vertrauensbruchs, anhängig. Die NGO setzt sich für die Rechte der in der Chaco-Region ansässigen abgeschieden lebenden indigenen Bevölkerungsgruppe der Ayoreo ein.

Gegen die Menschenrechtsorganisation waren Ermittlungen aufgenommen worden, nachdem sie öffentlich ihren Widerstand gegen eine wissenschaftliche Expedition namens "Dry Chaco 2010" erklärt hatte und dies damit begründete, dass die Rechte der abgeschieden lebenden indigenen Völker hierdurch beeinträchtigt werden könnten. Die Expedition wurde daraufhin abgesagt. Während der zwei Jahre andauernden Untersuchungen gab es etliche Wechsel in der Staatsanwaltschaft, und Anhörungen wurden mehrmals verschoben. Dem Staatsanwalt gelang es nicht, ausreichende Begründungen für eine Anklage zu liefern, und im August beantragte er einen zeitweiligen Aufschub der Verhandlungen, da noch weitere Informationen eingeholt werden müssten. Der Richter entsprach dem Antrag des Staatsanwalts.

Amnesty International: Mission

Delegierte von Amnesty International besuchten Paraguay
im November.

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