Amnesty International Report 2012 - The State of the World's Human Rights

Amtliche Bezeichnung: Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland
Staatsoberhaupt: Königin Elizabeth II.
Regierungschef: David Cameron
Todesstrafe: für alle Straftaten abgeschafft
Einwohner: 62,4 Mio.
Lebenserwartung: 80,2 Jahre
Kindersterblichkeit: 5,5 pro 1000 Lebendgeburten

Der Arbeitsauftrag der Untersuchungskommission zur Beteiligung britischer Staatsangehöriger an der Misshandlung von Gefangenen in anderen Ländern (Detainee Inquiry) wurde veröffentlicht. Er erfüllte bei weitem nicht die Menschenrechtsstandards. Die britische Regierung bekräftigte, sie werde die Praxis der Abschiebungen auf der Grundlage "diplomatischer Zusicherungen" weiter ausbauen, so dass die Gefahr bestand, dass Personen leichter in Länder abgeschoben werden könnten, in denen ihnen Folter droht. Die Untersuchungskommission zum Tod des irakischen Zivilisten Baha Mousa warf den britischen Streitkräften vor, schwere Menschenrechtsverletzungen an Gefangenen begangen zu haben. Die Untersuchung zum Mord an der Menschenrechtsanwältin Rosemary Nelson ergab, dass den staatlichen Organen zahlreiche Versäumnisse anzulasten waren. Im März wurde eine Kommission ins Leben gerufen, die eine Grundrechtecharta für das Vereinigte Königreich (UK Bill of Rights) erarbeiten soll.

Antiterrormaßnahmen und Sicherheit

Folter und Misshandlungen
Im Juli 2011 wurde der Arbeitsauftrag einer 2010 eingesetzten Kommission veröffentlicht, die dem Vorwurf nachgehen soll, britische Staatsangehörige seien an der Misshandlung von Gefangenen im Ausland im Zusammenhang mit Antiterrormaßnahmen beteiligt gewesen (Detainee Inquiry). Es gab Befürchtungen, wonach die geplante Vorgehensweise des Gremiums internationale Menschenrechtsstandards nicht erfüllen werde. Kritisiert wurde vor allem, dass sich die Regierung vorbehielt, über die Offenlegung von Dokumenten zu entscheiden, womit sie die Wirksamkeit und Unabhängigkeit der Untersuchung untergrub. Mehrere Rechtsanwälte bestätigten, sie hätten ihren Mandanten, die auf eine Untersuchung ihrer Fälle durch die Kommission hofften, von einer Teilnahme abgeraten. Zehn NGOs kündigten an, nicht an der Untersuchung mitzuwirken, sollte sie wie geplant ablaufen.

Der offizielle Beginn der Untersuchung wurde verschoben, bis die strafrechtlichen Ermittlungen gegen Angehörige des britischen Geheimdienstes wegen mutmaßlicher Vergehen abgeschlossen sind.

Im September 2011 tauchten in der libyschen Hauptstadt Tripolis Dokumente auf, denen zufolge Großbritannien 2004 an der rechtswidrigen Überstellung von Sami Mustafa al-Saadi und Abdel Hakim Belhaj nach Libyen beteiligt war, obwohl für die beiden dort die konkrete Gefahr von Folter und anderen Misshandlungen bestand. Sami Mustafa al-Saadi und Abdel Hakim Belhaj verklagten daraufhin die britischen Behörden auf Schadenersatz wegen mutmaßlicher Beteiligung an Menschenrechtsverletzungen wie Folter und anderen Misshandlungen, die sie erlitten hatten.

Am 3. Oktober 2011 urteilte der High Court of Justice über die Rechtmäßigkeit der Leitlinien für Geheimdienstangehörige bezüglich Festnahmen und Verhören im Ausland sowie zum Austausch von Informationen zwischen den Geheimdiensten. Das Gericht befand, die Leitlinien seien so abzuändern, dass dem absoluten Verbot, den Kopf von Häftlingen mit einer Kapuze zu verhüllen, Rechnung getragen werde. Den in den Leitlinien enthaltenen Maßstab, mit dem das Risiko der Folter oder Misshandlung für einen Gefangenen bewertet wird, sah das Gericht jedoch nicht als rechtswidrig an.

Im Dezember 2011 wandte sich die Regierung schriftlich an die US-Behörden mit der Bitte, Yunus Rahmatullah in britischen Gewahrsam zu überstellen. Zuvor hatte das Berufungsgericht für England und Wales (Court of Appeal) angeordnet, dass in seinem Fall eine richterliche Haftprüfung erfolgen müsse. Yunus Rahmatullah war von den britischen Streitkräften im Irak im Februar 2004 gefangen genommen und an die US-Streitkräfte übergeben worden. Diese hatten ihn nach Afghanistan gebracht und ihn dort seither ohne Anklageerhebung auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Bagram festgehalten.

Rechtliche und politische Entwicklungen
Im Januar 2011 veröffentlichte das Innenministerium das Ergebnis seiner Überprüfung von sechs zentralen Befugnissen im Bereich Sicherheit und Terrorismusbekämpfung. Kurz darauf wurde die Höchstdauer der Inhaftierung von Terrorverdächtigen bis zur Anklageerhebung von 28 auf 14 Tage reduziert. Im Februar veröffentlichte die Regierung jedoch einen Gesetzentwurf, der die Wiederherstellung der 28-Tage-Frist für den Fall einer nicht näher definierten "dringlichen Situation" möglich machte.

  • Am 13. Juli 2011 entschied das Oberste Berufungsgericht (Supreme Court) in der Sache Al Rawi und andere gegen die Security Services und andere, dass die Gerichte bei einer Entschädigungsklage keine Geheimdokumente ohne entsprechende gesetzliche Ermächtigung verwenden dürften - dies hätte der britischen Regierung ansonsten die Möglichkeit gegeben, sich in nichtöffentlichen Sitzungen auf geheime Unterlagen zu stützen.
    Im Oktober legte die Regierung in ihrem Grünbuch zu Justiz und Sicherheit mehrere Gesetzentwürfe vor, die teilweise Anlass zu Besorgnis gaben. So war u.a. vorgesehen, dass künftig in Zivilsachen (wie Entschädigungsklagen) verstärkt auch Geheimdokumente verwendet werden können. Außerdem waren Maßnahmen aufgeführt, die unter Verweis auf nationale Sicherheitsinteressen die Möglichkeiten der Opfer von Menschenrechtsverletzungen einschränken würden, vor Gericht die Freigabe geheimer Dokumente einzuklagen, die mit diesen Menschenrechtsverletzungen in Verbindung stehen. Zugleich enthielt das Grünbuch aber auch einige begrenzte Vorschläge zur Verbesserung der Kontrolle der Sicherheits- und Geheimdienste.

Überwachungsverfügungen
2011 waren gegen neun Personen, bei denen es sich um britische Staatsbürger handelte, sogenannte Überwachungsverfügungen in Kraft (Stand 14. Dezember).
Das Instrument der Überwachungsverfügungen war 2005 im Rahmen des Gesetzes zur Vorbeugung gegen den Terrorismus (Prevention of Terrorism Act 2005) eingeführt worden. Im Dezember 2011 wurde dieses Gesetz aufgehoben und durch ein neues Antiterrorgesetz (Terrorism Prevention and Investigation Measures Act) ersetzt. Darin sind eine Reihe neuer Antiterrormaßnahmen (Terrorism Prevention and Investigation Measures - TPIMs) enthalten, die gegen terrorismusverdächtige Personen verhängt werden können. Die geplanten Beschränkungen sind zwar nicht ganz so weitreichend wie die Überwachungsverfügungen, die TPIMs könnten jedoch zu einem Verstoß gegen das Recht auf Freiheit und zu Einschränkungen der Rechte auf Privatsphäre, auf freie Meinungsäußerung sowie auf Versammlungs- und Bewegungsfreiheit führen. Es wurde erwartet, dass die TPIMs nach einer Übergangsfrist Anfang 2012 die Überwachungsverfügungen ablösen werden.

Darüber hinaus behielt sich die Regierung vor, im Falle künftiger außergewöhnlicher Umstände eine "verschärfte" Version der TPIMs einzuführen, mit denen man die strengen Beschränkungen wieder auferlegen könnte, die im Rahmen der Überwachungsverfügungen möglich waren.

Abschiebungen

Die britische Regierung bekräftigte, sie werde die Praxis der Abschiebungen auf der Grundlage "diplomatischer Zusicherungen" fortführen und weiter ausbauen, so dass die Gefahr bestand, dass Personen, die mutmaßlich eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellen, in Länder abgeschoben werden, in denen ihnen Folter und andere Misshandlungen drohen.

Die Verfahren zur Anfechtung solcher Abschiebungen vor der Berufungskommission für Einwanderungsfragen (Special Immigration Appeals Commission - SIAC) erfüllten nach wie vor nicht die Standards für faire Verfahren, weil sich die Kommission auf geheime Dokumente stützte, in die weder die Betroffenen noch ihre Rechtsbeistände Einsicht nehmen konnten.

  • Im März 2011 bestätigte das Berufungsgericht (Court of Appeal) die Entscheidung der SIAC, dass der algerische Staatsangehörige M. S. in sein Heimatland abgeschoben werden könne, da die zwischen Großbritannien und Algerien ausgehandelten diplomatischen Zusicherungen ausreichend seien, um eventuelle Risiken im Fall seiner Rückkehr abzumildern. Im Jahr 2007 hatte die SIAC festgestellt, dass M. S. keine Gefahr für die nationale Sicherheit darstelle. Dennoch setzte die britische Regierung ihre Bemühungen um seine Abschiebung mit anderen Begründungen fort und stützte sich dabei auf die diplomatischen Zusagen.
  • Im Juli 2011 ließ das Berufungsgericht (Court of Appeal) das Rechtsmittelverfahren des äthiopischen Staatsbürgers X. X. zu, der nach Auffassung der britischen Behörden eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellte. X. X. hatte die gegen ihn ergangene Abschiebungsanordnung mit der Begründung angefochten, bei der Rückkehr in sein Heimatland würden ihm Folter und andere Misshandlungen und ein grob unfaires Gerichtsverfahren drohen. Das Gericht ließ das Rechtsmittelverfahren u.a. zu, weil die Informationen über X.X., auf denen der Prozess beruhte, offenbar von Personen stammten, die in inoffiziellen Haftlagern in Äthiopien lange Zeit ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten wurden. Die Rechtsanwälte von X. X. hatten argumentiert, Material, das unter solchen Umständen zusammengetragen worden sei, dürfe nicht verwendet werden.

Britische Streitkräfte im Irak

Am 7. Juli 2011 erging das Urteil der Großen Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) im Verfahren Al-Skeini und andere gegen Großbritannien, das die Tötung von sechs Zivilpersonen bei Militäroperationen der britischen Streitkräfte im Irak im Jahr 2003 betraf. Der EGMR stellte fest, dass die Europäische Menschenrechtskonvention auch auf Operationen der britischen Armee im Irak anzuwenden sei, da diese seinerzeit als Besatzermacht agierte.

Großbritannien sei deshalb verpflichtet gewesen, eine unabhängige und effektive Untersuchung der Tötungen vorzunehmen. Nach Ansicht des Gerichts hatte Großbritannien dies in fünf der sechs Fälle versäumt.

Am selben Tag entschied die Große Kammer des EGMR auch in der Sache Al-Jedda gegen Großbritannien. Hilal Abdul-Razzaq Ali Al-Jedda war mehr als drei Jahre in einem Haftzentrum der britischen Streitkräfte in der irakischen Stadt Basra inhaftiert. Er hatte dagegen Klage erhoben mit der Begründung, seine Inhaftierung stelle eine Verletzung seiner Rechte auf Freiheit und Sicherheit dar. Das Gericht wies das Argument der britischen Regierung zurück, die Resolution Nr. 1546 des UN-Sicherheitsrats genieße Vorrang gegenüber den Schutzrechten des Antragstellers nach der Europäischen Menschenrechtskonvention.

  • Am 8. September 2011 wurde der Untersuchungsbericht zu den Umständen des Todes von Baha Mousa in einem britischen Haftlager in Basra im Jahr 2003 veröffentlicht. Gegenstand des Berichts war auch die Behandlung von neun anderen irakischen Staatsangehörigen, die zusammen mit ihm inhaftiert waren. Die Untersuchungskommission kam zu dem Schluss, dass Baha Mousa nach einer "abstoßenden Folge von schwerer, grundloser Gewalt" gestorben sei. Auch gebe es "keinerlei Zweifel, dass die meisten, wenn nicht alle Gefangenen Opfer schwerer Misshandlungen" geworden seien. Die Kommission stellte fest, das Verteidigungsministerium habe es versäumt, klare und einheitliche Leitlinien zum Umgang mit Gefangenen vorzugeben. Dies habe dazu geführt, dass britische Soldaten im Irak Verhörtechniken anwendeten, die die britische Regierung bereits 1972 verboten hatte. Das Verteidigungsministerium akzeptierte alle Empfehlungen der Untersuchungskommission bis auf eine und erklärte, sie wolle alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, damit sich solche Verstöße nicht wiederholten. Die Anwälte der Betroffenen und Menschenrechtsorganisationen forderten jedoch, gegen die Verantwortlichen müssten weitere Maßnahmen ergriffen und u.a. Strafverfahren eingeleitet werden.
    Am 22. November fällte das Berufungsgericht (Court of Appeal) sein Urteil im Fall Ali Zaki Mousa. Es befand, das Gremium zur Untersuchung mutmaßlicher Straftaten britischer Soldaten im Zusammenhang mit der Misshandlung irakischer Staatsbürger (Iraq Historic Allegations Team) verfüge nicht über die ausreichende Unabhängigkeit, um seiner Ermittlungspflicht gemäß der Europäischen Menschenrechtskonvention nachzukommen.

Polizei und Sicherheitskräfte

Am 3. Mai 2011 veröffentlichte die zuständige Untersuchungskommission ihre Ergebnisse zum Tod von Ian Tomlinson, der 2009 bei Demonstrationen während des G20-Gipfels in London ums Leben gekommen war. Die Kommission stellte fest, dass Tomlinson an inneren Blutungen gestorben war, nachdem ein Polizist ihn mit einem Schlagstock angegriffen und zu Boden gestoßen hatte. Daraufhin revidierte die Staatsanwaltschaft ihre Entscheidung, den beteiligten Polizisten nicht wegen eines Tötungsdelikts unter Anklage zu stellen. Der Prozessbeginn wird für Anfang 2012 erwartet.

Die Untersuchung zum Tod von Azelle Rodney, der am 30. April 2005 von Angehörigen der Londoner Metropolitan Police erschossen worden war, dauerte im Berichtsjahr noch an.

Diskriminierung

Im September 2011 äußerte der UN-Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung Besorgnis über die weit verbreitete Diskriminierung und Marginalisierung von Roma und Travellers. Er forderte die Regierung nachdrücklich auf, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um ihren Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung, Beschäftigung und angemessenem Wohnraum zu verbessern.

  • Im Oktober räumte die Polizei die Wohnwagensiedlung Dale Farm in der Grafschaft Essex und vertrieb ca. 300-400 irische Travellers von diesem Gelände. Gremien und Sachverständige der UN und des Europarats, NGOs sowie Vertreter der Zivilgesellschaft und der Kirchen hatten die Behörden vergeblich aufgefordert, auf die Räumung zu verzichten.

Unternehmensverantwortung

Im September 2011 kritisierte der UN-Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung, dass internationale Konzerne mit Sitz in Großbritannien bei ihren Auslandsaktivitäten die Menschenrechte indigener Bevölkerungsgruppen nicht ausreichend respektierten. Er forderte die Regierung nachdrücklich auf, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass dies in Zukunft erfolgt.

Darüber hinaus übte der Ausschuss Kritik an einem Gesetzentwurf zum System der Rechtsbeihilfe, Verurteilung und Bestrafung (Legal Aid, Sentencing and Punishment of Offenders Bill). Sollte das Gesetz verabschiedet werden, würde das die Möglichkeiten ausländischer Staatsbürger beschneiden, vor einem britischen Gericht Klage gegen internationale Unternehmen zu erheben.

Nordirland

In Nordirland verübten weiterhin paramilitärische Gruppen Gewalttaten. Am 2. April 2011 wurde der Polizist Ronan Kerr von einer Bombe getötet, die unter seinem Auto angebracht war. Für den Anschlag wurden republikanische Splittergruppen verantwortlich gemacht.

Der Ombudsmann für die Polizei wurde scharf kritisiert. Ihm wurde mangelnde Unabhängigkeit bei der Untersuchung von Fällen polizeilichen Fehlverhaltens und rechtswidriger Tötungen in früheren Jahren vorgeworfen. Er kündigte an, sein Amt Anfang Januar 2012 niederzulegen.

Im Mai befasste sich das Oberste Berufungsgericht (Supreme Court) mit der Untersuchung zur Tötung der beiden IRA-Mitglieder Martin McCaughey und Dessie Grew durch Angehörige der britischen Streitkräfte im Jahr 1990 (Fall McCaughey & Anor). Das Gericht stellte fest, dass die Untersuchung der beiden Todesfälle gemäß den Bestimmungen zur Wahrung des Rechts auf Leben nach dem Menschenrechtsgesetz von 1998 durchzuführen sei.

  • Im Februar 2011 wurde verkündet, dass die Untersuchungskommission zur Ermordung von Robert Hamill ihren Abschlussbericht fertiggestellt habe. Die Veröffentlichung des Berichts werde jedoch erst erfolgen, wenn die Strafverfahren gegen drei Personen wegen Einflussnahme auf die Justiz abgeschlossen seien.
  • Im Mai wurden die Ergebnisse der Untersuchung zum Tod der Rechtsanwältin Rosemary Nelson veröffentlicht, die am 15. März 1999 in Lurgan durch eine Autobombe ums Leben gekommen war. Die Untersuchungskommission übte in ihrem Bericht heftige Kritik an den staatlichen Organen, deren Versäumnisse den Tod von Rosemary Nelson möglicherweise mitverschuldet hätten. Sie konnte aber keinen Beweis dafür liefern, dass ein staatliches Organ mit einer konkreten Handlung aktiv zu ihrer Ermordung beigetragen hätte.
  • Im Fall des Menschenrechtsanwalts Patrick Finucane, der am 12. Februar 1989 durch eine paramilitärische Gruppe unter Beteiligung staatlicher britischer Organe ermordet wurde, gab die Regierung im Oktober 2011 bekannt, sie habe einen hochrangigen Juristen mit der Prüfung aller Dokumente beauftragt. Damit wurden frühere Versprechungen konterkariert, man werde eine umfassende öffentliche Untersuchung der Tötung veranlassen. Menschenrechtsorganisationen übten heftige Kritik an der Entscheidung, weil sie ihrer Ansicht nach keine wirksame, unabhängige, unparteiische und gründliche Untersuchung gemäß internationalen Menschenrechtsabkommen gewährleistet. Die Familie von Patrick Finucane leitete juristische Schritte ein, um die Entscheidung anzufechten.
    Im September 2011 kündigte die nordirische Regierung erneut Vorschläge für eine Untersuchungskommission zum Missbrauch von Kindern in Heimen an. Es könnte jedoch noch dauern, bis die rechtlichen Voraussetzungen für die Untersuchung geschaffen seien. Das Gremium hätte dann anfangs keine Befugnis, Zeugen vorzuladen und rechtskräftige Dokumente zu erstellen.

Gewalt gegen Frauen und Mädchen

Im März 2011 stellte die Regierung einen ressortübergreifenden Aktionsplan zum Thema Gewalt gegen Frauen und Mädchen vor. Im gleichen Monat kündigte die Innenministerin an, das Pilotprojekt zur Unterstützung von Opfern häuslicher Gewalt unter Migrantinnen, die aufgrund ihres unsicheren Aufenthaltsstatus keinen Zugang zu Leistungen der öffentlichen Hand haben, werde unbefristet fortgesetzt. Das Pilotprojekt bezog sich jedoch ausschließlich auf Frauen, die mit einem Ehegatten-Visum eingereist waren. Frauen mit einem anderen Visum oder einer befristeten Arbeitserlaubnis hatten weiterhin keinen Zugang zu diesen grundlegenden Leistungen.

Es gab Kritik an den Plänen der Regierung, die Visabestimmungen für Hausangestellte aus dem Ausland zu ändern, die es ihnen bisher erlaubten, in Großbritannien den Arbeitgeber zu wechseln. Das könnte dazu führen, dass diese Personengruppe künftig Ausbeutung schutzloser ausgeliefert wäre und sich in einzelnen Fällen die Gefahr des Menschenschmuggels erhöhen würde.

Flüchtlinge und Asylsuchende

Die vorgeschlagenen Kürzungen der öffentlichen Mittel für Rechtsbeistände gaben Anlass zu der Befürchtung, dass dadurch die Rechtsberatung in Asyl- und Einwanderungsfragen, die ohnehin nicht in allen Teilen des Landes zur Verfügung stand, noch weiter reduziert werden könnte.

Auch 2011 wurden abgelehnte Asylsuchende nach Afghanistan und in den Irak abgeschoben, obwohl ihnen dort Menschenrechtsverletzungen drohten.

  • Die strafrechtlichen Ermittlungen zum Tod des Angolaners Jimmy Mubenga, der im Jahr 2010 beim Versuch, ihn abzuschieben, zu Tode gekommen war, dauerten Ende 2011 noch an. Sein Tod löste Forderungen nach einer Änderung der Abschiebepraxis aus, insbesondere in Bezug auf die gefährlichen Fixierungsmethoden, die private Sicherheitsfirmen bei den Rückführungen anwendeten.
  • Im Juni 2011 urteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in der Sache Sufi und Elmi gegen Großbritannien, dass die Rückführung der beiden Somalier nach Mogadischu wegen der realen Gefahr der Misshandlung im Fall ihrer Rückkehr einen Verstoß gegen Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention darstellen würde (siehe Länderbericht Somalia).

Amnesty International: Berichte

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