Anfragebeantwortung zu Gambia: Lage von Homosexuellen [a-8277]

15. Februar 2013
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Das US-Außenministerium (US Department of State, USDOS) schreibt in seinem Länderbericht zur Menschenrechtslage vom Mai 2012 (Berichtszeitraum: 2011), dass gesetzlich zwischen fünf- und 14-jährige Haftstrafen für Männer vorgeschrieben seien, die öffentlich oder privat „ein schwerwiegendes Sittlichkeitsvergehen“ begingen, einen männlichen Sexarbeiter engagieren würden oder sexuellen Kontakt mit einem anderen Mann hätten. Jedoch sei bislang niemand strafrechtlich verfolgt worden. Es gebe kein ähnliches Gesetz, das Frauen betreffe. Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender (LGBT) seien von schwerer gesellschaftlicher Diskriminierung betroffen. Einige dieser Personen würden gemieden. Bei einer Ansprache vor Armeeoffizieren im Jänner 2011 habe Präsident Jammeh angekündigt, er wolle eine professionelle Armee „ohne Homosexuelle und Saboteure.“ Bei einer Ansprache im Jahr 2009 vor der Nationalversammlung habe Präsident Jammeh homosexuelle Verhaltensweisen als „befremdliches Verhalten, das selbst Gott nicht tolerieren würde“, bezeichnet. Trotz derartiger Stellungnahmen habe es 2011 keine Berichte über körperliche Gewalt gegen LGBT-Personen gegeben. Im Land gebe es keine LGBT-Organisationen:
„The law establishes prison terms ranging from five to 14 years for any man who commits in public or private ‘any act of gross indecency,’ engages a male sex worker, or has actual sexual contact with another man; however, to date, no one has been prosecuted. There was no similar law targeting women. There was strong societal discrimination against LGBT individuals, some of whom were shunned.
In a January speech to army officers, President Jammeh announced he wanted a professional army ‘free of gays and saboteurs.’ In a 2009 speech before the National Assembly, President Jammeh called homosexual conduct ‘strange behavior that even God will not tolerate.’ Despite such statements, there were no reported incidents of physical violence against LGBT individuals during the year. There were no LGBT organizations in the country.“ (USDOS, 24. Mai 2012, Section 6)
Das deutsche Auswärtige Amt (AA) berichtet in seinen aktuell gültigen Reise- und Sicherheitshinweisen vom Jänner 2013 Folgendes zu Homosexualität:
„Homosexualität ist in Gambia strafbar und wird mit Gefängnisstrafen von mehreren Jahren geahndet. Hohe Repräsentanten des gambischen Staates haben die Bevölkerung in öffentlichen Reden zur Anzeige Homosexueller aufgerufen. Es gibt Berichte über die vorübergehende Inhaftierung von Homosexuellen, auch Europäern.” (AA, 29. Jänner 2013)
Auch das Außenministerium des Vereinigten Königreichs (Foreign and Commonwealth Office, FCO) berichtet in seinen aktuell gültigen Reisehinweisen vom Jänner 2013 über Homosexualität. Obwohl es keine speziellen Gesetze zu Homosexualität gäbe, schreibe das Strafgesetzbuch vor, dass jede Person, die „Geschlechtsverkehr“ mit einer Person „gegen die Ordnung der Natur“ habe oder versuche zu haben, eines Verbrechens schuldig sei und inhaftiert werden könne. Jede Privatperson habe hinsichtlich dieser Straftaten die Befugnis, eine Verhaftung vorzunehmen. Seit kurzem setze die Polizei aktiv den Gesetzestext um. Die Eröffnungsrede Präsident Jammehs vor der Nationalversammlung am 20. April [2012, Anm. ACCORD] habe einen öffentlichen Angriff auf Homosexualität enthalten. Die Worte des Präsidenten hätten viele StaatsbürgerInnen ermutigt, öffentlich ihre Unterstützung für die homophobe Meinung des Präsidenten kundzutun und es gebe vereinzelte Berichte über landesweite LGBT-feindliche Reaktionen:
„Although there are no laws specifically covering homosexuality in the Gambia, the Gambian Criminal Code states that any person who has or attempts to have, ‘carnal knowledge’ of any person ‘against the order of nature’ is guilty of a crime and could face imprisonment. Any private citizen has the power of arrest for these offences. The police have recently been actively enforcing this code. At the State Opening of the National Assembly on Friday, 20 April, President Jammeh’s speech included a public attack on homosexuality. The President’s words have encouraged many Gambians to openly express their support for his homophobic sentiments and there are anecdotal reports of an anti-LGBT backlash across the country.“ (FCO, 25. Jänner 2013)
Die ILGA zitiert auf ihrer Website Artikel 144 des Strafgesetzbuches von Gambia von 1965 in der Abänderung von 2005. Jede Person, die Geschlechtsverkehr mit einer Person gegen die Ordnung der Natur habe, oder Geschlechtsverkehr mit einem Tier habe, oder einer Person erlaube, Geschlechtsverkehr mit ihm oder ihr gegen die Ordnung der Natur zu haben, sei einer schweren Straftat schuldig und könne für 14 Jahre inhaftiert werden:
„‘(1) Any person (a) has carnal knowledge of any person against the order of nature; or (b) has carnal knowledge of an animal; or (c) permits any person to have carnal knowledge of him or her against the order of nature; is guilty of a felony, and is liable to imprisonment for a term of 14 years.
(2) In this section ‘carnal knowledge of any person against the order of nature’ includes (a) carnal knowledge of the person through the anus or the mouth of the person; (b) inserting any object or thing into the vulva or the anus of the person for the purpose of simulating sex; and (c) committing any other homosexual act with the person’” (ILGA, ohne Datum)
Die Abänderung des Strafgesetzbuchs vom August 2005 enthält die oben genannten abgeänderten Artikel zu Homosexualität sowie Artikel 147 (2) zu weiblichen Personen, die ein „schweres Sittlichkeitsverbrechen“ begehen:
 
Laut dem Eintrag zu Gambia im Spartacus International Gay Guide vom März 2012 sei nach dem Strafgesetzbuch von 1965 (§ 15, Straftaten gegen das Moralgesetz, Artikel 144) Homosexualität eine „unnatürliche Straftat“ und illegal. Laut Artikel 145 könne eine Haftstrafe bis zu sieben Jahren verhängt werden. Artikel 146 schreibe vor, dass jene, die „unnatürliche Handlungen“ mit einer Person unter 14 Jahren begehen würden, ebenso bis zu sieben Jahre inhaftiert werden könnten. Artikel 147 stelle fest, dass homosexuelle Handlungen, auch im Privaten, als schwere Sittlichkeitsvergehen betrachtet würden und mit einer Haftstrafe von bis zu fünf Jahren bestraft werden könnten. 2009 sei es Hotelbetreibern verboten worden, Zimmer an Homosexuelle zu vermieten. Gesetze betreffend Wohnen seien durch diese Verordnung ebenso betroffen (Spartacus, 1. März 2012, S. 1095).
 
Laut einem Bericht von Freedom House (FH) (Countries at the Crossroads 2012) vom September 2012 gebe es keine Gesetze, die Homosexuelle schützen würden, die mit dem Tod, körperlicher Gewalt und Inhaftierung bedroht würden. Der Präsident habe lautstark seine Ablehnung von Schwulen und Lesben kundgetan und Homosexualität als „unafrikanisch“ und „unnatürlich“ bezeichnet. Viele seien aus Angst vor Gewalt gezwungen gewesen, in den Untergrund zu gehen:
„There are no laws to protect homosexuals, who are threatened with death, physical violence and incarceration. The president was vocal in his opposition to gays and lesbians and termed homosexuality ‘un-African,’ and ‘unnatural.’ Many have been forced underground for fear of violence.” (FH, 20. September 2012)
In seinem Länderbericht Freedom in the World 2012 vom Juli 2012 berichtet FH weiters, dass Präsident Jammeh zwischen 2007 und 2009 unter anderem die Enthauptung von Homosexuellen, die im Land bleiben würden, angedroht habe:
„Jammeh has drawn criticism for his erratic statements and behavior. Between 2007 and 2009 he claimed that he could personally cure HIV/AIDS using traditional herbs, threatened decapitation for any homosexuals who remained in the country, and warned against causing instability through human rights activism. Jammeh threatened to withhold government services to voters who failed to support him in the 2011 presidential election, while declaring that neither coups nor elections could remove him from power as he had been installed by God.“ (FH, Juli 2012)
Die Zeitung The Daily Observer berichtet im Dezember 2012, dass Imam Sheikh Omar Kuta aus dem Gebiet Brusubi Phase 2 in einem Interview Homosexualität und Lesbianismus verurteilt und angegeben habe, dass diese von der Gesellschaft – insbesondere in der Region Senegambia - nicht gefördert werden sollten:
„Imam Sheikh Omar Kuta of Brusubi Phase 2 has condemned homosexuality and lesbianism, saying that it should not be encouraged in the society, especially in the Senegambia region. Imam Kuta made these remarks on Tuesday in an interview with this reporter at the Daily Observer offices” (The Daily Observer, 14. Dezember 2012)
Laut einem Artikel der ghanaischen Zeitung Public Agenda vom September 2012 habe Präsident Jammeh die Sicherheitskräfte im Mai 2012 im Rahmen der sogenannten „Operation Bulldozer“ dazu angehalten, „zuerst zu schießen und dann Fragen zu stellen“, um Gambia von allen Kriminellen, einschließlich „bewaffneten Räubern, Drogenhändlern, Pädophilen und Homosexuellen,“ zu befreien:
„President Jammeh has vowed to turn his tiny West African nation into an ‘economic superpower’ over the next five years by ‘wiping out almost 82% of those in the workforce’ who are 'lazy’. His instructions to the security forces in May 2012 to ‘shoot first and ask questions later’ to rid the country of all criminals, including ‘armed robbers, drug dealers, paedophiles and homosexuals, etc’ as part of the so-called ‘Operation Bulldozer’ give yet another reason for concern.“ (Public Agenda, 14. September 2012)
The Daily Observer berichtet im April 2012, dass 18 mutmaßliche Homosexuelle am 10. April 2012 vor dem Gericht in Kanifing angeklagt worden seien. Ihnen werde vorgeworfen, untereinander sittenwidrige Handlungen gegen die Gesetze Gambias begangen zu haben:
„Eighteen alleged homosexuals [16 Gambians, one Nigerian and one Senegalese national], were Tuesday, April 10, 2012, arraigned before the Kanifing Magistrates' Court, charged with indecent practice among themselves, contrary to the Laws of The Gambia.” (The Daily Observer, 11. April 2012)
Im August 2012 berichtet The Daily Observer, dass das Gericht Kanifing 17 mutmaßliche Homosexuelle und eine mutmaßliche Lesbe freigesprochen und die Anklagen zurückgezogen habe:
„Principal Magistrate Sheriff Tabally of the Kanifing Magistrates' Court Wednesday acquitted and discharged 17 alleged homosexuals and one alleged lesbian who were standing trial at the said court. […] It would be recalled that the accused persons were charged with indecent act, contrary to the Laws of The Gambia, to which they all pleaded not guilty.” (The Daily Observer, 2. August 2012)
Weitere Informationen zur Lage von Homosexuellen finden sich in folgendem Dokument:
 
 Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 15. Februar 2013)