Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Informationen über (tödlich verlaufende) Konflikte zwischen Hazara und Kutschi um Weideland im Distrikt Khas Uruzgan, Provinz Uruzgan [a-9232]

18. Juni 2015

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In den ACCORD derzeit zur Verfügung stehenden Quellen konnten im Rahmen der zeitlich begrenzten Recherche keine Informationen zu konkreten Vorfällen im Distrikt Khas Uruzgan im Zusammenhang mit dem Konflikt zwischen Hazara und Kutschi gefunden werden. Dies bedeutet nicht notwendigerweise, dass solche Vorfälle nicht stattgefunden haben. Gesucht wurde mittels ecoi.net, Refworld, Factiva, Google und BBC Monitoring nach einer Kombination aus folgenden Suchbegriffen: Uruzgan, Oruzgan, Urozgan, Orozgan, Uruzghan, Khas, Hazaras, Kuchis, Kutschi, pasture, land, Weideland, Land, clashed, clash, conflict, dispute, rivalry, Zusammenstöße, Kämpfe, Konflikt, Streit, Rivalität.

 

Gefunden wurden jedoch allgemeinere Informationen zu Hazara und Kutschi im Distrikt Khas Uruzgan bzw. in der Provinz Uruzgan sowie zum Konflikt zwischen beiden Gruppen.

 

In einer im März 2008 veröffentlichten Übersicht zur Provinz Uruzgan des Program for Culture and Conflict Studies (CCS), das von der US-amerikanischen Naval Postgraduate School (NPS), einer militärischen, akademischen Institution durchgeführt wird, wird erwähnt, dass die Hazara vor allem in Tirin Kot leben würden. Bevor die Provinz gespalten worden und aus dem nördlichen Teil die Provinz Daikundi entstanden sei, hätten die Hazara die Hälfte der Provinzbevölkerung ausgemacht. Die Hazara stünden oftmals mit den Kutschi in Konflikt.

Zu den Kutschi führt die Übersicht an, dass diese Nomaden und zumeist paschtunisch seien. Gelegentlich würden sie auch einer nicht-paschtunischen Ethnie wie den Belutschen angehören. Bei Uruzgan handle es sich um eines der wichtigen Sommerweidegebiete der Kutschi, die im Sommer durch das Hochland der Provinz, insbesondere die Distrikte Chora, Gaizab und Khas Uruzgan, ziehen und im Winter in die Distrikte Dehrawood, Tirin Kot und Charchino kommen würden.

Khas Uruzgan sei seit Beginn des Aufstands eine Hochburg der Taliban und leide wie Shahid-e Hassas unter dem Hazara/Kutschi-Konflikt:

„Hazara: Primarily now residing in Tirin Kot, the Hazara were half the provincial population before Uruzgan was split and Day Kundi Province was created from the northern portion. […] The Hazara are also often at odds with the Kuchi population within the Hazarajat. […]

Kuchi: Kuchis are nomads. Kuchis are most often Pashtuns, but occasionally may be some non-Pashtun ethnicity, such as Baluch. […] Uruzgan is one of the main summer pasture areas for Kuchi, who pass through the highlands of the province in summer, particularly to Chora, Gaizab and Khas Uruzgan, while they come down to Dehrawood, Terinkot, and Charchino in winter. […]

Khas Uruzgan: A stronghold of the Taliban since the early days of the insurgency, Khas Uruzgan, like Shahid-e Hassas, has suffered from the Kuchi/Hazara conflict. Additionally, on the borders of both Zabul and outer Ghazni, Khas Uruzgan has seen a steady traffic of anti-coalition militias.” (CCS, 18. März 2008)

Martine van Bijlert vom Afghanistan Analyst Network (AAN), einer unabhängigen, gemeinnützigen Forschungsorganisation mit Hauptsitz in Kabul, erläutert in einem Artikel vom Oktober 2010, dass die Provinz Uruzgan sich aus einem Amalgam von untereinander in Konflikt stehenden paschtunischen Stämmen und versprengten Hazara-Enklaven zusammensetze. In Khas Uruzgan gebe es einige wenige dieser Enklaven:

„The province is made up of an amalgam of infighting Pashtun tribes, with a sprinkling of Hazara enclaves: one in Gizab district in the north (which was added to Daikondi for electoral purposes) and a few in Khas Uruzgan in the east.” (Van Bijlert, 2. Oktober 2010)

In einem Bericht der niederländischen Botschaft in Kabul vom Oktober 2006 finden sich unter anderem folgende Informationen zu Hazara: In Uruzgan seien sie eine Minderheit von 10 Prozent, die in den nördlichen Teilen der Provinz lebe (Gizab, Char Cineh und Khas Uruzgan). Der Fluss Helmand im Distrikt Gizab sei im Groben die Trennungslinie zwischen Paschtunen und Hazara. Das heutige Gebiet Uruzgans sei zur Gänze Hazara-Gebiet gewesen, bis sie in den 1880er-Jahren nach einem fehlgeschlagenen Aufstand vertrieben und ihre Länder enteignet und Paschtunen übergeben worden seien:

„The Hazara represent a minority of 10% in the province. They live in the Northern parts of the province (Gizab, Char Cineh and Khas Uruzgan). The Helmand River in the district Gizab is basically the demarcation line between Hazara and Pashtun. […] Present day Uruzgan was entirely Hazara until they were forcibly expelled from the area by Amir Abdurrahman Khan following a failed uprising in the 1880s. To quell this uprising, the Amir enrolled the help of Pashtun tribes and gave them the land of the dispossessed Hazaras as compensation for their support. It is these Pashtun tribes who now live in most of Uruzgan, with only a few remaining areas of Hazara settlements left.” (Niederländische Botschaft in Kabul, 19. Oktober 2006, S. 22)

Zu Khas Uruzgan berichtet die niederländische Botschaft, dass 25 Prozent der Bevölkerung Hazara seien. Der nördliche Teil des Distrikts habe einen großen Anteil an Hazara, die Mehrheit sei jedoch paschtunisch:

„The northern part of this district has a large Hazara population. However, the majority of the population is Pashtun, among which the Achakzai have the largest representation. The villages in the vicinity of the eastern checkpoint that openly oppose the Afghan government are home to the Matakzai and Achakzai tribes, known for their support of the Taliban and ACM activities.” (Niederländische Botschaft in Kabul, 19. Oktober 2006, S. 24)

In seinem im Jahr 2012 veröffentlichten Buch über seine Erfahrungen als ziviler Berater der US-Truppen in der Provinz Uruzgan erwähnt Daniel R. Green vom Washington Institute for Near East Policy, dass die Hazara-Gemeinschaft in Uruzgan ein Überbleibsel der mehrheitlich von Hazara bewohnten Provinz Daikundi sei, die im Jahr 2004 von Uruzgan abgetrennt worden sei. In der Provinz gebe es auch nomadische Kutschi mitsamt ihrer Kamelkarawanen, die Green oftmals bei der Durchquerung von Wüsten auf dem Weg zu Weideflächen für ihr Vieh beobachtet habe:

„The Hazara are Shiite, and the community that lives in Uruzgan is a remnant of the majority-Hazara Dai Kundi Province that was carved out of Uruzgan in early 2004. […] Also present in Uruzgan are the nomadic Kuchi and their camel caravans, sometimes numbering about twenty camels, which we often saw traversing the deserts en route to grazing areas for their livestock.” (Green, 2012, S. 36)

Das niederländische Außenministerium (Ministerie van Buitenlandse Zaken, BZ) hält in seinem Herkunftsländerbericht zu Afghanistan vom September 2014 (Berichtszeitraum Dezember 2013 bis Juli 2014) fest, dass Schätzungen über die Anzahl der Kutschi in Afghanistan zwischen 1,5 und drei Millionen variieren würden. Kutschi seien ein (paschtunisches) Nomadenvolk aus dem Süden und Osten Afghanistans. Heute pflege ein Großteil der Kutschi keine traditionelle nomadische Lebensweise mehr, sondern habe sich in Dörfern und Städten niedergelassen.

Viele Kutschi würden von der Viehzucht leben, allerdings sei ihr Zugang zu Weideland durch Konflikte und Dürre beschränkt worden. Kutschi würden im Süden und Osten Afghanistans überwintern und im Mai und Juni in den kühleren Norden, ins zentral gelegene Hazaradschat, ziehen. Auf dem Weg dorthin würden sie zuerst in die zentral gelegenen Provinzen Wardak (Distrikte Daimirdad und Behsud) und Ghazni (Distrikt Jaghatu) gelangen. Aufgrund eines Konflikts zwischen ihnen und den Hazara um den Zugang zu Weideland in Zentralafghanistan, dessen Wurzeln zurück ins 19. Jahrhundert reichen würden, würden die Kutschi häufig in diesen Distrikten stecken bleiben. Seit 2007 habe sich dieser Konflikt in den Provinzen Wardak und Ghazni verschärft und führe manchmal zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Im Jahr 2007 seien mehrere Menschen getötet und mehr als hundert Familien aus den beiden Provinzen vertrieben worden. Im Jahr 2008 seien 24 DorfbewohnerInnen der Hazara und 30 Kutschi getötet, Dutzende Menschen verletzt und Tausende vertrieben worden. Dabei habe es auch nicht geholfen, dass die afghanische Armee im Juni 2008 nach Wardak und Ghazni entsendet worden sei. Nur aufgrund eines Dekrets des Präsidenten hätten sich die Kutschi zurückgezogen. Das Jahr 2009 sei relativ ruhig verlaufen, aber im Frühjahr und Sommer 2010 sei der Konflikt neu aufgeflammt, mit Dutzenden Toten, 150 niedergebrannten Häusern und mehr als 2.000 vertriebenen Familien. Seitdem hätten die Spannungen zwischen den Hazara und den Kutschi nicht nachgelassen. Trotz Vermittlung durch die afghanische Regierung und die Vereinten Nationen sei der Konflikt noch immer nicht gelöst:

„Schattingen van het aantal Kuchi’s in Afghanistan variëren tussen de 1,5 en 3 miljoen. Kuchi’s zijn het (Pashtun) nomadenvolk uit het zuiden en oosten van Afghanistan. Tegenwoordig leeft een groot deel van de Kuchis niet meer op traditionele nomadische wijze, maar heeft zich gevestigd in dorpen en van steden. […]

Veel Kuchi’s leven van de veeteelt, maar hun toegang tot graslanden is minder geworden door conflict en droogte. Kuchi’s overwinteren in het zuiden en oosten van Afghanistan, maar trekken in mei en juni naar het koelere noorden, naar de centraal gelegen Hazarajat. Om hier te komen doen ze eerst de centraal gelegen provincies Wardak (districten Daimirdad en Behsud) en Ghazni (jaghatu-district) aan. Vanwege een conflict tussen de Hazara en de Kuchi’s over de toegang tot graslanden in centraal-Afghanistan, dat teruggaat tot het eind van de negentiende eeuw, blijven ze vaak in deze districten steken. Sinds 2007 is dit conflict in de provincies Wardak en Ghazni verscherpt en leidde soms tot gewelddadigheden. In 2007 zijn meerdere mensen omgekomen en waren meer dan honderd families verdreven uit hier genoemde provincies. In 2008 werden 24 (Hazara) dorpsbewoners en 30 Kuchi’s gedood. Tientallen mensen raakten gewond en duizenden werden verdreven. Het hielp niet dat het Afghaanse leger in juni 2008 naar Wardak en Ghazni gestuurd werden. Pas bij presidentieel decreet trokken de Kuchi’s zich terug. Het jaar 2009 verliep relatief rustig, maar in het voorjaar en de zomer van 2010 laaide het conflict weer op waarbij tientallen slachtoffers vielen, 150 huizen werden verbrand en meer dan 2000 families werden verdreven. Ook breidde het conflict zich politiek uit naar Kaboel waar in 2010 heftige discussies in het parlement plaatsvonden evenals demonstraties op straat. De spanningen zijn sindsdien niet minder geworden. Het conflict is ondanks bemiddeling door de Afghaanse overheid en de VN nog steeds niet opgelost.“ (BZ, September 2014, S. 56-57)

Wie der Berichts weiters anführt, würden die Spannungen zwischen den Kutschi und den Hazara von Zeit zu Zeit an die Oberfläche kommen. Im Berichtszeitraum habe sich, soweit bekannt sei, kein nennenswerter Vorfall ereignet:

„Spanningen tussen Kuchi’s en Hazara’s komen bijvoorbeeld eens in de zoveel tijd aan de oppervlakte. Gedurende deze verslagperiode hebben zover bekend geen noemenswaardige incidenten plaatsgevonden.“ (BZ, September 2014, S. 57)

In der im Mai 2014 veröffentlichten Ausgabe der Forced Migration Review (FMR), einer Publikation des Refugee Studies Centre der Universität Oxford, findet sich ein Artikel von Shobha Rao und Jan Turkstra von UN-Habitat, dem Programm der Vereinten Nationen für menschliche Siedlungen, in dem erwähnt wird, dass in Afghanistan Landstreitigkeiten zwischen Kutschi-Nomaden und sesshaften DorfbewohnerInnen zu den häufigen Problemen in Zusammenhang mit Land gehören würden (Rao/Turkstra, Mai 2014, S. 15)

 

Das US-amerikanische Außenministerium (US Department of State, USDOS) erwähnt in seinem Länderbericht zur Menschenrechtslage vom Februar 2014 (Berichtszeitraum 2013), dass es weiterhin zu Auseinandersetzungen zwischen Hazara und nomadischen Kutschi gekommen sei. Dabei hätten die Hazara den Kutschi vorgeworfen, zu versuchen, sich auf illegale Weise ihres Landes zu bemächtigen:

„Clashes between ethnic Hazaras and nomadic Kuchi tribes continued, with Hazaras alleging that Kuchis attempted to illegally seize their lands.” (USDOS, 27. Februar 2014, Section 6)

Der vom US-amerikanischen Kongress finanzierte Rundfunkveranstalter Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL) erwähnt in einem Artikel vom April 2014, dass es einen jahrhundertealten Konflikt zwischen den Kutschi, einem nomadischen Paschtunen-Volk, und den Hazara gebe. Nach wie vor gebe es jedes Jahr Berichte über Gewalt, insbesondere während der saisonalen Vorstöße der Kutschi in umstrittene Gebiete im Frühling:

„The Kuchis, a nomadic Pashtun people, and Hazaras have clashed for centuries over land and grazing rights. Violence is still reported every year, especially during the Kuchis' seasonal ventures into disputed areas in spring.” (RFE/RL, 28. April 2014)

Auf der Website von „365 Tage – Vergessene Konflikte”, einem Projekt des auf Risikomanagement im Bereich politische Konflikte spezialisierten Unternehmens CONIAS Risk Intelligence, findet sich ein im Jänner 2014 veröffentlichter Artikel zum Hintergrund des Konflikts zwischen den Hazara und Kutschi, der unter anderem folgende Informationen anführt:

„Die Wurzeln des Konfliktes reichen zurück bis in die Herrschaftszeit von Abdur Rahman Khan Ende des 19. Jahrhunderts. Um die Kontrolle des Regimes über die von Hazara dominierten Gebiete Zentralafghanistans zu sichern, wurden unter Rahmans Herrschaft viele Hazara getötet, vertrieben oder enteignet. Das Weiderecht in diesen Gebieten wurde zu großen Teilen den Kuchi-Nomaden zugesprochen. Dieses Recht stellt einen der zentralen Faktoren im andauernden Kuchi-Hazara-Konflikt dar: Bei ihren gegenwärtigen Ansprüchen auf das Weideland im Zentralhochland berufen sich die Kuchi auf dieses historische Weiderecht. Die Hazara stellen die Gültigkeit der Übertragung dieses Weiderechts jedoch in Frage, insbesondere auch, da dieses unter der Herrschaft Habibullahs, dem Nachfolger Rahmans, teilweise widerrufen wurde. Unter den darauf folgenden Regimen verfestigte sich der Konflikt zunehmend.

Insbesondere seit 2007 hat sich der saisonale Konflikt, der in den vergangenen Jahren (mit Ausnahme des Jahres 2009) jährlich im Frühjahr und Sommer zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Kuchi-Nomaden und sesshaften Hazara führte, zunehmend verschärft.  Zum einen handelt es sich bei dem Konflikt um einen Ressourcenkonflikt, denn im Zentrum der Auseinandersetzungen stehen die konkurrierenden Ansprüche auf das Weideland, vor allem in den Provinzen Wardak und Ghazni. Der Zugang zu diesen ländlichen Gebieten ist vor dem Hintergrund der schwachen sozio-ökonomischen Positionen beider Gruppen und der damit einhergehenden größeren Verwundbarkeit gegenüber externen Schocks von enormer Bedeutung. Während die Kuchi das Land als Weideland für ihre Herden benötigen, sind die Hazara zur Sicherung ihrer Lebensgrundlage auf die Kultivierung dieser Flächen angewiesen. Zum anderen bildet neben dem Konfliktgegenstand ‚Ressourcen‘ die subnationale Vorherrschaft, d.h. die de-facto Kontrolle einer Bevölkerung über ein Gebiet, den zweiten Konfliktgegenstand, der durch die beteiligten Konfliktakteure angestrebt wird.“ (365 Tage – Vergessene Konflikte, 28. Jänner 2014)

In einem im Februar 2013 herausgegebenen Bericht der unabhängigen Forschungseinrichtung Afghanistan Research and Evaluation Unit (AREU) geht die politische Ökonomin Liz Alden Wily wie folgt auf die Hintergründe des Konflikts ein: Der Streit zwischen den Kutschi und den Hazara um Weideland im zentral gelegenen Hochland („Hazaradschat“) habe sich seit 2002 verschärft und sei zunehmend gewalttätiger geworden. Der Konflikt habe ausgeprägte historische Dimensionen in Zusammenhang mit Landnutzung und der Sicherung des Lebensunterhalts, und zeige sich auch in anderen Gebieten, wenn auch mit einem geringeren Ausmaß an Gewalt als im Hazaradschat. Das Hazaradschat erstrecke sich von seinem Kernland in der Provinz Bamiyan nach Wardak, Ghor, Daikundi, Uruzgan, Ghazni, Sar-i Pul und Zabul.

Der historische Grund für die aktuellen Probleme zwischen den Kutschi und den Hazara sei die Zuteilung von Weideland im Hazaradschat an bestimmte Kutschi-Clans durch Amir Abdul Rahman (von 1880 bis 1901 Emir von Afghanistan, Anm. ACCORD) in den 1890er-Jahren nach der Eroberung des Gebiets gewesen. Trotz der Eroberung und der Zuteilung ihres Landes an Gruppen von außerhalb seien lokale Hazara-Stämme weiterhin davon ausgegangen, dass das Weideland ihr Besitz sei und der Gemeinschaft gehöre. Das Vorenthalten des Rechts, diese Ressourcen über die engen Grenzen ihrer Siedlungen hinaus zu nutzen, habe ihre Möglichkeit, mittels der Weide- und Ackerbaukultur ihren Lebensunterhalt zu sichern, beeinträchtigt und zu ihrer schlechten wirtschaftlichen und politischen Stellung („economic and political subordination“) beigetragen.

Wie der Bericht weiters anführt, hätten sich sesshafte Gemeinschaften im Hochland und in den nördlichen Gebieten nach der Revolution von 1978/1979 Weideland von den Kutschi und anderen Gruppen von außerhalb, die sich auf ihrem Land niedergelassen hätten, zurückgeholt. Dies sei Berichten zufolge unter anderem in den Provinzen Badachschan, Ghazni und Bamiyan passiert. Während der Taliban-Herrschaft (1996-2001) hätten sich Viehhaltung und Ackerbau betreibende Paschtunen sowie Nomaden (Kutschi), die an ihre früheren Wohnorte im Norden zurückgekehrt seien, viel Weideland angeeignet. Allerdings seien sie neuerlich vertrieben worden, nachdem die Nordallianz Ende 2001 an Boden gewonnen habe. Ähnliche Muster seien in den Randprovinzen des zentralen Hochlandes und Gebirgsausläufern von Wardak, Ghazni und Uruzgan beobachtet worden:

„The Kuchi-Hazara dispute in the central highlands (“Hazarajat”) over the alpine pastures has become progressively heated and violent over the post-Bonn decade [2002-2012]. This conflict has strong historic land usage and livelihood dimensions. These are mirrored in other areas but less violently than is the case in Hazarajat. […] Hazarajat today spreads from its heartland of Bamyan Province to Wardak, Ghor, Dayakundi, Urugzgan, Ghazni, Sar-i Pul, and Zabul.

The historic source of present-day problems between Kuchi and Hazara lies in the allocation of alpine pastures of Hazarajat to certain Kuchi clans by Amir Abdul Rahman in the 1890s following his conquest of Hazarajat as part of his expanding control over what is now modern Afghanistan. Northern areas were also affected but resulted in less severe dispossession. Despite the conquest and reallocation of their lands to outsiders local Hazara tribes continued to believe that that the pastures were their property owned by the community, Deprivation of the right to use these resources beyond the narrow confines of their settlements also severely undermined their agropastoral livelihood and contributed to their economic and political subordination.

The most common action taken by settled communities in the highlands and northern areas after the 1978-79 revolution was to retake pastures from the Kuchi and other outsiders who had settled in their lands. This was reported in the provinces of Faryab, Badakhshan, Ghazni, and Bamyan, among others. During the Taliban rule (1996-2001), many key pastures were taken by Pashtun agro-pastoralists and nomads (Kuchi) who had returned to their former homes in the North but they were evicted again when the Northern Alliance gained ground in late 2001. Similar patterns occurred in the peripheral provinces of the central highlands and the foothills of Wardak, Ghazni and Uruzghan.” (AREU, Februar 2013, S. 76)

Weitere Informationen zum Konflikt zwischen Hazara und Kutschi finden sich in folgenden Anfragebeantwortungen:

·      ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Informationen zu Überfällen der Kuchis auf den Distrikt Behsud, Provinz Wardak, im Jahr 2010; Informationen zur Kontrolle im Distrikt Behsud (Zentralregierung oder Aufständische?) [a-9029], 30. Jänner 2015 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/local_link/295662/430718_de.html

·      ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Provinz Wardak, Distrikt Behsud: 1) Konflikt zwischen Kuchis und Hazara (Aktualität, Konfliktgründe); 2) Sind Sesshaftigkeit, Viehzucht oder Landwirtschaft Identitätsmerkmale der Ethnie der Hazara?; 3) Informationen zu Taliban, die auf Seiten der Kuchi kämpfen [a-8744], 10. Juli 2014 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/local_link/283895/414368_de.html

 

 


Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 18. Juni 2015)

·      365 Tage – Vergessene Konflikte: Afghanistan: Der Kuchi-Hazara Konflikt, 28. Jänner 2014
http://www.vergessene-konflikte.de/index.php/vergessene-konflikte/item/105-afghanistan-der-kuchi-hazara-konflikt/105-afghanistan-der-kuchi-hazara-konflikt

·      AREU - Afghanistan Research and Evaluation Unit: Land, People, and the State in Afghanistan: 2002 – 2012 (Autorin: Liz Alden Wily), Februar 2013 (verfügbar auf ecoi.net)
https://www.ecoi.net/file_upload/1226_1362566796_1303e-land-ii-cs-feb-2013.pdf

·      BZ - Ministerie van Buitenlandse Zaken (niederländisches Außenministerium): Algemeen Ambtsbericht Afghanistan, September 2014
http://www.rijksoverheid.nl/bestanden/documenten-en-publicaties/ambtsberichten/2014/09/17/afghanistan/aab-afghanistan-september-2014.pdf

·      CCS - Program for Culture and Conflict Studies: Provinical Overview: Uruzgan Executive Summary, 18. März 2008
http://www.nps.edu/programs/ccs/Uruzgan.html

·      Green, Daniel R.: The Valley’s Edge: A Year with the Pashtuns in the Heartland of the Taliban, 2012 (Auszüge auf Google Books verfügbar)
https://books.google.at/books?id=kcdC0ss1FIUC&pg=PA36&lpg=PA36&dq=hazara+kuchi+uruzgan&source=bl&ots=QOt1zMnb2q&sig=7PzcR4tDreA6OJ_sg9hyKfJSbSQ&hl=de&sa=X&ved=0CB4Q6AEwADgUahUKEwjYq9qbmorGAhWBGRQKHRhzAMo#v=onepage&q=hazara%20kuchi%20uruzgan&f=false

·      Niederländische Botschaft in Kabul: Context Analysis - Uruzgan Province, 19. Oktober 2006
https://zoek.officielebekendmakingen.nl/kst-27925-237-b2.pdf

·      Rao, Shobha / Turkstra, Jan: Enhancing security of land tenure for IDPs. In: FMR - Forced Migration Review, Issue 46, Mai 2014, S. 15-18
http://www.fmreview.org/en/afghanistan/rao-turkstra.pdf

·      RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty: Surprises In Preliminary Afghan Election Results, 28. April 2014
http://www.rferl.org/content/surprises-in-preliminary-afghan-election-results/25365544.html

·      USDOS - US Department of State: Country Report on Human Rights Practices 2013 - Afghanistan, 27. Februar 2014 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/local_link/270628/399487_de.html

·      Van Bijlert, Martine: 2010 Elections 20: What if the Hazaras win in Uruzgan? (updated), 2. Oktober 2010 (veröffentlicht von AAN)
http://www.afghanistan-analysts.org/2010-elections-20-what-if-the-hazaras-win-in-uruzgan-updated/