Anfragebeantwortung zu Aserbaidschan: Festnahmen von TeilnehmerInnen an Veranstaltungen der Müsavat-Partei 2012-2015; Maßnahmen gegen Journalisten, die über solche Veranstaltungen oder über die Opposition berichten [a-10178]

24. Mai 2017

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Die Heinrich Böll Stiftung, eine der Partei Bündnis 90/Die Grünen in Deutschland nahestehende Stiftung, beschreibt in einem Beitrag vom August 2014 die Reaktion der Regierung auf Demonstrationen nach 2010. Der Beitrag erwähnt auch die Rolle der Oppositionspartei Müsavat und die Verurteilung des stellvertretenden Parteivorsitzenden Tofiq Yaqublu im März 2014:

„Nach den Parlamentswahlen 2010, die von in- und ausländischen Wahlbeobachtern als eine Farce kritisiert wurden, begann eine Reihe von Massenprotesten, die die wachsende Unzufriedenheit der aserbaidschanischen Zivilgesellschaft mit der Regierung Aliyevs widerspiegelten. Die Demonstranten waren mehrheitlich Anhänger der Oppositionsparteien ‚Müsavat‘ (dt.: Gleichheit) und ‚Azərbaycan Xalq Cəbhəsi‘ (dt.: Volksfront), ein steigender Anteil gehörte allerdings auch Jugendorganisationen wie ‚NIDA‘ (dt.: Ausrufezeichen) und ‚Azad Ganclik‘ (dt.: Freie Jugend) an.

Es wurde protestiert gegen steigende Lebensmittel- und Benzinpreise, die Ineffizienz der Regierung, die sich weiterhin durch hohe Korruption und Konservatismus auszeichnet, für Presse- und Meinungsfreiheit, Wirtschaftsreformen und soziale Gleichheit, sowie für die Freilassung politischer Gefangener. Die im Geiste des ‚Arabischen Frühlings‘ über Facebook und andere soziale Medien organisierten Proteste wurden von der Regierung brutal aufgelöst.

Als Reaktion auf die Demonstrationen, sowie im Hinblick auf die Präsidentschaftswahlen 2013, verschärfte die Regierung ihre Repressionsmaßnahmen gegen unbequeme Blogger, Journalisten, Oppositionspolitiker und Aktivisten. Ein häufiges Merkmal des Vorgehens der aserbaidschanischen Behörden gegen systemkritische, politisch aktive Bürgerinnen und Bürger ist deren Einschüchterung und bei ausbleibender Selbstzensur deren Festnahme auf Grundlage frei erfundener Gesetzesbrüche. Immer wieder gibt es Beschwerden über Folter und Polizeigewalt gegenüber Häftlingen, Regierungsgegnern drohen schwere Gefängnisstrafen unter miserablen Haftbedingungen.

In den letzten Monaten häufen sich Beispiele für politisch motivierte Festnahmen und Verurteilungen von Vertretern der aserbaidschanischen Zivilgesellschaft und politischen Aktivisten: Im März 2013 wurden Rashad Hasanov, Shahin Novruzlu, Uzeyir Mammadli, Bekhtiyar Guliyev, Mahammad Azizov, Zaur Gurbanly, Rashadat Akhundov und Ilkin Rustemzade, leitende Mitglieder der aserbaidschanischen Jugendoppositionspartei ‚NIDA‘ festgenommen. Ihnen wurde vorgeworfen, für eine Protestaktion am 10.03.2013 die Organisation gewaltsamer Ausschreitungen geplant zu haben. Außerdem wurden sie des Drogenbesitzes, illegalen Waffenbesitzes und weiterer Delikte beschuldigt.

Berichten von ‚Human Rights Watch‘ zufolge war die Protestaktion friedlich verlaufen, wurde allerdings gewaltsam von der Polizei aufgelöst, die etwa 100 Teilnehmer der Veranstaltung festnahm. Nach einem 20-tägigen Hungerstreik wurden die acht Aktivisten am 05.05.2014 zu Haftstrafen zwischen sechs und acht Jahren verurteilt.

Rauf Mirqadirov, ein Korrespondent für die unabhängige russischsprachige Zeitung ‚Zerkalo‘ (dt.: Spiegel), wurde am 19.04.2014 aus der Türkei deportiert, in der er drei Jahre lang legal mit seiner Familie gelebt und gearbeitet hatte und nach Baku gebracht, wo er seitdem wegen angeblicher Spionage in Untersuchungshaft sitzt. Mirqadirov gilt als liberaler Journalist, der sich mehrfach kritisch über die Politik des türkischen Premierministers Erdogan und des aserbaidschanischen Präsidents Aliyev geäußert hat.

[…] Am 17.03.2014 wurden Tofiq Yaqublu, der stellvertretende Vorsitzende der Oppositionspartei ‚Müsavat‘ und Ilqar Mammadov, der Führer der Oppositionspartei ‚Respublikaçı Alternativ‘ (dt.: Republikanische Alternative) zu fünf, beziehungsweise sieben Jahren Haft verurteilt. Ihnen wird vorgeworfen, im Rahmen der 2013 in der aserbaidschanischen Stadt Ismailli eskalierten Massenproteste für Störung der öffentlichen Ordnung und Brandstiftung verantwortlich gewesen zu sein.“ (Heinrich Böll Stiftung, 1. August 2014)

Die der deutschen CDU nahestehende Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) beschreibt die politische Situation vor und während der Präsidentschaftswahlen vom Oktober 2013:

Unmittelbar vor und während des Wahlkampfes war die politische Situation laut ausländischen Medien und Organisationen stärker durch Restriktionen geprägt als sonst. Politische und bürgerliche Freiheiten seien eingeschränkt und die Aktivitäten von kritischen Medien, NGOs und oppositionellen Kandidaten seien behindert worden. Neben Angriffen auf Oppositionsmitglieder oder deren Verhaftung wurde der Wahlkampf von Störungen bei Oppositionsveranstaltungen überschattet.“ (KAS, 10. Oktober 2013)

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) erwähnt in ihrem Abschlussbericht zu ihrer Beobachtungsmission der Präsidentschaftswahlen im Dezember 2013, dass es glaubhafte Berichte über die Einschüchterung von KandidatInnen und WählerInnen gegeben habe. Das Team der OSZE-Wahlbeobachtungsmission habe Versuche beobachtet, Wahlveranstaltungen des Nationalrats der demokratischen Kräfte (NCDF), der Wahlbewegung der oppositionellen Kräfte, zu stören:

„Credible reports of candidate and voter intimidation arose throughout the campaign, including incidents affecting the families of political figures. The OSCE/ODIHR EOM [Office for Democratic Institutions and Human Rights Election Observation Mission] observed instances of apparent coercion to attend YAP [New Azerbaijan Party] rallies and attempts to disrupt NCDF [National Council of Democratic Forces] rallies. On 12 September, seven youth political activists who had been in detention since March, were indicted on new charges of organizing mass disorder accompanied with violence, which carries sentences of up to 12 years imprisonment. In addition, during the OSCE/ODIHR EOM period of observation, the Prosecutor General’s office summoned four supporters of the NCDF for questioning, issued a public warning to participants of the NCDF rally on 22 September to abide by the law, and made a statement to the media about their ongoing investigation of activities of NCDF members. Some contestants experienced difficulties in renting private premises for their activities due to alleged pressure by the local authorities. The campaign of a candidate alleged obstruction of their campaign activities by the police.” (OSZE, 24. Dezember 2013, S. 12)

„On 7 June 2013, opposition forces established the National Council of Democratic Forces (NCDF) with the aim to consolidate the opposition behind a joint presidential candidate.” (OSZE, 24. Dezember 2013, S. 5)

Die wirtschaftsliberale Bertelsmann Stiftung, eine deutsche gemeinnützige Denkfabrik mit Sitz in Gütersloh, schreibt in ihrem 2016 veröffentlichten Transformationsindex, einem Ländergutachten zu politischer Partizipation, Rechtsstaatlichkeit, Stabilität demokratischer Institutionen, sozioökonomischer Entwicklung etc., dass die Regierung TeilnehmerInnen an Protesten genau beobachte, besonders jene, die bei der Organisation von Protesten aktiv seien, und unterschiedliche Formen der Unterdrückung gegen sie einsetze, darunter kurz- und langfristige Inhaftierung, Jobverlust und ähnliches. Es gebe auch zahlreiche inhaftierte JournalistInnen im Land:

„Freedom of assembly is guaranteed by the constitution, but severely restricted in reality. In the late 1980s and early 1990s, Baku citizens were able to organize opposition rallies in the central Freedom Square, but the regime has effectively closed Freedom Square for protest purposes since the mid-1990s. After the 1998 presidential elections, the opposition was denied permission to hold demonstrations in downtown Baku. Gradually through administrative measures, protest rallies were pushed to hard-to-reach outskirts of the capital. However, since spring 2011, opposition and youth groups have organized a string of unauthorized protests in the city’s downtown, which have attracted more and more supporters and reached its peak in 2013.

This trend forced the government to modify its position on authorized locations for opposition demonstrations. During the presidential campaign of 2013, new, relatively convenient sites were included in the government-approved list for rally locations, albeit still outside of Baku’s city center. The government closely monitors participants and especially those active in the organization of rallies, launching various forms of oppression against them, which include long and short-term imprisonment, firing from jobs, et cetera.

[…] According to the Committee to Protect Journalists, there are numerous jailed journalists in Azerbaijan. Among them is the most prominent investigative journalist Khadija Ismayilova, who was detained on dubious charges. Although some imprisoned journalists were released by presidential pardon in late December 2014, the overall plight of freedom expression continues to deteriorate.” (Bertelsmann Stiftung, 2016, S. 11-12)

Caucasian Knot, ein von der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial im Jahr 2001 gegründetes Nachrichtenportal, das über menschenrechtliche Themen im Kaukasus informiert, berichtet im November 2012 von Festnahmen von mehr als sechzig Personen während Protesten in Baku. Der Artikel erwähnt auch die Teilnahme von Müsavat-Aktivisten:

„According to opposition parties, before and during the protest action in Baku the police detained more than 60 persons. Activists of opposition organizations had announced the action in Fountain Square in central Baku through the group "Dissolve Parliament-2", created in the Facebook. The political support of the action was expressed by the Civil Movement for Democracy "Public Chamber" (GMDPC). The Baku authorities refused to sanction the action. According to opposition parties, a few hours before the start of the action "preventive detentions" were made with aim to disrupt the action. From the morning on November 17, Fountain Square and the surrounding streets were taken under police surveillance. Around 3:00 p.m., small groups of protesters tried to penetrate Fountain Square from different directions; they were from the Popular Front Party of Azerbaijan (PFPA) and the "Musavat" and their youth wings.” (Caucasian Knot, 17. November 2012)

Die deutsche Zeitung Tagesspiegel berichtet im Jänner 2013 von Protesten in Baku und in der Stadt Ismayili:

„Aserbaidschans Staatschef Ilham Alijew sieht sich mit einer Welle von Protesten konfrontiert. In der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku ging die Polizei am Samstag gewaltsam gegen eine nicht genehmigte Protestaktion vor. Noch bevor sich am Samstag im Zentrum der Stadt mehrere hundert Menschen zu einer Kundgebung versammeln konnten, nahm die Polizei Dutzende fest. Mehrere Personen wurden verletzt. In der Ex-Sowjetrepublik am Kaspischen Meer, die von Alijew autoritär regiert wird, gehen Sicherheitskräfte immer rigoroser gegen Demonstranten vor. Drei Studenten hatten die Protestaktion auf Facebook angekündigt. Sie hatten sie aber nicht bei den Behörden angemeldet, da diese prinzipiell keine regierungskritischen Demonstrationen im Stadtzentrum erlauben.

Unter den Festgenommenen waren zahlreiche Aktivisten und Mitglieder von Oppositionsparteien. Der international bekannte Blogger Emin Milli wurde zu 15 Tagen Arrest verurteilt. Er hatte Polizisten aufgefordert, sich dem Protest anzuschließen. Mindestens 14 Personen wurden zu Geldstrafen zwischen umgerechnet 400 und 2500 Euro verurteilt. Unter ihnen ist die Journalistin Khadija Ismailowa, die im vergangenen Jahr den Gerd-Bucerius-Preis der Zeit-Stiftung erhalten hatte. Ismailowa berichtete, nach Befragungen auf mehreren Polizeistationen sei sie in einem Schnellverfahren ohne ihre Anwälte zu einer Strafe von 400 Manat (400 Euro) wegen Verstoßes gegen das Gesetz zur Versammlungsfreiheit verurteilt worden. Erst kürzlich war das Strafmaß für die Teilnahme an nicht erlaubten Versammlungen stark erhöht worden.

Gedacht war die Demonstration in Baku als Solidaritätsaktion für die Menschen in der Stadt Ismayili. Dort waren am Mittwoch spontan Proteste gegen den Gouverneur der Region ausgebrochen, dem Korruption und Amtsmissbrauch vorgeworfen werden. Berichten lokaler Journalisten zufolge werden viele der mehr als 100 Festgenommenen im Gefängnis misshandelt, Kontakt zu Anwälten und Familie wird ihnen verwehrt. In der Stadt gilt bis März der Notstand. […] Offenbar haben Willkür und Korruption ein solches Ausmaß erreicht, dass sich die Menschen nun aktiv dagegen wehren, ohne dazu von der ohnehin geschwächten Opposition aufgefordert zu werden. So blockierten vor einer Woche spontan hunderte Händler eine Autobahn am Rande Bakus. Sie waren gezwungen worden, Stände in einer neuen Markthalle zu beziehen und dafür immer höhere Mieten zu zahlen.“ (Tagesspiegel, 28. Jänner 2013)

Die Menschrechtsorganisation Amnesty International (AI) berichtet über die Verhaftung des Präsidentschaftskandidaten Ilgar Mammadov und des Journalisten und stellvertretenden Vorsitzenden der Müsavat-Partei, Tofig Yagublu, in Folge von Protesten in Ismayili im Jänner 2013:

„Amnesty International fordert die aserbaidschanischen Behörden auf, zwei inhaftierte Oppositionsführer wieder freizulassen. Der Präsidentschaftskandidat Ilgar Mammadov und der Aktivist Tofig Yagublu wurden am 4. Februar 2013 festgenommen. Ihnen wird vorgeworfen, Ausschreitungen in der Stadt Ismayili organisiert zu haben. Am 5. Februar wurde im Rahmen einer nichtöffentlichen Anhörung eine zweimonatige Untersuchungshaft gegen sie angeordnet.

[...] Den beiden Oppositionsführern wird vorgeworfen, ‚Massenunruhen‘ organisiert und an ihnen teilgenommen sowie ‚gewalttätigen Widerstand gegen die Polizei‘ geleistet zu haben. Sollten sie dieser Vergehen für schuldig befunden werden, drohen ihnen bis zu zehn Jahre Haft. Die Unruhen in Ismayili entbrannten am 23. Januar 2013, nachdem der einflussreiche Neffe des örtlichen Gouverneurs offenbar unter Alkoholeinfluss einen Mann gewaltsam angegriffen und Passanten beleidigt hatte. Die Menschenmenge, die sich am Ort des Geschehens versammelt hatte, attackierte anschließend Geschäfte der Familie sowie Polizisten. Andere forderten öffentlich den Rücktritt des Gouverneurs.

[...] Tofig Yagublu, Journalist und stellvertretender Vorsitzender der oppositionellen Musavat-Partei reiste unabhängig von Mammadov ebenfalls nach Ismayili, um für die Zeitung ‚Yeni Musavat‘ von den Vorfällen zu berichten. Tofig Yagublu hat bereits mehrere Artikel veröffentlicht, in denen er die Regierung der Korruption beschuldigt. Beide Aktivisten sind bekannte Kritiker des Präsidenten Ilham Aliyev, haben aber nie zu Gewalt aufgerufen.

[…] Die tagelangen Unruhen in Ismayili gingen mit hunderten Verhaftungen und gewaltsamer Unterdrückung durch die Polizei einher, gefolgt von Vorwürfen von Folter und anderen Misshandlungen im Polizeigewahrsam. Bisher wurden diese Vorwürfe nicht untersucht. Auf die Proteste in Ismayili folgten am 26. Januar 2013 in der Hauptstadt Baku friedliche Demonstrationen, auf die die Polizei mit unverhältnismäßiger Gewalt und zahlreichen Festnahmen reagierte. Fünf der Demonstranten wurden anschließend in unfairen Gerichtsverfahren zu Gefängnisstrafen verurteilt.“ (AI, 6. Februar 2013)

Das Institute for War and Peace Reporting (IWPR), ein in London ansässiges internationales Netzwerk zur Förderung freier Medien, berichtet im März 2014 von der Verurteilung des stellvertretenden Vorsitzenden der Müsavat, Tofiq Yaqublu, zu fünf Jahren Haft wegen der „Organisation von Massenprotesten“ und „Gewalt gegen Polizeibeamte“ in Ismayili im Jänner 2013. Yaqublu habe auch eine Kolumne für die oppositionelle Zeitung Yeni Musavat geschrieben. Yaqublu und der Vorsitzende der oppositionellen Bewegung REAL, Ilgar Mammadov, hätten zu 18 Personen gehört, die wegen Verstößen gegen die öffentliche Ordnung in Ismayili angeklagt worden seien. Acht weitere Personen seien im selben Verfahren zu Gefängnisstrafen zwischen zwei und acht Jahren verurteilt worden:

„A court in Azerbaijan has jailed two prominent opposition activists on charges they and their supporters say are wholly unfounded. On March 17, a court in the town of Sheki sentenced Ilgar Mammadov, head of the REAL opposition movement, to seven years’ imprisonment, while Tofiq Yaqublu, deputy head of the Musavat opposition party, received a five-year sentence. They were convicted of ’organising mass riots’ and using ’violence against police officers’ in the town of Ismayilli in January 2013.

Yaqublu and Mammadov were among 18 people charged with public order offence in Ismayilli. Eight of the others were sentenced to prison terms ranging from two to eight years in the same trial, while the other eight received suspended sentences. The convictions related to rioting that broke out in Ismayilli, a small town in central Azerbaijan, on January 23 last year, after a dispute over a car crash escalated into an attack on a hotel belonging to one of the drivers; the crowd then surrounded the home of the district government chief’s son. Some of the protesters told IWPR that their anger was really about the way their town was run. The next day, January 24, journalists, officials and others came to Ismayilli to find out what had happened. Mammadov and Yaqublu were among them, but they were later arrested and charged for inciting violence that had begun a day before they arrived in the town. […]

Mammadov’s lawyer Khalid Baghirov says the trial process was absurd. ‘The court misrepresented the judicial record. Statements made in court were false. Videos made in the morning [of January 24] were presented as an evidence of what had happened at around 4 pm, the time when Mammadov was in Ismayilli,’ he told IWPR.

REAL is a pro-democracy movement that was set up in early 2009 as a response to a constitutional change that allowed President Ilham Aliyev to serve more than two terms. Azer Qasimli, a board member of REAL, said he believed Mammadov was targeted because the authorities were aware he planned to run for president. He was barred from standing, and the incumbent Ilham Aliyev won another term in the October ballot.

[…] Gulagha Aslanli, a deputy chairman of the Musavat party, said Yaqublu’s imprisonment was a major blow to the party. ‘He is a very active and skilled individual. We have shared out his work among the other deputy chairmen, but he is much missed,’ Aslanli told IWPR. Besides his political activity, Yagublu also wrote a column in the opposition Yeni Musavat newspaper, in which he regularly criticised the government.

Leyla Aliyeva, a political analyst and director of the Centre for National and International Studies, says the treatment of the two opposition figures is intended to intimidate their colleagues. ‘This is a message to others that if they step outside of the zone in which they’re allowed to operate, they will be punished as severely as those who were arrested for the Ismayilli events,’ she told IWPR. “Officials believe that it’s possible to neutralise any threat by deploying their power and money. But this is a delusion. People’s unhappiness with the government can turn into rioting.” Officials contacted by IWPR declined to comment on the sentences.” (IWPR, 21. März 2014)

Auch das US-Außenministerium (US Department of State, USDOS) erwähnt die Verurteilung von Yaqublu in seinem Menschenrechtsbericht vom April 2016:

„Opposition members were more likely than other citizens to experience official harassment and arbitrary arrest and detention. According to domestic NGOs’ joint list of political prisoners, several political detainees or prisoners were opposition party or movement members. At least 12 opposition members were considered to be political prisoners, such as Musavat party deputy chairman Tofig Yagublu, who was convicted in 2014 and sentenced to five years’ imprisonment for allegedly inciting civil unrest.” (USDOS, 13. April 2016, Section 3d)

In seinem Menschenrechtsbericht vom März 2017 wird Yaqublu vom USDOS als einer von 148 Gefangenen genannt, die am 18. März 2016 vom Präsidenten begnadigt worden seien:

„On March 18, the president pardoned 148 prisoners. NGOs considered 14 to have been political prisoners, including Anar Mammadli, chairman of the Election Monitoring and Democracy Studies Center; N!DA activists Rashadat Akhundov, Rashad Hasanov, Mammad Azizov, and Omar Mammadov; journalists Hilal Mammadov and Parviz Hashimli; human rights activist Rasul Jafarov; and the deputy chairman of Musavat Party, Tofig Yagublu.” (USDOS, 3. März 2017, Section 1d)

Caucasian Knot berichtet im Jänner 2013 von Protesten in Baku zur Unterstützung der BewohnerInnen von Ismailly. Die Polizei habe die Kundgebung aufgelöst und es sei von 41 Festnahmen berichtet worden. Auf aktivisten der Müsavat seien zur Polizei gebracht worden:

„A confrontation between participants of an unauthorized protest action in support of residents of Ismailly and the police in the centre of Baku resulted in mass detentions of the participants. The names of 41 detainees are known. Groups of activists numbering 200 to 250 people all in all chanted slogans: [...] The police dispersed the protesters using rubber clubs. 41 detainees have been reported as of the moment. ‘Azadlyg’ newspaper published a preliminary list of names. There are 13 women among those detained. [...] Activists of National Front and ‘Musavat’ parties, Civil Solidarity party, youth movement “Nida” (“Exclamation”) and youth civil movement “Republican Alternative” were also delivered to the police.” (Caucasian Knot, 26. Jänner 2013)

Caucasian Knot berichtet im April 2014 vom Angriff eines Unbekannten auf einen Reporter der oppositionellen Zeitung Yeni Musavat. Der Reporter sei schon früher physischem Druck ausgesetzt worden, die Polizei habe Gewalt gegen ihn angewandt, als er über die Proteste am 17. November 2012 in Baku berichtet habe:

On Friday, in Azerbaijan, an unidentified person attacked Faraim Ilgaroglu, a reporter of the oppositional newspaper ‘Yeni Musavat’. It happened at the entrance of the house, where the journalist lives, in the Nizami District of Baku. Ilgaroglu himself says he does not know the reasons for the attack; policemen began investigating the incident. […] Let us note here that earlier Ilgaroglu was exposed to physical pressure. Thus, the police used force against him while he covered the protest action on November 17, 2012, in Baku demanding the resignation of the Parliament.” (Caucasian Knot, 25. April 2014)

Caucasian Knot berichtet im Mai 2014 (Caucasian Knot, 28. Mai 2014) von der Verhaftung und im Oktober 2014 (Caucasian Knot, 15. Oktober 2014) von der Verurteilung des 19-jährigen Müsavat-Aktivisten Orkhan Eyubzade, nachdem er an Protesten in Baku gegen die Verurteilung von Aktivisten der Nida-Bewegung teilgenommen habe. Der vom European Endowment for Democracy unterstützte Sender Meydan TV berichtet im April 2017, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Verletzung der Rechte von aserbaidschanischen Bürgern festgestellt habe, die 2013 und 2014 an Protesten teilgenommen hätten. Als Kläger wird auch Orhan Eyubzade genannt (Meydan TV, 7. April 2017).

 

Die Forschungsstelle Osteuropa der Universität Bremen schreibt in einem Beitrag vom Dezember 2015 zu den Wahlkampfstrategien der aserbaidschanischen Opposition bei den Parlamentswahlen 2015, dass es scheine, dass die Müsavat zu jenen Gruppen gehört habe, die am meisten unter den Schikanen während der Unterschriftensammelaktionen gelitten habe. Sie habe auch als einzige Organisation tatsächliche physische Einmischung gemeldet, darunter Versuche, Aktivisten während des Sammelns von Unterschriften festzuhalten oder zu entführen:

„Musavat initially participated in the election campaign, but managed to get only 24 of 73 nominated candidates registered. Just four days before the vote they withdrew even these citing a repressive environment as the main reason. This move appears to have backfired, however. The Central Election Commission informed them that withdrawal was not allowed, and as a result the names of many Musavat members remained on the ballots for Election Day, even though they were no longer candidates. ‘It would have been easier for us to boycott from the beginning,’ comments Hajili, ‘but now we could at least report about the abuse against those who collected signatures for our candidates’. Musavat appears to have been the opposition group that suffered the most harassment during their signature collection effort.” (Universität Bremen - Forschungsstelle Osteuropa, 3. Dezember 2015, S. 10)

„However, Musavat is the only organization which reported actual physical interference, including efforts to detain or even kidnap their activists during signature collection and distribution. In some places Hajili explains, ‘there was just the ‘phone call:’ if you care about the future you should stop your activity’.” (Universität Bremen - Forschungsstelle Osteuropa, 3. Dezember 2015, S. 11)

Caucasian Knot berichtet im September 2015, dass Gadim Soltan, ein Mitglied der Müsavat, während des Sammelns von Unterschriften im Dorf Khilmilli im Bezirk Gobustan von sieben bis acht Personen in ein Auto gezwungen und zehn bis zwölf Kilometer entfernt in einer verlassenen Gegend wieder freigelassen worden sei. Er habe einen Angestellten der örtlichen Wahlkommission und einen Beamten der Exekutive des Bezirks als Täter erkannt:

„Gadim Soltan, a member of the "Musavat" Party, was forcibly taken away from a village in Gobustan District of Azerbaijan during the collection of signatures in favour of a candidate for the parliament. The opposition activist treats the incident as kidnapping; his party colleagues say about pressure. The incident with Gadim Soltan occurred on September 13 in the village of Khilmilli when he and two activists collected signatures in favour of Sakhavat Soltan, deputy chairman of the "Musavat" Party, who was nominated a candidate for the local MP. "In Khilmilli we collected just two signatures. When we came out of the yard, two Niva cars without license plates arrived there. 7-8 people went out of the cars; among them I recognized the employees of the local election commission and the officials of executive power of Gobustan District. They demanded our signature lists. I said that these demands are illegal; and we didn't give them the lists. But they forced me into the car and drove away. Some 10-12 km away from Khilmilli, in the deserted area, I was released," Gadim Soltan told the "Caucasian Knot" correspondent.” (Caucasian Knot, 14. September 2015)

Amnesty International (AI) beschreibt im Oktober 2015 die Menschenrechtslage vor den Parlamentswahlen vom November 2015. Politische Parteien würden zwar nominell existieren, würden aber von den Behörden gehindert, im öffentlichen Raum zu arbeiten und einen Wahlkampf zu führen. Zwei Müsavat-Abgeordnete, darunter Tofig Yagublu, würden nach politisch motivierten Verfahren und fingierten Anklagen lange Haftstrafen verbüßen. Auch andere mit öffentlichem Profil seien von Verfolgung betroffen. Andere kritische Stimmen, die sich öffentlich artikulieren wollten, darunter unabhängige Medien, seien ebenfalls schikaniert und verfolgt worden:

„Political parties, while still allowed to nominally exist, have been effectively prohibited or prevented by the authorities from operating in the public space or even carrying out basic political activities. They are not represented in the Parliament and are prevented from carrying out electoral campaigns, meeting with the public or attempting to recruit new members. Political parties in Azerbaijan that try to provide an alternative to the current government are routinely denied access to public space, rendering them invisible to the public, and face repeated obstacles to securing premises from which they can run their operations. Methods used by the authorities against such groups around the country range from pressure on the owners of the venues which they had rented, or attempted to rent, to the denial of venues for holding public events, and harassment of their members and their families.

[…] Yadigar Sadigov and Tofig Yagublu, two deputy chairs of Musavat, another major political party, are also serving lengthy sentences, following politically motivated trials in which they were convicted under trumped up charges. Persecution has extended to other party members of Musavat with significant public profiles. Two other prisoners of conscience, young activist and popular blogger Faraj Karimov, and his brother Sirah Karimov, also a Musavat member, have been convicted under false charges and sentenced to six and six-and-a half years in prison, respectively. Faraj Karimov was the administrator of the largest Azeri-language page on Facebook which had 300,000 subscribers before it was closed down following his arrest in July 2013.

[…] Other critical voices in Azerbaijan who have sought to express themselves through any public forum, including independent off-line and on-line media, have also been subjected to harassment and persecution.” (AI, 30. Oktober 2015)

 

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Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 24. Mai 2017)

·      AI – Amnesty International: Aserbaidschan: Oppositionelle vor Präsidentschaftswahlen festgenommen, 6. Februar 2013
https://www.amnesty.de/2013/2/7/aserbaidschan-oppositionelle-vor-praesidentschaftswahlen-festgenommen

·      AI - Amnesty International: Critical human rights situation in Azerbaijan further worsening ahead of 2015 election [EUR 55/2787/2015], 30. Oktober 2015 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1446450198_eur5527872015english.pdf

·      Bertelsmann Stiftung: BTI 2016; Azerbaijan Country Report, 2016
http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Azerbaijan.pdf

·      Caucasian Knot: Opposition: number of Baku detainees exceeds 60, 17. November 2012
http://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/22922/

·      Caucasian Knot: No less than 41 people detained during an action of protest in Baku, 26. Jänner 2013
http://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/24693/

·      Caucasian Knot: "Yeni Musavat" reporter attacked in Azerbaijan, 25. April 2014
http://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/27954/

·      Caucasian Knot: Azerbaijan: activist of "Musavat" Party is charged with using violence against police, 28. Mai 2014
http://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/28264/

·      Caucasian Knot: Azerbaijani "Musavat" activist Eyubzade sentenced to two years of imprisonment, 15. Oktober 2014
http://www.eng.kavkaz-uzel.ru/articles/29642/

·      Caucasian Knot: Azerbaijani opposition activist states his kidnapping, 14. September 2015
http://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/32987/

·      Heinrich Böll Stiftung: Menschenrechte in Aserbaidschan: eine Chronik der Unterdrückung, 1. August 2014
https://www.boell.de/de/2014/08/01/menschenrechte-aserbaidschan-chronik-unterdrueckung

·      HRW - Human Rights Watch: Tightening the Screws, 1. September 2013
https://www.hrw.org/sites/default/files/reports/azerbaijan0913_ForUpload_1.pdf

·      IWPR - Institute for War and Peace Reporting: Two Opposition Figures Jailed in Azerbaijan, 21. März 2014
https://iwpr.net/global-voices/two-opposition-figures-jailed-azerbaijan

·      KAS – Konrad-Adenauer-Stiftung: Eine Wahl ohne Überraschung, 10. Oktober 2013
http://www.kas.de/suedkaukasus/de/publications/35668/

·      Meydan TV: European Court Redresses Grievances of 11 Azerbaijani Citizens, 7. April 2017
https://www.meydan.tv/en/site/news/22172/

·      OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa: Republic of Azerbaijan Presidential Election, 9 October 2013 OSCE/ODIHR Election Observation Mission Final Report, 24. Dezember 2013
http://www.osce.org/institutions/110015?download=true

·      Tagesspiegel: Protestwelle in Aserbaidschan, 28. Jänner 2013
http://www.tagesspiegel.de/politik/kundgebung-in-baku-protestwelle-in-aserbaidschan/7694994.html

·      Universität Bremen - Forschungsstelle Osteuropa: To Participate or Not To Participate—That is the Question. Electoral Strategies of the Azerbaijani Opposition (Autorin: Sofie Bedford), Caucasus Analytical Digest No. 79, 3. Dezember 2015
http://www.laender-analysen.de/cad/pdf/CaucasusAnalyticalDigest79.pdf

·      USDOS - US Department of State: Country Report on Human Rights Practices 2015 - Azerbaijan, 13. April 2016 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/local_link/322471/461948_de.html

·      USDOS - US Department of State: Country Report on Human Rights Practices 2016 - Azerbaijan, 3. März 2017 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/local_link/337122/479882_de.html