Schweden 2019

Vergewaltigung und andere Formen sexualisierter Gewalt gegenüber Frauen und Mädchen waren 2019 nach wie vor weit verbreitet. Roma waren unvermindert mit Diskriminierung konfrontiert. Schweden hatte Folter noch immer nicht als Straftatbestand in die nationale Gesetzgebung aufgenommen. 

Rechte von Frauen

Sexualisierte Gewalt, vor allem gegenüber Frauen und Mädchen, blieb nach wie vor weit verbreitet. Laut der vorläufigen offiziellen Kriminalstatistik für 2019 wurden im Lauf des Jahres 6256 Vergewaltigungen an Personen über 15 Jahren angezeigt. 2018 hatte das Parlament ein Gesetz verabschiedet, das als rechtliche Definition von Vergewaltigung das Zustimmungsprinzip einführte. Jedoch registrierte Amnesty International im April, dass Betroffene nach wie vor auf Barrieren stießen, wenn sie rechtliches Gehör suchten, und nur wenige Ermittlungen strafrechtliche Verfolgungen und Verurteilungen nach sich zogen. Viele der Schwachstellen beruhten auf dem mangelhaften Umgang der Polizei mit Vergewaltigungsfällen, darunter das Ausbleiben einer konsequenten Umsetzung der bestmöglichen Ermittlungsverfahren sowie beträchtliche Verzögerungen sowohl bei der Befragung von Verdächtigen als auch beim Erheben von Resultaten durch rechtsmedizinische Untersuchungen. 

Im Juni 2019 kündigte die Polizeibehörde eine Initiative an, wonach intensivere Bemühungen unternommen werden sollen, um Qualität und Effizienz der Ermittlungen in Vergewaltigungsfällen zu verbessern, darunter auch die Einstellung von 350 neuen Ermittlungsbeamt_innen.

Diskriminierung

Sogenannte "schutzbedürftige EU-Bürger" – in erster Linie rumänische und bulgarische Staatsangehörige, die meisten von ihnen Roma, die in Schweden in Not und Obdachlosigkeit leben – waren nach wie vor diskriminierender Behandlung ausgesetzt. Viele von ihnen lebten in Zelten oder Behelfsunterkünften an den Stadträndern und es kam zu Vertreibungen. Viele "schutzbedürftige EU-Bürger" hatten sich darauf verlegt, auf den Straßen zu betteln, was elf Gemeinden als Straftat einstuften, nachdem ein Hohes Verwaltungsgericht im Dezember 2018 entschieden hatte, dass Gemeinden lokale Bettelverbote verhängen dürfen. Gegen Bettelei gerichtete Äußerungen von führenden Politiker_innen und Meinungsführer_innen quer durch das gesamte politische Spektrum nährten tief verwurzelte diskriminierende Einstellungen und erhöhten die Gefahr von Menschenrechtsverletzungen gegenüber Roma-EU-Bürger_innen, die bereits unter elenden Verhältnissen in Schweden leben. In Stockholm setzen sich polizeiliche Schikanen und Vertreibungen gegenüber bettelnden Roma-EU-Bürger_innen fort. Lokale Unterstützergruppen berichteten von einer 2019 gestiegenen Zahl von Hassverbrechen gegen Roma-EU-Bürger_innen in Gemeinden, in denen Verbote verhängt worden waren.

Unternehmensverantwortung

Die Firma Saab, die militärische Ausrüstungsgegenstände an die von Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten angeführte Koalition geliefert hat, die an dem anhaltenden Konflikt im Jemen beteiligt ist, war eine von mehreren Firmen aus der weltweiten Gruppe von Waffenherstellern, die Amnesty International zufolge ihrer Verantwortung nach den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte nicht nachgekommen waren, nämlich zu erkennen, welche Gefahr für die Menschenrechte ihr Handeln birgt, und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. 

Die Regierung gestattete der Generalstaatsanwaltschaft 2019, wegen der mutmaßlichen Beteiligung an schweren Verstößen gegen internationales Recht im heutigen Südsudan Anklage gegen zwei hohe Vertreter_innen der schwedischen Ölfirma Lundin Petroleum zu erheben. Bis Ende des Jahres waren die Anklagen noch nicht erhoben worden.

Flüchtlinge und Asylsuchende

Schweden schob trotz der sich 2019 verschlechternden Sicherheitslage in Afghanistan weiter Asylsuchende dorthin ab. Dies entsprach der im Februar verabschiedeten neuen Gesetzesauslegung der schwedischen Migrationsbehörde, die auf die Praxis interner Schutzalternativen in Form von Umsiedlungen innerhalb Afghanistans zurückgriff. Amnesty International forderte Schweden auf, diese Praxis einzustellen.

Folter und andere Misshandlungen

Trotz langanhaltender Kritik vonseiten des UN-Ausschusses gegen Folter und anderer Menschenrechtsorgane war Folter 2019 nach wie vor kein Straftatbestand in der nationalen Gesetzgebung.

Rechte indigener Gemeinschaften

Im August 2019 erklärte die Regierung ihre Absicht, sich zusammen mit dem Sámi-Parlament um die Einrichtung einer Sámi-Wahrheitskommission zu bemühen. 

Bei einer Anhörung vor dem Obersten Gericht in einem Verfahren über Fisch- und Jagdrechte der Sámi erklärte der rechtliche Vertreter der Regierung jedoch, dass Schweden nicht verpflichtet sei, die Rechte der indigenen Gemeinschaft der Sámi anzuerkennen, was in scharfem Kontrast zu Schwedens Haltung gegenüber den Rechten indigener Gemeinschaften in anderen Ländern stand. Die Entscheidung des Gerichts wurde für Januar 2020 erwartet.

Berichte von Amnesty International

Amnesty International report: Time for Change: Justice for rape survivors in the Nordic countries (EUR 01/0089/2019)

Amnesty International report: Outsourcing responsibility: Human rights policies in the defence sector (ACT 30/0893/2019)

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