Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Provinz Kundus: In welcher Form wird von aktiven Taliban Druck auf Familienmitglieder ausgeübt, sich dem Kampf für die Sache der Taliban anzuschließen?; Gibt es Sanktionen gegen Personen, die sich weigern? [a-10242-3 (10244)]

25. Juli 2017

Das vorliegende Dokument beruht auf einer zeitlich begrenzten Recherche in öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD derzeit zur Verfügung stehen sowie gegebenenfalls auf Expertenauskünften, und wurde in Übereinstimmung mit den Standards von ACCORD und den Common EU Guidelines for processing Country of Origin Information (COI) erstellt.

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Das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (European Asylum Support Office, EASO), eine Behörde der Europäischen Union, deren Ziel es ist, die praktische Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten im Asylbereich zu fördern, zitiert in einem Bericht vom September 2016 den Afghanistan-Experten Antonio Giustozzi mit der Einschätzung, dass in Afghanistan Entscheidungen zur Mobilisierung von Kämpfern durch Familien- und Stammesoberhäupter und Gemeindeführer getroffen würden. Folglich würden Afghanen nicht aus einem individuell-rechtlichen Denken heraus von „Zwangsrekrutierung“ sprechen. Die Entscheidungen der Führungspersonen hätten legitimen Charakter und würden von den sozialen Einheiten (Familie bzw. Stamm) akzeptiert. „Zwangsrekrutierung“ sei somit kein Konzept, das sich aus dem afghanischen sozialen Kontext heraus ergebe.

Laut Patricia Gossman, Afghanistan-Forscherin bei der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW), erfolge Zwangsrekrutierung nicht nur, indem Taliban-Kämpfer von auswärts zu einer Familie kämen und deren Kinder „schnappen“ und ihnen mit vorgehaltener Waffe sagen würden, sie müssten nun für sie (die Taliban) kämpfen. Die Akteure der Rekrutierung seien vielmehr bereits präsent und den betreffenden Minderjährigen bekannt, und sie würden diese dazu überreden, sich ihnen anzuschließen. Zuweilen würden sie die Familien auch unter Druck setzen. Dieser Zwang bzw. Druck könne etwa von einem Familienmitglied ausgehen, das Mitglied bei den Taliban sei. Familien würden manchmal auch Geld dafür erhalten, dass sich Söhne der Familie den Taliban anschlössen. So gebe es zwar Druck bzw. Zwang, jedoch sei derlei nicht immer mit Gewalt verbunden.

Laut Borhan Osman, Forscher beim Afghanistan Analysts Network (AAN), stehe die Verbreitung von Zwangsrekrutierung in einem direkten Verhältnis dazu, wie sehr eine bewaffnete Gruppe unter Druck geraten sei. In vielen Gebieten würden die Taliban als die siegreiche Macht angesehen und könnten daher auf eine große Zahl von Kämpfern zurückgreifen und seien daher bei ihren Rekrutierungsmaßnahmen nicht auf die Anwendung von Zwang angewiesen. In anderen Gegenden könne der Druck, zusätzliche Kämpfer zu finden, größer sein, jedoch komme es auch hier nur in Ausnahmefällen zur Anwendung von Gewalt bzw. Zwang.

Wie das EASO weiter schreibt, habe die Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UN Assistance Mission in Afghanistan, UNAMA) über den Fall eines Jungen in Kundus berichtet, dem während der Besetzung der Stadt Kundus durch die Taliban (28. September bis 13. Oktober 2015) von den Taliban befohlen worden sei, eine mit Munition gefüllte Tasche zu tragen. Der Junge habe versucht wegzulaufen und sei dabei von Taliban-Kämpfern erschossen (oder angeschossen, Anm. ACCORD) worden. Laut UNAMA hätten die Taliban in Kundus Familien Gewalt angedroht, falls angeworbene Familienmitglieder sich weigern sollten, sich den Taliban anzuschließen.

Ein Artikel der in Kandahar herausgegebenen Tageszeitung Gardab zitiere, so das EASO, Vertreter des afghanischen Geheimdienstes Afghan National Directorate of Security (NDS) mit der Aussage, dass Aufständische jungen Menschen verschiedene Anreize bieten würden, falls sie sich entscheiden würden, sich ihnen anzuschließen. Hierzu würden Autos, Geld und Waffen zählen. Die Aufständischen würden indes Personen töten, die solche Angebote verweigern würden. Kate Clark vom AAN, die den EASO-Bericht durchgesehen habe, habe indes bemerkt, dass eine nähere Prüfung dieser Aussage notwendig sei.

Im Jänner 2016 hätten die Taliban Ortsansässige im Distrikt Shinwari (Provinz Parwan) zu einem bewaffneten Aufstand gegen die Regierung aufgefordert. Als sich die Bewohner geweigert hätten, hätten die Taliban ein Fahrzeug mit sieben Insassen aufgehalten und diesen in die Hände und Beine geschossen.

Laut Borhan Osman sei es in Notsituationen (etwa bei einem bevorstehenden Angriff durch Feinde) schwierig, einer Mobilisierung von Kämpfern auf Dorf- oder Stammesebene eine Absage zu erteilen. Eine Familie könne einer Mobilisierung unter Umständen durch Zahlung einer „Strafe“ entgehen. Wenn einmal die örtliche Gemeinschaft entschieden habe, die Taliban zu unterstützen, sei eine Verweigerung mit „hohen politischen Kosten“ verbunden.

Osman zufolge würden Stämme, Gemeinden, Dörfer oder Gebiete, die sich in der Nähe von Taliban-Hochburgen befänden und den Taliban die allgemeine Unterstützung verweigern würden (unter anderem durch Rekrutierung von Kämpfern), zum Ziel von Taliban. Diese würden versuchen, die betreffenden Gebiete zu durchdringen, deren Bewohner zu überzeugen, Loyalitäten auf den Prüfstand zu stellen und sie letzten Endes dazu zu zwingen, sich der Aufstandsbewegung anzuschließen. Dies sei bei einigen paschtunischen Stämmen in der Provinz Helmand der Fall gewesen:

„Antonio Giustozzi says that in Afghan social structures decisions are made by heads of families, tribal elders and community leaders […]. The decision to mobilise fighters is made by them and Afghans do not refer to ‘forced recruitment’, as they do not think in terms of individual rights. The decisions made by leaders are legitimate and accepted by the social units (family and tribe). Therefore ‘forced recruitment’ is a concept that does not stem from the Afghan social context. […]

Patricia Gossman (HRW) says that forced recruitment should not only be seen as Taliban fighters coming from the outside to a family, grabbing their children and telling them at gunpoint to fight for them. The actors of recruitment are already there, known to these children, and persuade them to join. They sometimes put pressure on the families. The coercion or pressure can come from a family member who is part of the Taliban. Families are sometimes given money for sons to join. So there is pressure or coercion but it is not always violent.

Borhan Osman says the prevalence of forced recruitment strategies is directly proportionate to the level of pressure an armed group is facing. In many areas the Taliban is seen as the victorious force and has a lot of volunteering fighters available, so it does not have to rely on coercion for recruitment. In other areas the Taliban need to find extra fighters might be more pressing, though the use of force or coercion for recruitment is exceptional.” (EASO, September 2016, S. 22)

UNAMA reported on the case of a boy in Kunduz (events 28 September – 13 October 2015) who was told by the Taliban to carry a bag of ammunition. The boy ran away and was shot by Taliban fighters. UNAMA also reported that Taliban in Kunduz threatened to harm the family in case approached recruits would refuse to join its ranks.

In an article in the Gardab daily newspaper (Kandahar), Afghan National Directorate of Security (NDS) officers were quoted saying that ‘insurgents are offering different incentives to the youngsters who choose to join their lines including cars, money and weapons. The insurgents would kill those who oppose to accept their offer.’ Clark comments that further checking would be needed to determine the accuracy of this statement.

In January 2016, the Taliban reportedly asked locals in Shinwari district (Parwan) to wage an armed uprising against the government. The people refused and the Taliban seized a vehicle with seven people and shot them in the hands and legs.

Borhan Osman says in cases of emergency, for example when facing an imminent attack, refusing mobilisation of fighters within a local context, village or tribe, would be difficult. It could be avoided by the family paying a ‘fine’. When the local community agrees to support the Taliban, such refusal would invoke a ‘high political cost’.

Osman says that tribes, communities, villages or areas located in regions where the Taliban has strongholds nearby who refuse to support the Taliban in general, including the recruitment of fighters, will be targeted by the Taliban. The Taliban will try to penetrate those areas, convince them, test loyalties, and finally force them into siding with the insurgency. This was the case with some Pashtun tribes in Helmand.” (EASO, September 2016, S. 24)

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) berichtet in einem Artikel vom Februar 2016 über die Ergebnisse von Interviews mit Verwandten von 13 Minderjährigen, die während des Jahres 2015 von den Taliban rekrutiert worden seien, und deren Aussagen mithilfe von Interviews mit zivilgesellschaftlichen Aktivisten, politischen Analysten und den Vereinten Nationen überprüft worden seien. Demnach würden die Taliban Minderjährige für verschiedene Arten von militärischen Operationen ausbilden und einsetzen, unter anderem für die Herstellung und die Platzierung von unkonventionellen Spreng- oder Brandvorrichtungen. In der Provinz Kundus hätten die Taliban zunehmend auf Madrassas (islamische religiöse Schulen) zurückgegriffen, um Kinder im Alter von 13 bis 17 Jahren militärisch auszubilden, von denen dann viele im Kampf eingesetzt worden seien. Nach Angaben von Ortsansässigen in Kundus und Analysten sei die Zunahme von Rekrutierungen minderjähriger Kämpfer und deren Einsatz im Kampf mit der Taliban-Großoffensive in Nordafghanistan zusammengefallen, die im April 2015 begonnen habe. Nach Angaben von Aktivisten und Analysten seien die von den Taliban geleiteten Madrassas mindestens seit 2012 in Betrieb. Nachdem es den Taliban in den Jahren 2013 und 2014 gelungen sei, in den Distrikten Chahar Dara und Dasht-e-Archi in der Provinz Kundus an Boden zu gewinnen, hätten sie auch mehr Einfluss über das Bildungswesen in der Provinz erlangt. So hätten Taliban-Kommandanten zunehmend Madrassas nicht nur zur Indoktrinierung, sondern auch zur militärischen Ausbildung von Minderjährigen verwendet.

Da die Taliban Minderjährige bereits ab einem frühen Alter indoktrinieren würden, ließen sich diese leicht zum Kampf überreden. So hätten Verwandte von minderjährigen Kämpfern in Kundus angegeben, dass die Taliban Minderjährige anwerben würden, da diese sich leichter von der Rechtmäßigkeit des Dschihad überzeugen ließen und sich, da sie aufgrund ihres jungen Alters keine Familie zu versorgen hätten, leicht zur Ausführung gefährlicher Aufgaben überreden ließen. Allgemein würden Minderjährige nicht mittels Zwang rekrutiert. Jedoch seien Eltern bei ihren Versuchen, ihre rekrutierten Kinder wieder zurückzuholen, gescheitert, da die Taliban behaupten würden, dass die Jungen bereits erwachsen seien oder sich ungeachtet ihres Alters dem Dschihad verschrieben hätten.

Die Taliban-Madrassas seien für viele arme Familien attraktiv, da die Aufständischen die Kosten übernehmen und die Minderjährigen mit Nahrung und Kleidung versorgen würden. In manchen Fällen würden sie Familien Geld dafür anbieten, damit diese ihre männlichen Kinder in die Madrassas schickten. Laut einem Kundus-Experten sei es bereits vor der Einrichtung von Madrassas durch die Taliban in diesen Gebieten üblich gewesen, dass Familien zumindest einen Sohn in die örtliche Madrassa schickten, da eine Karriere als Mullah (d.h. einer Person, die mit den Prinzipien des islamischen Rechts vertraut ist) mit Prestige verbunden sei.

Der HRW-Artikel fasst eine Reihe von Schilderungen aus Interviews mit Verwandten von 13 Jungen zusammen, die 2015 von den Taliban rekrutiert worden seien, sowie auch aus Interviews mit Gemeindeführern, die mit den Familien kooperiert hätten, um die Jungen wieder freizubekommen. In allen dokumentierten Fällen hätten es die Eltern nicht vermocht, ihre Söhne zurückzuholen. Einige der Minderjährigen seien bei den Kampfhandlungen in Kundus im Jahr 2015 ums Leben gekommen. In allen Fällen seien die für die Rekrutierung verantwortlichen Taliban-Kommandanten in Kundus ansässig gewesen. Die Einzelschilderungen entnehmen Sie bitte dem Originaldokument:

„New Human Rights Watch research shows that the Taliban have been training and deploying children for various military operations including the production and planting of improvised explosive devices (IED). In Kunduz province, the Taliban have increasingly used madrasas, or Islamic religious schools, to provide military training to children between the ages of 13 and 17, many of whom have been deployed in combat. […]

Human Rights Watch interviewed relatives of 13 children recruited as Taliban soldiers over the past year, and verified these claims through interviews with civil society activists, political analysts, and the United Nations. Despite Taliban claims that they only enlist fighters who have achieved ‘mental and physical maturity,’ and do not use ‘boys with no beards’ in military operations, some of the children recruited from madrasas in Kunduz, Takhar, and Badakhshan provinces are 13 or younger. […]

Kunduz residents and analysts say that the increase in recruitment and deployment of child fighters coincided with the Taliban’s major offensive in northern Afghanistan that began in April 2015. Human Rights Watch interviews with activists and analysts indicate that the Taliban-run madrasas have been functioning in Kunduz, as well as other northern provinces, since at least 2012. As the Taliban made substantial inroads in 2013-2014, gaining ground in Kunduz’s Chahardara and Dasht-e Archi districts, they gained more influence over education in the province. Taliban commanders increasingly used madrasas not only for indoctrination, but also for military training of children. […]

Because the Taliban begin the indoctrination of children from an early age, they are easily persuaded to fight. Relatives of child soldiers in Kunduz told Human Rights Watch that the Taliban target children because it is easy to convince them of the righteousness of jihad, and because they are at an age where they do not feel responsible for providing for a family and so are easily persuaded to take on dangerous tasks. In general, children are not recruited by force. However parents who have tried to retrieve their children are usually unable to do so because the Taliban claim that the boys are of age, or are committed to jihad regardless of their age. […]

The Taliban madrasas attract many poor families because the Taliban cover their expenses and provide food and clothing for the children. In some cases they offer cash to families for sending their boys to the madrasas. An expert on Kunduz told Human Rights Watch that traditionally, even before the Taliban established madrasas in these areas, rural and village families sent at least one son to the local madrasa because of the prestige associated with the status of becoming a mullah (someone educated in the basics of Islamic law). […]

The following accounts are based on Human Rights Watch interviews with the relatives of 13 boys recruited into the Taliban in 2015, and interviews with community elders who have worked with the families to try to get the boys released. The names of the boys and other identifying details have been changed for their families’ security. In all cases, the parents tried unsuccessfully to secure the return of their sons. In some cases the children were killed during the fighting in Kunduz in 2015. In each of these cases the Taliban commanders responsible for recruiting the boys were based in Kunduz.” (HRW, 17. Februar 2016)

Der in Doha (Katar) ansässige Nachrichtensender Al Jazeera berichtet in einem Artikel vom September 2015, dass Berichten zufolge Taliban-Kämpfer in der Stadt Kundus von Tür zu Tür gehen würden, um männliche Minderjährige als Rekruten anzuwerben. Weiters zitiert der Artikel einen Al-Jazeera-Korrespondenten in der benachbarten Provinz Baghlan mit der Aussage, dass die Taliban „aus jeder Familie junge Burschen mitnehmen und zwangsweise rekrutieren“ würden:

„Taliban fighters are going from door to door in the key northern Afghanistan city of Kunduz to take young boys as recruits, as reports emerge that they have captured enough weaponry from Afghanistan's security forces to hold out in the city for months. Al Jazeera's Qais Azimy, reporting from Baghlan just south of Kunduz, said the Taliban were ‘taking young boys from every family as a form of forced recruitment’.” (Al Jazeera, 30. September 2015)

Die Forscher Christian Bleuer und Obaid Ali schreiben in einem im Oktober 2014 vom Afghanistan Analysts Network (AAN) veröffentlichten Artikel unter Berufung auf eine Person, die zu Geschäftszwecken kürzlich den Distrikt Khanabad der Provinz Kundus bereist habe, dass die meisten Familien in dem Distrikt einer lokalen bewaffneten Gruppe eines ihrer jungen Familienmitglieder zur Verfügung stellen müssten, um ihren eigenen Schutz zu gewährleisten. Andernfalls müssten sich die Familien selbst bewaffnen und ihr Haus Tag und Nacht beschützen.

So würden zahlreiche junge Menschen rekrutiert, und es ergebe sich eine zunehmend komplexe Situation, da Kommandanten versuchen würden, sich die absolute Loyalität ihrer Rekruten zu sichern. Die wichtigste von den Kommandanten eingesetzte Taktik bestehe darin, Rekruten dazu zu veranlassen, sich einen persönlichen Feind unter den Feinden und Rivalen des jeweiligen Kommandanten zu schaffen, indem sie einen Angriff oder einen Mord ausführten. Dabei könne ein Kommandant auch die Familie des Rekruten als „Rivalen“ betrachten, wenn diese versuche, ihren Sohn bzw. Bruder aus dem Machtbereich des Kommandanten herauszuholen. Falls der neue Rekrut nicht mit der Familie des Kommandanten verwandt sei, könne dieser beispielsweise eine Situation herstellen, in der der Rekrut ein Mitglied seiner eigenen Familie (etwa einen Cousin) angreifen müsse, was es dem Rekruten dann erschwere, den Verband des Kommandanten zu verlassen und zur Familie zurückzukehren. Falls der Rekrut ein Verwandter des Kommandanten sei, würde dieser ihn dazu drängen, einen der Rivalen (des Kommandanten) zu erschießen. Solche alternierenden Rekrutierungstaktiken würden es dem Kommandanten ermöglichen, die Kontrolle über seine jungen Rekruten zu wahren. Denn erstens sei der Rekrut dann aufgrund der verübten Tötungshandlung nicht in der Lage, sich einer anderen Gruppierung anzuschließen, und zweitens könne er wegen der jüngst hervorgerufenen innerfamiliären Feindseligkeiten nicht mehr zu seiner Familie zurückkehren:

„The business traveler cited above stated that most of the residences in Khanabad have to ‘voluntarily’ offer a young member of their families to a local armed group in order to secure their own protection. Otherwise, they have to arm themselves and protect their house, night and day.

The result is the heavy recruitment of local youth and an increasingly complex situation as commanders seek to secure the absolute loyalty of recruits. The main tactic used by commanders is to have the recruit create an immediate and personal enemy from among the enemies and rivals of the commander by carrying out an attack or killing. Here the commander takes into account both ethnicity and family relations, as the recruit’s family could be considered a ‘rival’ if they attempt to pull their son or brother away from the commanders’ influence. For example, if the new recruit is not related to the family of the commander, then the commander will create a situation where the recruit has to attack a member of his family, such as a cousin, making it harder for the recruit to return to leave the commanders group and return to his own family […]. If the recruit is a relative of the commander’s family, then the commander pushes him to shoot someone from amongst the commander’s rivals. The alternate use of these recruitment tactics ensures the commander’s control over his young recruits. First of all, the recruit will not be able to join other parties because of the killing, and secondly he cannot return to his family because of the newly created intra-family enmity.” (Bleuer/Ali, 28. Oktober 2014)

In den ACCORD derzeit zur Verfügung stehenden Quellen konnten im Rahmen der zeitlich begrenzten Recherche keine weiteren Informationen zu oben genannter Fragestellung gefunden werden.

 

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Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 25. Juli 2017)

·      Al Jazeera: Afghan Taliban 'recruiting boys' from Kunduz families, 30. September 2015
http://www.aljazeera.com/news/2015/09/afghan-taliban-recruiting-boys-kunduz-families-150930155157751.html

·      Bleuer, Christian/ Ali, Obaid: Security in Kunduz Worsening Further: The case of Khanabad, 28. Oktober 2014 (veröffentlicht vom Afghanistan Analysts Network (AAN)
https://www.afghanistan-analysts.org/security-in-kunduz-worsening-further-the-case-of-khanabad/

·      EASO - European Asylum Support Office: Afghanistan; Recruitment by armed groups, September 2016 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/file_upload/90_1474353951_2019-09-easo-afghanistan-recruitment.pdf

·      HRW - Human Rights Watch: Taliban Child Soldier Recruitment Surges, 17. Februar 2016 (verfügbar auf ecoi.net)
https://www.ecoi.net/local_link/319950/459151_de.html