Amnesty International Report 2014/15 - The State of the World's Human Rights - Tajikistan

Amnesty Report 2015

Tadschikistan

 

 

Folter und andere Misshandlungen an Inhaftierten waren nach wie vor gängige Praxis, und die Täter blieben straffrei. Die Regierung verhängte weitere Einschränkungen der Rechte auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit.

Hintergrund

Emomalii Rachmon wurde im November 2013 mit 84% der Wählerstimmen für eine vierte Amtszeit als Staatspräsident wiedergewählt.

Im Mai 2014 wurden drei Personen getötet und fünf weitere verletzt, als es bei einem Polizeieinsatz in Chorugh in der Autonomen Provinz Berg-Badachschan zu Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Einwohnern kam. Berichten zufolge war die Untersuchung dieser Ereignisse Ende 2014 noch im Gang.

Noch immer hatte keine wirksame Untersuchung der Zusammenstöße in Chorugh im Juli 2012 stattgefunden, bei denen zahlreiche Menschen, darunter mindestens 22 Zivilpersonen, ums Leben gekommen waren. Nach wie vor fehlten verlässliche Angaben über die Zahl der Opfer.

Folter und andere Misshandlungen

Trotz der Verabschiedung eines Handlungsplans zur Umsetzung von Empfehlungen des UN-Ausschusses gegen Folter aus dem Jahr 2013 blieben Folter und andere Misshandlungen an der Tagesordnung.

Tadschikische NGOs dokumentierten zwischen dem 1. Dezember 2013 und dem 8. Oktober 2014 insgesamt 24 Folterfälle. Die meisten Angehörigen und Betroffenen erstatteten jedoch aus Angst vor Repressalien keine Anzeige. Wahrscheinlich wurden zahlreiche weitere Folterfälle nie gemeldet.

Strafrechtliche Ermittlungen gegen folterverdächtige Polizeibeamte fanden kaum statt und wurden regelmäßig vorzeitig abgebrochen oder eingestellt. Vom Zeitpunkt ihrer Erklärung zum Straftatbestand im Jahr 2012 bis Ende 2014 waren nur vier Sicherheitsbeamte wegen Folter verurteilt worden; zwei von ihnen erhielten Bewährungsstrafen.

Im April 2014 wurden die Ermittlungen gegen zwei Polizeibeamte, die im Verdacht stehen, Ismonboy Boboev gefoltert zu haben, erneut eingestellt, Berichten zufolge aufgrund des schlechten Gesundheitszustands eines der Verdächtigen. Ismonboy Boboev war im Februar 2010 in der Haft gestorben.

Tadschikistan versäumte es, Entscheidungen von UN-Instanzen zu bestimmten Einzelfällen umzusetzen. Im Juni 2013 drang die UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen darauf, Ilhom Ismonov freizulassen, der im November 2010 willkürlich festgenommen, gefoltert und gezwungen worden war, ein falsches Geständnis zu unterschreiben. Ende 2014 war er noch immer in Haft.

Wiederholt wurde Anwälten der Zugang zu ihren inhaftierten Mandanten verweigert, häufig tagelang. Dies war besonders in Haftanstalten verbreitet, die vom tadschikischen Staatskomitee für Nationale Sicherheit betrieben wurden.

Personen, die als Bedrohung für die nationale Sicherheit angesehen wurden, darunter auch Angehörige religiöser Bewegungen und Mitglieder islamistischer Gruppierungen oder Parteien, waren besonders der Gefahr ausgesetzt, ohne Kontakt zur Außenwelt inhaftiert, gefoltert oder anderweitig misshandelt zu werden.

Umed Tojiev, ein Mitglied der oppositionellen Islamischen Partei der Wiedergeburt Tadschikistans, starb am 19. Januar 2014 im Krankenhaus. Er war am 30. Oktober 2013 in der Region Sughd von der Polizei verhaftet und am 4. November 2013 angeklagt worden, eine kriminelle Vereinigung gegründet zu haben. Bis zum 13. November 2013 verweigerte man ihm den Kontakt zu seinem Anwalt.

Seine Familie berichtete, man habe ihn mit Erstickungsversuchen, Schlaf- und Nahrungsmittelentzug sowie Elektroschocks gefoltert. Am 5. November 2013 sprang er aus dem Fenster des Polizeireviers in Sughd und brach sich dabei beide Beine, doch erst am 4. Januar 2014 erhielt er eine angemessene ärztliche Behandlung. Umed Tojievs Tod, der vermutlich auf strafbare Fahrlässigkeit zurückzuführen ist, wurde Ende 2014 noch untersucht.

Haftbedingungen

Im Februar 2014 nahm eine vom Ombudsmann für Menschenrechte eingerichtete Überwachungsgruppe für Haftanstalten die Arbeit auf. Zu der Gruppe zählten auch Vertreter der Zivilgesellschaft. Jedoch wurde in einigen Fällen Vertretern von NGOs willkürlich der Zugang zu Hafteinrichtungen verwehrt.

Recht auf freie Meinungsäußerung

Politiker, engagierte Bürger und Journalisten, die die Regierung kritisierten, wurden schikaniert.

Zwischen 2013 und 2014 wurden etwa 15 Gerichtsverfahren gegen Journalisten und Medienunternehmen angestrengt. Die Anklagen lauteten u.a. auf Verleumdung und in einem Fall auf Betrug.

Im Februar 2014 wurden die Journalistin Olga Tutubalina und die Tageszeitung Asia Plus dazu verurteilt, drei Klägern wegen eines 2013 veröffentlichten Artikels, in dem abwertend von der Intelligenzija gesprochen, jedoch keiner der Kläger erwähnt wurde, als Ausgleich für "körperliche und seelische Leiden" 30000 Tadschikische Somoni (etwa 4500 Euro) Schadensersatz zu zahlen.

Der Zugang zu zahlreichen beliebten Websites, darunter Nachrichtenseiten und soziale Medien, wurde 2014 mehrfach vorübergehend blockiert. Damit sollen die Internetprovider direkten Anweisungen der staatlichen Aufsichtsbehörde nachgekommen sein.

Berichte über politisch motivierte Schikanen gegenüber führenden Mitgliedern der politischen Opposition häuften sich. Mitglieder der oppositionellen Islamischen Partei der Wiedergeburt Tadschikistans gerieten besonders stark ins Visier. Im Juli 2013 äußerte sich der UN-Menschenrechtsausschuss besorgt über die Inhaftierung von Zayd Saidov, Führer der Oppositionsbewegung Neues Tadschikistan.

Er wurde im Dezember 2013 zu 26 Jahren Haft verurteilt. Im Oktober 2014 verbot der Oberste Gerichtshof die Oppositionsbewegung Gruppe 24 mit der Begründung, sie sei "extremistisch".

Am 16. Juni 2014 wurde Alexander Sodiqov, ein tadschikischer Staatsbürger, der in Kanada an seiner Promotion arbeitet, in Chorugh festgenommen, während er im Rahmen seiner Recherchen für ein Projekt über Konfliktbewältigung ein Interview mit einem Vertreter der oppositionellen Sozialdemokratischen Partei Tadschikistans führte. Man warf ihm Spionage vor und hielt ihn drei Tage lang ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft.

Am 19. Juni erklärte Saimumin Yatimov, der Leiter des Staatskomitees für Nationale Sicherheit, unter kaum verhohlener Bezugnahme auf den Fall Sodiqov, dass ausländische Spione unter dem Deckmantel von NGOs in Tadschikistan tätig seien und versuchten, die nationale Sicherheit zu untergraben. Alexander Sodiqov war ein gewaltloser politischer Gefangener. Er kam am 22. Juli gegen Kaution frei und durfte am 10. September nach Kanada ausreisen, um sein Studium fortzusetzen.

Recht auf Vereinigungsfreiheit

Menschenrechtsorganisationen und andere NGOs agierten weiterhin unter widrigen Umständen und sahen sich Druck vonseiten der Behörden ausgesetzt. Unangemeldete Inspektionen von NGOs häuften sich, manchmal gefolgt von rechtlichen Schritten wegen angeblicher Gesetzesverstöße.

Am 24. Juni 2014 prüfte das Verfassungsgericht einen Antrag des Verbands Junger Anwälte Amparo in Bezug auf Diskrepanzen zwischen dem Gesetz über öffentliche Vereinigungen und der Verfassung. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass es dem Gesetz hinsichtlich der zu präsentierenden Gründe für die Schließung von Vereinigungen an Klarheit fehle, und empfahl dem Parlament, die strittigen Passagen abzuändern.

Amparo war im Oktober 2012 wegen einer geringfügigen technischen Unregelmäßigkeit geschlossen worden. Die Rechtsmittel der Organisation gegen diese Entscheidung blieben erfolglos.

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