Document #1277539
Amnesty International (Author)
Amtliche Bezeichnung: Republik Nicaragua
Staats- und Regierungschef: Daniel Ortega Saavedra
Todesstrafe: für alle Straftaten abgeschafft
Einwohner: 5,9 Mio.
Lebenserwartung: 74 Jahre
Kindersterblichkeit: 25,6 pro 1000 Lebendgeburten
Alphabetisierungsrate: 78%
Bei den gewaltsamen Auseinandersetzungen im Anschluss an die Präsidentschaftswahlen wurden mindestens vier Personen getötet und zahlreiche weitere verletzt. Vergewaltigung und sexueller Missbrauch waren weit verbreitet. Das vollständige Verbot aller Arten von Schwangerschaftsabbrüchen blieb weiterhin in Kraft. Die Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit wurde in Frage gestellt.
Nach den Wahlen vom November 2011 kam es - begleitet von weit verbreiteten Vorwürfen des Wahlbetrugs - zum Ausbruch von Gewalt. Bei landesweiten Zusammenstößen zwischen Unterstützern und Gegnern von Daniel Ortega, der für eine dritte Amtszeit zum Präsidenten gewählt worden war, wurden mindestens vier Personen getötet und zahlreiche weitere verletzt.
Vergewaltigungen und sexueller Missbrauch boten nach wie vor Anlass zu großer Besorgnis. Dennoch setzte der Oberste Gerichtshof das Strafmaß für Farinton Reyes, der wegen Vergewaltigung seiner Arbeitskollegin Fátima Hernández im Jahr 2009 verurteilt worden war, auf vier Jahre Haft herab. Das Gericht versuchte, seine Entscheidung damit zu rechtfertigen, dass Farinton Reyes das Verbrechen unter Alkoholeinfluss und in einem Zustand sexueller, von ihm nicht kontrollierbarer Erregung begangen habe. Die Richter argumentierten außerdem, dass Fátima Hernández bei der Vergewaltigung "einverständlich" gehandelt habe und "kooperativ" gewesen sei.
Das vollständige Verbot aller Arten von Schwangerschaftsabbrüchen blieb weiterhin in Kraft und führte zu einem Anstieg schwerwiegender Verletzungen der Rechte von Frauen und Mädchen. Die überarbeiteten Strafgesetze, die 2008 in Kraft getreten waren, lassen keine Ausnahme dieses Verbots zu. Das Ergebnis hiervon war, dass Frauen und Mädchen, die infolge einer Vergewaltigung schwanger wurden oder deren Gesundheit durch die Fortsetzung der Schwangerschaft bedroht war, der Zugang zu sicheren und legalen Abtreibungen verwehrt blieb.
Jeglicher Schwangerschaftsabbruch galt nach wie vor als strafbare Handlung, und jede Person, die entweder selbst auf der Suche nach einer Abtreibungsmöglichkeit war oder einer anderen Person hierbei half, riskierte, strafrechtlich verfolgt zu werden.
Im März 2011 forderte die Interamerikanische Menschenrechtskommission die Regierung auf, geeignete Schritte einzuleiten, um die sexuelle Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu beenden und das Totalverbot von Schwangerschaftsabbrüchen aufzuheben.
Im Zusammenhang mit der aufgeheizten politischen Debatte im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen im November 2011 wurde vermehrt über Einschüchterungen von Medienschaffenden berichtet.
Nachdem der Oberste Wahlrat im November den Sieg Daniel Ortegas bei den Präsidentschaftswahlen verkündet hatte, gingen im ganzen Land zahlreiche Menschen auf die Straße, um dagegen zu protestieren.
Delegierte von Amnesty International besuchten Nicaragua im Juli.
© Amnesty International
Amnesty International Report 2012 - The State of the World's Human Rights (Periodical Report, English)