Document #1083176
Amnesty International (Author)
Amtliche Bezeichnung: Volksrepublik Bangladesch
Staatsoberhaupt: Mohammad Zillur Rahman
Regierungschefin: Sheikh Hasina Wajed
Todesstrafe: nicht abgeschafft
Einwohner: 164,4 Mio.
Lebenserwartung: 66,9 Jahre
Kindersterblichkeit (m/w): 58/56 pro 1000 Lebendgeburten
Alphabetisierungsrate: 55%
Angehörige des Schnellen Einsatzbataillons (Rapid Action Battalion - RAB) und andere Polizeibeamte nahmen bei Demonstrationen mehr als 500 Personen fest, viele davon willkürlich. Sie gingen gegen Demonstrierende mit unverhältnismäßiger Gewalt vor und verletzten dabei Hunderte von ihnen. Das Schnelle Einsatzbataillon (RAB) und Polizeikräfte waren weiterhin an außergerichtlichen Hinrichtungen beteiligt. Mindestens sechs Gefangene starben dem Vernehmen nach in Polizeigewahrsam, nachdem sie gefoltert worden waren. Neun Männer wurden hingerichtet und mindestens 32 Männer zum Tode verurteilt. Sechs Personen wurden wegen Kriegsverbrechen inhaftiert. Die Regierung gewährte den Angehörigen der indigenen Bevölkerungsgruppe der Jumma in den Chittagong Hill Tracts (CHT) keinen ausreichenden Schutz gegen Angriffe durch bengalische Siedler.
Im Februar 2010 bestätigte der Oberste Gerichtshof (Supreme Court) ein im Jahr 2005 von einem Strafgericht der ersten Instanz (High Court) erlassenes Urteil, mit dem die 5. Verfassungsnovelle für gesetzeswidrig erklärt worden war. Die Verfassungsänderung hatte u.a. Immunität vor strafrechtlicher Verfolgung bei Menschenrechtsverletzungen, die zwischen August 1975 und April 1979 begangen worden waren, gewährt. Der Gerichtsentscheid schuf jedoch keinen neuen Handlungsspielraum für die Untersuchung von während dieser Zeit begangenen Menschenrechtsverletzungen.
Im März ratifizierte Bangladesch das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs.
Laut Angaben der Regierung stand 2010 Gewalt gegen Frauen an der Spitze aller Straftaten, die der Polizei während der ersten sechs Monate des Jahres gemeldet wurden. Unter den insgesamt 7285 erstatteten Anzeigen ging es in 1586 Fällen um Vergewaltigung. Das Parlament verabschiedete im Oktober das Gesetz zur Verhinderung von und zum Schutz vor Gewalt im häuslichen Umfeld.
Bei Studentenprotesten und Straßenkundgebungen, die teilweise gewalttätig verliefen, nahmen das Schnelle Einsatzbataillon (RAB) und andere Polizeibeamte mehr als 500 Anhänger der Opposition fest und inhaftierten sie für Zeiträume von einer Woche bis zu zwei Monaten. Viele der Festnahmen waren willkürlich. Zahlreiche Gefangene wurden wegen gewalttätiger strafbarer Aktivitäten angeklagt. Die restlichen Personen kamen ohne Anklageerhebung frei.
Am 27. Juni 2010 wandten Angehörige des RAB bei einer Durchsuchungsaktion im Haus von Mirza Abbas, einem führenden BNP-Mitglied und dem früheren Bürgermeister von Dhaka, exzessive Gewalt an. Die RAB-Angehörigen griffen die Menschen, die sich während des von der Opposition ausgerufenen Generalstreiks friedlich im Haus versammelt hatten, an und schlugen und verletzten mindestens 20 Personen, in der Mehrzahl Frauen.
Das Versprechen der Regierung, den außergerichtlichen Hinrichtungen ein Ende zu bereiten, wurde nicht eingehalten. Menschenrechtsgruppen in Bangladesch schätzten die in den ersten zehn Monaten des Jahres von Angehörigen des RAB und anderen Polizeibeamten verübten mutmaßlich außergerichtlichen Hinrichtungen auf mehr als 60.
Meldungen zufolge führte die Folter von Gefangenen, die sich im Gewahrsam der Polizei oder anderer Sicherheitskräfte befanden, 2010 zum Tod von mindestens sechs Personen. Dem Vernehmen nach wurde gegen sechs Polizeibeamte wegen Folterung von Gefangenen ermittelt, doch wurde keiner von ihnen vor Gericht gestellt. Über einen von einem Abgeordneten im eigenen Namen und nicht als Mitglied seiner Partei vorgelegten Gesetzentwurf (private member's bill) zur Kriminalisierung von Folter war vom Parlament noch keine Entscheidung getroffen worden.
Im Januar 2010 wurden fünf Männer hingerichtet, die schuldig gesprochen worden waren, im Jahr 1975 den Staatsgründer Sheikh Mujibur Rahman getötet zu haben. Ihre unmittelbare Hinrichtung - weniger als 24 Stunden nach der rechtskräftigen Verurteilung - war ohne Beispiel. Entgegen üblicher Praxis wies der Präsident bereits vor dem abschließenden Urteil des Gerichts Gnadengesuche für drei der Männer ab. Am 15. September wurden in drei verschiedenen Gefängnissen vier weitere Männer hingerichtet.
Im März 2010 setzte die Regierung das Internationale Kriegsverbrechertribunal (International Crimes Tribunal) ein, um diejenigen vor Gericht zu stellen, "die Verbrechen begangen haben, Straftätern geholfen haben und am Völkermord während des Befreiungskampfes beteiligt waren". Zwischen August und November ordnete das Tribunal die Verhaftung von fünf ranghohen Mitgliedern der Jamaat-e-Islami wegen Kriegsverbrechen an: Motiur Raman Nizami, Ali Ahsan Muhammed Mojahid, Muhammed Kamaruzzaman, Abdul Quader Molla und Delwar Hossain Sayeedi. Salauddin Quader Chowdhury, ein führendes BNP-Mitglied, das seit Mitte Dezember in Haft war, wurde später im Zusammenhang mit Kriegsverbrechen als Straftatverdächtiger benannt. Die Männer waren ursprünglich wegen nicht sachverwandter Anschuldigungen in Haft genommen worden. Das Gesetz über das Internationale Kriegsverbrechertribunal (International Crimes [Tribunal] Act) aus dem Jahr 1973 mit seiner im Jahr 2009 erfolgten Änderung, das als Grundlage für die Durchführung der Prozesse diente, enthielt keine adäquaten Sicherheitsklauseln für faire Verfahren. Das Gesetz verweigerte u.a. das Recht auf Anfechtung der Zuständigkeit des Gerichts, das Recht auf Stellung einer Sicherheitsleistung und das Recht, die Unabhängigkeit von Richtern in Frage zu stellen.
Da die Regierung die Sicherheit der in den Chittagong Hill Tracts (CHT) lebenden indigenen Bevölkerungsgruppe der Jumma nicht gewährleistete, war diese Angriffen bengalischer Siedler ausgesetzt, die ihr Land in Besitz nahmen. Am 20. Februar 2010 starben mindestens zwei Angehörige der Jumma, nachdem die Armee, die in dem Gebiet mit einem großen Aufgebot vertreten war, das Feuer auf hunderte demonstrierende Jumma eröffnet hatte. Sie hatten gewaltlos Schutz eingefordert, nachdem bengalische Siedler am 19. Februar mindestens 40 ihrer Häuser im Gebiet von Baghaichhari im Verwaltungsbezirk Rangamati in Brand gesteckt hatten. Es gab keine Berichte darüber, dass Ermittlungen aufgenommen worden waren oder irgendjemand wegen der Angriffe und Tötungen strafrechtlich verfolgt wurde.
Delegationen von Amnesty International besuchten Bangladesch in den Monaten Juni und September.
Bangladesh: Transparency needed over hasty executions and safety of family members must be ensured (ASA 13/003/2010)
Bangladeshi security forces used excessive force during raid, 30 June 2010
© Amnesty International
Amnesty International Report 2011 - The State of the World's Human Rights (Periodical Report, English)
Amnesty International Report 2011 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte (Periodical Report, German)