Afghanistan: Taskiras - Grundlage für die Ausstellung, Zugangsbarrieren, Rolle von Geburtsurkunden

15. Juni 2020

Das vorliegende Dokument beruht auf einer zeitlich begrenzten Recherche in öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD derzeit zur Verfügung stehen sowie gegebenenfalls auf Expertenauskünften, und wurde in Übereinstimmung mit den Standards von ACCORD und den Common EU Guidelines for processing Country of Origin Information (COI) erstellt.

Diese Ausarbeitung stellt keine Meinung zum Inhalt eines Ansuchens um Asyl oder anderen internationalen Schutz dar. Alle Übersetzungen stellen Arbeitsübersetzungen dar, für die keine Gewähr übernommen werden kann.

Wir empfehlen, die verwendeten Materialien im Original durchzusehen. Originaldokumente, die nicht kostenfrei oder online abrufbar sind, können bei ACCORD eingesehen oder angefordert werden.

 

ACCORD organisierte am 11. Mai 2020 eine Online-Veranstaltung mit der Afghanistan-Expertin Friederike Stahlmann, die sich an ein Fachpublikum von am Verfahren zum internationalen Schutz beteiligten Personen richtete. Bei dieser Veranstaltung wurde auch der Themenbereich Taskira angesprochen. Im Folgenden wird dieses Thema anhand von Informationen aus verschiedenen Quellen aufbereitet, darunter die von Frau Stahlmann freigegebenen relevanten Passagen aus der Veranstaltung. Als Grundlage für die Ausarbeitung dient unsere Anfragebeantwortung a-11213 zum Thema Ausstellung von Taskiras vom 13. März 2020.

Grundlage für die Ausstellung von Taskiras; Zugangsbarrieren

In einem Bericht der afghanischen Regierung vom April 2019 über die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention findet sich die Information, dass für die Ausstellung einer Taskira die Zeugenaussagen von zwei Personen nötig seien, die Inhaber von Taskiras seien. Darüber hinaus müsse die Identität des Antragstellers von lokalen Behörden bestätigt werden. Zum Thema Zeugenaussagen findet sich in einer Fußnote die Erläuterung, dass eine unbekannte Person bei Beantragung einer Taskira zwei andere Personen mitbringen müsse, die ihre afghanische Staatsbürgerschaft bezeugen könnten:

„The Civil Registration Department is responsible for issuing a tazkira (National ID Card) to any Afghan who has applied for it. A tazkira requires the testimony of two other people who also hold a tazkira along with verification by a local security office regarding the applicant’s identity.” (Afghanische Regierung, 24. April 2019, S. 15)

„[Footonote 3:] If an unknown person applies for a tazkira he/she is required to bring two persons for testimony that he/she is an Afghan.” (Afghanische Regierung, 24. April 2019, S. 15, Fußnote 3)

Das norwegische Herkunftsländerinformationszentrum Landinfo ist ein unabhängiges Organ der norwegischen Migrationsbehörden, das verschiedenen AkteurInnen innerhalb der Migrationsbehörden Herkunftsländerinformationen zur Verfügung stellt. In einem Bericht vom Mai 2019 schreibt Landinfo unter Verweis auf verschiedene Quellen, dass bei Beantragung einer Taskira die Verifizierung der Identität des Antragstellers der umfangreichste Punkt sei. Ursprünglich habe es eigentlich die Anforderung gegeben, dass AntragstellerInnen eine Geburtsurkunde vorweisen müssen, allerdings sei es nach wie vor so, dass die Mehrheit der AfghanInnen nicht im Besitz einer solchen sei. Wenn der/die AntragstellerIn keine Geburtsurkunde vorweisen könne, sei es erforderlich, die Taskira eines männlichen Familienmitglieds väterlicherseits (Vater, Bruder, Onkel oder Cousin) vorzuweisen. Unter Verweis auf einen Bericht der afghanischen Nichtregierungsorganisation The Liaison Office (TLO) aus dem Jahr 2013 (der online nicht gefunden werden konnte, Anm. ACCORD) hält Landinfo weiters fest, dass eine verheiratete Frau die Taskira ihres Mannes oder möglicherweise eines engen männlichen Verwandten ihres Mannes vorlegen könne. Darüber hinaus seien zwei Zeugenaussagen erforderlich, etwa von einem Beamten, oder von einem „anerkannten lokalen Führer“ oder von religiösen Würdenträgern. Im Prinzip würden für diese Zeugenaussage alle Beamten in Frage kommen, allerdings gelte, je höher der Status des Zeugen sei, desto größer die Bedeutung, die seiner Aussage beigemessen werde:

„During the initial application, verification of identity is the most thorough step. Initially, it is a requirement that the applicant has a birth certificate, but it is still a fact that the majority of people do not have one. If the applicant does not have a birth certificate, it is a requirement that the tazkera of a male family member on the father’s side (father, brother, uncle or male cousin) should be presented (ACCRA[1] n.d.b). A married woman may submit her husband’s tazkera, or possibly one of her husband’s close male relatives. In addition, two testimonies are required, for example from a civil servant, recognised local leaders or religious dignitaries. In principal, all civil servants can confirm identity, but the higher the status of the witness, the greater is the importance ascribed to the testimony (TLO[2] 2013, p. 18).” (Landinfo, 22. Mai 2019, S. 7)

Die schwedische Einwanderungsbehörde (Migrationsverket) behandelt in einem Bericht vom Februar 2020 ebenfalls das Thema Ausstellung von Taskiras. Unter Verweis auf verschiedene Quellen schreibt Migrationsverket, dass die für die Ausstellung einer Taskira nötige Identitätsfeststellung grundsätzlich mithilfe von Zeugenaussagen von Autoritätspersonen wie Beamten oder Dorfvorstehern („malik“) sowie mithilfe des Vorweisens von Taskiras von Verwandten und dem Abgleichen mit den in den Familienregistern bereits dokumentierten Informationen erfolge. Unter Verweis auf den bereits erwähnten TLO-Bericht aus dem Jahr 2013 schreibt Migrationsverket, dass es Ausnahmen von dieser Praxis gebe. Beispielsweise komme es vor, dass Ausnahmen bezüglich der Bedingung des Vorweisens der Taskiras von Verwandten gemacht würden, wenn die Person Zeugen mitgebracht habe. Umgekehrt sei es auch manchmal vorgekommen, dass die AntragstellerInnen keine Zeugen benötigt hätten, wenn ein männlicher Verwandter seine Taskira vorgewiesen habe:

„Kontroll samt verifiering av en persons identitet sker generellt genom vittnesmål av auktoritativa personer så som myndighetspersoner eller byledare (malik) samt genom uppvisande av släktingars tazkiror och kontroll mot befintliga registeruppgifter , se avsnitt 4.3). Om en person lyckas med detta är det möjligt för personen att få en tazkira utfärdad i Kabul även om ursprungsorten är en annan. En studie genomförd av The Liason Office (TLO [The Liaison Office]) 2013, visade att den verifieringsprocess som beskrivits av PRD [Population Registration Department] i det avseendet också i stort sett överensstämde med aktuell tillämpning även om vissa variationer fanns. Exempelvis gjordes ibland undantag från kravet på att uppvisa släktingars tazkiror om man hade vittnen och ibland krävdes inte vittnesmål om manliga släktingarnas tazkiror kunde uppvisas.” (Migrationsverket, 25. Februar 2020, S. 17-18)

In einem Abschnitt des Landinfo-Berichts, in dem es um die gängige Praxis bei der Ausstellung von Dokumenten geht, wird erwähnt, dass es aus Sicht von Landinfo unwahrscheinlich sei, dass eine etwaige Falschaussage eines Zeugen, der die Identität einer Taskira-beantragenden Person verifiziert, entdeckt werde. Informationen über das auf Taskiras angegebene Alter würden häufig auf der Einschätzung der Person basieren, die die Taskira ausstelle:

„Landinfo believes that there is little likelihood of a false testimony being discovered. Information on age is often based on the assessment of the person who has issued the tazkera.” (Landinfo, 22. Mai 2019, S. 20)

Landinfo schreibt weiters in seinem Bericht vom Mai 2019, wiederum unter Verweis auf den TLO-Bericht, dass eine Person, die in Kabul einen Antrag auf Ausstellung einer Taskira stelle und der es nicht gelinge, ihre Identität nachzuweisen, in ihr Heimatgebiet oder das Herkunftsgebiet ihres Vaters oder Großvaters zurückkehren müsse. Dort könne versucht werden, einen Identitätsnachweis vonseiten des lokalen Dorfvorstehers („malik“) zu erhalten. Dieser Nachweis könne dann bei den örtlichen Behörden eingereicht werden, die auf dessen Grundlage die Taskira ausstellen könnten.

Weiters von Bedeutung für die Ausstellung einer Taskira sei der Familienstammbaum und die von den Behörden geführten Registrierungsbücher, in denen die behördlich ausgestellten Taskiras nach Familien sortiert dokumentiert würden. Um eine Taskira zu erhalten, müsse der Antragsteller seinen Platz im Familienstammbaum nennen und nachweisen können.

Unter Verweis auf verschiedene Quellen hält Landinfo weiters fest, dass Kinder unter sieben Jahren von der Pflicht befreit seien, persönlich zu erscheinen, um sich eine Taskira ausstellen zu lassen. Eine Geburtsurkunde werde als Nachweis akzeptiert. Sollte eine solche nicht vorhanden sein, seien zwei Zeugen erforderlich. Bis das Kind 18 Jahre alt sei, sei für die Ausstellung der Taskira die Zustimmung des Vaters erforderlich. Taskiras für Kinder unter sechs Jahren würden kein Foto aufweisen. Für das Einfügen des Fotos oder die Ausstellung einer neuen Taskira mit Foto sei zu einem späteren Zeitpunkt ein neues Prozedere erforderlich.

Normalerweise dauere es nur wenige Tage, um eine Taskira zu erhalten, vorausgesetzt, dass Ermittlungen zur Verifizierung der Identität als unnötig erachtet würden. Unter Verweis auf Angaben des TLO schreibt Landinfo, dass die Mehrheit der AntragstellerInnen das Dokument innerhalb von fünf Tagen ausgestellt bekomme. Unter Verweis auf Informationen des Population Registration Department (PRD)[3] aus dem Jahr 2015 dauere es etwa 30 Minuten, um eine neue Taskira zu erhalten, wenn die Taskira eines männlichen Familienmitglieds dem Antrag beigefügt sei und das PRD diese Information in den Registrierungsbüchern vorfinde. Eine nicht näher genannte Diplomatenquelle habe dagegen im März 2019 angegeben, dass es zwei bis drei Tage dauere, um eine neue Taskira zu erhalten:

„If an applicant, who is not a resident of Kabul, submits an application in the capital city without being able to prove his identity, the person in question must return to his home area, or to where relatives or forefathers come from. The local village chief (malik) may verify the applicant’s identity, his father or grandfather etc. The village chief’s confirmation is then submitted to the local authority leaders who can issue the tazkera based on this confirmation (TLO 2013, p. 18).

A family tree is an important tool when issuing a tazkera and there are registration books showing tazkeras issued. This is systemised in line with the family network. In order to obtain a tazkera, the applicant must identify and verify his or her place in the family network (TLO 2013, p. 16).

Children under the age of seven are exempt from the requirement to turn up in person to have a tazkera issued (ACCRA n.d.b). A birth certificate is accepted as supporting document. If the child does not have a birth certificate, two witnesses are required. Until the child is 18 years old, the father’s consent is needed to have the tazkera issued (DISCS n.d.). Tazkeras for children under the age of six do not have a photograph. At a later stage, a new process is therefore needed for PRD [Population Registration Department] to insert a photograph in the tazkera, or that a new tazkera is issued.

Normally it only takes a few days to obtain a tazkera, provided that any investigations into identity are deemed unnecessary. TLO claim that the majority of people have the document issued within five days (TLO 2013, p. 19). According to the head of PRD (meeting in September 2015) it takes about 30 minutes to issue a new tazkera, if the tazkera of a male family member is enclosed with the application and PRD finds this information in the registration books. A diplomat source stated in March 2019 (e-mail) that it takes 2-3 days to obtain a new tazkera.” (Landinfo, 22. Mai 2019, S. 7)

Zu den erwähnten Registrierungsbüchern schreibt Landinfo, dass darin die von den Behörden ausgestellten Taskiras dokumentiert würden. Umgekehrt werde auf den Taskiras der Registrierungsort festgehalten, an dem die Taskira eingetragen werde, also die Nummer des Registrierungsbuches, sowie die Seiten- und Spaltenzahl in diesem Buch:

„The registration books where the tazkeras are entered, have one hundred pages with ten rows on each page, therefore a tazkera cannot have a registration number higher than one thousand. Information on the number of the book, page and row appear on the tazkera.” (Landinfo, 22. Mai 2019, S. 11)

Der Bericht von Landinfo kann unter dem folgenden Link abgerufen werden:

Landinfo – Norwegian Country of Origin Information Centre: Afghanistan: Tazkera, passports and other ID documents, 22. Mai 2019
https://www.ecoi.net/en/file/local/2024733/Afghanistan-Tazkera-passports-and-other-ID-documents-22052019-final.pdf

Eine kürzlich aktualisierte Version des Landinfo-Berichts auf Norwegisch finden Sie unter:

·      Landinfo – Norwegian Country of Origin Information Centre: Afghanistan; Tazkera, pass og andre ID-dokumenter, 23. April 2020
https://www.ecoi.net/en/file/local/2028567/Temanotat_Afghanistan_Tazkera_pass_og_andre_ID-dokumenter_oppdatering_23042020_docx.pdf

 

Friederike Stahlmann hält im Mai 2020 im Rahmen einer ACCORD Online-Veranstaltung Folgendes zum Beantragen von Taskiras durch Personen (insbesondere RückkehrerInnen) fest, die noch nie im Besitz einer solchen waren: Stahlmann gibt an, dass es für eine Neubeantragung einer Taskira zwar offizielle Wege gebe, dies allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen. Eine solche Voraussetzung sei etwa, dass man, so wie dies bei Behörden in Afghanistan generell üblich sei, diese dafür bezahlen müsse, dass sie tätig würden. Dabei handle es sich nicht um Bestechung für illegitime Leistungen, sondern es gebe vonseiten der Behörden schlicht die Erwartung, dass man dafür bezahle, dass sie für einen tätig würden. Die zu bezahlenden Summen seien für RückkehrerInnen sehr hoch, weil es die Erwartung gebe, dass diese Geld aus dem Ausland mitbringen würden. Ebenso sei das auch bei Botschaftsverfahren, bei denen dann von den Angehörigen einer in Europa befindlichen Person vor Ort für den Antrag Geld gefordert würde. Da würden in der Regel etwa 300 Dollar gefordert. Wobei von der Höhe der bezahlten Summe abhänge, wie schnell die Ausstellung der Taskira gehen würde, also ob man Monate darauf warten müsse oder ob man das Dokument relativ zeitnah bekomme. Eine andere Voraussetzung sei das Vorweisen der Taskira eines nahen männlichen Verwandten der väterlichen Linie, wobei in der Regel die Taskira des Vaters oder des Onkels gefordert würde. Wer diese nicht vorlegen könne, für den sei es rechtlich und praktisch in Kabul nicht möglich, eine Taskira ausgestellt zu bekommen. Dann würde lediglich noch die Möglichkeit bleiben, in den Heimatort zur Familie zu fahren, und zu hoffen, dass es dort Verwandte gebe, die fähig und willens sind, die eigene Identität zu bestätigen, wobei es nach Stahlmanns Erfahrungen eine große Ausnahme sei, dass dieses Vorgehen zum gewünschten Ergebnis führe. Wer solche Verwandte nicht habe, habe rechtlich gesehen keine Chance und wohl auch praktisch nicht. Stahlmann habe von Personen gehört, die in ihrer Verzweiflung mehrere tausend Dollar an irgendwelche Agenten bezahlt hätten und dennoch nicht an eine Taskira gekommen seien, die ihre tatsächliche Identität bestätigen würde. Was manchmal vorkomme, sei, dass sich Menschen in ihrer Verzweiflung einen „Vater kaufen“, also jemanden, der für sehr viel Geld behaupte, er sei der Vater, um auf diese Weise an eine Taskira zu kommen. […] Dabei sei eine Taskira für zahlreiche Leistungen erforderlich, für viele ganz reguläre staatliche Leistungen ebenso wie für das Bewerben für eine Vielzahl humanitärer Hilfsleistungen. Für Flugreisen sei entweder eine Taskira oder ein Reisepass nötig, aber auch an Checkpoints bei Überlandreisen würde die Taskira gefordert. Bei Polizei oder Justiz müsse man sich ausweisen und bei einem Gutteil des Arbeitsmarktes werde eine Taskira verlangt. Auch wenn man Land kaufen, eine Wohnung mieten, ein Geschäft gründen, einen Führerschein beantragen oder sich Geld überweisen lassen und dieses bei der Bank abholen wolle, benötige man eine Taskira. Widerrechtlich würde eine Taskira oft auch von medizinischen Einrichtungen verlangt. (Stahlmann, 11. Mai 2020)

 

Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH), der unabhängige Dachverband der Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen in der Schweiz, zitiert in einer Anfragebeantwortung vom April 2020 die folgende vom November 2019 stammende Stellungnahme von Thomas Ruttig vom Afghanistan Analysts Network:

„Laut Thomas Ruttig […] ist der Prozess der Beantragung einer Taskera im Inland sehr undurchsichtig. Es gebe immer auch einen Weg um die Institutionen herum, wobei dies von der Situation im Einzelfall abhänge. Viele Menschen, die in ländlichen Gebieten leben, hätten keine Erfahrung mit Behördengängen. Wie in praktisch allen Bereichen in Afghanistan würden auch hier mehrere Systeme nebeneinander existieren (Gespräch mit der SFH am 27. November 2019).“ (SFH, 8. April 2020, S. 4)

Informationen zur e-Taskira

In seinem Bericht vom Juni 2019 schreibt das australische Außen- und Handelsministerium (Department of Foreign Affairs and Trade, DFAT), dass der afghanische Präsident Aschraf Ghani im Mai 2018 die Einführung der neuen elektronischen Taskira-Karte („e-Taskira“) angekündigt habe. Es gebe jedoch keine Informationen dazu, wie verbreitet diese neue Taskira sei. Die e-Taskira beinhalte unter anderem die folgenden Elemente: den vollständigen Namen, eine Personenidentifikationsnummer, Ort und Datum der Geburt, Foto und Unterschrift der Trägerin/ des Trägers der Karte, Name der ausstellenden Behörde, sowie die Daten der Ausstellung und des Gültigkeitsverfalls. Frühere Taskiras seien auf Papier gedruckt worden und würden die Namen des Trägers, seines Vaters und seines Großvaters, Datum und Ort der Geburt, Wohnort, Art der Beschäftigung und Militärdienststatus enthalten. Die Papier-Taskiras würden auch Beschreibungen zur physischen Identifizierung des Trägers enthalten, einschließlich eines Fotos, und Angaben zur Körpergröße, der Farbe der Augen, der Augenbrauen, der Haut, der Haare sowie Angaben über etwaige Behinderungen. Die auf den Papier-Taskiras enthaltenen biografischen Informationen würden je nach ausstellender Person variieren und seien häufig unvollständig:

„In May 2018, President Ghani announced the official launch of the electronic taskira (the e-taskira), becoming the first person to be issued with one. The new e-taskira cards contain a watermark security feature and microchip and comply with international standards for electronic identity documents. The etaskira is a rectangular plastic card that includes the bearer’s photograph and signature. The card contains printed data in English, Dari, and Pashto, including the bearer’s full name, person identification number, place and date of birth, issuing authority, and dates of issue and expiry. The card is valid for either five or ten years and there is no lower age limit to issuance. It is unclear how many Afghans are in possession of etaskiras, or what the timeline is for distribution. Earlier taskiras were printed on plain paper, and include the names of the bearer, his/her father and grandfather; date and place of birth; place of residency; type of occupation; and military service status. They also include physical identification descriptions of the bearer, including: a photograph; height; colour of eyes, eyebrows, skin, and hair; and notes about any disabilities. Other than stamped seals, they do not include any security features. Issuing officers at district population registration officers complete taskiras manually. The biographical information in them varies according to the individual issuing officer and is often incomplete.” (DFAT, 27. Juni 2019, S. 52)

Die schwedische Einwanderungsbehörde (Migrationsverket) schreibt in ihrem Bericht vom Februar 2020 unter Verweis auf verschiedene Quellen, dass für das Ausstellen einer e-Taskira das Vorweisen einer Papier-Taskira erfolgen kann. Darüber hinaus sei es allgemein nötig, dass die Identität der antragstellenden Person von zwei Dorfvorstehern oder Beamten verifiziert werde. Allerdings könne es je nach lokaler Praxis Unterschiede bezüglich der Anzahl der Zeugen geben, die für die Verifizierung der Identität erforderlich seien:

„E-tazkira kan utfärdas med den sökandes pappers-tazkira som grundhandling. Utöver denna grundhandling krävs dock generellt att personens identitet ska bekräftas av två byledare eller två regeringsanställda personer. Det kan dock förekomma lokala variationer avseende hur många vittnen som behövs för att verifiera identiteten.” (Migrationsverket, 25. Februar 2020, S. 21)

Eine Anfragebeantwortung von ACCORD vom 13. März 2020 zum Thema Standards für Dokumente wie Taskira und ALP-Dienstausweis, Existenz von Mindestanforderungen wie Fingerabdruck oder Unterschrift, enthält auch Informationen zu den verschiedenen Taskira-Versionen und den darauf befindlichen Informationen und Elementen. Die Anfragebeantwortung kann unter folgendem Link abgerufen werden:

·      ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Standards für Dokumente wie Taskira und ALP-Dienstausweis, Existenz von Mindestanforderungen wie Fingerabdruck oder Unterschrift [a-11213], 13. März 2020
https://www.ecoi.net/de/dokument/2026992.html

Geburtenregistrierung, Geburtsurkunden

Zum Thema Geburtsurkunden schreibt das DFAT in seinem Bericht vom Juni 2019, dass die hohe Zahl der Hausgeburten den Prozess der Geburtenregistrierung zu einer Herausforderung mache. Die Angaben von Geburtsdaten seien unzuverlässig, und bei den gemeldeten Daten handle es sich häufig nur um ungefähre Angaben. Das Gesundheitsministerium würde Geburtsurkunden inzwischen über eine kleine Anzahl von Entbindungskliniken ausstellen. Eltern könnten jedoch Taskiras für ihre Neugeborenen erhalten, indem sie die Geburt beim Meldeamt des Innenministeriums registrieren lassen:

„Authorities did not historically issue birth certificates, which remain far from common. The high number of home births makes the process of registering births challenging. Reporting of birth dates is unreliable, and reported dates are likely to be approximate. DFAT understands that the Ministry of Public Health now issues birth certificates through a small number of maternity hospitals. However, parents can obtain a taskira for their newborn child by registering the birth with the Ministry of the Interior’s population registration office.” (DFAT, 27. Juni 2019, S. 52)

Die Registrierung von Geburten sei laut dem Landinfo-Bericht in Afghanistan unzureichend umgesetzt. Unter Verweis auf eine Studie der Central Statistics Organization (CSO)[4] von 2016-2017 hält Landinfo fest, dass nur drei von zehn Kindern behördlich registriert seien. Krankenhäuser würden Geburtsurkunden für in Krankenhäusern geborene Kindern ausstellen, teilweise auch für andernorts geborene. Die Geburtsurkunde enthalte den Namen des Vaters, nicht jedoch jenen der Mutter. Außerdem enthalte sie das genaue Datum der Geburt. Das Feld für den Namen des Kindes werde vom Krankenhaus, das die Urkunde ausstelle, ausgelassen, da afghanische Kinder erst nach Ablauf einer bestimmten Zeit einen Namen erhalten würden. (Landinfo, 22. Mai 2019, S. 19-20)

 

Im oben erwähnten Bericht vom April 2019 hält die afghanische Regierung Folgendes zu den Bemühungen der afghanischen Behörden fest, ein System zur umfassenden Geburtenregistrierung zu etablieren:

„In the new Civil Registration Law 2014, it is emphasized that no child shall be left without an identity. Based on Article 17 of this law, parents are responsible to report their children’s birth within three months to the nearest Civil Registration Office. Those citizens who live abroad are required to report the birth of their children to Afghanistan’s embassies or consulates within three months. […] With cooperation between the MoPH [ministry of public health] and the Civil Registration Department of the Ministry of Interior Affairs (MoI), the Government has developed a comprehensive program for the registration of birth and death cases. In 2009, the Vital Statistics Department (VSD) established 4000 local centers for the registration of birth and death in hospitals and in the provincial Civil Registration Offices operating within all 34 provinces of the country. […] Since 2014, as based on the new Civil Registration Law, the Civil Registration Department, in collaboration with UNICEF [United Nations International Children’s Emergency Fund], has developed a comprehensive database system in 28 provinces of Afghanistan. According to figures from 2016, 123,969 cases of birth and 4,680 cases of death have been registered into the aforementioned department’s database. […] Due to security and technical challenges, as well as a shortage of electricity, the IRA has not been able to establish a comprehensive database system in the remaining 6 provinces; however, in the near future, these six provinces will be connected to the same database system maintained by the Civil Registration Department.” (Afghanische Regierung, 24. April 2019, S. 14-15)

Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 15. Juni 2020)

·      ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Standards für Dokumente wie Taskira und ALP-Dienstausweis, Existenz von Mindestanforderungen wie Fingerabdruck oder Unterschrift [a-11213], 13. März 2020
https://www.ecoi.net/de/dokument/2026992.html

·      Afghanische Regierung: Combined second to fifth reports submitted by Afghanistan under article 44 of the Convention, due in 2016 [20 July 2018] [CRC/C/AFG/2-5] (veröffentlicht vom UNO-Ausschuss für die Rechte des Kindes), 24. April 2019
https://www.ecoi.net/en/file/local/2008634/crc_c_afg_2-5_E.pdf

·      DFAT – Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade: DFAT Country Information Report Afghanistan, 27. Juni 2019
https://www.ecoi.net/en/file/local/2014349/country-information-report-afghanistan.pdf

·      Landinfo – Norwegian Country of Origin Information Centre: Afghanistan: Tazkera, passports and other ID documents, 22. Mai 2019
https://www.ecoi.net/en/file/local/2024733/Afghanistan-Tazkera-passports-and-other-ID-documents-22052019-final.pdf

·      Landinfo – Norwegian Country of Origin Information Centre: Afghanistan; Tazkera, pass og andre ID-dokumenter, 23. April 2020
https://www.ecoi.net/en/file/local/2028567/Temanotat_Afghanistan_Tazkera_pass_og_andre_ID-dokumenter_oppdatering_23042020_docx.pdf

·      Migrationsverket – Swedish Migration Agency: Afghanistan; Medborgarskap, folkbokföring och identitets-handlingar, 25. Februar 2020
https://www.ecoi.net/en/file/local/2025813/200225302.pdf

·      NSIA - National Statistic and Information Authority – Homepage: About Us, ohne Datum
https://nsia.gov.af/about-us

SFH – Schweizerische Flüchtlingshilfe: Afghanistan: Taskera, 8. April 2020
https://www.ecoi.net/en/file/local/2030288/200408-afg-taskera.pdf

·      Stahlmann, Friederike: Aussagen im Rahmen einer Online-Veranstaltung organisiert von ACCORD, 11. Mai 2020

·      TLO – The Liaison Office - Homepage: Welcome to TLO, ohne Datum
https://www.tloafghanistan.org/public/index.php/about-us/profile#



[1] ACCRA - Afghanistan Central Civil Registration Authority

[2] TLO – The Liaison Office; nach eigenen Angaben eine Nichtregierungsorganisation mit Hauptsitz in Kabul, die von der Heinrich Böll Stiftung unterstützt werde (TLO, ohne Datum).

[3] PRD - Population  Registration  Department; Vorgänger-Organisation von ACCRA - Afghanistan Central Civil Registration Authority (DFAT, 27. Juni 2019, S. 51), die im Jahr 2018 mit der NSIA zusammengeführt worden sei (NSIA, ohne Datum). In dem Bericht von Landinfo mit Stand Mai wird NSIA allerdings nicht erwähnt und es geht hervor, dass ACCRA und PRD für die Ausstellung von Taskiras zuständig seien (Landinfo, 22. Mai 2019, S. 6).

[4] Die CSO wird auf der Homepage der NSIA als die Vorgänger-Organisation der NSIA bezeichnet (NSIA, ohne Datum)