Anfragebeantwortung zu China: Informationen zur Glaubensgemeinschaft Hu Han Pei (呼喊派, „Rufer“): Zentren, FührerInnen, Aufbau, Verbreitung des Glaubens, Missionierungen; Umgang des Staates mit Angehörigen der Hu Han Pei in China und im westlichen Ausland (Behandlung bei Rückkehr) [a-11127]

 

4. November 2019

Das vorliegende Dokument beruht auf einer zeitlich begrenzten Recherche in öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD derzeit zur Verfügung stehen sowie gegebenenfalls auf Expertenauskünften, und wurde in Übereinstimmung mit den Standards von ACCORD und den Common EU Guidelines for processing Country of Origin Information (COI) erstellt.

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Existenz, Geschichte und Verbreitung der Religionsgemeinschaft Hu Han Pei („Rufer“)

Das australische Außen- und Handelsministerium (Department of Foreign Affairs and Trade, DFAT) veröffentlicht im Dezember 2017 mit dem Zweck der Verwendung in Verfahren zum internationalen Schutz einen Bericht zu China. Darin wird festgehalten, dass die Religionsgemeinschaft Rufer („Shouters“, „Yellers“) auch als „Local Church“, „Recovery Church“ oder „Assembly Hall” bzw. „Assemblies“ bezeichnet würde. Die Gemeinschaft sei ein Ableger der Little Flock, einer Religionsgemeinschaft, die von dem chinesischen Christen Watchman Nee gegründet worden sei. Die Rufer seien von Nee’s Schüler Changshou Li angeführt worden, der sich selbst als “Witness Lee” bezeichne. Lee, der in die USA gezogen sei, wo er auch im Jahr 1997 verstorben sei, habe die Religionsgemeinschaft Rufer in den USA im Jahr 1962 gegründet. Seit 1979 gebe es die Rufer auch in China. Mit Stand 1983 habe die Gruppe in ganz China bis zu 200.000 Anhänger gehabt. Laut der Lehre von Lee könne man Erlösung erlangen, indem man dreimal "Oh Herr" sage. Die Rufer seien nach ihrem Ritual benannt, bei dem sie mit ihren Füßen stampfen und während ihrer Lobpreisungen laut rufen würden. Die kommunistische Partei Chinas habe die Rufer Anfang der 80er Jahre ins Visier genommen, da sie sie als Konterrevolutionäre angesehen hätten. In den 1980er Jahren hätten sich die Rufer in mehrere Gruppen aufgeteilt, unter anderem in die Kirche des Allmächtigen Gottes („Church of the Almighty God“). Sowohl diese Gruppe als auch die Gesellschaft der Jünger („Society of Disciples“) hätten in den 1980er Jahren hunderttausende Anhänger gefunden. DFAT sei es nicht möglich, festzustellen, inwieweit die Rufer in China heute noch aktiv seien:

„The Shouters (also known as ‘Yellers’, ‘Local Church’, ‘Recovery Church’, ‘Assembly Hall’ and ‘Assemblies’) are an offshoot of Watchman Nee's Little Flock in China and were led by Nee's student, Changshou Li who called himself, ‘Witness Lee’. Li moved to the United States, where he died in 1997. Li created the Shouters group in the US in 1962, and it was introduced to China in 1979. By 1983 the group had up to 200,000 followers across China. Witness Lee created a ‘Recovery Bible’ by annotating the standard Bible. He believed that the gift of tongues could be taught, and that salvation could be had by saying ‘O Lord’ three times’. Shouters are named for their practice of stamping their feet while shouting as part of their worship. The CCP [Chinese Communist Party] targeted the Shouters in the early 1980s as counter-revolutionary. During the 1980s, the Shouters splintered into several groups including the Church of Almighty God (also known as Eastern Lightning – see below). Both it and the Society of Disciples claimed hundreds of thousands of followers in the 1980s. DFAT is unable to verify the extent to which Shouters are still active in China.” (DFAT, 21. Dezember 2017, S. 21)

Das auf die Themen Religionsfreiheit und Menschenrechte in China spezialisierte Online-Magazin Bitter Winter veröffentlicht im Jänner 2019 einen Artikel des italienischen Religionswissenschaftlers Massimo Introvigne, in dem die unterschiedlichen Namen der Gemeinschaft sowie deren Entstehungsgeschichte näher erläutert werden. Laut Introvigne würden einige der von Watchmen Nee gegründeten Religionsgemeinschaften Lee als Nachfolger Nees akzeptieren, andere nicht. Für die Fraktion der Lee-Anhänger sei in China ursprünglich der Name „The Assembly“ benutzt worden. Der Name „Local Churches“ werde zwar von beiden Fraktionen verwendet, in China tendenziell jedoch eher für jene Gruppen, die Lee nicht als Nachfolger akzeptieren würden. Ab den 1980er Jahren hätten die chinesischen Behörden begonnen, Lee‘s Anhänger aufgrund ihrer Gebetspraktiken als Rufer zu bezeichnen. Der Lee-Tradition entsprechend stehe die Gruppe Selbstbezeichnungen grundsätzlich ablehnend gegenüber. (Bitter Winter, 15. Jänner 2019)

 

Dr. Emily Dunn, eine Forscherin an der Universität von Melbourne, die unter anderem im Rahmen ihrer Doktorarbeit zu christlichen Gemeinden in China geforscht hat, hält in einer Email-Auskunft vom Oktober 2019 fest, dass sich die religiösen Zentren der Glaubensgemeinschaft Hu Han Pei („Rufer“) in ihren Anfangsjahren in den Provinzen Henan und Zhejiang befunden hätten. Dunn sei sich nicht sicher, wo sich die Zentren der Rufer heute befinden würden, allerdings merkt sie an, dass Berichte über Rufer in ganz China auftauchen würden. Zur Frage, von wem die Rufer aktuell angeführt würden, antwortet Dunn, dass dies unklar sei. (Dunn, 24. Oktober 2019)

 

Auf der amtlichen Webseite der Stadt Xiamen findet sich eine offizielle von der chinesischen Regierung erstellte Liste der Kulte („xie jiao“), datiert mit Juni 2014. Auf der Liste findet sich folgende Stellungnahme zu den Rufern: Die Gruppe sei im Jahr 1962 in den USA gegründet worden und ab 1979 in China aufgetaucht. Im Jahr 1983 sei sie in 360 Landkreisen und Städten in 20 Provinzen Chinas mit über 200.000 Anhängern vertreten gewesen. Verschiedene andere Gruppen seien später aus den Rufern hervorgegangen, wie etwa die „Kirche des allmächtigen Gottes“, der „Gesalbte König“ und andere. (Nachrichtencenter der Stadt Xiamen, 8. Juni 2014)

 

China Aid, eine in den USA ansässige Nichtregierungsorganisation, die über Menschenrechtsverletzungen in China berichtet, erwähnt in einem Artikel vom Juli 2019, dass

es sich bei den Rufern um eine christlich-religiöse Gruppe handle, die von Taiwan aus operiere, und die von den chinesischen Behörden als Kult klassifiziert werde. Beamte würden laut dem Artikel bereits seit längerer Zeit den Vorwand der Beteiligung an Kultaktivitäten benutzen, um ChristInnen festzunehmen. (China Aid, 16. Juli 201)

 

Es konnten im Zuge der Recherche keine weiteren Informationen zu den religiösen Führern der Glaubensgemeinschaft der Rufer, sowie zu deren Zentren und Missionierungspraktiken gefunden werden.

Verbot der Religionsgemeinschaft der Rufer, strafrechtliche Verfolgung

Laut Angaben von Dr. Emily Dunn vom Oktober 2019 sei die Glaubensgemeinschaft der Rufer im Jahr 1983 verboten worden, dies würde aus sämtlichen chinesischen Quellen hervorgehen. Aus Zhejiang stammende amtliche Dokumente von 1983 würden sogar die Unterdrückung der Rufer anordnen. 1983 sei dann auch tatsächlich hart gegen die Rufer durchgegriffen worden. Im Zuge dessen sei es auch zur Verfolgung vieler Hauskirchengemeinden gekommen. Chinesische Quellen würden die Rufer nach wie vor als xie jiao („Kult“) klassifizieren, und als solcher könnten sie Opfer von Verfolgung werden. Inwieweit dies in der Praxis der Fall sei, hänge stark von den „Launen“ der lokalen Behörden ab. (Dunn, 24. Oktober 2019)

 

Laut dem Artikel von Massimo Introvigne vom Jänner 2019 seien die Rufer bereits im Jahr 1983 als xie jiao (in diesem Artikel wird xie jiao mit „heterodoxe Lehren“ übersetzt, Anm. ACCORD) klassifiziert und damit verboten worden, lange bevor im Jahr 1995 eine offizielle Liste der xie jiao erstellt worden sei. Interessanterweise seien die Rufer heute weiterhin als xie jiao klassifiziert und somit verboten, nicht jedoch die „Local Church“. Das bedeute, dass jene Nee-Anhänger, die Lee nicht anerkennen würden, nicht als xie jiao betrachtet würden. Diese würden lediglich als Teil der nicht registrierten christlichen Gemeinden betrachtet, die das „inoffizielle Christentum“ Chinas bilden würden, bezüglich dessen die Regierung beunruhigt sei. Die Situation der Lee-Gruppen sei dagegen unklar. Da es sich um ein Netzwerk unabhängiger Gemeinden handle, die sich sehr stark voneinander unterscheiden würden, sollte die Klassifizierung als xie jiao nach Ansicht von Introvigne eigentlich so interpretiert werden, dass sie sich nur auf bestimmte Lee-Gruppen und nicht auf alle beziehe. Angesichts der aktuellen Aufmerksamkeit, die den als xie jiao klassifizierten Gemeinschaften geschenkt werde, sei es schwierig vorherzusagen, wie dies vonseiten der chinesischen Behörden in Zukunft gehandhabt werde:

„The Shouters were declared a xie jiao (‘heterodox teaching’) and banned in 1983, well before an official list of the xie jiao was compiled in 1995. Interestingly, the Shouters remain banned as a xie jiao but not the Local Church. This means that the Nee groups that do not recognize Lee are not considered xie jiao, but as part of the unregistered Christian congregations that constitute the unofficial Christianity about which the government is so concerned. But the situation of the Lee groups is in turn unclear. Since we are dealing with a network of independent congregations very much different from one another, perhaps the listing as a xie jiao should be, or will one day be, interpreted as referring only to certain Lee groups and not to all of them. Given the current attention being given to groups designated xie jiao in China, predicting the future is most difficult.” (Bitter Winter, 15. Jänner 2019)

Auf der Webseite der staatlichen China Anti-Cult Association, die über Gruppen informiert, die aus Sicht der chinesischen Führung als gefährliche Kulte anzusehen seien, und über die Bürger Kult-Aktivitäten der Polizei melden können, findet sich ein mit September 2017 datierter Eintrag. In diesem wird eine Reihe von Organisationen angeführt, die als xie jiao angesehen würden, darunter finden sich unter Nummer 3 die Rufer. (China Anti-Cult Association, 18. September 2017)

 

Das US-Außenministerium (US Department of State, USDOS) schreibt in seinem Länderbericht zur Religionsfreiheit vom Juni 2019 (Berichtszeitraum 2018), dass nur religiöse Gruppen, die zu einer der fünf vom Staat zugelassenen „patriotischen Religionsgemeinschaften“ (Buddhismus, Taoismus, Islam, Katholizismus und Protestantentum) zählen würden, sich bei den Behörden registrieren könnten und offiziell Gottesdienste abhalten dürften. Anderen religiösen Gruppen, wie zum Beispiel protestantischen Gruppen, die nicht zum „offiziellen“ Zweig des Protestantentums gehören würden, sei es nicht erlaubt, sich als legale Gemeinschaft registrieren lassen.

Bestimmte religiöse und spirituelle Gruppen seien gesetzlich verboten. Das Strafgesetz definiere verbotene Gruppen als „Kultorganisationen“, deren Mitglieder mit bis zu lebenslanger Haftstrafe bestraft werden könnten. Es lägen keine veröffentlichten Informationen darüber vor, nach welchen Kriterien die Behörden eine Gruppe als „Kultorganisation“ klassifizieren würden und wie eine solche Entscheidung angefochten werden könne. Ein Gesetz zu nationaler Sicherheit verbiete „Kultorganisationen“ ausdrücklich, und die Kommunistische Partei Chinas unterhalte einen außergerichtlich operierenden Sicherheitsapparat, um die Falun-Gong-Bewegung und andere ähnliche Organisationen „auszumerzen“. Die Regierung betrachte aber auch mehrere christliche Gruppen als „bösartige Kulte“, darunter auch die Gemeinschaft der Rufer, sowie die „Kirche des Allmächtigen Gottes“ und die Gemeinschaft der Jünger („Society of Disciples“):

Only religious groups belonging to one of the five state-sanctioned ‘patriotic religious associations’ (Buddhist, Taoist, Muslim, Catholic, and Protestant) are permitted to register with the government and officially permitted to hold worship services.” (USDOS, 21. Juni 2019, Executive Summary)

„These five associations operate under the direction of the CCP [Chinese Communist Party] United Front Work Department (UFWD). Other religious groups, such as Protestant groups unaffiliated with the official ‘patriotic religious association’ or Catholics professing loyalty to the Vatican, are not permitted to register as legal entities.” (USDOS, 21. Juni 2019, Section II)

„The law bans certain religious or spiritual groups. The criminal law defines banned groups as ‘cult organizations’ and provides for criminal prosecution of individuals belonging to such groups and punishment of up to life in prison. There are no published criteria for determining, or procedures for challenging, such a designation. A national security law explicitly bans ‘cult organizations.’ The CCP maintains an extralegal, party-run security apparatus to eliminate the Falun Gong movement and other such organizations. The government continues to ban Falun Gong, the Guanyin Method religious group (Guanyin Famen or the Way of the Goddess of Mercy), and Zhong Gong (a qigong exercise discipline). The government also considers several Christian groups to be ‘evil cults,’ including the Shouters, The Church of Almighty God (also known as Eastern Lightning), Society of Disciples (Mentu Hui), Full Scope Church (Quan Fanwei Jiaohui), Spirit Sect, New Testament Church, Three Grades of Servants (San Ban Puren), Association of Disciples, Lord God religious group, Established King Church, the Family Federation for World Peace and Unification (Unification Church), Family of Love, and South China Church.” (USDOS, 21. Juni 2019, Section II)

Eine Webseite des Congressional-Executive Commission on China (CECC), einer unabhängigen Einrichtung der US-Regierung zur Beobachtung der Menschenrechtslage in China, enthält eine Übersetzung des chinesischen Strafgesetzbuchs, das erstmals im Oktober 1997 in Kraft getreten sei. Laut der undatierten CECC-Webseite habe es nach in Krafttreten des Gesetzes im Oktober 1997 acht Novellierungen gegeben. Keine dieser acht auf der Webseite verfügbaren Novellierungen des Gesetzes (die letzte im Februar 2011) enthält Änderungen für den im Folgenden zitierten Artikel 300: Jeder der abergläubische Sekten, Geheimorganisationen, „obskure“ religiöse Organisationen gründet oder eine solche Organisation oder Aberglauben einsetzt, um die Umsetzung der Verwaltungsvorschriften und –bestimmungen zu unterminieren, wird zu einer unbedingten Haftstrafe von drei bis sieben Jahren verurteilt. Wer abergläubische Sekten oder Geheimbünde oder obskure religiöse Organisationen gründet oder solche Organisationen oder Aberglauben einsetzt, um eine andere Person zu betrügen, oder den Tod einer Person herbeiführt, wird ebenfalls zu einer unbedingten Haftstrafe von drei bis sieben Jahren verurteilt, in besonders schwerwiegenden Fällen zu einer unbedingten Haftstrafe von mindestens sieben Jahren. Wer abergläubische Sekten oder Geheimbünde oder obskure religiöse Organisationen gründet oder solche Organisationen oder Aberglauben einsetzt, um eine Frau zu vergewaltigen oder sich Geld bzw. Eigentum zu erschleichen, wird gemäß den Bestimmungen der Artikel 236 (Artikel zu Vergewaltigung, Anm. ACCORD) bzw. 266 (Artikel zu Betrug, Anm. ACCORD) dieses Gesetzes verurteilt und bestraft:

„Article 300

Whoever forms or uses superstitious sects or secret societies or weird religious organizations or uses superstition to undermine the implementation of the laws and administrative rules and regulations of the State shall be sentenced to fixed-term imprisonment of not less than three years but not more than seven years; if the circumstances are especially serious, he shall be sentenced to fixed- term imprisonment of not less than seven years.

Whoever forms or uses superstitious sects or secret societies or weird religious organizations or uses superstition to cheat another person, and causes death to the person shall be punished in accordance with the provisions of the preceding paragraph.

Whoever forms or uses superstitious sects or secret societies or weird religious organizations or uses superstition to rape a woman or swindle money or property shall be convicted and punished in accordance with the provisions of Articles 236 and Article 266 of this Law respectively.” (CECC, ohne Datum, Artikel 300)

Beispiele für Verhaftungen, Schikanen

Die in den USA ansässige Nichtregierungsorganisation China Aid berichtet in einem Artikel vom Juli 2019 über einen Vorfall betreffend Frau Yin, die nach eigenen Angaben im April 2019 gemeinsam mit einer zweiten Person im Pekinger Distrikt Chaoyang von der Polizei verhaftet und verhört worden sei. Grund dafür sei nach Angaben Frau Yins die Teilnahme an nicht erlaubten Versammlungen, darunter Veranstaltungen in Zusammenhang mit den Rufern gewesen. Frau Yin sei es nach Ablauf ihrer Verwaltungshaft gelungen, in die USA zu fliehen:

„According to a believer named Ms. Yin, servers often came in and out of the room unprompted. The next day, Yin and another believer were detailed and interrogated at the Chaoyang Police Station. Yin managed to flee to the United States after her administrative detention expired. […] Yin says police accused her of attending unlawful gatherings, including events associated with the Shouters.” (China Aid, 16. Juli 2019)

Bitter Winter hält in einem Artikel vom August 2018 fest, dass lokale chinesische Behörden im Juli 2017 in der Provinz Anhui in die Wohnung eines Mitglieds der Rufer eingedrungen seien. Dort hätten sie ein von Rufer-Gründer Witness Lee verfasstes Buch gefunden, worauf sie das Mitglied verhaftet hätten. Nachdem die Polizei herausgefunden habe, dass dem Mitglied das besagte Buch von einem weiteren Rufer-Mitglied ausgehändigt worden sei, habe sie auch dieses Mitglied aufgesucht und im November 2017 gemeinsam mit seiner Ehefrau verhaftet. Die Polizei habe daraufhin die Wohnung dieses zweiten Rufer-Mitglieds durchsucht und weitere Bücher von Witness Lee, eine Bibel und ein Liederbuch gefunden. Nachdem die Behörden herausgefunden hätten, von wem diese zuletzt gefundenen Bücher stammen würden, hätten sie diese Person im Dezember 2017 aufgesucht und gemeinsam mit dessen Geschäftspartner zehn Tage lang inhaftiert:

„In July 2017, officers from the Sanyuan town of Lu’an city, Anhui Province barged into the home of Zhang Chuancai, a member of the Shouters religious movement, where they uncovered a copy of a new edition of a book by the founder of the Shouters, Witness Lee, and apprehended Mr. Zhang. […] After Mr. Zhang’s arrest, the police discovered that the book had come from fellow believer He Youfu, and, on November 21, seized and detained him and his wife. The police then searched his home, where they uncovered three copies of new editions of Witness Lee’s books, as well as a Bible, and a book of hymns. Afterward, the police attempted to track down the source of the religious books found in He Youfu’s home and found out that Christian Tong Chuanhai had supplied them. On December 25, three officers from the public security bureau of the Yeji district of Lu’an city drove to a factory that was operated by two Christians Tong Chuanhai and Tai Hua and detained both of them for ten days.” (Bitter Winter, 29. August 2018)

In einem Bericht vom Dezember 2016 schreibt China Aid, dass im November 2016 in Kunming, der Hauptstadt der Provinz Yunnan, acht ChristInnen, einschließlich eines taiwanesischen Staatsbürgers, verhaftet worden seien. Sie hätten „eine Kultorganisation benutzt, um die Umsetzung des Gesetzes zu unterminieren“, so der Verhaftungsgrund. Beamte hätten ihnen vorgeworfen, der christlich-religiösen Gruppe der Rufer anzugehören.

Rufer würden sich selbst jedoch einfach ChristInnen nennen, und Xu Yonghai, der Pastor einer Gemeinde in Peking, gebe an, dass sie zur christliche Konfession gehören würden. Xu habe darüber hinaus gemeint, dass viele ChristInnen nichts über Kulte wissen würden, auch wenn ihnen vorgeworfen werde, zu einem solchen anzugehören:

„Tu Yan, a woman who began attending churches in Yunnan after she moved there for work, was returning home from a Christian gathering on Oct. 22 when she was apprehended on suspicion of using a cult organization to undermine the implementation of the law.’ A month later, she was arrested for the same charge. Authorities also accused her of being the backbone of two so-called ‘evil cults’ and organizing three meetings on behalf of these institutions. In an interview, her father denied her involvement in any cult activities. […]

A similar occurrence took place in Kunming, the capital of the province, on Nov. 27, when police detained eight Christians, including a Taiwanese citizen, under the same accusation. Government personnel accused them of belonging to the Shouters, a Christian sect originating out in Taiwan that China labels as a cult. However, the members of the Shouters assert that they are Christians, and Xu Yonghai, the pastor of Holy Love Fellowship in Beijing, claims that they are a Christian denomination. Xu also said many Christians do not know anything about cults, even when they are accused of belonging to them.” (China Aid, 22. Dezember 2016)

Bitter Winter berichtet in einem Artikel vom Juni 2018 über eine Polizeirazzia bei einer Versammlung einer Rufer-Gemeinde, die sich im Juni 2016 in der Stadt Huai’an, Provinz Jiangsu, ereignet habe und im Zuge derer fünf Teilnehmer der Versammlung verhaftet worden seien. Danach sei es vonseiten der Behörden zur Infiltration der Gemeinde gekommen und diese habe sich widerholte Male einen neuen Versammlungsort suchen müssen, sei jedoch dort abermals von Polizeibeamten aufgesucht, bedroht und schikaniert worden:

Bitter Winter has received reports of continuous harassment of communities of the Shouters, Christians, in the tradition of Chinese preachers Watchman Nee and Witness Lee, that the Chinese Government has been targeting for a long time. Christians in the same tradition are known in the West as the Local Church.

On a Sunday afternoon in June 2016, Christians from the Shouters church in the city of Huai’an, Jiangsu Province, were having a meeting, when more than 20 policemen from the Chengnan police station of Xuyi County rushed in and locked the door. The police searched each room, throwing things on the floor. Accusing the Christians of ‘unlawful gathering,’ the police confiscated all the religious materials and arrested five of them, and took them to the Chengnan police station. The police interrogated the arrested Shouters on what they believed in and who their leader was, to which the Christians replied, ‘We are believers in the Lord, and it is the Lord Jesus who leads us.’ The police forced them to deny God and relinquish their faith. When their effort failed, the police detained them at the police station and only released them the following day. After the arrest of the five Shouters, the local authorities intensified the suppression and persecution of their house churches. One of the measures was the display of slogans and banners calling to crack down on the Shouters in a local park. The believers, fearing persecution, had to constantly change their meeting venues, not being able to inform the congregation where and when they were gathering. They would notify believers to meet at certain street corners on the day of the gathering and bring them to the venue. The secrecy did not help – the police managed to infiltrate an informant into the group. A woman who often came to the gatherings turned out to be a police agent, assigned to monitor the Shouters and arrest them when the moment was right. Having found out about the informant, the believers had to change the gathering place again and move it to the home of one of the believers. This did not help either, since quite soon, the police broke into the house of this 50-year-old believer, claiming that someone had reported her home as a gathering venue. They recorded the names and ID numbers of the believers who were there at the time, threatening and intimidating them before finally leaving.” (Bitter Winter, 16. Juni 2018)

In einem weiteren Bericht von Bitter Winter vom März 2019 wird über den Fall eines in der Provinz Henan ansässigen Rufer-Mitglieds berichtet, das dreimal wegen seiner Mitgliedschaft in einer verbotenen Bewegung verhaftet worden sei und insgesamt zehn Jahre im Gefängnis verbracht habe, bevor er schließlich im November 2018 freigelassen worden sei. Der Bericht kann unter dem folgenden Link abgerufen werden:

·      Bitter Winter: A Life in Jail: Shouters Co-worker Repeatedly Detained, 26. März 2019
https://bitterwinter.org/a-life-in-jail-shouters-co-worker-repeatedly-detained/

Beobachtung von Mitgliedern christlicher Gruppen im Ausland durch chinesische Behörden; Behandlung bei Rückkehr nach Teilnahme an religiösen Demonstrationen im Ausland

Der unter folgendem Link abrufbare ACCORD-Bericht zur Behandlung von Mitgliedern der „Kirche des allmächtigen Gottes“, einer von der chinesischen Regierung als „Kult“ klassifizierten christlichen Gruppe in China, enthält in Abschnitt 3 einige allgemeine Informationen zur Überwachung von (religiösen) Aktivitäten chinesischer Staatsbürger im Ausland. Auch das Thema Behandlung bei Rückkehr wird in dem Abschnitt angesprochen:

·      ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: Anfragebeantwortung zu China: "Kirche des Allmächtigen Gottes", legale Ausreise, Beobachtungen von Auslandsaktivitäten, Wohnortwechsel, Rückkehr [a-10917], 16. April 2019
https://www.ecoi.net/en/file/local/2016146/a-10917.pdf

 

Auch ein Artikel von Bitter Winter vom September 2019, der unter folgendem Link abgerufen werden kann, enthält Informationen zur Beobachtung von Mitgliedern der „Kirche des allmächtigen Gottes“ im Ausland, sowie zu Bemühungen der chinesischen Behörden, die Mitglieder zur Rückkehr ins Heimatland zu bewegen:

·      Bitter Winter: CCP Preys on China’s Religious Refugees in Europe, 21. September 2019
https://bitterwinter.org/ccp-preys-on-chinas-religious-refugees-in-europe/

 

Es konnten im Zuge der Recherche keine weiteren Informationen zur Lage von chinesischen StaatsbürgerInnen gefunden werden, die im Ausland an Demonstrationen für die Rechte von ChristInnen teilnehmen.

 

 

 


Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 4. November 2019)

·      ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: Anfragebeantwortung zu China: "Kirche des Allmächtigen Gottes", legale Ausreise, Beobachtungen von Auslandsaktivitäten, Wohnortwechsel, Rückkehr [a-10917], 16. April 2019
https://www.ecoi.net/en/file/local/2016146/a-10917.pdf

·      Bitter Winter: Communist Party Monitors and Persecutes Shouters’ Church in Jiangsu Province, 16. Juni 2018
https://bitterwinter.org/communist-party-monitors-and-persecutes-shouters-church-in-jiangsu-province/

·      Bitter Winter: Religious Book Leads to Arrests of Many “Shouters”, 29. August 2018
https://bitterwinter.org/religious-book-leads-to-arrests-of-many-shouters/

·      Bitter Winter: Local Church, Shouters, Assembly: Who’s Who in the Watchman Nee Tradition (Autor: Massimo Introvigne), 15. Jänner 2019
https://bitterwinter.org/local-church-shouters-assembly-whos-who-in-the-watchman-nee-tradition/

·      Bitter Winter: A Life in Jail: Shouters Co-worker Repeatedly Detained, 26. März 2019
https://bitterwinter.org/a-life-in-jail-shouters-co-worker-repeatedly-detained/

·      Bitter Winter: CCP Preys on China’s Religious Refugees in Europe, 21. September 2019
https://bitterwinter.org/ccp-preys-on-chinas-religious-refugees-in-europe/

·      CECC - Congressional-Executive Commission on China: Criminal Law of the People's Republic of China, ohne Datum
https://www.cecc.gov/resources/legal-provisions/criminal-law-of-the-peoples-republic-of-china

·      China Aid: Christians detained for 'cult' activities, 22. Dezember 2016
https://www.chinaaid.org/2016/12/christians-detained-for-cult-activities.html

·      China Aid: Chinese Officials Crack Down On Christian Fellowship, Detain Believers, 16. Juli 2019
https://www.chinaaid.org/2019/07/chinese-officials-crack-down-on.html

·      China Anti-Cult Association: Be alert to all kinds of cults that endanger the public [中国反邪教协会:要高度警惕危害公众的各种邪教], 18. September 2017
http://www.chinafxj.cn/zyk/zb/201709/18/t20170918_4447.shtml

·      DFAT – Department of Foreign Affairs and Trade: DFAT Country Information Report – People’s Republic of China, 21. Dezember 2017
https://www.ecoi.net/en/file/local/1424365/4792_1518594924_country-information-report-china.pdf

·      Dunn, Emily: Auskunft per Email, 24. Oktober 2019

·      USDOS – US Department of State: 2018 Report on International Religious Freedom: China, 21. Juni 2019
https://www.ecoi.net/de/dokument/2011096.html

·      Nachrichtencenter der Stadt Xiamen: China veröffentlicht Liste von 20 in China aktiven Kultorganisationen [中国公布境内20个活跃邪教组织名单], 8. Juni 2014
http://news.xmnn.cn/a/gnxw/201406/t20140608_3882116.htm