Anfragebeantwortung zu Kirgisistan: Hat eine kasachische Staatsbürgerin aufgrund ihrer Heirat mit einem kirgisischen Staatsbürger automatisch ein Aufenthaltsrecht in Kirgisistan? [a-8819-1]

4. September 2014

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Die Fragestellung wurde an die kirgisischen Botschaften in Brüssel und in Berlin weitergeleitet. Ein Mitarbeiter der kirgisischen Botschaft in Brüssel führt in einer E-Mail-Auskunft vom 15. August 2014 an, dass gemäß der Verordnung über die Registrierung ausländischer StaatsbürgerInnen in der Kirgisischen Republik Staatsangehörige der Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) registriert würden, indem ihnen eine Registrierungskarte bzw. ein Registrierungsschein ausgestellt werde. Kasachische Staatsangehörige könnten sich bis zu 90 Tage in Kirgisistan aufhalten, ohne sich registrieren zu müssen:

„In accordance with Regulation on the registration foreign citizens on the territory of the Kyrgyz Republic the registration of citizens of member States of the Commonwealth of Independent States (CIS) is done by issuing a registration card/coupon. In this case, the citizens of the Republic of Kazakhstan may stay on the territory of Kyrgyzstan without registration up to 90 days.” (Botschaft der Kirgisischen Republik in Brüssel, 15. August 2014)

Auf der undatierten Website von Central Asia Travel, einem Reiseveranstalter, bei dem es sich laut eigenen Angaben um eine Gruppe verschiedener Unternehmen mit Vertretungen in allen zentralasiatischen Ländern handelt, findet sich ebenfalls die Information, dass sich kasachische Staatsangehörige, die für die Einreise nach Kirgisistan kein Visum benötigen würden, ohne Reisepass-Registrierung bis zu 90 Tage in Kirgisistan aufhalten könnten:

„Persons qualified for exemption from passport registration:

-         Foreign nationals who are eligible for visa-free regime, provided their stay in Kyrgyzstan does not exceed 60 days (for nationals of Russia and Kazakhstan the stay should not exceed 90 days).” (Central Asia Travel, ohne Datum)

Auf die Nachfrage, was nach Ablauf der 90 Tage passiere, antwortet der Mitarbeiter der kirgisischen Botschaft in Brüssel in einer E-Mail-Auskunft vom 19. August 2014, dass die kasachische Staatsbürgerin das Land verlassen müsse, um keinen Verstoß gegen das Einwanderungsgesetz zu begehen. Allerdings zeige die Praxis, dass die gegenseitigen Migrationsanforderungen („migration requirements“) von Kirgisistan und Kasachstan kein großes Problem für die Staatsangehörigen beider Länder darstellen würden. Die kasachische Staatsbürgerin könne, nachdem sie das Land verlassen habe, sofort wieder einreisen. Dabei sei das wichtigste, dass sie einen Stempel in ihrem Reisepass erhalte. Andererseits könne sie beim staatlichen Migrationsdienst eine befristete oder dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung beantragen:

„After the period of 90 days: - in order to avoid violations of immigration law a citizen of Kazakhstan must leave the territory of the Kyrgyz Republic. However, practice shows that these mutual migration requirements are not a big problem for the citizens of both countries. In this case, she can leave and immediately [come] back to the territory of Kyrgyzstan. The most important thing is to get [a] stamp in the passport - or she needs to request the State Migration Service to issue her with a temporary residence permit or a permanent residence permit.” (Botschaft der Kirgisischen Republik in Brüssel, 19. August 2014)

In einer E-Mail-Auskunft vom 27. August 2014 schreibt ein Mitarbeiter der kirgisischen Botschaft in Berlin, dass ausländischen StaatsbürgerInnen, die sich länger als sechs Monate in Kirgisistan aufhalten würden bzw. dies vorhätten, eine befristete Aufenthaltsgenehmigung unter den im Gesetz über die Außenmigration vom 17. Juli 2000 genannten Bedingungen ausgestellt werden könne. Eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung könnten jene ausländischen StaatsbürgerInnen enthalten, die sich länger als fünf Jahre in Kirgisistan aufhalten und über einen Zuwandererstatus verfügen würden. AusländerInnen, die sich vorübergehend in Kirgisistan aufhalten würden und den Zuwandererstatus erhalten wollten, sollten diesen bei den zuständigen kirgisischen Behörden beantragen. AusländerInnen, die eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung erhalten wollten, sollten einen Antrag stellen, um einen Zuwandererstatus zu erhalten. Mit Blick auf die an den Botschaftsmitarbeiter weitergeleitete Frage, ob einer kasachischen Staatsbürgerin, die einen kirgisischen Staatsbürger geheiratet habe, automatisch ein Aufenthaltsrecht zukomme, müsse auf Artikel 33 des Gesetzes über die Außenmigration verwiesen werden. Diesem Artikel zufolge hätten Familienmitglieder kirgisischer Staatsangehöriger ein Vorzugsrecht auf den Erhalt eines Zuwandererstatus:

„We would like to inform you that the ‘right for residence’ according to the Law of the Kyrgyz Republic ‘On external migration’ from 17th of July, year 2000, is the document, which provides a foreigner to permanently or temporarily reside in Kyrgyzstan. Document for temporarily residual may be provided to foreigners who reside or [are] willing to stay in Kyrgyzstan over 6 month on the bases, which are mentioned in the Law. Document for permanent residual may be provided to foreigners who reside in Kyrgyzstan for over 5 years and have a status of immigrant on the bases of the Law. Foreigners who temporarily reside in Kyrgyzstan and [are] willing to obtain a status of immigrant should apply to the competent bodies of Kyrgyz Republic. Foreigners who are willing to obtain a permanent residual status in Kyrgyzstan should apply in order to obtain an immigrant status. Nonetheless, referring to your question, we would like to point out that according to the article 33 of the abovementioned Law family members of the citizens of Kyrgyz Republic have the prioritized right to obtain a status of immigrant.” (Botschaft der Kirgisischen Republik in Berlin, 27. August 2014a)

Auf die Nachfrage, was dieses Vorzugsrecht genau bedeute, antwortet der Mitarbeiter der kirgisischen Botschaft in Berlin, dass das Gesetz und die zum Gesetz von der kirgisischen Regierung erlassene Verordnung keine Erklärung des Begriffs beinhalten würden. Seinem Verständnis nach bedeute die Bestimmung, dass Familienmitglieder kirgisischer Staatsangehöriger mehr Recht auf den Zuwandererstatus hätten als andere Personen:

„The Law and the Regulation adopted by the Government of KR do not indicate any explanation to the term ‘preferential right’. In other words, as I understand, it means that these types of people have more right than others in obtaining the status of immigrant.“ (Botschaft der Kirgisischen Republik in Berlin, 27. August 2014b)

Auf der vom UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UN High Commissioner for Refugees, UNHCR) betriebenen Website Refworld findet sich eine inoffizielle, englischsprachige Übersetzung des Gesetzes über die Außenmigration vom Juli 2000. Dieses enthält unter anderem Bestimmungen zum Erhalt einer befristeten Aufenthaltsgenehmigung und eines Zuwandererstatus. In Artikel 33 des Gesetzes werden Personen gelistet, die über ein Vorzugsrecht auf den Erhalt des Zuwandererstatus verfügen. Wie bereits vom Mitarbeiter der kirgisischen Botschaft in Berlin angeführt, zählen dazu unter anderem die Ehepartner kirgisischer Staatsangehöriger:

„Article 33. Persons enjoying the preferential rights for the immigrant status

[…]

2) Parents of a Kyrgyz national, his spouse, his children under 18 or disabled adults of full age;” (Law of the Kyrgyz Republic on the External Migration, 17. Juli 2000, Artikel 33)

Laut Artikel 35 des Gesetzes über die Außenmigration sollen das kirgisische Innenministerium und seine Behörden eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung an jene ausländischen StaatsbürgerInnen und staatenlose Personen ausstellen, die in Übereinstimmung mit dem Gesetz über die Außenmigration einen Zuwandererstatus erhalten haben:

„A permanent residence permit shall be issued by the Ministry of Interior of the Kyrgyz Republic and its territorial agencies to a foreign national or a stateless person, who was issued an immigrant status in conformity with the present Law.” (Law of the Kyrgyz Republic on the External Migration, 17. Juli 2000, Artikel 35)

In Artikel 17 desselben Gesetzes werden Gründe für eine Annullierung eines Visums oder einer Aufenthaltsgenehmigung angeführt. Zu diesen Gründen zählen unter anderem Scheinehen, die von ausländischen StaatsbürgerInnen oder staatenlosen Personen mit kirgisischen Staatsangehörigen oder ausländischen StaatsbürgerInnen mit dauerhafter Aufenthaltsgenehmigung eingegangen werden, um eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten:

„The grounds for revoking a visa or a residence permit shall be the cases, when a foreign national or a stateless person:

[…]

3) has a sham marriage with a national of the Kyrgyz Republic or a foreign national or a stateless person with a permanent residence permit with a goal to receive a permanent residence permit” (Law of the Kyrgyz Republic on the External Migration, 17. Juli 2000, Artikel 17)

Der Volltext der englischen Übersetzung des Gesetzes ist unter folgendem Link verfügbar:

·      Law of the Kyrgyz Republic on the External Migration, No. 61, 17. Juli 2000 (verfügbar auf Refworld)

http://www.refworld.org/pdfid/3ae6b4ed34.pdf

 

Auf der Website der kirgisischen Botschaft in Berlin findet sich eine russischsprachige Fassung der Verordnung über die Verleihung und Ausstellung befristeter und dauerhafter Aufenthaltsgenehmigungen an ausländische StaatsbürgerInnen und Staatenlose, die in Übereinstimmung mit dem Gesetz über die Außenmigration erlassen wurde. Artikel 7 der Verordnung listet Dokumente, die für die Beantragung einer dauerhaften Aufenthaltsgenehmigung benötigt werden. Personen, die unter Artikel 33 des Gesetzes über die Außenmigration fallen, müssen zusätzlich die in Artikel 8 der Verordnung genannten Dokumente beibringen:

„7. Die Beantragung einer Aufenthaltsgenehmigung erfolgt persönlich durch den/die ausländische(n) StaatsbürgerIn oder die staatenlose Person, der/die das 18. Lebensjahr vollendet hat und sich legal auf dem Territorium der Kirgisischen Republik befindet, oder durch seine(n)/ihre(n) bevollmächtigte(n) VertreterIn.

Dem Antrag werden folgende Dokumente in zweifacher Ausführung beigelegt:

- Kopie des Passes oder eines Ersatzdokuments, das die Identität des Antragstellers nachweist;

- Kopie der Geburtsurkunde oder eines gleichgestellten Dokuments;

- vom Wohnort ausgestellte Bescheinigung über den Familienstand;

- Kopie der Heiratsurkunde (sofern eine Ehe besteht);

- Nachweis über eine dauerhafte, legale Einkommensquelle, die dem/der AntragstellerIn und seiner/ihrer Familie das Existenzminimum sichert (Kopie des Beschäftigungsnachweises, Berechtigung zur Berufsausübung, Vermögen, Bankkonten oder Pflegschaft durch eine(n) StaatsbürgerIn der Republik Kirgisistan, vom Arbeitsgeber ausgestellte Bescheinigung, aus der die Höhe des Gehalts hervorgeht etc.);

- medizinische Befunde über den Gesundheitszustand (Befunde eines AIDS-Zentrums, einer Drogenambulanz und einer psychoneurologischen Ambulanz);

- ein Dokument, das den Verlust der Staatsbürgerschaft des Antragstellers bestätigt (Bescheid der regionalen Unterabteilung für Pass- und Visa-Angelegenheiten der Abteilung für Inneres über seine/ihre Anerkennung als staatenlose Person - für staatenlose Personen der zur GUS gehörenden Staaten).

 

8. Ein ausländischer Staatsbürger, der mindestens einen der in Artikel 33 des Gesetzes der Kirgisischen Republik ‚Über die Außenmigration‘ angeführten Gründe hat, legt zusätzlich zu den in Punkt 7 dieser Verordnung angeführten Dokumenten vor:

 

- eine Bescheinigung (Dokument), die die Nationalität eines Elternteils nachweist (Geburtseintragung),

- eine Einladung, vorgenommen von einem/einer Verwandten, der/die StaatsbürgerIn der Kirgisischen Republik ist, oder von einer Person mit Zuwandererstatus in der Kirgisischen Republik;

- ein Dokument, das die Verwandtschaftsbeziehung nachweist (Heiratsurkunde und Kopie des Passes des Ehepartners - für Personen, die mit einem/einer StaatsbürgerIn der Kirgisischen Republik verheiratet sind; Nachweis der Verwandtschaftsbeziehung oder Adoption, sowie des gemeinsamen Wohnsitzes, wenn im gemeinsamen Haushalt mit dem/der AntragstellerIn Kinder mit ausländischer Staatsbürgerschaft wohnen)

- wenn der/die AntragstellerIn und seine/ihre Verwandten verschiedene Familiennamen tragen, werden die Verwandtschaftsbeziehungen mit entsprechenden, zusätzlich vorgelegten Dokumenten nachgewiesen;

- Dokumente, die die bestehende Vormundschaft oder Pflegschaft bestätigen;

- Dokumente, die eine vorhandene Berufsausbildung bezeugen, sowie Empfehlungen.“ (Verordnung über die Verleihung und Ausstellung befristeter und dauerhafter Aufenthaltsgenehmigungen an ausländische StaatsbürgerInnen und Staatenlose auf dem Gebiet der Kirgisischen Republik, 13. November 2008, Artikel 7 und 8; Arbeitsübersetzung ACCORD)

 

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Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 4. September 2014)

·      Botschaft der Kirgisischen Republik in Berlin: E-Mail-Auskunft, 27. August 2014a

·      Botschaft der Kirgisischen Republik in Berlin: E-Mail-Auskunft, 27. August 2014b

·      Botschaft der Kirgisischen Republik in Brüssel: E-Mail-Auskunft, 15. August 2014

·      Botschaft der Kirgisischen Republik in Brüssel: E-Mail-Auskunft, 19. August 2014

·      Central Asia Travel: Visa to Kyrgyzstan, ohne Datum

http://www.centralasia-travel.com/en/countries/kirgistan/visas

·      Law of the Kyrgyz Republic on the External Migration, No. 61, 17. Juli 2000 (verfügbar auf Refworld)

http://www.refworld.org/pdfid/3ae6b4ed34.pdf

·      Verordnung über die Verleihung und Ausstellung befristeter und dauerhafter Aufenthaltsgenehmigungen an ausländische StaatsbürgerInnen und Staatenlose auf dem Gebiet der Kirgisischen Republik [Положение о порядке оформления и выдачи временного и постоянного видов на жительство иностранным гражданам и лицам без гражданства на территории Кыргызской Республики], Nr. 626, 13. November 2008 (verfügbar auf Website der kirgisischen Botschaft in Berlin)

http://botschaft-kirgisien.de/files/vid_na_zhitelstvo_kr.doc