Anfragebeantwortung zum Iran: Aufenthaltsmöglichkeit für Iraker mit Familie im Iran; allgemeine Vorraussetzungen für Aufenthaltstitel [a-10831-3 (10833)]

15. Jänner 2019

Das vorliegende Dokument beruht auf einer zeitlich begrenzten Recherche in öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD derzeit zur Verfügung stehen sowie gegebenenfalls auf Expertenauskünften, und wurde in Übereinstimmung mit den Standards von ACCORD und den Common EU Guidelines for processing Country of Origin Information (COI) erstellt.

Diese Antwort stellt keine Meinung zum Inhalt eines Ansuchens um Asyl oder anderen internationalen Schutz dar. Alle Übersetzungen stellen Arbeitsübersetzungen dar, für die keine Gewähr übernommen werden kann.

Wir empfehlen, die verwendeten Materialien im Original durchzusehen. Originaldokumente, die nicht kostenfrei oder online abrufbar sind, können bei ACCORD eingesehen oder angefordert werden.

 

Das US-Außenministerium (US Department of State, USDOS) schreibt in seinem Bericht zur Menschenrechtslage vom April 2018 (Berichtsszeitraum 2017) zum Thema Schutz von Flüchtlingen, dass die iranische Regierung laut UNHCR 951.000 afghanischen und 28.000 irakischen Flüchtlingen eine Registrierung nach dem „Amayesh-System“ gewährt habe. Über dieses System würden die iranischen Behörden Flüchtlingen Karten zur Verfügung stellen, durch die sie sich als registrierte Flüchtlinge ausweisen könnten. Die Karten würden Flüchtlingen den Zugang zur Grundversorgung ermöglichen und ihnen den Erhalt von Arbeitsgenehmigungen erleichtern. Das iranische Gesetz sehe die Gewährung des Asyl- oder Flüchtlingsstatus für hierfür qualifizierte Antragsteller vor. Die Regierung verfüge Berichten zufolge zwar über ein System zum Schutz von Flüchtlingen, UNHCR habe jedoch keine Informationen darüber, wie der Iran zu seinen bisherigen Asylentscheidungen gekommen sei:

According to UNHCR, the government has granted registration to 951,000 Afghan and 28,000 Iraqi refugees under a system known as ‘Amayesh’, through which authorities provide refugees with cards identifying them as legally registered refugees. The cards enable refugees to access basic services and facilitate the issuance of work permits. […]

Access to Asylum: The law provides for the granting of asylum or refugee status to qualified applicants. While the government reportedly has a system for providing protection to refugees, UNHCR did not have information regarding how the country made asylum determinations.” (USDOS, 20. April 2018, Section 2d)

Die internationale Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) schreibt in einem Bericht vom November 2013, dass der Iran im Jahr 2003 ein neues System namens „Amayesh“ (zu Deutsch: „Logistik“ bzw. „Vorbereitung“) eingeführt habe, um alle afghanischen Staatsangehörigen, die sich damals im Iran befunden hätten und die in den 1980er und 1990er Jahren aufgrund ihrer afghanischen Staatsangehörigkeit ein Aufenthaltsrecht erhalten hätten, neu zu registrieren.

Wie HRW berichtet, müssten Personen in der Praxis bei den Behörden immer kompliziertere und bürokratischere Prozeduren durchlaufen, um ihren Status als Amayesh-Registrierte zu behalten. Sie seien verpflichtet, ihre Amayesh-Karten, die kostenpflichtig und in der Regel ein Jahr gültig seien, regelmäßig erneuern zu lassen. So habe es seit der ursprünglichen Registrierung von mehreren hunderttausend AfghanInnen im Jahr 2003 neun Wiederregistrierungsaktionen gegeben (Stand November 2013). Bei jeder dieser Aktionen sei eine Karte unterschiedlicher Farbe ausgestellt worden. Personen, deren Amayesh-Karten abgelaufen seien, würden als illegal aufhältig eingestuft und könnten abgeschoben werden:

„In 2003, Iran introduced a new system known as ‘Amayesh’ (Persian for ‘logistics’ or ‘preparation’) to re-register all Afghan nationals then in Iran who had been granted residency rights in Iran based simply on their Afghan nationality in the 1980s and 1990s. […]

In practice, Amayesh card-holders face an increasingly complex and bureaucratic process with the Iranian authorities to retain their status, in which the smallest mistake can result in the permanent loss of refugee status. Amayesh card holders are regularly required to renew their cards. Since the original registration of several hundred thousand Afghans in 2003, there have been nine re-registration exercises with a different color card provided each time. The cards, which refugees must pay for, are generally valid for one year. When cards expire, the card holder is considered to be unlawfully present in Iran and may be deported. If a card holder fails to register for a new card as soon as the old card has expired, he or she becomes undocumented and is subject to deportation.” (HRW, 20. November 2013, S. 5-6)

In einer Anfragebeantwortung vom August 2015 verweist die kanadische Einwanderungsbehörde (Immigration and Refugee Board, IRB) auf einen Eintrag auf der Webseite der iranischen Botschaft in Den Haag. Laut dem Eintrag würde ein Nicht-Iraner, der mit einer Iranerin verheiratet sei, nicht als iranischer Staatsbürger angesehen werden und er würde ein Visum benötigen, um in den Iran einzureisen. Die iranische Frau könne jedoch schriftlich um eine „minimale Wartezeit“ für das Visum ansuchen:

The website of the Iranian embassy in The Hague states that a foreign man married to an Iranian woman ‘will not be considered an Iranian national’ and he would require a visa to travel to Iran, although the Iranian woman can submit a written request so that her spouse ‘will have the privilege of a minimum visa wait time’” (IRB, 14. August 2015)

In der inoffiziellen Übersetzung des iranischen Arbeitsgesetzes findet sich in Kapitel V, Teil 3, folgender Gesetzestext zum Thema Arbeitsgenehmigung:

Abschnitt 120: Ausländische Staatsbürger dürfen im Iran nicht angestellt werden, es sei denn, sie sind im Besitz eines Einreisevisums, das sie ausdrücklich zur Arbeit berechtigt. Darüber hinaus benötigen sie eine Arbeitsgenehmigung gemäß der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen. […]

Abschnitt 121: Das Ministerium für Arbeit und Soziales ist angehalten, Arbeitsvisum und Arbeitsgenehmigung auszustellen, sofern:

(a) es nach den dem Ministerium für Arbeit und Soziales vorliegenden Informationen keine qualifizierten iranischen Staatsbürger mit ähnlicher Spezialisierung gibt, die bereit sind, die betreffende Arbeit auszuführen;

(b) der ausländische Staatsbürger über ausreichende Fähigkeiten und Spezialkenntnisse für die betreffende Tätigkeit verfügt;

(c) das Fachwissen des ausländischen Bürgers genutzt wird, um Iraner im Hinblick auf eine etwaige Ersetzung des ausländischen Bürgers durch einen ausgebildeten Iraner fortzubilden.

Anmerkung: Es liegt an der Fachbehörde für Beschäftigung zu entscheiden, ob die in diesem Abschnitt genannten Bedingungen erfüllt sind:

Sec. [Section] 120. Foreign citizens shall not be employed to work in Iran unless they have an entry visa specifically entitling them to work and have obtained a work permit in accordance with the relevant statutory regulations. […]

Sec. 121. The Ministry of Labour and Social Affairs shall issue a visa authorising the bearer to work, together with a work permit, provided that:

-          (a) according to the information available to the Ministry of Labour and Social Affairs, there are no qualified Iranian citizens with similar specialisation who are ready to perform the work in question;

-          (b) the foreign citizen possesses sufficient skills and specialisation for the job in question;

-          (c) the expertise of the foreign citizen is used to train Iranians with a view to the eventual substitution of the foreign citizen by a trained Iranian.

Note. The Technical Board for Employment shall decide whether the conditions specified in this section are fulfilled. The rules governing the number of members of the Board, the conditions of t heir selection and the procedure for holding the sessions of the Board shall be drawn up by the Ministry of Labour and Social Affairs, and approved by the Council of Ministers.” (Iranisches Arbeitsgesetz, 20. November 1990, Abschnitt 20-21)

Auf Legalmondo, einer von unabhängigen Rechtsanwälten aus über 45 verschiedenen Ländern betriebenen Online-Plattform, findet sich ein mit 17. Juni 2016 datierter Eintrag von Encyeh Sadr, einer laut Legalmondo im Iran lizenzierten Anwältin. Laut Sadr würden Expats im Iran für jede Art von Beschäftigung eine Arbeitserlaubnis oder Arbeitslizenz benötigen. Das dafür zuständige Organ sei die Generaldirektion für die Beschäftigung von Ausländern („Department General for Employment of Foreign Nationals“), eine Abteilung des Ministeriums für Kooperation, Arbeit und Soziales. Die Anforderungen seien in den Artikeln 120-129 des iranischen Arbeitsgesetzes festgelegt. Im Allgemeinen werde eine Arbeitserlaubnis für einen ausländischen Arbeitnehmer nur dann erteilt, wenn es keine anderen Iraner mit dem gleichen Bildungsstand oder Fachwissen gebe. Damit sei die Messlatte sehr hoch gelegt. Ausländer könnten ihre Arbeitserlaubnis zudem nicht selbst beantragen, es sei denn, sie würden ein Unternehmen im Iran gründen. Die Arbeitgeber müssten ihren Antrag und ihre Unterlagen einreichen. Zu der Liste der geforderten Dokumente würden in der Regel Ausweisdokumente des Antragstellers, der Lebenslauf, Nachweise der fachlichen Kompetenz, ein Bittschreiben des Arbeitgebers, sowie offizielle Dokumente des Unternehmens gehören. Vor dieser Phase sei es Arbeitgebern nicht möglich, einen Arbeitsvertrag mit Ausländern abzuschließen. Die Unterlagen würden dann an die Fachbehörde für die Beschäftigung von Ausländern gesendet, die sehr streng bei der Erteilung von Arbeitsgenehmigungen sei.

Die Arbeitserlaubnis sei in jedem Fall ein Jahr lang gültig. Deren Verlängerung erfordere einen Antrag des Arbeitgebers. Der Antrag, der schriftlich zu stellen sei und Gründe für die Notwendigkeit einer Verlängerung enthalten solle, sei vom Arbeitgeber mindestens einen Monat vor Ablauf der Arbeitserlaubnis einzureichen. Das Arbeiten ohne Genehmigung oder die Beschäftigung eines nicht lizenzierten Mitarbeiters seien gesetzlich strafbar:

Expats require a work permit, or employment license, in Iran for any type of employment. The organ in charge is the ‘Department General for Employment of Foreign Nationals’, a division of the Ministry of Cooperative, Labor and Social Welfare. The requirements are set in articles 120-129 of Iran Labor Law. In general, a work permit will be issued to a foreign worker only if there are no Iranians having the same level of education or expertise. This sets the bar very high. Foreigners cannot apply for a work permit on their own, unless they establish an enterprise in Iran. Employers need to submit their request and documents as are listed and announced by the Department General for Employment of Foreign Nationals for verification. This list normally requires identification documents of applicant including resume and expertise documents, letter of request from the employer attached with company official documents (registration notice, latest changes, chart and etc.). Prior to this stage, employers cannot enter into an employment contract with foreigners. Then, the documents are sent to the Technical Board for Employment of Foreign Nationals which is very strict regarding issuance of work permits. […]

Work permits are, in any case, valid for one year. Renewal requires an application by the employer. The application, which must be written and should explain the need for renewal of the permit, must be handed by the employer at least one month before the work permit expiry date. […] Working without a permit or employing an unlicensed employee are punishable by law.” (Legalmondo, 17. Juli 2016)

In demselben Eintrag auf Legalmondo merkt Sadr an, dass das Gesetz zur Förderung und zum Schutz ausländischer Investitionen (Foreign Investment Promotion and Protection Act, FIPPA) es ausländischen Investoren, Geschäftsführern und Experten und deren unmittelbaren Familienangehörigen ermögliche, Visa, Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen zu erhalten. Es würden jedoch Anreize für die Beschäftigung iranischer Staatsangehöriger geboten werden:

FIPPA (‘Foreign Investment Promotion and Protection Act’) allows foreign investors, directors and experts and their immediate family members to acquire visa, residence permit and work permit. This was introduced in art. [article] 35 of the executive directive to FIPPA. Yet, there are incentives for employment of Iranian nationals.” (Legalmondo, 17. Juli 2016)

Es konnten keine weiteren Informationen zu Aufenthaltstiteln für Iraker mit Familienangehörigen im Iran gefunden werden. Gesucht wurde mittels ecoi.net, Refworld, Factiva und Google nach einer Kombination aus folgenden Suchbegriffen: residence, title, permit, Iran, Iraqi, Amayesh, work, family.

 

 

Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 15. Jänner 2019)