Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Bahrain

Berichtszeitraum: 1. Januar 2016 bis 31. Dezember 2016

Amtliche Bezeichnung: Königreich Bahrain
STAATSOBERHAUPT: König Hamad bin Issa Al Khalifa
STAATS- UND REGIERUNGSCHEF_IN: Scheich Khalifa bin Salman Al Khalifa

Die Regierung verschärfte 2016 die Einschränkungen der Rechte auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit und hielt die Beschränkungen des Rechts auf Versammlungsfreiheit weiterhin aufrecht. Mehrere Menschenrechtsverteidiger wurden inhaftiert und angeklagt, andere erhielten Ausreiseverbote. Die Behörden lösten die wichtigste oppositionelle Vereinigung auf. 80 Personen wurde die bahrainische Staatsbürgerschaft aberkannt, vier Männer wurden des Landes verwiesen. Zu den gewaltlosen politischen Gefangenen, die weiterhin inhaftiert waren, zählten auch führende Oppositionelle. Es gab erneut Berichte über Folter und andere Misshandlungen sowie über unfaire Gerichtsverfahren. Frauen wurden weiterhin durch Gesetze und im täglichen Leben benachteiligt. Arbeitsmigranten sowie Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgeschlechtliche und Intersexuelle litten unter Diskriminierung. Es gab weder neue Todesurteile noch Hinrichtungen.

HINTERGRUND

Im März 2016 trat Bahrain dem UN-Übereinkommen über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen bei.

Der Internationale Koordinierungsausschuss der nationalen Institutionen zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte erkannte der bahrainischen Nationalen Institution für Menschenrechte im Mai 2016 lediglich den “B-Status” zu, da sie die Pariser Prinzipien nicht vollständig erfüllte. Der Internationale Koordinierungsausschuss monierte vor allem, dass dem Entscheidungsgremium der nationalen Menschenrechtsinstitution auch Regierungsvertreter angehörten und damit keine Unabhängigkeit gewährleistet war.

Im Mai 2016 unterzeichnete die Regierung ein Handels- und Wirtschaftsabkommen mit der Schweiz, das zwei nicht rechtsverbindliche Vereinbarungen enthielt, die sich auf die Behandlung von Gefangenen und auf Frauenrechte in Bahrain bezogen. Im September 2016 stoppte die US-Regierung den Verkauf von Kampfjets und damit verbundener Ausrüstung an Bahrain und machte weitere Lieferungen von einer Verbesserung der Menschenrechtslage im Land abhängig.

Bahrain war weiterhin Teil einer von Saudi-Arabien geführten internationalen Militärallianz, die in den bewaffneten Konflikt im Jemen eingriff (siehe Länderbericht Jemen).

Auch 2016 verweigerte die Regierung Vertretern internationaler Menschen-rechtsorganisationen die Einreise ins Land. Dies betraf auch Amnesty International.

RECHT AUF FREIE MEINUNGSÄUßERUNG

Die Behörden schränkten das Recht auf freie Meinungsäußerung 2016 drastisch ein. Menschenrechtsverteidiger und religiöse Aktivisten, die sich auf öffentlichen Veranstaltungen oder im Internet kritisch über die bahrainische Regierung, die saudi-arabischen Behörden oder die Luftangriffe der von Saudi-Arabien geführten Militärallianz im Jemen äußerten, wurden festgenommen und strafrechtlich verfolgt. Zu den gewaltlosen politischen Gefangenen zählten auch führende Oppositionelle, die 2015 inhaftiert worden waren, nachdem sie friedlich Kritik geübt hatten.

Im Februar 2016 verurteilte ein Gericht Ebrahim Sharif, den ehemaligen Gene-ralsekretär der bahrainischen Oppositionsvereinigung Wa’ad, zu einem Jahr Gefängnis wegen “Anstiftung zu Hass und Verachtung der Regierung”. Er war im Juli 2015 inhaftiert worden und kam im Juli 2016 nach Verbüßung seiner Strafe frei. Seine einjährige Haftstrafe wurde im November im Berufungsverfahren bestätigt. Ebenfalls im November 2016 klagten die Behörden Ebrahim Sharif wegen “Anstiftung zum Hass gegen die Regierung” erneut an, nachdem er sich in einem Medi-eninterview über den Besuch des britischen Thronfolgers Prinz Charles in Bahrain geäußert hatte. Die Anklage wurde jedoch im selben Monat wieder fallen gelassen.

Im März 2016 wurde die Aktivistin Zainab Al-Khawaja festgenommen, um eine Gesamthaftstrafe von drei Jahren und einem Monat anzutreten, die in ver-schiedenen Verfahren gegen sie verhängt worden war. Man hatte sie u. a. schuldig befunden, Bilder des Königs zerrissen zu haben. Nach scharfer internationaler Kritik an ihrer Inhaftierung ließen die Behörden sie im Mai 2016 aus “humanitären Gründen” frei. Kurze Zeit später verließ sie das Land. Im April 2016 verurteilte ein Strafgericht den Aktivisten Dr. Sa’eed Mothaher Habib al-Samahiji zu einem Jahr Haft, weil er die saudi-arabische Regierung auf Twitter kritisiert hatte.

Die gegen Scheich Ali Salman, den Vorsitzenden der wichtigsten Oppositionspartei al-Wifaq, 2015 verhängte vierjährige Freiheitsstrafe wurde von einem Berufungsgericht im Mai 2016 auf neun Jahre heraufgesetzt. Sein Freispruch vom Vorwurf der “Anstiftung zum Sturz der Regierung durch Gewalt, Drohungen und andere illegale Mittel” wurde damit rückgängig gemacht. Im Oktober 2016 hob das Kassationsgericht die Verlängerung der Haftstrafe auf und verwies den Fall erneut an das Berufungsgericht. Dieses hielt sein ursprüngliches Urteil von neun Jahren Haft im Dezember 2016 erneut aufrecht.

Im Juni 2016 wurde der Menschenrechtsverteidiger Nabeel Rajab festgenommen und wegen “Verbreitung falscher Informationen und Gerüchte” angeklagt , was während eines im Fernsehen gesendeten Interviews geschehen sei “mit dem Ziel, das Land zu diskretieren”. Im Juli wurde das Verfahren wegen seiner Twitter-Kommentare im Jahr 2015 eröffnet, in denen er sich über mutmaßliche Folter im Jaw-Gefängnis geäußert und die saudi-arabischen Luftangriffe im Jemen kritisiert hatte. Im Dezember 2016 ordnete das Gericht seine Freilassung gegen Kaution an, während das Verfahren noch lief. Wegen der Ermittlungen zur ersten Anklage, deretwegen er im Juni 2016 festgenommen worden war, wurde er jedoch umgehend wieder festgenommen. Außerdem wurde er wegen Äußerungen strafrechtlich verfolgt, die unter dem Titel “Brief aus einem bahrainischen Gefängnis” in der New York Times erschienen waren, und weiteren, die in einem Brief in der Zeitung Le Monde veröffentlicht worden waren.

Die Behörden schränkten die Medien weiterhin stark ein. Im Februar 2016 untersagte der Informationsminister allen Medienkanälen, Journalisten zu beschäftigen, die Bahrain, die Golfstaaten und andere arabische Länder “diffamieren” könnten.

RECHT AUF VEREINIGUNGSFREIHEIT

Die Regierung schränkte das Recht auf Vereinigungsfreiheit 2016 weiter ein. Führende Vertreter von al-Wifaq und anderen Oppositionsparteien kamen ins Gefängnis. Andere Oppositionelle wurden schikaniert, indem man sie mehrfach zum Verhör einbestellte.

Im Juni 2016 musste al-Wifaq auf Anordnung der Behörden die Arbeit einstellen, gleichzeitig wurden die Vermögenswerte der Partei beschlagnahmt. Im Juli 2016 erwirkten die Behörden einen Gerichtsbeschluss zur Auflösung der Partei wegen mutmaßlicher Verstöße gegen das Gesetz zu politischen Vereinigungen.

RECHT AUF VERSAMMLUNGSFREIHEIT

Demonstrationen waren in der Hauptstadt Manama 2016 nach wie vor streng verboten. In den schiitischen Dörfern gingen die Menschen allerdings weiter auf die Straße. Einige dieser Kundgebungen arteten in Gewalt aus, insbesondere nach der erzwungenen Auflösung der Oppositionspartei al-Wifaq. Die Sicherheitskräfte gingen in einigen Fällen mit unverhältnismäßiger Gewalt gegen die Proteste vor und setzten Tränengas und Schrotflinten ein, um die Menschen auseinanderzutreiben. Zahlreiche religiöse Aktivisten und andere Protestierende wurden festgenommen, darunter auch Minderjährige. Bei den gewaltsamen Zusammenstößen kamen mindestens ein Polizist und eine Passantin ums Leben.

Im Januar 2016 lösten Sicherheitskräfte eine Protestkundgebung gegen die Hinrichtung von Scheich Nimr al-Nimr in Saudi-Arabien gewaltsam auf. Die Polizei setzte Tränengas sowie Schrotmunition ein und nahm Demonstrierende fest.

Im Juni 2016 blockierten Sicherheitskräfte den Zugang nach Duraz und ließen lediglich Personen passieren, die in dem Dorf wohnten. Zuvor hatten sich dort Protestierende versammelt und eine Sitzblockade vor dem Haus des schiitischen Scheichs Issa Qassem begonnen, nachdem die Behörden ihm die bahrainische Staatsbürgerschaft aberkannt hatten. Als die Sitzblockade weiterging, nahmen die Behörden zahlreiche Protestierende fest oder bestellten sie zum Verhör ein, darunter mindestens 70 schiitische Geistliche und etliche Menschenrechtsverteidiger. Gegen einige von ihnen wurde wegen “unerlaubter Zusammenkunft” Anklage erhoben. Elf schiitische Geistliche wurden auf Grundlage dieser Anklage zu einem oder zwei Jahren Gefängnis verurteilt.

RECHT AUF BEWEGUNGSFREIHEIT

Die Behörden verhängten 2016 gegen mindestens 30 Menschenrechtsverteidiger und andere Kritiker Ausreiseverbote. Sie wurden auf diese Weise u. a. daran gehindert, an Sitzungen des UN-Menschenrechtsrats in Genf teilzunehmen. Mindestens zwölf von ihn wurden später angeklagt, u. a. wegen “illegaler Versammlung”.

ENTZUG DER STAATSBÜRGERSCHAFT UND ABSCHIEBUNGEN

Die Behörden entzogen Personen, die wegen terrorismusbezogener Straftaten und anderer strafbarer Handlungen verurteilt worden waren, per Gerichtsbeschluss die bahrainische Staatsbürgerschaft, wodurch viele von ihnen faktisch staatenlos wurden. Im Juni 2016 entzog das Innenministerium dem führenden Geistlichen von al-Wifaq, Scheich Issa Qassem, die Staatsbürgerschaft, ohne dass man ihn zuvor irgendeines Vergehens schuldig gesprochen hatte. Die Behörden verwiesen vier Personen, denen die Staatsbürgerschaft aberkannt worden war, des Landes, unter ihnen der Menschenrechtsanwalt Taimoor Karimi. Im März 2016 entschied ein Berufungsgericht, dass der gewaltlose politische Gefangene Ibrahim Karimi nach Verbüßung seiner Gefängnisstrafe von 25 Monaten im Jahr 2018 ausgewiesen werden solle.

FOLTER UND ANDERE MISSHANDLUNGEN

Folter und andere Misshandlungen von Häftlingen waren 2016 weit verbreitet. Betroffen waren insbesondere Personen, die wegen Terrorismus und anderer Straftaten unter Verdacht standen und in Einrichtungen der Kriminalpolizei verhört wurden. Es gab weiterhin unfaire Gerichtsverfahren. Personen, die sich wegen terrorismusbezogener Straftaten verantworten mussten, wurden nach wie vor auf der Grundlage von mutmaßlich erpressten “Geständnissen” verurteilt.

Gefangene im Dry-Dock- und im Jaw-Gefängnis klagten über Misshand-lungen, Einzelhaft und unzureichende medizinische Versorgung.

STRAFLOSIGKEIT

Obwohl der Ombudsmann des Innenministeriums und eine Sonderuntersu-chungseinheit der Staatsanwaltschaft mutmaßlichen Menschenrechtsverletzungen der Sicherheitskräfte nachgingen, war weiterhin ein Klima der Straflosigkeit vorherrschend. Einige Angehörige der Sicherheitskräfte niedriger Dienstgrade wurden strafrechtlich verfolgt, hochrangige Staatsbedienstete jedoch nicht.

Die Sonderuntersuchungseinheit gab an, im Jahr 2016 seien 225 Beschwerden eingegangen und elf Angehörige der Sicherheitskräfte wegen Übergriffen vor Gericht gestellt worden. Mindestens vier Angehörige der Sicherheitskräfte wurden 2016 verurteilt und mindestens zwölf freigesprochen. Im Januar 2016 setzte ein Berufungsgericht die Gefängnisstrafen für zwei Polizisten von zwei auf sieben Jahre herauf. Sie waren schuldig gesprochen worden, 2011 den Tod des Gefangenen Ali Issa Ibrahim al-Saqer in Gewahrsam verursacht zu haben. Im März 2016 verurteilte ein Gericht einen Polizisten wegen der rechtswidrigen Tötung von Fadhel Abbas Muslim Marhoon im Jahr 2014 zu drei Jahren Haft und hob damit den ursprünglichen Freispruch auf.

Im Februar 2016 bestätigte ein Berufungsgericht den Freispruch eines Polizisten, obwohl auf einem Video festgehalten worden war, wie er im Januar 2015 aus nächster Nähe Schüsse auf einen friedlichen Protestierenden abgefeuert hatte. Das Gericht vertrat trotz des Videos die Ansicht, es gebe keine Beweise für die Anwesenheit des Opfers zur Tatzeit und es seien auch keine Verletzungen dokumentiert worden. Im Fall von sechs Polizisten, die 2015 schuldig gesprochen worden waren, für den Tod von Hassan Majeed al-Shaik verantwortlich zu sein, der im November 2014 in Gewahrsam gestorben war, hob ein Berufungsgericht die Schuldsprüche gegen drei der Polizisten auf, die Haftstrafen der drei übrigen wurden von fünf auf zwei Jahre herabgesetzt.

RECHTE VON LESBEN, SCHWULEN, BISEXUELLEN, TRANSGESCHLECHTLICHEN UND INTERSEXUELLEN

Die Behörden verfolgten und inhaftierten weiterhin Personen wegen gleichge-schlechtlicher sexueller Beziehungen aufgrund von Bestimmungen des Straf-gesetzbuchs über “Ausschweifung” und “Unzüchtigkeit”.

Im Januar und Februar 2016 wiesen die Behörden die Anträge von drei bahrainischen Staatsangehörigen ab, die im Ausland Operationen zur Geschlechtsangleichung hatten vornehmen lassen und ihre offiziellen Dokumente entsprechend ändern lassen wollten.

Im September 2016 verurteilte ein Gericht 28 Männer zu Gefängnisstrafen zwischen sechs Monaten und zwei Jahren. Sie waren der “Ausschweifung” und “Unzüchtigkeit” für schuldig befunden worden, weil sie an einer privaten Feier teilgenommen hatten, bei der einige Anwesende Frauenkleider trugen. Im November reduzierte ein Berufungsgericht die Strafen auf einen bis drei Monate Haft.

FRAUENRECHTE

Frauen wurden durch Gesetze und im täglichen Leben diskriminiert. Im Mai 2016 stimmte das Parlament für die Abschaffung des Paragraphen 353 des Strafgesetzbuchs, der Vergewaltigern Straffreiheit garantierte, wenn ihr Opfer einer Eheschließung zustimmte.

RECHTE VON ARBEITSMIGRANTEN

Arbeitsmigranten wurden von ihren Arbeitgebern weiterhin ausgebeutet und misshandelt. Im Juli 2016 beteiligten sich mehr als 2000 Arbeitsmigranten an einem friedlichen Marsch, mit dem sie dagegen protestierten, dass ihre Arbeitgeber ihnen keinen Lohn bezahlten.

TODESSTRAFE

Die Todesstrafe blieb weiterhin in Kraft. Gerichte verhängten 2016 keine neuen Todesurteile. Das Kassationsgericht bestätigte jedoch zwei Todesurteile, die in den vergangenen Jahren ergangen waren, und hob vier weitere auf. Drei der aufgehobenen Todesurteile verhängte das Berufungsgericht später erneut. Hinrichtungen fanden nicht statt.

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