Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Portugal

 

Roma und Personen afrikanischer Herkunft waren weiterhin von Diskriminierung betroffen. Es gab erneut Berichte über exzessive Gewaltanwendung durch die Polizei. Die Haftbedingungen waren immer noch unzureichend.

Hintergrund

Nach einem Besuch im Januar / Februar 2015 äußerte die UN-Sonderberichterstatterin über die Unabhängigkeit von Richtern und Anwälten die Sorge, steigende Gerichts- und Anwaltskosten könnten dazu führen, dass Menschen, die aufgrund der Wirtschaftskrise in Armut lebten, nicht zu ihrem Recht kämen. Das Verfassungsgericht urteilte, dass einige Sparmaßnahmen der Regierung, die sich auf wirtschaftliche und soziale Rechte aus-wirkten, verfassungswidrig seien.

Folter und andere Misshandlungen

Es gingen Berichte über exzessive und unnötige Gewaltanwendung durch die Polizei ein. Die Bedingungen in den Gefängnissen waren nach wie vor unzureichend.

Im Mai 2015 wurde ein Polizeibeamter dabei gefilmt, wie er am Fußballstadion von Guimarães einen Mann verprügelte - vor den Augen der beiden Kinder und des Vaters des Opfers. Das Video zeigt einen Polizeibeamten, der einen offenbar friedlichen Fußballfan zu Boden stößt und ihn mehrfach mit einem Schlagstock traktiert, während die Kinder zurückgehalten werden. Außerdem ist zu sehen, wie derselbe Beamte dem Vater des Opfers zweimal ins Gesicht schlägt, als dieser versucht, die Prügel zu stoppen. Nach Angaben des Innenministeriums wurde der Beamte für 90 Tage vom Dienst suspendiert, und es wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet.

Flüchtlinge und Asylsuchende

Von den 44 Flüchtlingen, die 2014 im Rahmen des Resettlement-Programms nach Portugal kommen sollten, befanden sich 2015 erst 39 im Land. Von den Flüchtlingen, die für 2015 ausgewählt wurden, war bis zum Jahresende noch keiner eingetroffen. Außerdem sagte Portugal zu, im Rahmen des Umverteilungsprogramms innerhalb der EU in den kommenden zwei Jahren 4574 Asylsuchende aufzunehmen, die in Italien und Griechenland angekommen waren. Ende des Jahres waren aber erst 24 Personen umverteilt worden.

Nach Angaben des portugiesischen Flüchtlingsrats war das Aufnahmezentrum für Flüchtlinge in der Hauptstadt Lissabon nach wie vor überfüllt.

Diskriminierung

Roma
Aus mehreren Orten wurde über die Diskriminierung von Roma berichtet.
Im Juli 2015 verbot der Bürgermeister von Estremoz Angehörigen der Roma aus dem Viertel Quintinhas die Nutzung städtischer Badeeinrichtungen, nachdem Bewohner dieses Viertels für Zerstörungen verantwortlich gemacht worden waren. Die Kommission für Gleichstellung und gegen Rassendiskriminierung legte Rechtsmittel gegen die Entscheidung ein. Ende 2015 war darüber noch nicht entschieden.

Personen afrikanischer Herkunft
Es gab nach wie vor Berichte über rassistische Diskriminierung und unnötigen Gewalteinsatz der Polizei gegenüber Personen afrikanischer Herkunft.

Im Februar 2015 berichteten fünf junge Männer afrikanischer Herkunft, sie seien auf der Polizeiwache in Alfragide von Beamten geschlagen und rassistisch beschimpft worden, nachdem sie sich über die exzessive Anwendung von Gewalt bei einer Festnahme im Viertel Alto da Cova da Moura beschwert hatten, die am selben Tag stattgefunden hatte. Ihre Verletzungen wurden medizinisch behandelt. Sie erhielten Anklagen wegen Widerstands und Nötigung eines Beamten. Die Ermittlungen zu den Misshandlungsvorwürfen waren Ende 2015 noch nicht abgeschlossen.

Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgeschlechtlichen und Intersexuellen

Im Dezember 2015 wurde ein neues Gesetz verabschiedet, das es gleichgeschlechtlichen Paaren erlaubt, Kinder zu adoptieren.

Gewalt gegen Frauen und Mädchen

Nach Angaben der NGO União de Mulheres Alternativa e Resposta wurden bis 20. November 2015 insgesamt 27 Frauen getötet; außerdem gab es 33 versuchte Morde. Die Täter waren zumeist Personen, zu denen die Frauen eine enge Beziehung hatten.

Einer Studie der Universität Lissabon vom Juli 2015 zufolge lebten in Portugal schätzungsweise 1830 Mädchen, die entweder Opfer weiblicher Genitalverstümmelung geworden waren oder denen diese drohte. Durch eine gesetzliche Neuregelung, die im September 2015 in Kraft trat, wurde weibliche Genitalverstümmelung als eigener Straftatbestand in das Strafgesetzbuch aufgenommen.

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