Amnesty International Report 2010 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte

Amtliche Bezeichnung: Republik Österreich
Staatsoberhaupt: Heinz Fischer
Regierungschef: Werner Faymann
Todesstrafe: für alle Straftaten abgeschafft
Einwohner: 8,4 Mio.
Lebenserwartung: 79,9 Jahre
Kindersterblichkeit (m/w): 6/5 pro 1000 Lebendgeburten

Im Jahr 2009 wurden erneut Vorwürfe über Misshandlungen und Rassismus durch Polizeibeamte laut. Die Behörden verletzten und untergruben die Rechte von Asylsuchenden und Migranten.

Rassismus

Österreichische Einwohner nicht weißer Hautfarbe wurden im Verhältnis zu Österreichern weißer Hautfarbe eher einer Straftat verdächtigt und von der Polizei misshandelt. In Fällen, in denen Angehörige ethnischer Minderheiten Vorwürfe über Misshandlungen durch die Polizei erhoben, reagierten oft weder die Polizei noch die Justizbehörden in angemessener Weise. So wurden Beschwerden nicht ordnungsgemäß untersucht, Polizisten selten strafrechtlich verfolgt und nur mit geringen Strafen belegt.

  • Als Reaktion auf einen Anstieg von Einbrüchen führte die Wiener Polizei aufgrund einer Weisung zwischen April und Mitte 2009 eine groß angelegte Aktion gegen Personen aufgrund ihrer ethnischen Herkunft durch. Es wurden alle Haushalte mit georgischen oder moldawischen Personen aufgesucht und die Anwesenden ohne Vorliegen eines konkreten Verdachts kontrolliert und befragt, um zu ermitteln, ob sie potentielles Diebesgut oder Einbruchswerkzeuge besaßen.

Folter und andere Misshandlungen

Die Behörden setzten weiterhin die Schutzmaßnahmen gegen Folter und Misshandlungen nicht um.

  • Das Folteropfer Bakary J., ein gambischer Staatsbürger, hatte Ende 2009 noch immer keine Entschädigung oder eine andere Form der Rehabilitation erhalten. Er war 2006 von drei Polizisten gefoltert worden und befand sich immer noch in Gefahr, abgeschoben zu werden, weil er sich ohne Aufenthaltstitel in Österreich aufhielt. Am 20. November entschied die Disziplinar-Oberkommission, zwei Polizisten, die an dem Fall beteiligt waren, aus dem Dienst zu entlassen. Ein dritter Polizist, der inzwischen pensioniert ist, verlor alle aus dem Dienstverhältnis stammenden Rechte und Ansprüche.

Polizei und Sicherheitskräfte

Nach wie vor gingen Berichte über Menschenrechtsverletzungen und exzessive Gewaltanwendung durch Beamte mit Polizeibefugnissen ein. Die Behörden untersuchten weder diese Fälle noch verhängte sie internationalen Standards entsprechende Strafen, was zu einem hohen Maß an Straflosigkeit führte.

  • Nach einem Einbruch in der niederösterreichischen Stadt Krems starb im August 2009 der 14-jährige Florian P., und ein 17-Jähriger wurde schwer verletzt, nachdem zwei Polizisten auf sie geschossen haben sollen. Eine unverzügliche und unparteiische Untersuchung wurde nicht durchgeführt. Die beteiligten Polizisten wurden erst einige Tage darauf von Kollegen - und nicht wie gesetzlich vorgesehen von der Staatsanwaltschaft - befragt. Im September kam ein von der Staatsanwaltschaft bestellter Experte zu dem Schluss, dass die Aussage eines der Polizisten über den Vorfall in höchstem Maße fehlerhaft war, was zu Verzögerungen bei den Ermittlungen führte. Der 17-jährige Tatverdächtige wurde trotz seiner Verletzungen umgehend im Krankenhaus verhört und dabei sein Recht auf Anwesenheit einer Vertrauensperson während der Befragung verletzt. Ende 2009 waren die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen.
  • Am 13. Januar 2009 wurde der tschetschenische Konventionsflüchtling Umar Israilov in Wien getötet. Bei den Tätern soll es sich um Tschetschenen gehandelt haben. Umar Israilov hatte öffentlich erklärt, in Tschetschenien von Präsident Ramsan Kadirow und seinen Sicherheitskräften gefoltert worden zu sein, und wegen der Folterungen 2006 beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Klage eingereicht. Sein Anwalt hatte der Polizei die genauen Einzelheiten des Falls geschildert und wiederholt Schutzmaßnahmen beantragt, aber die Behörden leiteten keine angemessenen Schritte ein.

Flüchtlinge, Asylsuchende und Migranten

Am 21. Oktober verabschiedete das Parlament eine Novelle des Asyl- und Fremdenpolizeigesetzes. Die neuen Bestimmungen, die am 1. Januar 2010 in Kraft treten, sehen weit mehr Fälle vor, in denen Asylsuchende inhaftiert werden müssen. Dies stellt einen Verstoß gegen internationale Menschenrechtsstandards dar. Das Innenministerium kündigte nahezu alle Verträge mit unabhängigen NGOs, die Rechtsberatung für Asylsuchende leisten. Dadurch wird für Asylbewerber die Möglichkeit, Asyl bzw. internationalen Schutz zu erhalten und die Gründe für eine Inhaftierung oder Abschiebung rechtlich anzufechten, eingeschränkt.

Amnesty International: Mission und Bericht

Ein Delegierter von Amnesty International besuchte Österreich im April.

Austria: Victim or Suspect - A question of colour: racial discrimination in the Austrian justice system (EUR 13/002/2009)

© Amnesty International

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