a-6542 (ACC-KGZ-6542)
Nach einer Recherche in unserer Länderdokumentation und im Internet können wir Ihnen zu oben genannter Fragestellung Materialien zur Verfügung stellen, die unter anderem folgende Informationen enthalten:
Im jüngsten Jahresbericht zur Religionsfreiheit in Kirgisistan, erschienen im September 2008, schreibt das US Department of State (USDOS), die Regierung sei besorgt über extremistische Gruppierungen, vor allem über den politischen Islam, deren AnhängerInnen sie als „Wahhabiten“ bezeichne. Nach Ansicht der Regierung seien radikale IslamistInnen besonders im Süden eine Bedrohung für die nationale Stabilität, auch ein Sturz der Regierung und die Einrichtung eines islamischen Kalifats würden befürchtet:
„The Government continued to express concern publicly about groups that it viewed as extremist because of either radical religious or political agendas. The Government was particularly concerned about the threat of political Islam, whose followers (Islamists) it labels ‘Wahhabists.’ The Government perceives radical Islamists to be a threat to national stability, particularly in the south (where there were armed incursions in 1999, 2000, and 2006) and fears that they seek to overthrow the Government and establish an Islamic caliphate.” (USDOS, 19. September 2008, Sec. II)
Im Februar 2008 schreibt das Institute for War and Peace Reporting (IWPR) über ein neues Gesetz zur Regelung religiöser Gruppierungen in Kirgisistan und dessen Auswirkungen auf die Religionsfreiheit vor allem von ChristInnen. IWPR zitiert einen Parlamentsabgeordneten, der dazu meint, die bisherige kirgisischen Gesetzgebung sei so locker gewesen, dass es die nationale Sicherheit gefährdet habe, und das neue Gesetz sei ein wichtiger Beitrag zur Eindämmung der Verbreitung von muslimischen extremistischen Gruppierungen wie Hizb-ut-Tahrir, Wahhabi und Akromia:
“Member of parliament Rashid Tagaev disagrees with critics of the bill, saying Kyrgyz legislation to date has been lax to the point where it endangers national security. He argues that the law will be a useful instrument for preventing the rise of Muslim extremist groups. ‘Allowing ten people to get together and start a religious organisation is very wrong,’ he said. ‘Without tighter control we will have a growing number of Hizb-ut-Tahrir, Wahhabi and Akromia members,’ said Tagaev, referring to various strands of radical Islam identified as dangerous by the authorities. ‘Why should we allow them to flourish?’” (IWPR, 13. Februar 2008)
Die Jamestown Foundation veröffentlicht auf ihrer Website eine Zusammenfassung eines Vortrags des Journalisten und Kriegsberichterstatters Igor Rotar im Jänner 2007 zum Thema Islamismus und Religionsfreiheit in Zentralasien. Nach Rotars Analyse gebe es in der Region drei wesentliche Bewegungen, die religiösen Radikalismus verbreiten würden - Hizb-ut-Tahrir, Akramiya und Wahhabismus. Der Süden Kirgisistans werde zunehmend radikaler, und die Regierungen Zentralasiens würden Wahhabismus als eine derartige Bedrohung einschätzen, dass sie zum Ausgleich Sufismus unterstützen würden. Trotz der Tendenzen zur Radikalisierung wolle der Großteil der zentralasiatischen Bevölkerung nicht in einem islamischen Staat leben. Staatliche Repressionen könnten laut Rotar die Popularität radikaler muslimischer Gruppierungen erhöhen und in den Untergrund treiben. Die Radikalisierung des südlichen Kirgisistan zeige sich etwa darin, dass dort heute etwa 30 Prozent der Frauen den Hijab tragen würden, was noch vor zehn Jahren sehr selten gewesen sei:
“Rotar's talk analyzed the critical issues affecting Central Asia, which includes China's Xinjiang province:
- There are three primary movements that are expanding religious radicalism in the region: Hizb-ut-Tahrir, Akramiya and Wahhabism.
- Muslim converts to Christianity are not accepted by the population in the region.
- Southern Kyrgyzstan is becoming increasingly radicalized.
- Governments in the region consider Wahhabism to be such a threat that they support Sufism as a balancing force. China, however, continues to prohibit Sufism and Sufi literature and is one of the most stringent governments in the region in suppressing it.
- Despite radicalization trends, most of the population in Central Asia is secular and does not wish to live under an Islamic state.
- Government repression may increase the popularity of these radical Muslim groups and push them underground. […]
More concerning to Rotar is the fact that Central Asia is becoming increasingly radicalized. To demonstrate the trends in the region, Rotar noted that 10 years ago in southern Kyrgyzstan, there were very few women who wore the hijab; today, approximately 30 percent of women wear the hijab. The three main forces that are behind this radicalization process are Hizb-ut-Tahrir, Akramiya and Wahhabism.” (The Jamestown Foundation, 12. Jänner 2007)
Der Diplomatic Courier mit Sitz in Washington DC, der vierteljährlich als Printausgabe erscheint, enthält auf seiner täglich mit weltweiten Nachrichten versehenen Website einen Beitrag vom Dezember 2008 über das verschärfte Vorgehen der kirgisischen Regierung gegen radikale IslamistInnen. Sie folge damit anderen zentralasiatischen Regierungen und erhoffe sich davon eine Verbesserung der Sicherheitslage. Eine radikal-islamistische Bewegung, die Hizb-ut-Tahrir, habe eine lange Tradition in Kirgisistan. Die Regierung habe sie manchmal verfolgt, manchmal nicht. Anscheinend hätten neue Maßnahmen gegen IslamistInnen radikale Gruppierungen wie die Hizb-ut-Tahrir zu mehr Aktivität angetrieben:
“The Kyrgyz government is following in the footsteps of other Central Asian governments and is cracking down on Islamists. Taking a tougher stance on violence, protests, unregistered and registered religious groups, and Islamists in general, the Kyrgyz government believes it is increasing its security. […]
The Hizb-ut-Tahrir has a long history in Kyrgyzstan. Kyrgyz policy on the group has often fluctuated from overlooking the group to strongly opposing it. The stepping up of security in Kyrgyzstan regarding the HT is due to the enhanced activity in the region, and Kyrgyztan itself. As previously reported at the Diplomatic Courier, newfound measures against Islamists including the Hizb-ut-Tahrir may push them to become more active. Indeed, this seems to have been the case. Feelings of oppression and discrimination are fueling factors in the HT’s activities.” (Diplomatic Courier, 17. Dezember 2008)
Auf Ferghana.ru, einer Nachrichten-Website mit Schwerpunkt Zentralasien, ist ein Artikel des oben schon erwähnten Zentralasien-Spezialisten Igor Rotar vom Februar 2007 über die rasante Verbreitung radikalislamischer Organisationen in Zentralasien veröffentlicht. Vor allem im Ferghana-Tal lebe ein großer Teil der Bevölkerung schon nach der Scharia, was auch die Behörden zugeben würden. Ein Vertreter der kirgisischen Regierung habe angegeben, dass man die Bezeichnungen vieler neuer radikaler Gruppierungen nicht kenne.
Es sei unwahrscheinlich, dass die Regierungen dieses Problem in nächster Zeit lösen würden, das durch mehrere Faktoren wie rechtliches Vakuum und extreme Armut verstärkt werde. Andererseits sei es auch unrealistisch, dass sich ein islamischer Staat in der großteils säkularen Bevölkerung durchsetzen könne, wenn auch radikale IslamistInnen aufgrund ihrer guten Organisation und ihrer Tatkraft durchaus in der Lage seien, die Verhältnisse zu destabilisieren:
[Russisches Zitat entfernt]
Diese Informationen beruhen auf einer zeitlich begrenzten Recherche in öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD derzeit zur Verfügung stehen. Diese Antwort stellt keine Meinung zum Inhalt eines bestimmten Ansuchens um Asyl oder anderen internationalen Schutz dar. Wir empfehlen, die verwendeten Materialien zur Gänze durchzusehen.
Quellen: