Anfragebeantwortung zur Russischen Föderation: 1) Tschetschenien: Lage von Frauen, die sich nach strengeren muslimischen Kleidervorschriften richten (Kopftuch, schwarze Kleidung, Handschuhe); 2) Lage von Frauen, die sich nach strengeren muslimischen Kleidervorschriften richten, in Moskau; 3) Werden mit dem Ausdruck „Wahhabiten“ umgangssprachlich Freiheitskämpfer bezeichnet? [a-8287]

7. März 2013
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1) Tschetschenien: Lage von Frauen, die sich nach strengeren muslimischen Kleidervorschriften richten (Kopftuch, schwarze Kleidung, Handschuhe)
Die von den tschetschenischen Rebellen betriebene Website Kavkazcenter berichtet im Juni 2012, dass in der letzten Zeit Kadyrow nahestehende Personen vor allem in Grosny Frauen festnehmen würden, die schwarze Hidschabs oder Handschuhe tragen, ihr Kinn mit einem Schal bedecken, oder den Hidschab in „unweiblicher Art und Weise“ tragen würden. Die Farbe schwarz sei für die „vom Glauben Abgefallenen“, wie die Anhänger Kadyrovs in dem Beitrag bezeichnet werden, wie ein rotes Tuch für einen Stier. Bisher habe man Frauen, die sich nach den Vorschriften der Sunna gekleidet hätten, nur feindselig gegenüber gestanden und es habe nur vereinzelt Verhaftungen gegeben. In den letzten Tagen seien aber Dutzende Mädchen und Frauen verhaftet worden, die einen „falschen“ Hidschab getragen hätten. Man haben Gespräche mit ihnen geführt und Repressalien angedroht, sollten sich die Frauen wie „Wahhabiten“ anziehen:
„War of apostates against women's hijab has recently dramatically increased in province of Nokhchicho (aka Chechnya/Ichkeria). Gangs of polytheists, headed by Kadyrov's personal Mullah, Adam Shahidov, scour the towns of Chechnya, especially in capital Jokhar, in search of girls wearing ‚Wahhabi’ hijabs. Detained are not only girls and women wearing black hijab (generally, this color for the apostates is like a red rag to a bull), but also those who wear gloves or cover chin with a scarf or as apostates argue their claims – ‚wear the hijab in a non-feminine way’. […]
Local residents are wondering what aggravated the anti-hijab paranoia of head of apostates Kadyrov. So far, though Kadyrovites looked at the girls, dressed as it should be in Sunnah, with hostility, but did not attempt mass arrests, except in individual cases. In the last few days dozens of girls and women have been captured, who according to the apostates, were wearing ‘wrong’ hijab. They conduct ‘awareness’ talks with the girls and threatened with represals if they will dress as a ‘Wahhabi’.“ (Kavkazcenter, 24. Juni 2012)
Die Jamestown Foundation bezieht sich im einem Artikel vom Juli 2012 auf Informationen der Seite checheniainfo.com, laut denen weibliche Studierende und Lehrende höhere Bildungsanstalten nur mehr mit Kopftüchern betreten dürften. Gleichzeitig hätten aber Versuche, schwarze Hidschabs wie in Saudi-Arabien oder Iran zu tragen, zu Protesten seitens Ramsan Kadyrow geführt. Er habe gefordert, diese Praxis zu beenden. Die Website checheniainfo.com wird nicht mehr betrieben, daher konnte während der Recherche nicht auf den angegebenen Artikel zugegriffen werden:
„Female students and professors are not allowed to enter the premises of Chechen higher educational institutions without wearing headscarves. At the same time, attempts to wear the black hijab like those worn by Saudis and Iranians have provoked an outcry from Chechen leader Ramzan Kadyrov, who has demanded an end to this practice (http://checheniainfo.com/news/119/ARTICLE/1447/2012-06-29.html).“ (Jamestown Foundation, 12. Juli 2012)
Das von der russischen Menschenrechtsorganisation betriebene Internetportal Kawkaski Usel berichtet im Februar 2013, dass eine regionale Organisation mit dem Namen „Iman“ kostenlos Hidschabs in Grosny verteilt habe. AktivistInnen der Organisation würden auch Gespräche mit den Eltern von Mädchen und jungen Frauen führen, die gegen das Tragen eines Hidschabs seien. Eine Einwohnerin von Grosny habe Kawkaski Usel gegenüber geäußert, dass sie es als unangenehm empfinde, auf den Straßen Frauen mit dem Hidschab zu sehen, vor allem wenn er schwarz sei. Außerdem sei interessant, dass die Machthaber einerseits fordern würden, dass Frauen muslimische Kleidung tragen sollten, dass aber andererseits dieselben Machthaber Frauen eben wegen der Hidschabs auf der Straße verhaften, erniedrigen und beleidigen lassen würden:
„Бесплатная раздача хиджабов проходит в Грозном по инициативе региональной общественной организацией ‚Иман‘. Акция длится с 5 по 9 февраля. […] Активистки клуба ‚Иман‘ в рамках акции ‚Покорись воле Создателя‘ проводят также встречи и беседы с родителями тех девушек и молодых женщин, родители которых выступают против ношения ими хиджабов. […]
Другую точку зрения выразила местная жительница Петимат У. ‚Мне лично неприятно видеть на улицах девушек в этих балахонах, называемых хиджабами, тем более черных, закутанных в огромные платки, - поделилась она. […] И что самое интересное, власть то требует, чтобы девушки носили мусульманскую одежду, то за эти же самые хиджабы девушек хватают на улицах, унижают и оскорбляют те же самые представители власти‘.” (Kawkaski Usel, 9. Februar 2013)
In dem Forum straschnoje mesto (deutsch: schrecklicher Platz), zu dem keine weiteren Informationen gefunden werden konnten, findet sich unter einem Beitrag vom 3. Februar 2013 der Kommentar eines Users mit dem Nickname evgen vom 4. Februar 2013. Er äußert die Meinung, dass Wahhabiten Kadyrows Vater umgebracht hätten, weshalb er alles zu vernichten versuche, was auch nur im Entferntesten mit Wahhabismus zu tun habe. Schwarze Kleidung und schwarze Kopftücher, das sei Wahhabismus. Wahhabiten würden den Koran ja sehr wörtlich auslegen. Im Koran stünde, dass die Frau der Schatten des Mannes sei, weshalb die Wahhabiten sagen würden, dass ein Schatten schwarz sei und Frauen daher schwarze Kleider tragen müssten. Im Koran würde jedoch nirgendwo die Farbe der Kleider von Frauen erwähnt. In Saudi-Arabien seien die Frauen ganz in schwarz gekleidet. Das sei Wahhabismus:
„evgen 4.2.2013 16:07
Ольга, ваххабиты убили отца Кадырова и он ярый противник ваххабизма.Он выкорчёвывает все, что хоть чуток связано с ваххабизмом. Чёрная одежда у женщин и чёрные платки, это именно ваххабизм. Ведь они очень дословно толкуют Коран. Сказано, что женщина это тень мужчины и эти ребята говорят, что тень чёрная и женщины должны ходить в чёрном, хотя в Коране нет и близко упоминания цвета одежды для женщин. Поглядите как одеваются женщины в Саудии. Они ведь сплошь в чёрном. Вот это ваххабизм.” (Forum straschnoje mesto, 4. Februar 2013)
Das US Department of State (USDOS) erwähnt in seinem im Juli 2012 veröffentlichten Jahresbericht zur Religionsfreiheit in Russland, dass Mufti Sultan Mirsajew, der geistliche Führer Tschetscheniens, gefordert habe, dass Frauen sich züchtig kleiden und nur ihre Gesichter und Hände zeigen sollten. Den Forderungen des Muftis werde wegen seines Status innerhalb der muslimischen Gemeinde und wegen seiner engen Beziehung zu Ramsan Kadyrow üblicherweise Folge geleistet:
„Additionally, in February, Mufti Sultan Mirzayev, the spiritual leader of Chechnya, requested that women dress more ‘modestly’ and only show their face and hands. While his requests carry no legal weight, they are generally followed due to his status within the Muslim community and his close relationship with Chechnya’s leader, Ramzan Kadyrov.“ (USDOS, 30. Juli 2012, Section II)
Das Journal Samosaschtschita (deutsch: Selbstverteidigung) veröffentlicht im Jahr 2010 den Bericht eines Journalisten, der verschiedene Republiken im Nordkaukasus bereist hat. Bei Kabardino-Balkarien wird erwähnt, dass Männer mit Bärten in Naltschik verhaftet und lange und intensiv befragt würden. Es gebe auf den Straßen auch nur sehr wenige Frauen in den charakteristischen schwarzen Kleidern. Es gebe Frauen mit Hidschabs auf der Straße, und wenn der Hidschab nicht schwarz sei, dann würde man den Frauen mit Respekt begegnen. Sei der Hidschab aber schwarz, die Handgelenke der Frauen durch die Ärmel bedeckt und würden sie schwarze Handschuhe und Brillen tragen, dann würde diesen Frauen erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt:
„Кабардино-Балкария. Спящая красавица. 6–10 сентября […]
Но в целом боевикам живется здесь тяжело. Если, например, на улицах Нальчика появится бородатый мужчина, то его сразу заберут в отдел милиции и будут долго, с пристрастием допрашивать. Бороды там не носят. Равно как и крайне мало женщин в характерных черных нарядах. В Нальчике запросто можно встретить девушку с непокрытой головой, открытыми руками и в мини, хотя чаще там носят юбки до колена. Встречаются женщины в хиджабах, и если он не черный, то на нее посмотрят с уважением. Но если хиджаб черный, рукава прикрывают запястья, надеты черные перчатки и очки — к такой женщине будет повышенное внимание.“ (Samosaschtschita, 2010)
2) Lage von Frauen, die sich nach strengeren muslimischen Kleidervorschriften richten, in Moskau
In der Stellungnahme des beratenden Ausschusses des Europarats vom Juli 2012 zum Staatenbericht zum Schutz nationaler Minderheiten (CoE-FCNM) wird erwähnt, dass die Anzahl der rassistisch motivierten Verbrechen 2011 zurückgegangen sei. Die Anzahl der rassistisch motivierten Angriffe, darunter auch physische Gewalt und Mord, sei aber weiterhin sehr hoch und es werde weiterhin von anhaltenden Feindseligkeiten gegen einige Gruppen berichtet. Unter anderem Personen aus dem Kaukasus würden zu Zielen rassistischer Gewalt. Zwischen Jänner und September 2011 seien mindestens 16 Personen getötet und 90 Personen durch rassistische Gewalt verletzt worden. Es sei auch von häufigen Feindseligkeiten gegenüber MuslimInnen berichtet worden. Diese dürften seit den Bombenangriffen in der Moskauer U-Bahn 2010 vermehrt auftreten, vor allem gegenüber Frauen, die einen Hidschab tragen würden:
„89. The Advisory Committee also welcomes the fact that, according to official and nongovernmental sources, the number of racially-motivated crimes started to decrease in 2011, following a peak in 2008. […]
90. However, the number of racially-motivated offences, including numerous instances of physical violence and murders, remains very high and persisting manifestations of hostility against persons belonging to some groups continue to be frequently reported, which is of deep concern to the Advisory Committee. Persons originating from Central Asia, the Caucasus, Africa or Asia, as well as Roma are particularly targeted by racist violence. No less than 16 persons were killed between January and September 2011 and 90 injured as a result of racist violence in 25 regions of the Russian Federation. […]
91. Frequent expressions of hostility against Muslims have also been reported to the Advisory Committee; they appear to have increased since the bombings in the Moscow metro in 2010, particularly against women wearing a hijab (see also remarks below). […]
151. The Advisory Committee is concerned by reports indicating a multiplication of racist insults and attacks against persons wearing Muslim clothes, in particular women wearing a hijab and men wearing a beard (see also remarks under Article 6 on Islamophobia above).“ (CoE-FCNM, 25. Juli 2012, S. 24-36)
Die russische Tageszeitung Moskowski Komsomoljez (MK) veröffentlicht im Februar 2012 eine Reportage von Journalistinnen, die sich wie radikale Musliminnen gekleidet und in Moskau die Reaktionen der Menschen getestet haben. Laut ihren Erfahrungen würden in Moskau keine Nikabs getragen. Eine Verkäuferin muslimischer Kleidung habe ihnen versichert, dass das nicht üblich und auch gefährlich sei. Es habe Fälle gegeben, in denen Musliminnen wegen Nikabs geschlagen worden seien. Man habe die Journalistinnen gewarnt, dass das Tragen von Nikabs ein Risiko sei. Sie hätten dem keinen Glauben geschenkt, aber glücklicherweise eine Schutzperson während ihrer Recherchen dabeigehabt:
„Корреспондентки ‚МК‘ прошлись по Москве в облачении радикальных мусульманок, изучая реакцию окружающих и свои внутренние ощущения
Мы просто надели никабы, но в одну секунду оказались в другом мире, закрытом от славян. […]
А еще они не ходят в никабах. В Москве это не принято и, более того, опасно. Так уверяла нас продавец мусульманской одежды, молодая женщина по имени Марьям. ‚Были случаи, когда сестер по вере за это били! — воскликнула она, узнав, что задача репортажа — понять, как ощущает себя правоверная мусульманка в российской столице и что чувствуют немусульмане, оказавшись рядом с женщиной, у которой лицо закрыто черным платком. — Поверьте мне, вы очень рискуете!‘ Мы не поверили... Благо нам редакция для выполнения спецзадания выделила охрану.“ (MK, 11. Februar 2011)
Die englischsprachige russische Wochenzeitung The St. Petersburg Times berichtet im Februar 2011, dass es nach den Bombenanschlägen in der Moskauer U-Bahn im März 2010 Warnungen im Radio gegeben habe, dass Frauen mit einer muslimischen Kopfbedeckung in der Öffentlichkeit verbalen oder physischen Angriffen ausgesetzt sein könnten. Diese Warnungen seien nicht grundlos gewesen, da es einige Stunden nach dem Bombenanschlag zu mehreren Vorfällen gekommen sei, die durch Hass motiviert gewesen seien. Durch die Attentate radikaler Islamisten sei das Tragen eines Hidschabs eine tägliche Herausforderung für Frauen. Frauen, die sich für den Hidschab entscheiden würden, würden die gelegentlich auftretenden Schikanierungen hinnehmen. Eine Sprecherin des russischen Mufti-Rats habe geäußert, dass sich das Verhältnis zu Frauen, die einen Hidschab tragen würden, verschlechtert habe, da der Islam oft mit Terrorismus in Verbindung gebracht werde. Sie selbst sei aber nie von der Polizei angehalten oder von anderen Personen beleidigt worden. Laut Alexander Werchowski, dem Direktor des Sowa-Zentrums für die Erforschung von Nationalismus und Xenophobie, beschränke sich die Anzahl der Angriffe auf Frauen mit Hidschab auf einige wenige. Nach den Anschlägen in der Moskauer U-Bahn habe es einen gewissen Anstieg an Intoleranz gegenüber Frauen mit „islamischem Aussehen“ gegeben:
„After twin attacks by female suicide bombers killed 40 people in the Moscow metro last March, media reports warned that women sporting a Muslim headdress in public may face verbal or even physical attacks. The warnings were far from baseless, as several hate-related incidents took place hours after the bombing. One saw angry passengers throwing two scarf-wearing women off a metro train. Attacks associated with radical Islamists make wearing a hijab — the piece of female attire that covers the head and is obligated by the religion — an everyday challenge for female Muslims in Moscow. But most who make the decision to follow Islam’s guidelines put up with occasional harassment — and rights activists say Muscovites may actually be growing more tolerant toward women in hijabs. […]
A spokeswoman for the Russian Council of Muftis, Gulnur-Khanum Gaziyeva, said that ‘in Russia, the attitude has recently become more negative to women wearing the hijab because Islam is often associated with terrorism.’ But Gaziyeva admitted that she personally did not feel any pressure. ‘The police don’t stop me, and people around me don’t insult me,’ Gaziyeva, who wears a hijab and a long-sleeve dress, told The St. Petersburg Times. ‘I believe that a lot depends on my own inner attitude.’ The number of attacks on hijab-wearing women is limited to ‘a few cases a year,’ said Alexander Verkhovsky, head of the Sova xenophobia watchdog. ‘Most of the attackers are not radicals, but just mentally unbalanced individuals,’ Verkhovsky said. Gaziyeva and Akhilgova also said people who react inappropriately to the hijab are driven by stereotypes, often generated by the media. Gaziyeva added that ‘terrorism has no nation and no religion.’ […]
Sova watchdog’s Verkhovsky said the metro bombings were followed by a certain surge in intolerance toward women with an ‘Islamic’ appearance. Even one native of Armenia, a country in the Caucasus with a predominantly Christian population, was reportedly attacked. “ (The St. Petersburg Times, 22. Februar 2011)
Die russische Zeitung Pravda berichtet im März 2010, dass zwei Frauen, die muslimische Kleidung getragen hätten, in Moskau nach den Terroranschlägen in der U-Bahn angegriffen und geschlagen worden seien:
„Two women dressed in Muslim clothing were attacked and beaten in Moscow after the terrorist acts in the subway, eyewitnesses said. There is no official confirmation to this information: an eyewitness of the incident said that there were no police officers nearby at the moment. Two women wearing headscarves got on a train at the Avtozavodskaya station. One of the passengers in the carriage attacked the women after the train started moving. The man literally kicked the two women out when the train stopped at the next station. Other passengers did not show any reaction to what was happening in the carriage, Interfax reports. A similar incident took place at another subway station, in a different part of the city. A group young Muslim-looking men entered a train at the Kuntsevskaya station. Several Slavic-looking male passengers in the carriage asked them to open their bags. The men started fighting, and they were all arrested after the train stopped at the next station.“ (Pravda, 29. März 2010)
In den ACCORD derzeit zur Verfügung stehenden Quellen konnten im Rahmen der zeitlich begrenzten Recherche keine weiteren Informationen zur Lage von Frauen in Moskau, die sich nach strengeren muslimischen Kleidervorschriften richten, gefunden werden. Die folgenden Quellen beschäftigen sich unter anderem allgemein mit der Lage von MuslimInnen in der Russischen Föderation:
3) Werden mit dem Ausdruck „Wahhabiten“ umgangssprachlich Freiheitskämpfer bezeichnet?
Das Center for Strategic and International Studies (CSIS) erläutert in einem im Jänner 2013 veröffentlichten Bericht, dass in den russischen Massenmedien und der öffentlichen Meinung und sogar unter Experten der Begriff „Wahhabismus“ als nichttraditioneller Trend bei den russischen Muslimen interpretiert werde; der mit einer religiösen Radikalisierung und Saudi-Arabien im Speziellen und ausländische Einflüsse im Allgemeinen in Zusammenhang stünde. Unter den Kritikern des Wahhabismus im Nordkaukasus habe sich das Wort „Wahhabit“ eingebürgert, das synonym zu Terrorist verwendet werde:
„In Russian mass media and public opinion, and even among experts, the concept of Wahhabism is usually interpreted as a nontraditional trend for Russia’s Muslims related to religious radicalism and to Saudi Arabia in particular and foreign influences in general. Among the critics of Wahhabism in the republics of the North Caucasus a special word arose: ‘Wahhabist,’ which they use interchangeably with ‘terrorist.’“ (CSIS, Jänner 2013, S. 1)
Swetlana Gannuschkina von der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial erläuterte im Februar 2012 während eines von ACCORD organisierten COI-Workshops zum Thema Frauen in Tschetschenien Folgendes zu den Wahhabiten:
„Um Kadyrows Verhältnis zu den Wahhabiten zu verdeutlichen, möchte ich ein fast wörtliches Zitat anführen: ‚Wenn irgendjemand an Wahhabismus denkt, oder wenn jemand auch nur nach Wahhabismus riecht, dann werden wir ihn einfach mitnehmen und umbringen. Wir werden diese Leute nicht an ein Gericht übergeben.‘ Das sagte Kadyrow zu Personen, die er versammelt hatte, weil er den Verdacht hegte, dass sich ihre Kinder den Rebellen angeschlossen hatten, ‚in den Wald‘ oder ‚in die Berge‘ gegangen waren. Seine Aussage bedeutet also, dass die Kinder, wenn die Eltern sie zurückholen sollten, umgebracht werden, was natürlich nicht gerade ein verlockendes Angebot ist und die Leute nicht dazu bringt, wieder ‚aus dem Wald‘ zu kommen.” (ACCORD, 4. Juli 2012, S. 25)
Die International Crisis Group (ICG) erwähnt in einem im Oktober 2012 veröffentlichten Bericht, dass der Begriff „wahhabitisch“ heute üblicherweise abwertend für Hanbaliten verwendet werde. Salafistische Organisationen im Nordkaukasus würden diesen Begriff nie verwenden. Salafisten aus dem Nordkaukasus würden bestreiten, sich nur nach der hanbalitischen Rechtsschule zu richten. Ihrer Meinung nach sollte es nur eine Rechtsschule geben, die auf dem Koran und der Sunna basiere:
„The term ‘Wahhabi’ was used in the Soviet Union to designate dissident Islamic movements and is now commonly and pejoratively applied to all followers of the Hanbali school of law. Salafi organisations in the North Caucasus never use this term. North Caucasus Salafis generally deny they rely purely on the Hanbali school for guidance. They recognise the authority of the founders of madhhabs (schools) but say there should be only one school of law, based on the Quran and Sunnah.“ (ICG, 19. Oktober 2012, S. 4)
Die Jamestown Foundation erläutert im August 2012 mit Verweis auf die russische Tageszeitung RBK Daily, dass der Ausdruck „Wahhabiten“ üblicherweise für Personen gebraucht werde, die den „sogenannten traditionellen Islam“ ablehnen würden, was ein Euphemismus für den Islam unter der totalen Kontrolle der Behörden sei:
„The term ‘Wahhabis’ is commonly used for people who oppose so-called ‘traditional’ Islam, which is a euphemism for Islam that is under the complete control of the authorities (www.rbcdaily.ru/2012/07/20/society/562949984362278).“ (Jamestown Foundation, 2. August 2012)
 
Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 7. März 2013)