Anfragebeantwortung zum Irak: wirtschaftliche Lage in der autonomen Region Kurdistan-Irak für RückkehrerInnen [a-10126-3 (10128)]

10. Mai 2017
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Wirtschaftliche Lage für RückkehrerInnen

Es konnten keine konkreten Informationen zur wirtschaftlichen Lage von RückkehrerInnen sowie etwaige Restriktionen bei deren Aufnahme einer Arbeitstätigkeit gefunden werden. Es wurden daher die IOM-Büros in Dohuk, Erbil und Sulaimaniya kontaktiert, bislang haben wir jedoch noch keine Antwort erhalten. Sollte noch eine Antwort bei uns einlangen, werden wir diese unverzüglich an Sie weiterleiten.

 

Im Folgenden finden Sie allgemeine Informationen zur wirtschaftlichen Lage und zur Arbeitslosigkeit in der Autonomen Region Kurdistan (ARK):

 

Das in der Autonomen Region Kurdistan ansässige kurdische Mediennetzwerk Rudaw berichtet im September 2016, dass mehr als ein Zehntel der Bevölkerung der Region Kurdistan unter der Armutsgrenze leben würde. Bis zu 680.000 Personen der geschätzten 5,5 Millionen Bewohner der Region würden von weniger als 87 US-Dollar [etwa 80 Euro] pro Monat leben, die nach Weltbank-Standard als Armutsgrenze für den Irak und die Region Kurdistan festgelegt worden seien. Die Arbeitslosigkeit habe sich seit 2010 beinah verdreifacht und sei von 4,8 auf 13,3 Prozent angestiegen. Laut Angaben des Ministeriums für Arbeit und soziale Angelegenheiten sei die reale Arbeitslosigkeit jedoch wahrscheinlich wesentlich größer. Laut Angaben des Statistikamtes in Erbil sei der dramatische Anstieg der Armut und der Arbeitslosigkeit zum Teil durch den Zustrom von 1,8 Millionen Flüchtlingen in die Region Kurdistan sowie durch die Finanzkrise bedingt, von der die Wirtschaft der Region seit dem Fall der Ölpreise und dem Krieg gegen die Gruppe Islamischer Staat (IS) bestimmt sei:

„More than one in ten people in the Kurdistan Region live below the poverty line despite robust economic reforms as overt unemployment rises to unprecedented levels since 2010, data from the Region's Statistics Office show. Nearly 680,000 people out of the estimated 5.5 million in the Region live on less than 105,000 Iraqi dinars (around $87) per month, which is the poverty line index in Iraq and Kurdistan according to World Bank standards. The extreme poverty is more widespread among larger families with many children and unemployed parents. […]

Overt unemployment has almost tripled since 2010 from 4.8 percent to 13.5, although the actual unemployment is likely to be considerably higher, according to the Ministry of Labour and Social Affairs, which is currently carrying out a reform plan in cooperation with the World Bank. […]

According to the office of statistics in Erbil, the dramatic rise of poverty and unemployment is partly due to the influx of 1.8 million refugees to the Kurdistan Region and the ongoing financial crunch that has gripped the Kurdish economy since the fall of oil prices and the start of the war against ISIS. (Rudaw, 10. September 2016)

Rudaw erwähnt in einem weiteren Artikel vom September 2016, dass die Arbeitslosigkeit in der Autonomen Region Kurdistan (ARK) 14 Prozent erreicht habe und unter Frauen und jungen Leuten noch höher liege. Die kurdische Regionalregierung habe Hilfe internationaler wirtschaftlicher Institutionen angefordert, um einen Reformplan zur Stärkung von Jobs im privaten Sektor umzusetzen. Das Planungsministerium der kurdischen Regionalregierung habe im Mai 2016 in Partnerschaft mit der Weltbank einen Dreijahresplan angekündigt, um die Wirtschaft anzukurbeln und die Finanzkrise zu überwinden, die die Region bereits seit mehr als zwei Jahren im Griff halte. Laut Angaben des Ministers für Arbeit und soziale Angelegenheiten der ARK, Mohammed Hawdyani, würden mehr als 53 Prozent der Einwohner Kurdistans ihren Lebensunterhalt aus dem staatlichen Sektor beziehen. Laut Hawdyani würden Statistiken aufzeigen, dass Sozialversicherungsgesetze in der ARK nicht erfolgreich gewesen seien. Der Reformplan der kurdischen Regionalregierung, der bis 2020 laufe, sehe vor, mehr Arbeitsplätze zu schaffen und einen Pensions- und Sozialversicherungsfonds für in der Privatwirtschaft Beschäftigte zu etablieren. Die Arbeitslosenrate sei höher unter Frauen und jungen Leuten. Bei Frauen liege sie bei 29,4 Prozent gegenüber 9,7 Prozent bei Männern. 24 Prozent der jungen kurdischen Männer zwischen 15 und 24 Jahren seien arbeitslos, gegenüber einem Anteil von 69 Prozent bei kurdischen Frauen im gleichen Alter:

„Unemployment in the Kurdistan Region has hit 14% and is much higher among women and youth. The Kurdistan Regional Government (KRG) has appealed for help from world economic bodies to implement an economic reform plan to boost private sector employment. ‘The unemployment, before in 2013, was 6.5%, which by world standards is reasonable. But in 2014 the rate increased to 14%,‘ Ali Sindi, the KRG’s minister of planning, said at the KRG Social Protection Strategic Framework conference in Erbil on Wednesday. The KRG ministry of planning announced a three-year reform plan in partnership with the World Bank in May to reboot the economy and overcome a severe financial crisis that has gripped the region for more than two years. […]

The three year strategic plan involves a boost to the private sector as the majority of the Kurdistan Region population relies on the public sector for an income. ‘53% of Kurdistan’s people rely on the public sector for their livelihood,‘ Mohammed Hawdyani, KRG minister of labor and social affairs, said at the conference on Wednesday. ‘The statistics show that the social security laws were not successful in Kurdistan,‘ Hawdyani added. The KRG reform plan was launched in May and will be implemented over 3 years, through to 2020. Via this plan, the KRG wants to create more job opportunities and establish a fund for paying pensions and social security for the private sector labor force. The unemployment rate has been increasing in the Kurdistan Region, especially among youth and women. According to statistics, the unemployment rate among women is 29.4% and among men is 9.7%. Among Kurdish youth between the ages of 15 and 24, the unemployment is 24% for men and 69% for women.“ (Rudaw, 21. September 2016)

Al-Monitor, eine auf Berichterstattung zum Nahen Osten spezialisierte Medienplattform, schreibt im Oktober 2016, dass tausende Staatsbedienstete, darunter insbesondere Lehrer und Universitätsprofessoren, am 30. September gegen die von der kurdischen Regionalregierung vorgenommenen Lohnkürzungen demonstriert hätten. Die Regierung habe bereits im September 2015 beschlossen, das Einkommen von Staatsbediensteten um 50 Prozent zu kürzen. Außerdem seien seit Juli 2016 keine Löhne mehr ausgezahlt worden. Manche Staatsbedienstete würden sich in einer sehr schwierigen Situation befinden. Laut Beobachtungen von Al-Monitor würden Wohnbauprojekte stillstehen. Kurdische Bürger würden keine Einkaufszentren mehr besuchen beziehungsweise seien diese bereits geschlossen. Es scheine, dass die schlechte Wirtschaftslage die kurdischen Bürger dazu bringe, nach alternativen Einkommensmöglichkeiten zu suchen. Dabei würden sie sich besonders auf Handel und Tourismus mit Arabern konzentrieren, die aus Bagdad und anderen Provinzen des Irak nach Kurdistan kommen würden:

„The president’s visit to Baghdad coincided with and was preceded by a series of protests in the region. Thousands of state employees - namely teachers and university professors - took to the streets Sept. 30 to protest a cut in salaries by the Kurdistan Region Government (KRG). The KRG had decided to cut the state employees’ salaries by 50% in September 2015, and they have not been paid what was left of their salaries since July. Some employees find themselves in a dire situation. […]

Al-Monitor has observed that dozens of housing projects have been put on hold and that Kurdish citizens are not frequenting shopping malls or that the malls are closed altogether. It appears that the worsening economic situation has prompted Kurdish citizens to search for alternative economic options, most importantly relying on trade and tourism with Arabs coming from Baghdad and other provinces in the country.“ (Al-Monitor, 5. Oktober 2016)

Kurdistan 24, eine Website mit Nachrichten zur Autonomen Region Kurdistan, berichtet im September 2016 ebenfalls, dass die Arbeitslosenrate in der ARK auf 14 Prozent angestiegen sei und 84 Prozent der arbeitenden Bevölkerung über keine Sozialversicherung verfügen würden. Laut Aussage des Ministers für Arbeit und soziale Angelegenheiten könne dies am mangelnden sozialen Bewusstsein oder einem Scheitern des Systems liegen:

„The rate of unemployment has increased to 14 percent in 2016, and 84 percent of Kurdistan Region workers have no social insurance, KRG officials said on Wednesday. He mentioned that only 16 percent of Kurdistan workers have their names in Kurdistan social insurance system while 84 percent remain out of the system. ‘The reason could be either the lack of social awareness or the failure of the system,‘ Labor and Social Affairs Minister added. He acknowledged that 53 percent of people in the Kurdistan Region are working in the public sector. He stated that they have a plan to strengthen the private sector.“ (Kurdistan 24, 21. September 2016)

Rudaw schreibt im April 2017, dass laut einer Studie des Planungsministeriums fast zwei Prozent der Bevölkerung der Region Kurdistan über nicht ausreichend Geld verfügen würden, um sich regelmäßig drei Mahlzeiten am Tag zu leisten. Laut Angaben des Leiters des Statistikbüros der ARK sei ein Grund für den Rückgang der Nahrungsmittelsicherheit in der Region, dass 52 Prozent der Beschäftigten Löhne erhalten würden, die im letzten Jahr im Rahmen der Sparpolitik drastisch reduziert worden seien. Die kurdische Regionalregierung habe die Löhne der 1,3 Millionen Staatsbediensteten um teilweise bis zu 50 Prozent gekürzt:

„Nearly 2 percent of the population in Kurdistan Region lack the financial resources to secure their three daily meals regularly, according to a recent survey conducted by the Ministry of Planning on food security in the country following the financial meltdown of the past three years. The survey also shows that the food security has worsened in recent years compared to the other provinces in Iraq where some 53 percent of the population have sufficient economic means to have three meals a day while the figure is around 38 percent for the Kurdistan Region. The figures show that only 1 percent of the Iraqis are unable to secure their meals. ‘One main reason behind the decline of food security in Kurdistan is that around 52 percent of the people are dependent on wages that have over the past year seen notable reductions,‘ said Sirwan Muhammad, head of the Kurdistan Region Office of Statistics. As part of the robust austerity measures aimed at offsetting the staggering budget deficit in 2016, the Kurdistan Regional Government (KRG) reduced the salaries of its nearly 1,3 million people on its payroll, some by nearly 50 percent or more.“ (Rudaw, 12. April 2017)

Die von einem in Serbien ansässigen Softwareentwickler betriebene Website Numbeo gibt mithilfe von nutzergenerierten Daten die Durchschnittspreise für Konsumgüter, Wohnkosten und weitere Lebenskosten in ausgewählten Städten an. Nutzer, die über Informationen zum Preisniveau verschiedener Güter in einer bestimmten Stadt verfügen, können diese über Numbeo eintragen. Aus den verschiedenen Preisangaben der Nutzer werden dann Durchschnittspreise für die einzelnen Güter angegeben. Solche Preisprofile existieren auch für die in der ARK gelegenen Städte Erbil und Sulaimaniya.

Was die Angaben zu Erbil anlangt, so wird auf der Seite erklärt, dass die Angaben von 47 verschiedenen Nutzern stammen und innerhalb der letzten 18 Monate erfolgten. Es ist jedoch nicht ersichtlich, welche Daten genau wann eingegeben wurden, und aus wie vielen einzelnen Beiträgen die angegebenen Durchschnittspreise errechnet wurden. Die Monatsmiete einer Einzimmerwohnung im Zentrum von Erbil wird mit dem Durchschnittspreis von 493 Euro angegeben (Preisspektrum: 320 – 660 Euro), für die Miete einer Einzimmerwohnung außerhalb des Zentrums wurde ein Durchschnittspreis von 328 Euro (Preisspektrum: 228 – 457 Euro) errechnet. Weiters finden sich auch Angaben zu einer Dreizimmerwohnung. (Numbeo, Stand: März 2017)

Zum Preisprofil zur Stadt Sulaimaniya haben nach Angaben von Numbeo 21 Nutzer in den letzten 18 Monaten Daten beigetragen. Hier ist ebenfalls nicht ersichtlich, welche Daten genau wann eingegeben wurden, und aus wie vielen einzelnen Beiträgen die angegebenen Durchschnittspreise errechnet wurden. Für die Monatsmiete einer Einzimmerwohnung im Zentrum von Sulaimaniya ist ein Durchschnittspreis von 388 Euro angegeben (Preisspektrum: 274-594 Euro), für die Miete einer Einzimmerwohnung außerhalb des Zentrums wurde ein Durchschnittspreis von 259 Euro (Preisspektrum: 183-366 Euro) errechnet. Weiters finden sich auch Angaben zu einer Dreizimmerwohnung. (Numbeo, Stand: Mai 2017)

 

Das Assessment Capacities Project (ACAPS), eine von einem Konsortium aus drei NGOs gegründete Initiative mit Sitz in Genf, die Bedarfsanalysen für humanitäre Entscheidungsträger erstellt, schreibt in einem Themenbericht zum Verhältnis der Binnenvertriebenen und der Aufnahmegemeinschaft in der ARK, dass der Zustrom von Binnenvertriebenen meist mit ansteigenden Lebenshaltungskosten assoziiert werde. Die Durchschnittsmietpreise hätten sich in den letzten drei Jahren aufgrund der steigenden Nachfrage sowie der wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die die Versorgung mit Wohnraum verlangsamt hätten, um 19 Prozent erhöht. Bis zu 80 Prozent der Binnenvertriebenen hätten über Schwierigkeiten berichtet, ihre Miete zu zahlen, gegenüber 50 Prozent der Aufnahmegemeinschaft:

„The influx of displaced populations is also commonly associated with increased living costs. Average rents have indeed increased by 19% in the last three years, in part because of increased demand, but also due to broader economic pressures which have slowed supply of new residential housing. Up to 80% of the displaced report difficulties paying rent, compared to 50% of host communities.“ (ACAPS, 24. August 2016, S. 5)

Die Internationale Organisation für Migration (IOM) gibt in ihrem im Jänner 2017 erschienenen Handbuch zum Wiederaufbau im Irak einen Überblick über Projekte in mehreren Orten verschiedener irakischer Provinzen. Darunter findet sich auch eine Aufstellung der Projekte in Azady (Azadi), einem ländlichen Ort in der Provinz Dohuk. Für diesen Ort werden durchschnittliche Mietkosten von 200-400 US-Dollar monatlich (etwa 183-366 Euro) angegeben:

„The Peshmerga, the Kurdistan Workers’ Party and Turkish forces are active in the area. A number of residential lands have been allocated to public sector employees by the provincial government with the support of the KRG, resulting in rapid economic growth. This area’s population belongs to several Kurdish tribes from northern Dahuk. The price of rent is between 200 to 400 USD per month.“ (IOM, 19. Jänner 2017, S. 98)

Systeme der sozialen Sicherheit, Programme zur Unterstützung von RückkehrerInnen

Es konnten keine konkreten Informationen zu sozialen Programmen oder sonstiger Unterstützung speziell für RückkehrerInnen gefunden werden. Auch in dieser Frage wurden die IOM-Büros in Dohuk, Erbil und Sulaimaniya kontaktiert, bislang haben wir jedoch noch keine Antwort erhalten. Sollte noch eine Antwort bei uns einlangen, werden wir diese unverzüglich an Sie weiterleiten.

 

Niqash, eine auf Englisch, Arabisch und Kurdisch publizierende Informationswebseite zum Irak, die Beiträge zu Politik, Medien und Kultur in der Region veröffentlicht und die von der Medienorganisation Media in Cooperation and Transition mit Sitz in Berlin betrieben wird, erwähnt in einem älteren Artikel vom Mai 2014 zur Rückkehr von Kurden in die ARK eine Einrichtung mit dem Namen „Verwaltungsbehörde für die Gemeinschaft der RückkehrerInnen aus Europa nach Kurdistan (al-hay’a al-idariya li-jamciya al-muhajirin al-ca’idiyn min uruba ila iqlim kurdistan). Ein Mitglied dieser Behörde, Delshad Aziz habe gegenüber Niqash erwähnt, dass in den letzten zwei Jahren mehr als 6.000 Kurden aus dem Ausland zurückgekehrt seien, davon besonders in die Provinz Dohuk. (Niqash, 1. Mai 2014)

Es konnten keine weiteren Quellen gefunden werden, die diese Behörde erwähnen.

 

In einer Email-Auskunft vom Mai 2017 gab IOM Österreich bekannt, dass die Organisation derzeit keine Projekte im Irak durchführe. Allerdings implementiere das BM.I derzeit das EU-Reintegrationsprogramm ERIN, das im Irak teilweise von IOM umgesetzt werde. Ob jemand an dem Programm teilnehmen dürfe, entscheide nach einer Einzelfallprüfung das BFA; die genauen Aufnahmekriterien erfahre man bei der zuständigen Stelle im BM.I (BMI-III-5-Reintegration@bmi.gv.at). (IOM Österreich, 9. Mai 2017)

 

IOM Österreich wies hinsichtlich des ERIN-Projektes auf folgende Informationsbroschüre hin:

·      BM.I – Bundesministerium für Inneres: ERIN: European Reintegration Network Client Information, Stand 1. November 2016
http://bfa.gv.at/files/return/Irak/ERIN_Client%20information.pdf

 

Laut der Informationsbroschüre richte sich das ERIN-Projekt unter anderem an freiwillige RückkehrerInnen in die ARK. Das Programm umfasst folgende Reintegrationshilfen über 12 Monate: Beratung, eine Barzuwendung von 500 Euro für unmittelbare Bedürfnisse sowie abhängig von individuellen Bedürfnissen Unterstützung im Wert von 3.000 Euro (nicht bar ausgezahlt) beim Wohnen, medizinischer Betreuung, Rechtsberatung, Start eines Kleinunternehmens, Berufsbildung:

„The mentioned Service Provider will help you within 12 months to reintegrate with the following post-arrival assistance:

-         Counseling: Advice on opportunities and options based on the local situation, your educational and professional background and your life situation.

-         Financial assistance: Cash grant of EUR 500 to address your most immediate needs

-         In-Kind assistance: Depending on your individual plans and needs (maximum amount of € 3.000 – NOT IN CASH!): - Housing - Medical and social assistance - Administrative and legal assistance - Small business start-up assistance - Educational or Vocational trainings“ (BM.I, Stand 1. November 2016)

Ein im März 2016 veröffentlichter Bericht von Oxfam International, einem internationalen Verbund verschiedener Hilfs- und Entwicklungsorganisationen enthält Informationen zum im ganzen Irak geltenden Lebensmittelverteilungssystem PDS (Public Distribution System). Das PDS sei ein Subventionssystem der Regierung, über das seit 1991 lokal produzierte Nahrungsmittel sowie Importe verteilt würden. Es werde vom Handelsministerium verwaltet und stelle dem Großteil der irakischen Bevölkerung über Lebensmittelkarten subventionierte Nahrungsmittel zur Verfügung. Dabei schließe das PDS nicht nur die ärmsten Haushalte ein, sondern jeder, der im Irak ansässig sei, habe ein Anrecht auf monatliche Rationen. Theoretisch sehe die Lebensmittelkarte monatliche Nahrungsmittelrationen pro Person von 9kg Weizen, 3kg Reis, 2kg Zucker, einem Liter pflanzlichem Öl und drei Packungen (450g) Milchpulver vor:

„The PDS [Public Distribution System] is a government subsidy scheme that was created in 1991 as a mechanism for the distribution of locally produced food and imports (initially in the context of UN sanctions to ensure the availability of food). It is supervised by the Ministry of Trade and provides subsidized food commodities to most of the Iraqi population, using ration cards. […]

The PDS is currently not targeting only the poorest households: every registered resident in Iraq is entitled to receive monthly rations. In theory, the ration card provides the following commodities (quantities are per person per month): locally produced wheat flour (9kg), rice (3kg), sugar (2kg), vegetable oil (1 litre) and powdered milk (three packs of 450 grams each).“ (Oxfam, 31. März 2016, S. 39)

Das PDS, so Oxfam, sei seit einigen Jahren in Schwierigkeiten, da es sehr teuer und von schlechter Organisation und mangelnder Transparenz entlang der Versorgungswege gekennzeichnet sei. In den letzten Jahren habe die Regierung versucht das PDS zu verbessern, indem sie Staatsbedienstete mit einem monatlichen Einkommen von mehr als 1.286 US-Dollar vom Programm ausgeschlossen habe. Versuche, das PDS ab 2012-2013 mit einem Geldtransfer-System zu ersetzen, hätten bis jetzt aufgrund von mangelndem politischen Willen und großflächigen öffentlichen Protesten keinen Erfolg gezeigt. Die Weltbank arbeite mit der irakischen Regierung daran, das PDS in ein auf Vulnerabilität basierendes Sozialsystem umzuwandeln. Derzeit gebe es große Verzögerungen bei der Versorgung mit Grundnahrungsmitteln. Im Jänner 2016 seien Reis mit einer Verzögerung von drei Monaten und Öl mit einer Verzögerung von sieben Monaten ausgegeben worden. Zucker und Milchpulver seien seit mindestens sechs Monaten nicht mehr verteilt worden. Theoretisch habe ein Haushalt, der seine PDS-Rationen seit mindestens drei Monaten nicht mehr erhalten habe, ein Anrecht darauf, mit Bargeld kompensiert zu werden. Allein in der Provinz Dohuk gebe es 1.400 Lebensmittelausgabestellen. Das World Food Programme (WFP) unterstütze das PDS in der Region Kurdistan seit 1996. Derzeit würden Hilfsorganisationen daran arbeiten, die Versorgungslücken des PDS zu füllen, um die Bevölkerung zu versorgen. Dabei wolle man auch versuchen, die gegenwärtige humanitäre Hilfe und das Regierungsgesteuerte System zu vernetzen. Derzeit würden PDS-Lebensmittelkörbe nicht in regelmäßigen Abständen verteilt, noch seien diese immer komplett. Trotz der Verzögerungen bei der Ausgabe einiger Lebensmittelkörbe funktioniere das PDS-System jedoch relativ gut in Duhok und Zakho:

„The PDS has been facing challenges for a number of years, as it is extremely costly and is affected by poor management and a lack of transparency along the delivery channel. In recent years, the government has made an effort to improve PDS targeting by excluding public sector employees with a monthly income of $1,286 and above. Attempts to replace the PDS with a cash transfer system beginning in 2012–13 have not been successful so far, mainly due to widespread public demonstrations and to lack of political will. The World Bank is working with the Iraqi government to transform the PDS into a targeted, vulnerability-based social protection system (IMF, 2015). Currently, the PDS is experiencing huge delays, especially in the provision of other staple food items. In January 2016, rice was being distributed with a three-month delay and oil with a seven-month delay, while sugar and powdered milk had not been distributed for at least six months. In theory, if a household has not received their PDS ration for at least three months, they are entitled to compensation in cash. There are 1,400 food agents spread across Duhok governorate alone, while there are currently only 108 food agents for the non-ISIS controlled areas of Ninewa. […]

WFP has been supporting the PDS in KRI since 1996. Currently, aid agencies are aiming to address gaps in PDS capacity to cover the population’s needs. The rationale behind this is also to create linkages between ongoing humanitarian action and the government-run system.“ (Oxfam, 31. März 2016, S. 40-41)

„Currently, PDS food baskets are not distributed on a regular basis, nor are they always complete. Despite delays in the provision of some baskets, the PDS is relatively functional in Duhok and Zakho, but not in northern Ninewa (Tilkaif and Telafar).“ (Oxfam, 31. März 2016, S. 43)

 

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Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 10. Mai 2017)

·      Al-Monitor: Why calls for independence are in decline in Iraqi Kurdistan, 5. Oktober 2016
http://www.al-monitor.com/pulse/originals/2016/10/kurdistan-iraq-economy-independence.html

·      BM.I – Bundesministerium für Inneres: ERIN: European Reintegration Network Client Information, Stand 1. November 2016
http://bfa.gv.at/files/return/Irak/ERIN_Client%20information.pdf

·      IOM - International Organization for Migration: Community Stabilization Handbook: An overview of community transition and recovery achievements in Iraq 2015-2016, 19. Jänner 2017
https://www.dropbox.com/s/9bjxlb9zwxkm37k/IOM_Iraq_Community_Stabilization_Handbook_2015-2016.pdf?dl=1

·      IOM Österreich, Email-Auskunft, 9. Mai 2017

·      Kurdistan 24: Unemployment rises to 14 percent in Kurdistan: Planning Ministry, 21. September 2016
http://www.kurdistan24.net/en/economy/02565ef4-cb84-4991-a160-93fb094573a8/Unemployment-rises-to-14-percent-in-Kurdistan--Planning-Ministry

·      Niqash: shabah al-batala yasdim al-akrad al-ca’idin min uruba [Phantom der Arbeitslosigkeit schockiert rückkehrende Kurden aus Europa], 1. Mai 2014
http://www.niqash.org/ar/articles/economy/3432/

·      Numbeo: Cost of Living in Irbil, Stand: März 2017
https://www.numbeo.com/cost-of-living/in/Irbil?displayCurrency=EUR

·      Numbeo: Cost of Living in As Sulaymaniya, Stand: Mai 2017
https://www.numbeo.com/cost-of-living/in/As-Sulaymaniyah?displayCurrency=EUR

·      Oxfam: Pre-Crisis Market Analysis, Credit, Drinking Water and Wheat Flour Market Systems, 31. März 2016
https://www.google.at/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=2&ved=0ahUKEwi75ezMzeTTAhXGORoKHdqQCscQFggqMAE&url=http%3A%2F%2Fwww.emma-toolkit.org%2Ffile%2F558%2Fdownload%3Ftoken%3DMqlhef_M&usg=AFQjCNEP5HDXib8woAdk9_QPG5HPNNRw5g&cad=rja

·      Rudaw: Poverty and unemployment at unprecedented levels in Kurdistan Region, 10. September 2016
http://www.rudaw.net/english/kurdistan/100920161

·      Rudaw: Unemployment rate in Kurdistan is 14%, 21. September 2016
http://www.rudaw.net/english/business/21092016

·      Rudaw: Concerns growing over worsening food security in Kurdistan Region, 12. April 2017
http://www.rudaw.net/english/business/110420171