Anfragebeantwortung zur Russischen Föderation: Wie war 2008 bzw. 2009 das Verhältnis von Vertretern der Republik Itschkeria zu Vertretern des Kaukasus-Emirats? [a-9756-3 (9758)]

7. September 2016

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Jane’s, ein britischer Open Source-Nachrichtendienst mit Fokus auf militärischen Auskünften und Sicherheitseinschätzungen, schreibt in einem gekürzt veröffentlichten Bericht zum Kaukasus-Emirat aus dem Jahr 2014, dass das Kaukasus-Emirat keine offenen Feinde unterhalb der Staatsebene der Republik Tschetschenien habe, doch nach Ende des Tschetschenienkrieges 1996 sei das Verhältnis zwischen der Führung der Tschetschenischen Republik Itschkeria und militanten Islamisten unter Schamil Bassajew zunehmend angespannt gewesen. Dieses Verhältnis habe sich weiter verschlechtert, weil die in Tschetschenien verbliebenen militanten Kräfte sich mehr und mehr darauf konzentriert hätten, ein pan-kaukasisches Emirat denn ein unabhängiges Tschetschenien zu errichten. Zu einer Spaltung in den Beziehungen sei es formell im Oktober 2007 mit der Gründung des Kaukasus-Emirats gekommen, mit der Doku Umarow formell die Tschetschenische Republik Itschkeria aufgelöst habe. Die im Exil befindliche Führung der Tschetschenischen Republik Itschkeria unter der Leitung ihres stellvertretenden Ministerpräsidenten Achmed Sakajew habe dieses Vorgehen vehement abgelehnt und sich vom Kaukasus-Emirat distanziert. Im November 2007 habe Achmed Sakajew erklärt, dass die Regierung der Tschetschenischen Republik Itschkeria noch existiere und er selbst der Ministerpräsident sei. Die Natur des Verhältnisses zwischen den beiden Organisationen sei im August 2010 zu Tage getreten, als Sakajew den tschetschenischen Kommandanten Aslanbek Wadalow bei seinem Versuch, Umarow als Emir des Kaukasus-Emirats zu stürzen, unterstützt habe. Jane’s schreibt weiters, dass Elemente der Tschetschenischen Republik Itschkeria im Exil weiterhin existieren würden, die dem Kaukasus-Emirat gegenüber aber äußerst feindlich eingestellt seien:

„The Caucasus Emirate has no overt sub-state rivals, but following the end of the First Chechen War relations between the political leadership of the CRI [Chechen Republic of Ichkeria] and militant Islamist forces under Basayev became increasingly strained. This relationship deteriorated further as the remaining militant Islamist forces in Chechnya increasingly focused on establishing a pan-Caucasian emirate rather than an independent Chechnya. A split in the relationship formally occurred with the establishment of the Caucasus Emirate in October 2007, which saw Umarov formally dissolve the CRI. The CRI's exiled political leadership, led by Deputy CRI Prime Minister Akmed Zakayev, fervently opposed the move and distanced themselves from the group. In November 2007, Zakayev declared that the CRI government was still in existence, with himself as prime minister. The nature of the relationship was underlined in August 2010 when Zakayev backed Chechen commander Aslanbek Vadalov in his attempt to overthrow Umarov as Caucasus Emirate emir.“ (Jane’s, 2014, S. 6)

„The October 2007 declaration of the Caucasus Emirate by Dokka Umarov saw the formal dissolution of the separatist Chechen Republic of Ichkeria (CRI) and its political structures. Since then the organisation has shown no intention of participating in the political process and has shown no proclivity towards negotiations with either the federal or republican governments. While elements of the CRI continue to exist in exile outside the North Caucasus, they are highly hostile to the Caucasus Emirate and cannot be considered to be politically representative of the organisation.“ (Jane’s, 2014, S. 14)

Auf der Webseite des Middle East Policy Council (MEPC), einer NGO, die eigenen Angaben zufolge zum US-amerikanischen Verständnis von politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Angelegenheiten im Nahen Osten beitragen will, ist ein 2011 veröffentlichter Fachzeitschriftenbeitrag von Emil Souleimanov, Assistenzprofessor im Fachbereich Russische und Osteuropäische Studien der Karlsuniversität in Prag, zum Kaukasus-Emirat veröffentlicht. Darin erläutert er, dass die Ausrufung des Kaukasus-Emirats bedeutet habe, dass das Projekt Itschkeria de facto gescheitert sei. Mit dem Fiasko des ersten Versuchs in der tschetschenischen Geschichte, einen Nationalstaat aufzubauen (1996 bis 1999), der immer tiefer werdenden Spaltung der tschetschenischen Gesellschaft nach dem Krieg und der Konsolidierung des Kadyrow-Clans, sei die Idee, einen unabhängigen tschetschenischen Staat aufzubauen, für viele TschetschenInnen nicht mehr so attraktiv gewesen wie in den Jahren zuvor. Die allmähliche Radikalisierung der Widerstandsbewegung, deren Kern mit der Jahrtausendwende bereits aus Dschihadisten bestanden habe, habe zu einer Stärkung der Rolle des Islams und seiner salafistischen Strömung geführt. Der Islam oder die Idee eines (vorwiegend) regionalen Dschihads habe ein viel größeres Potential gehabt, kaukasische Jugendliche dazu zu bewegen, zu den Waffen zu greifen, als die Idee eines tschetschenischen Nationalismus. Der Bericht zur Gründung des Kaukasus-Emirats habe den Konflikt, der bereits im Gange gewesen sei, weiter angefacht, verkörpert durch Mowladi Udugow, einen führenden Ideologen des tschetschenischen Dschihadismus, und Achmad Sakajew, den säkular eingestellten Außenminister der Republik Itschkeria, sowie ihre jeweiligen Kreise. Nach der Ausrufung des Kaukasus-Emirats durch Doku Umarow habe Sakajew die Legitimität der Beendigung der unabhängigen tschetschenischen Staatlichkeit angefochten. Er habe das Vorgehen als weiteren Versuch der russischen Geheimdienste bezeichnet, die tschetschenische Widerstandsbewegung, deren Ziel der Aufbau eines unabhängigen Staates gewesen sei, zu diskreditieren. Sakajew, der schon seit langem in London im Exil sei, habe Umarows Ausrufung „auf das Schärfste verurteilt“. In den darauffolgenden Jahren hätten die Spannungen im Lager der tschetschenischen Separatisten zugenommen und hätten zu einer wesentlichen Spaltung im August 2010 geführt, die bis Juli 2011 angehalten habe:

„The declaration of the North Caucasus Emirate meant a de facto recognition that the Ichkerian project, laboriously constructed since the early 1990s, had collapsed. With the fiasco of the first attempt in Chechen history to build a nation-state (1996-99), the deepening postwar schism within Chechen society, and the consolidation of the Kadyrov ‘clan’, the idea of creating an independent Chechen state ceased to be as appealing to many Chechens as it had been during the previous decade. The gradual radicalization within the resistance movement, the core of which already consisted of jihadists by the turn of the millennium, brought a strengthening of the role of Islam and its Salafi offshoot. This derailed nationalism as the ideological basis for Chechen separatism. Appealing to Islam or to the idea of a (primarily) regional jihad based on solidarity among mountain folk of the North Caucasus - and not to the idea of Chechen (Avar, Ingush, Balkar or Kabardin) nationalism - had much greater potential for inspiring the disaffected youth of the North Caucasus to take up arms and fight for the liberation of their homelands from the ‘rule of the infidel,’ ‘Russian occupying forces’ or their local ‘puppets and henchmen,’ ‘traitors’ and ‘apostates,’ with the ultimate goal of creating an Islamic state of justice and prosperity.

The report on the founding of the Caucasus Emirate further inflamed the conflict that was already going on, personified by Movladi Udugov, a leading ideologue of Chechen jihadism, and the secular-minded foreign minister of Ichkeria, Akhmad Zakayev, and their circles. In the aftermath of Umarov's declaration of the Caucasus Emirate, Zakayev disputed the legitimacy of ending Chechen independent statehood. He called it just another in a series of attempts by the Russian Federation secret services to discredit the Chechen resistance movement that had been trying to establish an independent state. Zakayev, who has long been in exile in London, ‘vehemently condemned’ Umarov's declaration, which he said ‘was meant to transfer the legal struggle of the Chechen people for their freedom and independence into the category of so-called international terrorism, which has absolutely nothing in common with the interests of the Chechen people or with Islamic values.’ During the years that followed, tensions mounted in the Chechen separatists' camp between nationalists and Islamists, leading to a significant split in August 2010, which persisted until July 2011. It is necessary, however, to point out that the sympathy of international society to the Chechen insurgency gradually shrank to a minimum following the shocking attacks on the Dubrovka Theatre in Moscow in 2002 and on the secondary school in Beslan, North Ossetia, in 2004, which claimed hundreds of lives.“ (Souleimanow, 2011)

Die Jamestown Foundation, eine unabhängige, unparteiische und gemeinnützige Organisation, die Informationen zu Terrorismus, den ehemaligen Sowjetrepubliken, Tschetschenien, China und Nordkorea zur Verfügung stellt, schreibt in einem Artikel vom Jänner 2008, dass Doku Umarow, der Anführer des Kaukasus-Emirats, eine Reihe von Dekreten erlassen habe, darunter eines, das die politischen Institutionen der „ehemaligen“ Tschetschenischen Republik Itschkeria abschaffe, weil diese nicht mit der Scharia vereinbar seien. Achmed Sakajew wiederum habe am 1. Dezember 2007 verkündet, dass das Parlament der Tschetschenischen Republik Itschkeria ihn zum Ministerpräsidenten ernannt habe. In einer Stellungnahme habe Sakajew sowohl die traditionelle islamische Ideologie des tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow verurteilt, als auch die „islamische Ordnung“ des Rebellen-Ideologen Mowladi Udugow, und habe letzteren beschuldigt, den Kern des bewaffneten tschetschenischen Widerstands durch die Gründung einer anderen Organisation, des Emirats, zu spalten. Im Jänner 2008 seien eine Reihe von Dekreten von Sakajew veröffentlicht worden, mit denen das neue Ministerkabinett der Tschetschenischen Republik Itschkeria ernannt worden sei. Ebenfalls im Jänner 2008 sei eine Ankündigung des Büros des Generalstaatsanwaltes der Tschetschenischen Republik Itschkeria veröffentlicht worden, dass die Untersuchungen zu Verbrechen, die zwischen 1996 und 1999 auf dem Gebiet der Tschetschenischen Republik Itschkeria verübt worden seien, wieder aufgenommen worden seien, insbesondere zu zwei Vorfällen in den Jahren 1996 und 1998. Das Büro des Generalstaatsanwaltes habe behauptet, Informationen von ZeugInnen erhalten zu haben, dass in beiden Fällen Isa Umarow und Mowladi Udugow die Morde „angeordnet und angeregt“ hätten:

„Last month, Dokka Umarov, the erstwhile Chechen rebel leader who now identifies himself as Amir of the Caucasus Emirate Abu-Usman, issued a series of decrees, including one abolishing the political institutions of ‘the former‘ Chechen Republic of Ichkeria - including Umarov’s former post of ChRI president - for being ‘inconsistent‘ with Sharia (Chechnya Weekly, December 13, 2007). Zakaev, for his part, announced on December 1 that the ChRI parliament had named him ChRI prime minister. In the statement, which was posted by Chechenpress, Zakaev condemned both ‘the traditional Islamic ideology a la [Chechen President Ramzan] Kadyrov and the ‘Islamic order’ a la [Chechen separatist ideologist Movladi] Udugov,‘ accusing the latter of attempting to ‘split the core of the armed Chechen resistance by creating another breakaway organization known as ‘the Emirate’.‘ Zakaev added that ‘bitter experience teaches us never again to allow such a manipulation of religious values‘ and that one of the ‘key tasks‘ for the new ChRI government would be to ‘preserve the unity of our armed forces.‘ Chechenpress subsequently reported that Zakaev held a meeting in Warsaw on December 11 ‘with the candidates to the Cabinet of Ministers of the ChRI Government as well as Chechen Representatives, Honorary Consuls and famous human rights activists to discuss the composition of the ChRI Cabinet of Ministers.‘ On January 6, Chechenpress posted a series of decrees issued by Zakaev appointing and naming the new ChRI Cabinet of Ministers. On January 7, Chechenpress posted an announcement by the ChRI Prosecutor General's Office that it had revived several investigations into crimes committed on ChRI territory between 1996 and 1999, including the murder of six International Committee of the Red Cross (ICRC) aid workers in Novye Atagi in December 1996 and the abduction and beheading of three British mobile telephone engineers in the republic in late 1998. The ChRI Prosecutor General's Office claimed it had received information from witnesses that, in both cases, Isa Umarov and Movladi Udugov had ‘ordered and inspired‘ the murders which, according to the office, were committed by Apti Abitaev and members of his group.“ (Jamestown Foundation, 10. Jänner 2008)

Der vom US-amerikanischen Kongress finanzierte Rundfunkveranstalter Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL) berichtet im Juli 2009, dass sich Vertreter der Exilregierung der Tschetschenischen Republik Itschkeria und der prorussischen Regierung der Republik Tschetschenien zu Verhandlungen getroffen hätten, um die nationale Versöhnung in Tschetschenien zu fördern. In den zwölf vorangegangenen Monaten habe Ramsan Kadyrow wiederholt behauptet, mit Achmed Sakajew in Kontakt zu sein. Er habe mehrfach angedeutet, dass Sakajew dazu bereit sei, in einer offiziellen Funktion nach Tschetschenien zurückzukehren. Sakajew sei Vertreter einer moderaten säkularen Flügels innerhalb der Regierung des vormaligen Präsidenten der Republik Itschkeria Aslan Maschadow gewesen. Ende 2005 habe er sich auf eine hitzige Debatte mit radikalen tschetschenischen Ideologen eingelassen, darunter der Presse- und Informationsminister Mowladi Udugow, der bereits damals das Konzept eines unabhängigen tschetschenischen Staates zugunsten eines islamischen Staates, der den gesamten Nordkaukasus umfasse, abgelehnt habe. Im Dezember 2007, einen Monat, nachdem Doku Umarow, der damalige Präsident der Republik Itschkeria, der tschetschenischen Unabhängigkeit den Rücken gekehrt und das Kaukasus-Emirat ausgerufen habe, habe Sakajew RFE/RL gegenüber erklärt, dass das wichtigste die Einheit der verschiedenen tschetschenischen Gruppen sei. In dieser Hinsicht erachte Sakajew den tschetschenischen Präsidenten Kadyrow als taktischen Verbündeten im Kampf gegen die militante Gruppe des Emirats, das Kadyrow geschworen habe, um jeden Preis auszulöschen:

„Representatives of the Chechen Republic Ichkeria (ChRI) government in exile and the pro-Moscow Chechen Republic announced on July 24 that they have embarked on consultations aimed at promoting national reconciliation in Chechnya. […]

Over the past 12 months, Chechen Republic head Kadyrov has repeatedly claimed to be in contact with Zakayev. He has hinted on several occasions that Zakayev is ready to return to Chechnya in some official capacity. On June 28, he set a one-month deadline for Zakayev to make up his mind. But Zakayev told RFE/RL's Russian Service that his possible return to Chechnya was not discussed in Oslo. […]

Zakayev is a representative of the moderate secular wing within the government of ChRI President Aslan Maskhadov. He fought as a member of the Chechen resistance at the start of the 1999 war before leaving Russia, but Kadyrov has publicly exonerated him from charges of committing war crimes.

In February, General Aleksandr Safronov, who is President Medvedev's special adviser on international cooperation to counter terrorism, hinted that Zakayev might be granted an amnesty if he succeeds in proving his innocence in a Russian court.

In late 2005, Zakayev engaged in a heated polemic with radical Chechen ideologues, including Press and Information Minister Movladi Udugov, who even then rejected the concept of an independent Chechen state in favor of an Islamic state encompassing the entire North Caucasus, and who argued that resistance fighters should not be constrained by the norms of international law.

In December 2007, one month after then ChRI President and resistance commander Doku Umarov turned his back on the cause of Chechen independence and proclaimed a North Caucasus emirate that he claimed to head, Zakayev told RFE/RL's North Caucasus Service that what is needed above all is unity among the various Chechen factions.

In that respect, Zakayev clearly regards Kadyrov as a tactical ally in the fight against the militant ‘emirate’ faction, which Kadyrov has vowed to eliminate at all cost. In an interview with Chechenpress in February, Zakayev said that today it is Kadyrov who is best placed to initiate a process that would lead to the consolidation of Chechen society and to the drafting of a political platform for defining relations with Russia that would be acceptable to all sides.“ (RFE/RL, 26. Juli 2009)

Caucasian Knot, ein von der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial im Jahr 2001 gegründetes Nachrichtenportal, das über menschenrechtliche Themen im Kaukasus informiert, schreibt in einem Artikel von 2009, dass Doku Umarow im Sommer 2006 Anführer der Republik Itschkeria geworden sei. Bereits am 7. Oktober 2007 habe Umarow die Republik Itschkeria abgeschafft und das Kaukasus-Emirat ausgerufen. Dies habe zu einer Spaltung der Machtstrukturen der Republik Itschkeria geführt. Achmed Sakajew in London, der ehemalige Abgesandte der tschetschenischen Separatisten, und eine Reihe von Abgeordneten des Parlaments von Itschkeria hätten Umarow beschuldigt, eigenmächtig sein Amt niedergelegt zu haben. Sie hätten erklärt, dass alle Macht in die Hände des Parlaments der Republik Itschkeria übergehe. Achmed Sakajew sei geschäftsführender Ministerpräsident der Regierung der Republik Itschkeria geworden. Die Spaltung zwischen den Anhängern von Sakajew und Umarow habe sich noch im Sommer 2009 vertieft, als Sakajew direkten Kontakt und Verhandlungen mit den Machthabern Tschetscheniens aufgenommen habe und dem Leiter des Führungsstabs der Streitkräfte Itschkerias die Anweisung erteilt habe, Angriffe auf Mitarbeiter der tschetschenischen Polizei, außer in Fällen der Selbstverteidigung, einzustellen. Anhänger des Kaukasus-Emirats hätten Sakajew beschuldigt, er habe sich vom Islam losgesagt, indem er die Legitimität der Regierung von Ramsan Kadyrow anerkannt habe. Dafür hätten sie ihn zum Tod verurteilt. Sakajews Urteil sei vom Obersten Richter des Kaukasus-Emirats unterzeichnet. In Sakajews direktem Umfeld sei man jedoch der Ansicht, dass das Todesurteil von Mowladi Udugow, einem der Anführer der Rebellen, gefällt worden sei. Udugow selbst habe in einem Interview die Regierung von Sakajew als „Gruppe von Betrügern und Halsabschneidern“ bezeichnet:

Докку Умаров стал главой самопровозглашенной Чеченской Республики Ичкерия (ЧРИ) летом 2006 года, после гибели президента ЧРИ Абдул-Халима Садулаева, который 13 февраля 2006 года объявил о программе объединения Северного Кавказ в единое Исламское государство. Основанием для провозглашения Исламского государства указывалась безусловная обязанность мусульман перед Аллахом установить на подконтрольных территориях Закон Аллаха – Шариат.

Уже 7 октября 2007 года Умаров, в согласии с этой программой, упразднил ЧРИ и провозгласил новое образование – Имарат Кавказ, объявив о вводе полного шариатского правления на всех территориях Северного Кавказа, являющихся зоной военных действий. Себя Умаров провозгласил амиром боевиков Кавказа и предводителем джихада, а также единственной законной властью на всех территориях где есть моджахеды.

Указ Умарова о провозглашении Имарата спровоцировал раскол во властных структурах ЧРИ. Находящийся в Лондоне бывший эмиссар чеченских сепаратистов Ахмед Закаев и ряд депутатов парламента Ичкерии обвинили Умарова в самоустранении от своих должностных обязанностей и объявили о переходе всей полноты власти в руки парламента Ичкерии. Ахмед Закаев стал исполняющим обязанности премьер-министра в правительстве ичкерийцев.

Раскол между сторонниками Закаева и Умарова еще более усугубился летом этого года, после того, как Закаев пошел на прямые контакты и переговоры с властями Чечни и отдал распоряжение начальнику Главного штаба вооруженных сил Ичкерии прекратить нападения на сотрудников чеченской милиции, за исключением случаев самообороны. Сторонники Имарата обвинили Закаева в том, что он отрекся от ислама, признав легитимность правительства Рамзана Кадырова, и за это приговорили Ахмеда Закаева к смерти.

Приговор Закаеву подписан Верховным судьей Имарата Кавказ Анзором Астемировым, который находится в розыске по обвинению в причастности к вооруженному нападению на Нальчик 13 октября 2005 года, и которого власти объявили убитым в ходе спецоперации в Нальчике 28 мая. В окружении Закаева считают, однако, что смертный приговор ему вынес один из лидеров боевиков Мовлади Удугов.

Сам Удугов в интервью грузинскому информационному агентству Пирвели назвал правительство Закаева группой мошенников и аферистов, указав на то, что у ЧРИ не может быть своего отдельного правительства с тех пор, как она стала вилайятом (административной территорией - прим. Кавказского узла) Имарата. Мовлади Удугов при этом добавил, что силы боевиков растут с каждым днем, а 2009 год стал годом наступления моджахедов Имарата Кавказ, провозглашение которого Удугов назвал исторически обоснованной заявкой мусульман Кавказа, которые всегда, когда возникала малейшая возможность, объединялись на основе ислама.“ (Caucasian Knot, 7. Oktober 2009)

Die Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen, eine außeruniversitäre Forschungseinrichtung, die von der Kultusministerkonferenz und dem Land Bremen finanziert wird, veröffentlicht im Dezember 2009 einen Beitrag von Alexej Malaschenko, Kaukasus-Experte am Moskauer Carnegie Centre, in dem erläutert wird, dass Ramsan Kadyrow 2009 versucht habe, die „externe Opposition der tschetschenischen Diaspora in Europa zu zerschlagen, die nach wie vor behaupte, dass der Kampf um die tschetschenische Unabhängigkeit andauere. Kadyrow habe dem Anführer der Opposition, Achmed Sakajew, angeboten, als Kulturminister nach Tschetschenien zurückzukehren. Als die Anführer des virtuellen Kaukasus-Emirats von der möglichen Rückkehr Sakajews erfahren hätten, hätten sie ihn zum Tode verurteilt, so wie sie einst auch Ramsan Kadyrow zum Tode verurteilt hätten:

„Seeking to strengthen his position, Ramzan in 2009 attempted once and for all to break the ‘external opposition’ of the Chechen diaspora in Europe, which continues to claim that the battle for Chechen independence continues. Ramzan offered its leader, the Londonbased Akhmed Zakaev (who served as Chechen prime minister in 2006) to return to Chechnya as the minister of culture. […] Upon learning about the possible return of Zakaev, the leaders of the virtual Caucasus Emirate, part of the radical opposition, sentenced Zakaev to death. At one time they had also sentenced Ramzan Kadyrov to death. In some sense this sentence equalized the Chechen president and his main foreign opponent, creating additional, though somewhat extravagant, preconditions for them to find a common language.“ (Forschungsstelle Osteuropa der Universität Bremen, Dezember 2009, S. 4)

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Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 7. September 2016)

·      Caucasian Knot: Два года Имарату Кавказ: джихад охватывает Юг России [Das Kaukasus-Emirat ist zwei Jahre alt: Der Dschihad erfasst den Süden Russlands], 7. Oktober 2009
http://www.kavkaz-uzel.eu/articles/160345/

·      Forschungsstelle Osteuropa der Universität Bremen: Russian Analytical Digest No. 70, 21. Dezember 2009
http://kms2.isn.ethz.ch/serviceengine/Files/RESSpecNet/110674/ipublicationdocument_singledocument/48838009-56f5-4113-882b-c2b286736aa9/en/Russian_Analytical_Digest_70.pdf

·      Jamestown Foundation: Rival Rebel Groups Exchange Accusations, Issue Decrees, 10. Jänner 2008
http://www.jamestown.org/programs/nc/single/?tx_ttnews[tt_news]=4644&tx_ttnews[backPid]=169&no_cache=1

·      Jane’s: IHS Aerospace, Defence & Security - Imarat Kavkaz / Caucasus Emirate, 2014
http://www.ihs.com/pdf/IHS-Janes-World-Insurg-Terror_Imarat-Kavkaz_146073110913052132.pdf

·      RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty: Can Chechen Talks Bring Peace To North Caucasus?, 26. Juli 2009
http://www.rferl.org/content/Can_Chechen_Talks_Bring_Peace_To_North_Caucasus/1785210.html

·      Souleimanow, Emil: The Caucasus Emirate: Genealogy of an Islamist Insurgency, 2011 (veröffentlicht von Middle East Policy Council)
http://www.mepc.org/journal/middle-east-policy-archives/caucasus-emirate-genealogy-islamist-insurgency?print