Anfragebeantwortung zu Ägypten: Blutrache: Verbreitung, Intervention der Behörden [a-9681]

8. Juni 2016

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Die unabhängige ägyptische Tageszeitung Al-Masry Al-Youm berichtet in einem Artikel vom Mai 2016, dass die Sicherheitskräfte in Sohag in Koordination mit ihren Kollegen aus Qena eine Fehde zwischen zwei Familien aus Sohag und Qena beendet hätten. Die Massen-Versöhnung habe in einem großen Zelt in einem Dorf der Region Daressalam in Sohag in Anwesenheit des Provinzgouverneurs und des Polizeidirektors von Sohag stattgefunden. Circa 3.000 Personen aus dem betreffenden Dorf in Sohag und 200 Personen aus dem Dorf in Qena hätten an der Versöhnungszeremonie teilgenommen, bei der dem Bluträcher ein Leichentuch präsentiert worden sei [Ein weißes Tuch, das den Familienangehörigen eines Blutfehdeopfers, die nun mit der Blutrache an der Reihe wären, zur symbolischen Aussöhnung übergeben wird, Anm. ACCORD]. Laut Angaben des Leiters des Ermittlungsverfahrens habe die Fehde 2015 begonnen, als ein 26-jähriger Arbeiter einer Familie in Daressalam getötet worden sei. Nach Verhaftung der Täter hätten die Sicherheitskräfte von Sohag und Qena die Mitglieder der Versöhnungskomitees und einflussreiche Personen der großen Familien dazu veranlasst, beide Parteien zu einer Versöhnung zu überreden. Bei der Versöhnungszeremonie habe der Bruder der Angeklagten dem Bruder des Getöteten ein symbolisches Leichentuch präsentiert, man habe auf den Koran geschworen und versprochen, keine Gewalt mehr anzuwenden. (Al-Masry Al-Youm, 31. Mai 2016)

 

Ahram Online, die englischsprachige Nachrichtenwebseite der staatlichen ägyptischen Zeitung Al-Ahram, schreibt in einem Artikel vom Mai 2016, dass ein Gericht in Qena 25 Angeklagte in Zusammenhang mit einer Stammesfehde vorläufig zu einer Todesstrafe verurteilt habe. Der Vorfall habe sich 2014 ereignet und habe zu 28 Toten und mehr als 50 Verletzten in Aswan geführt. Die Gewalt sei Berichten zufolge im April 2014 zwischen dem arabischen Clan Bani Helal und dem nubischen Stamm Daboudiya wegen der Belästigung eines Mädchens und beleidigender Graffiti ausgebrochen. Die Kämpfe hätten mehrere Tage lang angedauert, bevor die Behörden eingeschritten seien, einen Waffenstillstand ausgehandelt hätten und Gerechtigkeit für die Getöteten beider Seiten versprochen hätten. Die Todesurteile würden nun an den Mufti von Ägypten zu einer vorläufigen Prüfung weitergeleitet, seine Entscheidung sei allerdings nicht bindend. Die endgültige Entscheidung des Gerichtes könne noch angefochten werden:

„The incident took place in 2014 and resulted in the death of 28 and over 50 injuries. Upper Egypt’s Qena criminal court sentenced on Wednesday 25 to a preliminary death sentence in relation to a tribal feud in 2014 between two families that left at least 28 dead in Aswan. The defendants’ death sentences will be sent to the country’s Mufti for preliminary consideration. The Mufti’s decision is non-binding. The court’s final verdict, once the Mufti’s decision is deliberated, can still be appealed. The violence started in April 2014 between an Arab clan, Bani Helal, and a Nubian tribe, Daboudiya, reportedly over the harassment of a girl and offensive graffiti. The fighting lasted a few days until authorities intervened to broker a truce, and promised justice for the slain from both tribes. Revenge killings are commonplace in Upper Egypt, often over perceived honour-related issues.“ (Ahram Online, 11. Mai 2016)

The Majalla, die englischsprachige, in London erscheinende Ausgabe von Al-Majalla, einem Magazin für aktuelle Geschehnisse in der arabischen Welt und Mitglied der Saudi Research and Publishing Company, schreibt im April 2014, dass, obwohl Blutfehden schon lange eine charakteristische Eigenschaft Oberägyptens seien, sie zu Beginn des Monats Schlagzeilen gemacht hätten, als innerhalb von zwei Tagen in Aswan mindestens 24 Menschen in einer Serie von Rachemorden zwischen nubischen Dorfbewohnern und Mitgliedern des arabischen Clans der Bani Helal getötet worden seien. Blutfehden in Oberägypten würden sich üblicherweise an Streitigkeiten um Land, Besitz oder an vermeintlicher Beleidigung der Ehre entzünden. In einer Region, die unter schwacher Polizeipräsenz leide, in der Waffen verbreitet seien und in der das „Gesetz des Schweigens“ (code of silence) immer noch gelte, stelle die Blutrache ein wichtiges, wenn auch primitives Ventil für Sicherheit in der Gesellschaft dar. Jedoch diese letzte tödliche Auseinandersetzung zwischen dem arabischen und dem nubischen Stamm unterscheide sich dahingehend von den traditionellen Beispielen dieses Phänomens, dass es um drei große Probleme der modernen ägyptischen Gesellschaft gehe: sexuelle Belästigung, politische Spaltung und ethnische Spannungen. Die Unruhen seien an einer Schule wegen der Belästigung eines einem der Stämme zugehörigen Mädchens ausgebrochen. Die Auseinandersetzungen hätten sich in den folgenden 48 Stunden fortgesetzt und Opfer auf beiden Seiten gefordert, bevor die Behörden eingeschritten seien und für eine fragile Waffenruhe gesorgt hätten:

„Although blood feuds have long been a defining feature of Upper Egypt, the custom made headlines earlier this month when at least twenty-four people died in Aswan over a period of two days in a series of revenge killings between Nubian villagers from Daboud and members of the Arab clan of Beni Helal. […]

Vendettas in Upper Egypt break out over the reasons most people might expect: land, property and perceived slights on honor. In a region suffering from a weak police presence, the proliferation of arms and a culture where the code of silence is still practiced, al-tar servers as an important, if somewhat crude, societal safety valve. But the most recent deadly conflict, between the Arab Haleyla clan and Nubian Daboudiya tribe this month, differed from most traditional examples of the phenomenon, seemingly centering on three of the great blights of modern Egyptian society: sexual harassment, political division and ethnic tension. The unrest in Aswan apparently broke out over the harassment of a girl from one of the tribes, starting a brawl at a local school. Clashes continued for the next 48 hours with casualties on both sides before the authorities intervened, securing a fragile truce. The underlying political and ethnic tensions can be seen in graffiti scrawled on the burned-out walls of houses, with the Nubians accusing the Arabs of being faloul, backers of the now-discredited regimes of Hosni Mubarak and Mohamed Mursi. The Arab side reportedly castigates the Nubians for their recent meeting with president-in-waiting Abdel-Fattah El-Sisi while extolling Arab dominance in the region.“ (The Majalla, 20. April 2014)

 

 

Al-Masry Al-Youm berichtet in einem weiteren Artikel vom Februar 2016, dass laut Angaben des Polizeipräsidiums in Sohag bei Beobachtung der Sicherheitslage in der Provinz festgestellt worden sei, dass Schüler ihre Schulen im Ort al-Kitkata infolge bewaffneter Auseinandersetzungen zwischen zwei Familien im Ort nicht besuchen würden. Bei diesen Auseinandersetzungen seien bereits zwei Personen getötet und eine weitere verletzt worden. Laut einer Quelle aus dem Polizeipräsidium würden spezielle Sicherheitskräfte weiterhin die Lage im Ort und im Umfeld der Schulen beobachten und versuchen, die einflussreichen Personen der jeweiligen Familien davon zu überzeugen, dass es notwendig sei, das die Kinder ordnungsgemäß am Schulunterricht teilnehmen würden. Die Kinder der Volksschule hätten nicht am Unterricht teilgenommen, da die Eltern Angst vor einer Blutrachetat zwischen den beiden Familien gehabt hätten. (Al-Masry Al-Youm, 14. Februar 2016)

 

Nujum Masriyya, eine ägyptische Nachrichtenwebsite, die sich selbst als unabhängig und politisch neutral beschreibt, berichtet in einem Beitrag vom März 2016, dass in den Dörfern Oberägyptens kein Tag vorübergehe, ohne dass es eine Tat im Rahmen einer Blutfehde gebe. Besonders in den letzten fünf Jahren seien Blutfehde-Auseinandersetzungen um ein Vielfaches gestiegen aufgrund der über die Wüstenrouten erlangten Waffen und aufgrund einer vererbten Kultur, in der Frauen einen der Hauptgründe und auch Initiatorinnen von Blutfehden darstellen würden. Der Präsident der Kommission zur Aussöhnung von Blutfehden in Oberägypten habe angegeben, dass Blutfehden vielfältige Ursachen hätten, jedoch seien Frauen besonders in den Dörfern, in denen die Blutfehden ansteigen würden, zugleich Ursache und Anstifterinnen von Blutfehden, wodurch diese Praxis von Generation zu Generation weitergegeben würde. Gleichzeitig würden die in Oberägypten verbreitete Armut und mangelnde Bildung zu den Ursachen von Blutfehden zählen. Die Provinzen Oberägyptens seien von den vorigen Regierungen marginalisiert worden und es gebe in Fällen der Blutfehde keine schnellen und effizienten Reaktionen, die für Gerechtigkeit sorgen würden. Dutzende Dörfer in Oberägypten würden ihr Einkommen durch illegalen Handel mit Waffen und Drogen erzielen und daher gebe es Personen, die ein Interesse daran hätten, Streitigkeiten zu verstärken um materielle Gewinne zu erzielen. Besonders die Provinz Qena in Oberägypten sei bekannt für einen Anstieg von Blutfehde-Auseinandersetzungen, trotz Bemühungen der Sicherheitskräfte, des Ministeriums für religiöse Stiftungen und der Al-Azhar-Institution, bei der Bevölkerung ein Bewusstsein für die Gefahren von Blutfehden und deren Auswirkungen zu bilden. Die Orte Al-Hijirat, As-Samata, Hamardoum und Abu-Hizam in der Provinz Qena würden zu den bekanntesten Orten zählen, in denen besonders aufgrund der Verbreitung von Waffen Blutfehden ausbrechen würden. Vor einigen Monaten hätten die Sicherheitskräfte es geschafft, eine der bekanntesten Fehden in Qena, die 16 Todesopfer gefordert und das öffentliche Leben im Ort Farschut mehr als vier Jahre zum Erliegen gebracht habe, mit einer Versöhnung zu beenden. Der Ausbruch von Blutfehden in Oberägypten habe die ägyptische Regierungsbehörde „Organisation kultureller Paläste“ [General Organisation of Cultural Palaces] dazu veranlasst, das Projekt „kultureller Widerstand gegen Blutfehde-Praktiken“ in Qena zu starten, mit dem Ziel, in den Dörfern, in denen das Phänomen verbreitet sei, Kampagnen zur Bewusstseinsbildung und Vermittlung kultureller Werte besonders unter Frauen und jungen Leuten durchzuführen. Laut Statistiken der Sicherheitskräfte habe die Polizei in Zusammenarbeit mit den Kommissionen zur Aussöhnung von Blutfehden mehr als 60 Aussöhnungen innerhalb eines Jahres in Qena durchgeführt, bei einer Gesamtzahl von 120 Blutfehden in der Provinz. (Nujum Masriyya, 5. März 2016)

 

Al-Arab Online, das Online-Nachrichtenportal der in London herausgegebenen, arabischsprachigen Zeitung Al-Arab, berichtet in einem Beitrag vom Jänner 2016, dass zahlreiche Forscher in Studien zu Problemen der ägyptischen Gesellschaft angegeben hätten, dass Blutfehden in den letzten Jahren im Süden des Landes hunderte Tode gefordert hätten.

Statistiken der Sicherheitskräfte hätten 196 Tote und 214 Verletzte allein in den ersten fünf Monaten des Jahres 2015 in den drei oberägyptischen Provinzen Asyut, Qena und Sohag registriert, in denen es täglich Tode oder Verletzte gegeben habe. Die Praxis der Blutfehde werde in Oberägypten als ein Zeichen von Einfluss und Hegemonie wahrgenommen und die Stadt Al-Badari in Asyut zähle zu den Städten, in denen dieses Phänomen am verbreitetsten sei. Laut Angaben aus Sicherheitskreisen seien die meisten Einwohner der Stadt in eine Blutfehde verwickelt und zwischen manchen Familien bestehe eine Feindschaft, die länger als 50 Jahre zurückreiche. Die ausgehandelten Versöhnungsübereinkommen zwischen den Familien hätten Waffenstillständen geglichen, die wiederholt gebrochen worden seien. Besonders in der Provinz Qena gebe es immer wieder Ausbrüche von Gewalt zwischen den größten Stämmen in der Provinz, Al-Hawara und Al-Aschraf, die bereits ein Jahrhundert andauern würden und bisweilen so weit eskalierten, dass sich die beiden Stämme offiziell den Krieg erklären würden. Ein Sprecher der Sicherheitskräfte in Sohag habe erwähnt, dass es in der Provinz an Bemühungen der Religionsführer und der Meinungsführer mangele, die Streitigkeiten und Blutfehden zu beenden. Es gebe sogar einige Auseinandersetzungen, bei denen beide Seiten eine Beendigung wünschten, jedoch keinen fänden, der eine Schlichtung durchführen würde. Da es an Gesetzen, der Staatsgewalt sowie der Strafverfolgung durch Sicherheitskräfte mangele, sei das Phänomen der Blutfehde weiterhin verbreitet. Ägyptische Gerichte würden das Prinzip „Tötung gegen Tötung“ nicht akzeptieren und die Todesstrafe aufgrund mangelnder Beweise nur sehr selten verhängen, sondern sich stattdessen für lebenslängliche Haftstrafen entscheiden. Dies würde allerdings nicht als hinreichendes Mittel zur Wiederherstellung der Gerechtigkeit angesehen und würde daher die Fälle von Blutrache ansteigen lassen. (Al-Arab, 12. Jänner 2016)

 

The Cairo Post, die englische Ausgabe der in Privatbesitz befindlichen ägyptischen Tageszeitung Youm7, berichtet im Oktober 2015, dass bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen zwei Familien in der Stadt Al-Badari in Asyut am 13. Oktober den Schulunterricht einer Volksschule unterbrochen hätten. Die Stadt sei, besonders infolge der Aufstände 2011 und der mangelnden Sicherheit an der Grenze zu Libyen, bekannt für ihre Blutfehden und für ihre schwer bewaffneten EinwohnerInnen. Mitarbeiter der Polizeikräfte seien eingetroffen und hätten das Umfeld der Volksschule sowie die Häuser beider Familien abgeriegelt, während Staatsanwälte die Ermittlungen eingeleitet hätten. Es seien keine Todesopfer gemeldet worden:

„Armed clashes erupted Tuesday between two families in Upper Egypt’s governorate of Asyut have disrupted education in a primary school, Youm7 reported.

The feud-triggered clashes erupted between the Al-Nawaser and Al-Fearan families in Asyut’s southern town of al-Badary, known for blood feuds, locally known as Al-Tar. The town is also known for its highly armed population, especially following the 2011 uprising and the lack of security on Egypt-Libya borderline.

Scores of police forces moved to the scene and cordoned off the vicinity of the primary school and homes of the two families while the prosecutors began investigating the crime, security source at Asyut security directorate told Youm7. No casualties were reported.“ (The Cairo Post, 13. Oktober 2015)

Al-Masry Al-Youm berichtet in einem weiteren Artikel vom Oktober 2015, dass im Ort Manshiyyet al-Qanatir in der Provinz Giza ein Kind aufgrund einer Fehde zwischen zwei Familien getötet worden sei. Laut ersten Ermittlungen habe eine Familie versucht, eines ihrer Mitglieder bei einer anderen Familie zu rächen und sei in einem mit Waffen und Molotowcocktails beladenen Pick-up zum Haus der betreffenden Familie gefahren. Ein Kleinkind, das von seiner Mutter auf dem Arm getragen worden sei, sei von Schüssen getroffen und getötet worden, die Mutter und ein weiteres Mädchen, die sich nur zufällig am Tatort befunden hätten, hätten sich retten können. Die Sicherheitskräfte hätten ihre Bemühungen zur Festnahme der Schützen verstärkt. (Al-Masry Al-Youm, 4. Oktober 2015)

 

Al-Masry Al-Youm berichtet in einem weiteren Artikel vom August 2015, dass ein 26-jähriger Fleischer von zwei Personen, die die Absicht gehabt hätten, ihren Bruder zu rächen, in Beni Mazar in der Provinz Minya durch Schüsse getötet worden sei. Der Ermittlungsleiter sei am Tatort eingetroffen und habe durch Befragung des Onkels des Opfers erfahren, dass es sich bei den Personen um einen 35-jährigen Mann und seien 22-jährigen Bruder aus einer „Fischerfamilie“ desselben Ortes handle. (Al-Masry Al-Youm, 30. August 2015)

 

Al-Masry Al-Youm berichtet in einem weiteren Artikel vom August 2015, dass ein Strafgericht in Nag Hammadi einen Angeklagten wegen einer Blutfehde zweier Familien im Ort Farschut zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt habe. Sechs weitere Angeklagte seien in Abwesenheit zu lebenslänglichen Haftstrafen verurteilt worden. Die Fehde sei im September 2014 in Farschut nach dem Tod eines Mannes und der Verletzung dreier weiterer Personen erneut zwischen den Familien „Al-Sahalwa“ und „Al-Muchalafa“ ausgebrochen. Die Ermittlungen hätten ergeben, dass ein Täter mithilfe von sechs weiteren Personen auf das Todesopfer und die anderen Personen geschossen habe. Die Polizei habe den ersten Täter festgenommen, die Beihelfer seien nicht gefasst worden. (Al-Masry Al-Youm, 16. August 2015)

 

Al-Masry Al-Youm berichtet in einem weiteren Artikel vom August 2015, dass im Zuge einer Blutfehde in Al-Balyana in der Provinz Sohag ein 60-jähriger Arbeiter durch Schüsse getötet und sein 16-jähriger Sohn am Kopf verletzt worden sei. Der Sohn habe Mitglieder der Familie „Barqa“ beschuldigt, mit der sich seine Familie in einer Blutfehde befinde. Ein 27-jähriger mutmaßlicher Täter sei festgenommen worden, der bereits gestanden habe, die Blutrache-Tat zusammen mit anderen Beschuldigten verübt zu haben. Die Strafverfolgungsbehörde sei mit den Ermittlungen sowie mit der Festnahme der weiteren flüchtigen Täter und der Konfiszierung der Tatwaffen beauftragt worden. (Al-Masry Al-Youm, 8. August 2015)

 

Slate, ein US-amerikanisches Online-Magazin für Zeitgeschichte, Kultur und Politik, veröffentlicht im Mai 2014 eine Reportage des in Kairo tätigen Journalisten Yassin Gaber über den Ort Hamadoum in der Provinz Qena, einem Zentrum für Waffen-und Drogenhandel in Oberägypten. Der Artikel gibt die Aussage eines Dorfältesten von Hamadoum wieder, laut dem die Regierung den Menschen in der Region nicht helfen wolle. In den Augen der Regierung seien sie schlechte Leute, die nur auf eine Gelegenheit warten würden, sich gegenseitig zu töten. Auch in den brutalsten Auseinandersetzungen, so der Dorfälteste weiters, würden die Feuergefechte bis zu 40 Tage andauern, bevor die Behörden beschließen würden, einzugreifen. Laut Aussage des Journalisten selbst habe dieser bemerkt, dass der Polizeiposten am Eingang des Dorfes unbesetzt gewesen sei. Selbst in Nag Hammadi, der nahegelegenen Stadt, sei keine Polizei zu sehen gewesen. Bei einem Gespräch mit einem Polizeibeamten in der Stadt Qena habe dieser angegeben, dass die Bewohner von Hamadoum und Abu-Hizam „einer schmutziger als der andere“ seien. Die Sicherheitskräfte würden seinen Aussagen zufolge die „Bewohner unter sich lassen, damit sie sich gegenseitig umbringen.“ Sie seien nicht gewillt, der Bewohner wegen zu sterben, und würden diese Dörfer meiden:

„‘I will tell you something honestly,‘ the elder says, seizing my attention with his guttural Sa’idi accent and his firm, unwavering gaze. ‘The government doesn’t want to help us. To them, we’re just a bad bunch who jump at the chance to kill each other.‘ This is met with nods and approving growls all round. The elder continues: ‘Even during the ugliest of showdowns, gun battles can carry on for up to 40 days before the government decides to get involved.‘ I had noticed, as we entered the village, that the police checkpoint was unmanned. Even in Nagaa Hammadi, the nearby urban center, there was no sign of the police. […]

‘They’re both dirtier than the other,‘ he exclaims as he examines us, no doubt wondering what we are doing so far from home. The official, who sees no point in giving us his name, was referring to the inhabitants of Hamradroum and neighbouring Abu-Hizam. ‘We just leave them inside to kill each other off. We’re not willing to martyr ourselves for them … we steer clear of these villages.‘” (Slate, 9. Mai 2014)

Ältere Informationen zum Thema Blutrache in Ägypten finden sich in einer Anfragebeantwortung des irischen Herkunftsländerinformationszentrums Refugee Documentation Centre (RDC) vom Dezember 2011:

 

·      RDC - Refugee Documentation Centre, Legal Aid Board: Information on blood feuds, including information on any police protection available [Q14802], 12. Dezember 2011 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1326374080_q14802-egypt.pdf

 

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Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 8. Juni 2016)

·      Ahram Online: Egypt court gives preliminary death sentence to 25 in Aswan tribal feud, 11. Mai 2016
http://english.ahram.org.eg/NewsContent/1/64/216554/Egypt/Politics-/Egypt-court-gives-preliminary-death-sentence-to--i.aspx

·      Al-Arab: Die Eliminierung der Fehde in Oberägypten: Sitzungen zur Therapie einer Kultur mithilfe sicherheitstechnischer Beruhigungsmittel [Al-qada’ cala al-tha’r fi sacid masr: jalasat cilaj al-thaqafa bi-maskanat ‘amniyya], 12. Jänner 2016
http://www.alarab.co.uk/?id=70508

·      Al-Masry Al-Youm: Tod eines Arbeiters und Verletzung seines Kindes in Blutfehde in Sohag [maqtal camil wa isabat najlihi fi hadith tha’r bi-sohag], 8. August 2015
http://www.almasryalyoum.com/news/details/788589

·      Al-Masry Al-Youm: “Lebenslänglich” für 7 Personen im Fall einer Fehde zweier Familien in Farschut [Mu’abbad li-sabca ‘ashkhas fi qadiyyat tha’r bayn ca’ilatayn bi-farshut], 16. August 2015
http://www.almasryalyoum.com/news/details/793881

·      Al-Masry Al-Youm: Tod eines Fleischers durch Schüsse von zwei Fahrern in Fehde in Bani Mazar [maqtal jazzar bi-talaq nari cala yad sa’iqin fi hadith tha’r bi-bani mazar], 30. August 2015
http://www.almasryalyoum.com/news/details/801609

·      Al-Masry Al-Youm: Tod eines Kindes in Fehde zwischen zwei Familien in Manshiyyet al-Qanatir [maqtal tifl fi hadith tha’r bayn ca’ilatayn bi-mansha’at al-Qanatir], 4. Oktober 2015
http://www.almasryalyoum.com/news/details/821558

·      Al-Masry Al-Youm: Fehde zwischen zwei Familien verhindert Schulbesuch in Sohag [tha’r bayn ca’ilatayn yamnac tullab madrasa min al-hudur bi-sohag], 14. Februar 2016
http://www.almasryalyoum.com/news/details/892385

·      Al-Masry Al-Youm: “Leichentuch” beendet Fehde zwischen zwei Familien aus Sohag und Qena in Anwesenheit von 3.000 Personen [kafan yunhi thar bayn ca’ilatayn min sohag wa qena bi-hudur 3.000 shakhs], 31. Mai 2016
http://www.almasryalyoum.com/news/details/957225

·      Nujum Masriyya: Die wahren Gründe für die Opfer von Fehden in Oberägypten [Al-asbab al-haqiqiyya li-dahaya li-l-tha’r fi sacid masr], 5. März 2016
https://www.nmisr.com/arab-news/egypt-news/%D8%A7%D9%84%D8%A3%D8%B3%D8%A8%D8%A7%D8%A8-%D8%A7%D9%84%D8%AD%D9%82%D9%8A%D9%82%D9%8A%D8%A9-%D9%84%D8%B6%D8%AD%D8%A7%D9%8A%D8%A7-%D9%84%D9%84%D8%AB%D8%A3%D8%B1-%D9%81%D9%8A-%D8%B5%D8%B9%D9%8A%D8%AF

·      RDC - Refugee Documentation Centre, Legal Aid Board: Information on blood feuds, including information on any police protection available [Q14802], 12. Dezember 2011 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1326374080_q14802-egypt.pdf

·      Slate: Tea and Guns in Upper Egypt (Autor: Yassin Gaber), 9. Mai 2014
http://www.slate.com/articles/news_and_politics/roads/2014/05/gun_and_drug_smuggling_in_upper_egypt_how_lawless_has_egypt_become.html

·      The Cairo Post (Youm 7): Family Feud disrupts School Day in Upper Egypt, 13. Oktober 2015
http://thecairopost.youm7.com/news/171612/news/family-feud-disrupts-school-day-in-upper-egypt

·      The Majalla: Code of Honor Tradition and modern grievances meet to devastating effect in Aswan’s blood feuds, 20. April 2014
http://eng.majalla.com/2014/04/article55249618