Anfragebeantwortung zu Liberia: 1) Informationen zur Oppositionspartei Congress for Democratic Change (CDC); 2) Behandlung von UnterstützerInnen von OppositionskandidatInnen (insbesondere UnterstützerInnen von George Weah) bei den Präsidentschaftswahlen 2011 [a-9215-1]

12. Juni 2015

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1) Informationen zur Oppositionspartei Congress for Democratic Change (CDC)

In der im Jahr 2009 erschienenen, siebten Auflage des Nachschlagewerks „Political Parties of the World” wird angeführt, dass der Congress for Democratic Change (CDC) von BefürworterInnen einer Kandidatur George Weahs bei den Präsidentschaftswahlen vom Oktober 2005 gegründet worden sei. In der ersten Wahlrunde habe Weah die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhalten, in der zweiten Wahlrunde, die im November 2005 abgehalten worden sei, sei er allerdings Ellen Johnson-Sirleaf von der Unity Party unterlegen. Bei den Parlamentswahlen vom Oktober 2005 habe der CDC 15 Sitze in der Abgeordnetenkammer und drei Sitze im Senat erhalten:

The CDC was formed by supporters of George Weah’s October 2005 presidential candidacy. Weah finished first in the first round of voting, but was defeated in the second round held in November 2005 by Ellen Johnson-Sirleaf of the Unity Party. The CDC won 15 seats in the House of Representatives and three seats in the Senate in elections held in October 2005.” (Political Parties of the World, 2009, S. 360)

Die im Jahr 2015 erschienene Ausgabe des Nachschlagewerks „Political Handbook of the

World” führt im Kapitel zu Liberia an, dass der CDC im Jahr 2005 unter der Führung des früheren Fußballstars George Weah gegründet worden sei. Der CDC sei eine populistische Partei, die breiten Anklang bei der armen Bevölkerung Liberias finde. Weah habe bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen von 2005 die meisten Stimmen erhalten, sei aber in der zweiten Wahlrunde Ellen Johnson-Sirleaf von der Unity Party (UP) unterlegen. Bei den Parlamentswahlen von 2005 habe der CDC 15 Sitze in der Abgeordnetenkammer erhalten, mehr als jede andere Partei.

Mitte 2010 sei der CDC als treibende Kraft hinter der Formierung einer Wahlallianz namens Coalition for Democratic Change für die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen 2011 aufgetreten. Andere Mitglieder der vorgeschlagenen Koalition seien Berichten zufolge die Prodem, die Liberty Party (LP), die National Patriotic Party (NPP), die True Whig Party (TWP) und möglicherweise eine Fraktion der Liberia National Union (LINU) gewesen. Obwohl später auch über Diskussionen mit anderen kleinen Parteien berichtet worden sei, habe sich die Koalition nicht zur Gänze konsolidiert.

Zum Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen 2011 habe der CDC Winston A. Tubman bestimmt, einen Neffen des früheren liberianischen Präsidenten Tubman. Winston Tubman sei bei den Wahlen im Jahr 2005 für die National Democratic Party of Liberia (NDPL) angetreten und habe den vierten Platz erreicht. Bei der zweiten Wahlrunde habe er dann George Weah unterstützt. Tubman sei vor kurzem auch mit der LINU in Verbindung gebracht worden. Trotz der Ernennung von Tubman zum Präsidentschaftskandidaten sei Weah, der als Vize-Präsidentschaftskandidat aufgestellt worden sei, dem Vernehmen nach weiterhin das Aushängeschild des CDC („the star of the CDC ticket“) gewesen. Mehrere andere Parteien, insbesondere die NPP, hätten Tubman, einen in Harvard ausgebildeten Anwalt und ehemaligen Diplomaten, der sich beim Wahlkampf auf die Korruptionsbekämpfung und die nationale Versöhnung fokussiert habe, unterstützt.

Der CDC habe die zweite Runde der Präsidentschaftswahlen im November 2011 boykottiert. Kurz vor der zweiten Wahlrunde seien mehrere CDC-UnterstützerInnen getötet worden, als die Polizei das Feuer auf eine Protestkundgebung eröffnet habe. Anschließend habe es weiterhin große Spannungen zwischen dem CDC und der Regierung gegeben. Ende 2012 habe die Regierung, offensichtlich um für eine Verbesserung der Beziehungen zu sorgen, angekündigt, dass Weah zum Vorsitzenden des nationalen Friedens- und Versöhnungskomitees ernannt worden sei.

Ende 2013 habe der CDC Präsidentin Johnson-Sirleaf im Zusammenhang mit Vorwürfen, es komme weiterhin zu Regierungskorruption, zum Rücktritt aufgefordert. Daraufhin seien mehrere CDC-AnführerInnen wegen Subversion verhaftet worden. Weah habe sich anscheinend von der Anti-Regierungs-Rhetorik distanziert.

Am Ende des Eintrags zum CDC führt das Nachschlagewerk folgende Personen als ParteiführerInnen an: Georg Weah (Anführer und Präsidentschaftskandidat 2005), Winston B. Tubman (Präsidentschaftskandidat 2011), George Solo (Vorsitzender), Mulbah Morlu, Garblah V. Williams, Benoni Urey sowie Nathaniel McGill (Generalsekretär):

„Congress for Democratic Change (CDC). Formed in 2005 under the leadership of former soccer star George Weah, the CDC is a populist party with broad appeal among Liberia’s poor. Weah was the top vote-getter in the first round of the 2005 presidential election but lost the second round to the UP’s [Unity Party] Ellen Johnson-Sirleaf. Meanwhile, in the 2005 legislative balloting, the CDC became the largest party in the House with 15 seats.

The CDC in mid-2010 presented itself as the driving force behind the formation of an electoral alliance called the Coalition for Democratic Change to contest the 2011 presidential and legislative elections. Other members of the proposed coalition reportedly included Prodem, the LP [Liberty Party], NPP [National Patriotic Party], TWP [True Whig Party], and, perhaps, a faction of LINU [Liberia National Union]. Although discussions were subsequently reported with other small parties, the coalition failed to solidify completely.

For its 2011 presidential candidate, the CDC chose Winston A. Tubman, a nephew of former Liberian president Tubman. (Winston Tubman had finished fourth in the 2005 race as the candidate of the NDPL [National Democratic Party of Liberia] before throwing his support behind Weah in the second round. Tubman had also recently been associated with LINU [below].) However, by all accounts the star of the CDC ticket remained Weah, the vice-presidential candidate. Several other parties, most notably the NPP, also backed Tubman, a Harvard-educated lawyer and former diplomat who campaigned on a platform focusing on anticorruption measures and national reconciliation.

The CDC boycotted the second round of the presidential election in November 2011, and several CDC supporters were killed when police opened fire on a protest shortly before the balloting. Tension subsequently remained high between the CDC and the government, and, in an apparent effort to promote better relations, the administration announced in late 2012 that Weah had been appointed to head the national peace and reconciliation committee.

In late 2013 the CDC called upon President Johnson-Sirleaf to resign amid allegations of continued government corruption, and several CDC leaders were subsequently detained on subversion charges. However, Weah appeared to distance himself from the anti-administration rhetoric.

Leaders: George WEAH (Leader and 2005 presidential candidate), Winston B. TUBMAN (2011 presidential candidate), George SOLO (Chair), Mulbah MORLU, Garblah V. WILLIAMS, Benoni UREY, Nathaniel McGILL (Secretary General).” (Political Handbook of the World 2015, 2015)

Auf der Website des CDC (erreichbar unter http://cdcliberia.org) findet sich eine undatierte Auflistung des Exekutivkomitees der Partei. Diese Liste führt unter anderem George M.Weah als politischen Anführer, Nathaniel F. McGill als nationalen Vorsitzenden und Janga Kowo als Generalsekretär an. (CDC, ohne Datum (a))

 

Die liberianische Zeitung The Inquirer Newspaper zitiert in einem Artikel vom März 2015 eine Botschaft des politischen Anführers des CDC, Senator George Weah, der zufolge die Partei seit ihrer Gründung im Jahr 2004 einen langen Weg zurückgelegt habe und mit vielen Herausforderungen konfrontiert worden sei. Laut Weah hätten sich die Bemühungen der Partei an den Werten Inklusion und Gleichheit bei der Verteilung des nationalen Wohlstands orientiert und würden dies auch weiterhin tun. Die Partei werde sich weiterhin für die Interessen der Armen einsetzen:

„In a special message in the souvenir program, the political leader of the party, Senator George Weah recounted that the party has come ‘a long way since its founding in 2004, confronting many challenges but remaining strong and vibrant.’ […] The CDC political leader pointed out that the party’s struggle has been and will continue to be predicated on the value of inclusion and equity in the distribution of national wealth. ‘Our politics will continue to be pro-poor and we ask all to join us in this noble journey to bring freedom to our people,’ Senator Weah stated.” (The Inquirer Newspaper, 2. März 2015)

Im selben Artikel werden Nathaniel F. McGill als Vorsitzender und Janga Augustus Kowo als Generalsekretär der Partei genannt (The Inquirer Newspaper, 2. März 2015).

 

Die liberianische Tageszeitung FrontPage Africa erwähnt in einem Artikel vom Jänner 2015, dass die Oppositionspartei CDC den früheren Generalsekretär Nathaniel McGill zum nationalen Vorsitzenden gewählt habe. McGill ersetze den früheren Vorsitzenden George Solo, der im Jahr 2014 von der Partei ausgeschlossen worden sei:

The opposition Congress for Democratic Change (CDC) has elected Mr. Nathaniel McGill former Secretary General as its national chairman. Mcgill replaces long embattled former Chairman George Solo, who was expelled by the party last year.” (FrontPage Africa, 16. Jänner 2015)

Freedom House, eine in den USA ansässige NGO, die zu den Themen Demokratie, politische Freiheit und Menschenrechte forscht und sich für diese einsetzt, schreibt in ihrem Jahresbericht zu politischen Rechten und bürgerlichen Freiheiten vom Jänner 2015, dass sich der CDC seit der Wahlniederlage im Jahr 2011 damit schwer getan habe, seinen interne Kohärenz aufrechtzuerhalten:

„The CDC in particular has struggled to maintain internal coherence since its defeat in the 2011 polls.” (Freedom House, 28. Jänner 2015)

Auf seiner Website bietet der CDC einen undatierten Überblick zu seiner Geschichte. Unter anderem wird darin erwähnt, dass der CDC im Jahr 2004 gegründet worden sei. Bei einem Treffen mit George Weah sei diesem vorgeschlagen worden, der Fahnenträger der neuen Bewegung zu werden. Anschließend sei die Gruppe weiter vorangeschritten und habe Weah formal darum gebeten, für sie bei den Wahlen im Oktober 2005 als Präsidentschaftskandidat anzutreten. Am 24. November 2004 habe Weah dieser Bitte zugestimmt. Nach der Überwindung einer Reihe von Hürden sei der CDC schlussendlich im Juli 2005 zu den Wahlen im Oktober desselben Jahres zugelassen worden.

Wie der undatierte Überblick außerdem anführt, gebe es auch einen CDC-USA, dessen Mandat es sei, den CDC in Liberia bei seinen Bemühungen zur Staatsbildung zu unterstützen:

„The Congress for Democratic Change was founded in 2004. […]

The first meeting of this great movement took place at Ambassador Weah’s residence. Many issues were discussed with the Ambassador, including the failure of past regimes due to selfishness and greed. It was suggested that based on his life and character, it will be a honorable thing if he could accept to be the flag bearer of this new movement to send a clear message to the old order that the grass root majority of Liberians were tired of their misrule. The group then went ahead and formally petitioned Ambassador Weah to contest the presidency in the October 11, 2005 general elections. […] On November 24, 2004, Ambassador Weah after a series of consultation with family members and friends agreed to be a presidential candidate in the 2005 elections. […]

The name Congress for Democratic Change-United States of America (CDC-USA) was officially adopted for the USA group and, a national leadership team was nominated and voted in, to steer the affairs of the US-based organization. CDC-USA’s mandate was to be a solid support partner in the nation building efforts of the home based group in Liberia. To this end, in January of 2005, the CDC-USA, under the leadership of Chairman Emeritus Samuel Tweah, began a nationwide CDC-George Weah ‘Awareness Tour’. […]

The party launched her drive for registration at the National Elections Commissions and its membership list was challenged twice. After a series of hurdles, the party was finally certified in July 2005 to run in the October general and presidential elections.” (CDC, ohne Datum (b))

Auf der CDC-Website findet sich außerdem ein undatierter Überblick über die zehn Grundüberzeugungen der Partei. Dazu würden eine bürgernahe Demokratie, soziale Gerechtigkeit und Gleichheit, Rechenschaftspflicht und Transparenz, Gewaltfreiheit, Respekt für Diversität, Geschlechtergleichstellung, Kinderrechte, ökologische Verantwortung, Globalisierung und ein Fokus auf der Zukunft gehören. (CDC, ohne Datum (c))

 

Freedom House schreibt im weiter oben bereits zitierten Bericht vom Jänner 2015, dass die Unity Party der amtierenden Präsidentin Sirleaf bei den Parlamentswahlen vom Oktober 2011 insgesamt 24 Sitze in der Abgeordnetenkammer und vier der 15 zur Wahl stehenden Sitze im Senat errungen habe. Der CDC sei zweitstärkste Partei geworden, mit elf Sitzen in der Abgeordnetenkammer und zwei Sitzen im Senat:

„In the October 2011 parliamentary elections, incumbent president Sirleaf’s Unity Party secured a plurality of 24 seats in the House and 4 of the 15 seats at stake in the Senate. The opposition Congress for Democratic Change (CDC) placed second with 11 House seats and 2 Senate seats.” (Freedom House, 28. Jänner 2015)

Dieselben Zahlen finden sich auch in zwei undatierten Überblicken der Interparlamentarischen Union (IPU), einer 1889 gegründeten internationalen Vereinigung von Parlamenten, zu den Wahlen zur Abgeordnetenkammer bzw. den Senatswahlen vom Oktober 2011 (IPU, ohne Datum (a); IPU, ohne Datum (b)).

 

Im Überblick zu den Wahlen zur Abgeordnetenkammer wird außerdem erwähnt, dass der CDC im Vorfeld der Wahlen versprochen habe, sich für nachhaltigen Frieden und nationale Versöhnung einzusetzen und die Korruption zu bekämpfen. Der CDC habe sich in einer Wahlallianz mit verschiedenen Parteien, darunter die NPP des früheren Präsidenten Taylor, befunden:

„Mr. Tubman's CDC presented its ‘Agenda for Prosperity’. It promised to work for sustainable peace and national reconciliation, and to tackle corruption. The CDC was in an electoral alliance with several parties, including former President Taylor's National Patriotic Party (NPP), led by his former wife Jewel Taylor, also a Senator.” (IPU, ohne Datum (a))

Wie Freedom House anführt, hätten im Dezember 2014 erneut Senatswahlen stattgefunden. Dabei habe der ehemalige Präsidentschaftskandidat des CDC, George Weah, einen Sitz erringen können:

„On October 4, 2014, President Sirleaf ordered Senate elections planned for October 14 to be postponed until December, stating that the government’s efforts to contain Ebola would prevent it from properly carrying out the elections as scheduled. […] However, the elections were held on December 20. Election results included former CDC presidential candidate George Weah defeating Robert Sirleaf, the president’s son, in a landslide victory for a Senate seat.” (Freedom House, 28. Jänner 2015)

Laut der IPU habe der CDC bei diesen Wahlen insgesamt zwei Sitze und die UP vier Sitze errungen (IPU, ohne Datum (c)).

 

Bitte beachten Sie auch die in Teil zwei dieser Anfragebeantwortung enthaltenen Informationen.

2) Behandlung von UnterstützerInnen von OppositionskandidatInnen (insbesondere UnterstützerInnen von George Weah) bei den Präsidentschaftswahlen 2011

Das US-amerikanische Außenministerium (US Department of State, USDOS) schreibt in seinem Länderbericht zur Menschenrechtslage vom Mai 2012 (Berichtszeitraum 2011), dass die Nationale Wahlkommission am 11. Oktober 2011 nationale Wahlen durchgeführt habe. Diese seien von den internationalen und nationalen BeobachterInnen als frei, fair, transparent und glaubwürdig befunden worden, obwohl von einigen kleineren Unregelmäßigkeiten berichtet worden sei. Weil keiner der KandidatInnen eine absolute Mehrheit erreicht habe, sei am 8. November 2011 eine Stichwahl abgehalten worden, bei der Präsidentin Sirleaf und CDC-Kandidat Tubman hätten antreten sollen. Am 4. November 2011 habe die CDC allerdings mitgeteilt, dass sie die Wahlen wegen weitverbreitetem Betrug boykottiere.

Auch die Stichwahl sei von internationalen und nationalen BeobachterInnen als frei, fair und transparent eingestuft worden, obwohl sie von einer niedrigen Wahlbeteiligung aufgrund eines gewaltsamen Protests am Vortag und dem Boykott des CDC getrübt worden sei.

Am 7. November 2011 sei es zu Zusammenstößen zwischen Strafverfolgungsbehörden und UnterstützerInnen der Oppositionspartei CDC gekommen, nachdem CDC-UnterstützerInnen ohne Genehmigung die Parteizentrale verlassen hätten, um einen Marsch abzuhalten. Andere Regierungsbeamte und Angehörige der UNO-Truppen hätten dabei geholfen, die Gewalt, die zu einem bestätigten Todesfall geführt habe, zu beenden. Am 14. November 2011 habe die Präsidentin einen speziellen unabhängigen Ermittlungsausschuss einberufen, um die Gewalt zu untersuchen. Ein erster Bericht des Ausschusses habe empfohlen, den Generalinspektor der Polizei, Marc Amblard, seines Kommandos zu entheben. Die Präsidentin habe dieser Empfehlung zugestimmt:

„During the year Ellen Johnson Sirleaf won the national presidential election with 91 percent of the vote in a runoff election after her opponent, Winston Tubman of the Congress for Democratic Change (CDC), boycotted the second round of voting; […].

[…] The NEC [National Elections Commission] conducted the national elections on October 11; international and national observers declared them to be free, fair, transparent, and credible, although some minor irregularities were noted. Because no presidential candidate won an absolute majority of 50 percent plus one, a runoff election was held on November 8. The NEC announced that President Sirleaf and the CDC’s Tubman would proceed to the second round as the top two vote-getters. On November 4, Tubman announced the CDC was boycotting the elections, citing unsubstantiated claims of widespread fraud.

International and national observers also declared the November 8 runoff free, fair, and transparent, although marred by low turnout due to the previous day’s violent protest and the boycott by the CDC.” (USDOS, 24. Mai 2012, Section 3)

„On November 7, law enforcement agents clashed with supporters of the opposition party Congress for Democratic Change (CDC) when CDC supporters, without a permit, left their headquarters to march into Monrovia. Other government agents and UN force personnel helped to end the violence, which resulted in one confirmed death. On November 14, the president convened a special independent committee of inquiry to investigate the violence; its investigation was ongoing at year’s end. An initial report issued on November 25 recommended, and the president agreed, that Inspector General of Police Marc Amblard be relieved of command.” (USDOS, 24. Mai 2012, Section 2b)

Die international tätige Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) geht in einem Bericht vom August 2013 ebenfalls auf die Zusammenstöße zwischen der Polizei und dem oppositionellen CDC vom 7. November 2011 ein. Laut dem Ermittlungsausschuss, der gebildet worden sei, um die Polizeigewalt zu untersuchen, seien mindestens eine Person getötet und weitere verletzt worden, als ein Polizist das Feuer auf Protestierende eröffnet habe. Als Hauptgrund für die Gewalt habe der Ausschuss ein Versagen der Polizeiführung genannt. Basierend auf den Empfehlungen des Ausschusses sei Generalinspektor Amblard entlassen worden:

„On November 7, 2011, police clashed with the Congress for Democratic Change (CDC), an opposition party. The commission of inquiry that was formed to investigate the police violence on that day found that at least one person had been shot and killed, and others wounded, when one officer fired live ammunition into a crowd of protesters. The commission found that the police’s reaction to the protest was disproportionate, that it was ill-prepared for crowd control, and cited failure of leadership as a principal cause of the violence. Based on the commission’s recommendations, Inspector General Amblard was dismissed.” (HRW, August 2013, S. 15)

Fund for Peace (FfP), eine unabhängige, gemeinnützige Forschungs- und Bildungsorganisation mit Hauptsitz in Washington, D.C., deren Arbeit darauf abzielt, zur Vermeidung gewaltsamer Konflikte und zur Förderung nachhaltiger Sicherheit beizutragen, schreibt in der Schlussfolgerung eines im Jänner 2013 veröffentlichten Berichts, dass die Präsidentschaftswahlen von 2011 internationalen BeobachterInnen zufolge frei und fair gewesen seien, obwohl sie von einem Oppositions-Boykott der Stichwahl und einer Wahlbeteiligung von nur 37 Prozent bei der zweiten Wahlrunde getrübt worden seien.

Obwohl die Wahlen nicht so gewaltsam oder umstritten gewesen seien wie von vielen befürchtet, habe es nicht wenige Berichte über Gewalt gegen und Einschüchterung von MedienvertreterInnen gegeben:

„According to International observers President Johnson Sirleaf’s victory in the elections, and subsequent run-offs, was free and fair. However, her mandate has been marred by an opposition boycott in the run-off and a turnout of only 37% in the second round. The boycott, led by Winston Tubman of the opposition CDC party, and violent protests prior to the run-off, indicate that despite Sirleaf’s electoral victory and recent Nobel prize, Liberians are still divided over their country’s future and there is ample room for politicians to capitalize on popular discontent. […]

While the Liberian election was not as violent or contested as many had feared, there were quite a few reports of violence and intimidation against members of the media.” (FfP, 11. Jänner 2013, S. 13)

Freedom House führt im weiter oben bereits zitierten Bericht vom Jänner 2015 an, dass, obwohl Oppositionsmitglieder Betrugs- und Korruptionsvorwürfe geäußert hätten, internationale und lokale BeobachterInnen die Wahlen als verhältnismäßig frei, fair und friedvoll, mit einigen isolierten Gewaltvorfällen vor und nach den Wahlen, bezeichnet hätten. Die Regierung habe vor den Wahlen kurzzeitig Radio- und Fernsehsender mit einer als solchen wahrgenommenen Pro-CDC-Ausrichtung geschlossen:

„Although opposition members alleged fraud and corruption, international and local observers found that the elections had been comparatively free, fair, and peaceful, with isolated incidents of violence before and after the voting. The government briefly shut down radio and television stations with perceived pro-CDC biases before the vote.” (Freedom House, 28. Jänner 2015)

Die International Crisis Group (ICG), eine unabhängige, nicht profitorientierte Nicht-Regierungsorganisation, die mittels Informationen und Analysen gewaltsame Konflikte verhindern und lösen will, erwähnt in einem Bericht vom Juni 2012 hetzerische Kommentare von PolitikerInnen und sporadische Gewalt in den Monaten vor den Präsidentschaftswahlen von 2011. Nach den Wahlen habe die größte Oppositionspartei, der CDC, den Frieden bedroht und behauptet, betrogen worden zu sein.

ICG führt weiters an, dass BeobachterInnen die Wahlen von 2011 trotz einiger Mängel als glaubwürdig eingeschätzt hätten. Der Sonderbeauftragte des UNO-Generalsekretärs, Moustapha Soumaré, habe die Wahlen als „historischen Meilenstein“ bezeichnet. Die Gewalt im Vorfeld der ersten Wahlrunde und am Vortag der Stichwahl sei kurz und nicht weitverbreitet gewesen.

Zum aggressiven Wahlkampf hätten beleidigende Botschaften und gewaltsame, anonyme Angriffe auf Medienhäuser, JournalistInnen und Eigentum von AnhängerInnen der regierenden UP gezählt. Die abschließenden Kundgebungen der UP und des CDC im Oktober 2011 seien allerdings friedlich verlaufen.

Proteste von CDC-UnterstützerInnen vor der Parteizentrale am 7. November 2011 seien schnell in Gewalt umgeschlagen. Mindestens eine Person sei ums Leben gekommen und mehrere weitere seien verletzt worden, als die liberianische Nationalpolizei das Feuer auf unbewaffnete Protestierende eröffnet habe. Polizeikräfte der UNO-Mission in Liberia (UNMIL) hätten die liberianische Nationalpolizei unterstützen müssen. Nach den Protesten seien drei Medienhäuser wegen des Ausstrahlens von „Hassbotschaften“ und Bildern der Gewalt geschlossen worden:

Inflammatory comments by politicians and sporadic violence in the months leading up to that election showed that democracy remains fragile; after the vote, the main opposition party, the Congress for Democratic Change (CDC), threatened the peace, insisting it had been cheated.” (ICG, 12. Juni 2012, S. 1)

„Despite some flaws, observers judged the 2011 elections credible. The UN Secretary-General’s Special Representative (SRSG), Moustapha Soumaré, hailed them as an ‘historic milestone’. Violence in the lead-up to the first round and on the eve of the run-off was brief and not widespread, due equally to the Liberians’ resolve to resist conflict and the UNMIL [United Nations Mission in Liberia] presence. […]

The aggressive campaign included insulting slogans and violent, anonymous attacks on media houses, journalists and properties belonging to partisans of the ruling UP. However, final rallies by the UP and CDC in October were peaceful. […]

Protests by CDC supporters outside party headquarters on 7 November rapidly deteriorated into violence. At least one person died and several were injured when the Liberian National Police (LNP) shot at unarmed protesters. UNMIL police had to intervene to support the LNP, which subsequently shut three media houses for broadcasting ‚hate messages’ and images of the violence.” (ICG, 12. Juni 2012, S. 2-5)

Die wirtschaftsliberale Bertelsmann Stiftung, eine deutsche gemeinnützige Denkfabrik mit Sitz in Gütersloh, schreibt in ihrem 2014 veröffentlichten Transformationsindex, einem Ländergutachten zu politischer Partizipation, Rechtsstaatlichkeit, Stabilität demokratischer Institutionen, sozioökonomischer Entwicklung etc. im Zeitraum 31. Jänner 2011 bis 31. Jänner 2013, dass der CDC-Kandidat Tubman die zweite Runde der Präsidentschaftswahlen von 2011 boykottiert und Vorwürfe erhoben habe, wonach Wahlbetrug verübt und die Wahlergebnisse verfälscht worden seien.

WahlbeobachterInnen seien allerdings zu dem Schluss gekommen, dass die erste Wahlrunde ordnungsgemäß abgelaufen sei („well-run“) und die festgestellten Unregelmäßigkeiten nicht ausgereicht hätten, um Auswirkungen auf die Ergebnisse zu haben.

Am 7. November 2011 seien Proteste von CDC-UnterstützerInnen in Gewalt umgeschlagen, als Angehörige der liberianischen Nationalpolizei das Feuer auf die Menschenmenge eröffnet und dabei mindestens eine(n) Zivilisten/Zivilistin getötet und mehrere weitere verletzt hätten. Das Justizministerium habe daraufhin den Vorwurf der Anstiftung zur Gewalt ins Feld geführt und die Vollmacht erhalten, vier als pro-CDC eingestufte Radio- und Fernsehsender zu schließen (Love FM, im Besitz eines Vertrauten des ehemaligen Präsidenten Charles Taylor und wichtigen Unterstützers des CDC; King’s FM, im Besitz von Georg Weah; Shatta FM und Power FM, im Besitz eines Journalisten und Freundes von Taylor). Die Regierung von Johnson-Sirleaf sei daraufhin wegen des als solchen wahrgenommenen Vorgehens gegen oppositionelle Stimmen in die Kritik geraten. Wie die Bertelsmann Stiftung weiters anführt, habe die Regierung den geschlossenen Radiosendern vorgeworfen, im Vorfeld der zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen Hassreden verbreitet zu haben. Allerdings habe die Regierung ihre Entscheidung später aufgehoben, so dass die Sender Ende 2011 ihren Betrieb wieder aufgenommen hätten:

„[…] the CDC ’ s Tubman boycotted the second round, alleging fraud and falsification of results.

Election observers had, however, concluded that the first round was well-run, and that the irregularities identified were not sufficient to affect the results. Nevertheless, Tubman and his running mate, George Weah, withdrew from the race four days before the run-off despite calls from international and regional actors such as the AU [African Union] and ECOWAS [Economic Community of West African States] to reconsider their decision. On November 7, protests by CDC supporters turned violent as LNP [Liberian National Police] officers opened fire on the crowd, killing at least one civilian and injuring several others. Citing incitement to violence, the Justice Ministry subsequently obtained a warrant to shut down four radio and television stations considered to be pro-CDC (Love FM, owned by a confidant of ex-President Charles Taylor and a key CDC supporter; King’s FM, owned by George Weah; as well as Shatta FM and Power FM, owned by Aaron Kollie, journalist and friend of Taylor). The Johnson-Sirleaf administration came under fire for what was perceived as a lockdown on opposition voices.” (Bertelsmann Stiftung, 2014, S. 7-8)

„The closing of four media outlets following the November 2011 clashes between CDC supporters and LNP officers met with harsh criticism from local and international observers. The government claimed the radio stations were propagating hate speech before the second round of the presidential elections. However, the government rescinded its decision and the stations reopened at the end of 2011.” (Bertelsmann Stiftung, 2014, S. 29)

Reporters Sans Frontières (RSF), eine internationale NGO, die sich für Medienfreiheit einsetzt, erwähnt in einem an die liberianische Präsidentin Sirleaf gerichteten Brief vom November 2011 ebenfalls die Schließung der vier Rundfunkveranstalter. Kings FM/Clar TV befinde sich im Besitz von George M. Weah. (RSF, 15. November 2011)

 

Die in den USA ansässige NGO Committee to Protect Journalists (CPJ) geht in einem Artikel vom November 2011 ebenfalls auf die Schließung der Radio- und Fernsehsender ein. Wie der Artikel anführt, habe die Regierung der liberianischen Präsidentin Ellen Johnson Sirleaf Meldungen zufolge am 7. November 2011 drei liberianische Rundfunkveranstalter geschlossen. Bei den betroffenen Sendern habe es sich laut der liberianischen Pressevereinigung um Kings FM und Clar TV, Love FM und TV sowie Shiata Power FM und TV gehandelt. Der Schließung sei ein Gerichtsbeschluss zugrunde gelegen, der infolge einer Beschwerde der Justizministerin und des Informationsministers im Zusammenhang mit der Berichterstattung der Sender über eine gewaltsame Auflösung einer Kundgebung vor der CDC-Parteizentrale erlassen worden sei.

In der offiziellen Beschwerde sei den Sendern vorgeworfen worden, “Hassbotschaften gegen die Regierung auszustrahlen, absichtlich Falschinformationen und Gewaltbotschaften zu verbreiten und die Menschen dazu anzustiften, sich zu erheben und auf die Straße zu gehen“.

Wie der Artikel weiters anführt, sei einer der Rundfunkveranstalter, Love FM und TV, im Oktober 2011 zum Ziel eines Brandanschlags geworden, nachdem sich zuvor ein Angriff auf die Parteizentrale der UP von Sirleaf ereignet habe:

„The administration of incumbent Liberian President Ellen Johnson Sirleaf silenced on Monday three Liberian broadcasters that have covered the campaigning of the opposition Congress for Democratic Change (CDC) party in the run-up to today's runoff presidential vote, according to news reports.

On Monday evening, armed police in the capital, Monrovia, shut down the studios of Kings FM and Clar TV, Love FM and TV, and Shiata Power FM and TV with a court order and forced the stations off the air temporarily, according to the Press Union of Liberia (PUL). The court order, signed by Judge James Zotaa of Montserrado County criminal court, followed a complaint filed by Justice Minister Christiana Tah and Information Minister Cletus Sieh against the stations over their coverage of the police's violent dispersal of a rally at the CDC headquarters.

The official complaint accused the stations of ‘broadcasting hate messages against the government and deliberately spreading misinformation and messages of violence, and instigating the people to rise up and take to the streets,’ according to court papers obtained by CPJ. […]

One of the stations suspended, Love FM and TV, was the target of an arson attack last month following an attack on the headquarters of Sirleaf's Unity Party, CPJ research showed.” (CPJ, 8. November 2011)

 

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Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 12. Juni 2015)

·      Bertelsmann Stiftung: BTI 2014; Liberia Country Report, 2014
http://www.bti-project.de/fileadmin/Inhalte/reports/2014/pdf/BTI 2014 Liberia.pdf

·      CDC - Congress for Democratic Change: About Us: CDC Executive Committee, ohne Datum (a)
http://cdcliberia.org/ab/pages/exec.php

·      CDC - Congress for Democratic Change: About Us: Our History, ohne Datum (b)
http://cdcliberia.org/ab/pages/history.php

·      CDC - Congress for Democratic Change: 10 Core Values of the CDC, ohne Datum (c)
http://cdcliberia.org/ab/pages/core.php

·      CPJ - Committee to Protect Journalists: Liberian government silences three broadcasters, 8. November 2011
https://cpj.org/2011/11/liberian-government-silences-three-broadcasters.php

·      FfP - Fund for Peace: Liberia: Elections and Beyond, 11. Jänner 2013
http://www.fundforpeace.org/global/library/culrr1202-unlockliberia-01g.pdf

·      Freedom House: Freedom in the World 2015 - Liberia, 28. Jänner 2015 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/local_link/298957/435508_de.html

·      FrontPage Africa: Liberia: White Ballot - Mcgill Elected CDC Chair At 6th Congress, 16. Jänner 2015 (verfügbar auf AllAfrica)
http://allafrica.com/stories/201501161010.html

·      HRW - Human Rights Watch: Liberia: Police Corruption Harms Rights, Progress, August 2013 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/file_upload/1002_1377361882_liberia0813-forupload-0.pdf

·      ICG - International Crisis Group: Liberia: Time for Much-Delayed Reconciliation and Reform, 12. Juni 2012 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/file_upload/2016_1340008479_b088-liberia-time-for-much-delayed-reconciliation-and-reform.pdf

·      IPU - Interparlamentarische Union: Liberia: House of Representatives: Last elections, ohne Datum (a)
http://www.ipu.org/parline-e/reports/2183_E.htm

·      IPU - Interparlamentarische Union: Liberia: The Liberian Senate: Elections in 2011, ohne Datum (b)
http://www.ipu.org/parline-e/reports/arc/2184_11.htm

·      IPU - Interparlamentarische Union: Liberia: The Liberian Senate: Last elections, ohne Datum (c)
http://www.ipu.org/parline-e/reports/2184_E.htm

·      Political Handbook of the World 2015 (Hg.: Tom Lansford), 2015 (Auszüge auf Google Books verfügbar)

·      Political Parties of the World, 7th edition (Hg.: D.J. Sagar), 2009

·      RSF - Reporters Sans Frontières: Letter to President Sirleaf About Closure of Media, Violence Against Journalists, 15. November 2011
http://en.rsf.org/liberia-letter-to-president-sirleaf-about-15-11-2011,41400.html

·      The Inquirer Newspaper: CDC Launches “Dollar-Rally”, 2. März 2015
http://monroviainquirer.com/2015/03/02/cdc-launches-dollar-rally/

·      Mai 2012 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/local_link/217674/338438_de.html