Anfragebeantwortung zu Simbabwe: Informationen zur Lage von Homosexuellen [a-8769]

23. Juli 2014

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Abschnitt 73, Absatz 1 des am 1. Juli 2006 in Kraft getretenen simbabwischen Gesetzes Nummer 23/2004 von 2005 zum Strafrecht (Act No. 23/2004 of 2005 on Criminal Law (Codification and Reform)) sieht vor, dass eine männliche Person, die mit Zustimmung einer anderen männlichen Person wissentlich Analverkehr oder eine andere Handlung mit körperlichen Kontakt mit dieser Person praktiziert, die von einer vernünftigen Person als unanständige Handlung eingestuft wird, sich der Sodomie schuldig gemacht hat. Der Gesetzestext sieht eine Geldstrafe bis zu „Stufe 14“ oder darüber hinaus oder eine Haftstrafe für einen Zeitraum von nicht länger als einem Jahr oder beiden Strafen dafür vor. Absatz 2 sieht vor, dass vorbehaltlich Absatz 3 beide an einer in Absatz 1 beschriebenen Handlung Beteiligten der Sodomie angeklagt und verurteilt werden können. Laut Absatz 3a ist eine männliche Person, die Analverkehr oder eine unanständige Handlung mit einer jungen männlichen Person unter 12 Jahren praktiziert, des schweren Sittlichkeitsvergehens („aggravated indecent assault“) oder Sittlichkeitsvergehens anzuklagen. Die Abschnitte 3b und 3c definieren die vorgesehene Anklage bezüglich Personen über 12 Jahren und unter 16 Jahren sowie ob die Handlung mit oder ohne Einwilligung durchgeführt wurde:

„73 Sodomy

(1) Any male person who, with the consent of another male person, knowingly performs with that other person anal sexual intercourse, or any act involving physical contact other than anal sexual intercourse that would be regarded by a reasonable person to be an indecent act, shall be guilty of sodomy and liable to a fine up to or exceeding level fourteen or imprisonment for a period not exceeding one year or both.

(2) Subject to subsection (3), both parties to the performance of an act referred to in subsection (1) may be charged with and convicted of sodomy.

(3) For the avoidance of doubt it is declared that the competent charge against a male person who performs anal sexual intercourse with or commits an indecent act upon a young male person—

(a) who is below the age of twelve years, shall be aggravated indecent assault or indecent assault, as the case may be; or

(b) who is of or above the age of twelve years but below the age of sixteen years and without the consent of such young male person, shall be aggravated indecent assault or indecent assault, as the case may be; or

(c) who is of or above the age of twelve years but below the age of sixteen years and with the consent of such young male person, shall be performing an indecent act with a young person.” (Act No. 23/2004 of 2005 on Criminal Law, 2005, Abschnitt 73)

Die Standard-Skala für Geldstrafen des Strafgesetzbuchs von 2007 sieht für „Stufe 14“ eine Höhe von 250.000 Simbabwe-Dollar vor:

·      Criminal Law Code (Standard Scale of Fines) Notice, 2007 (verfügbar auf Kubatana.net)

http://archive.kubatana.net/docs/legisl/crim_law_code_fines_si30a_070207.pdf

 

Laut einem im Juli 2014 veröffentlichten Artikel des unabhängigen Radiosenders SW Radio Africa mit Sitz in London wurde der Simbabwe-Dollar im Jahr 2009 abgeschafft und der US-Dollar als Währung in Simbabwe übernommen:

·      SW Radio Africa: Zimbabwe: Chinamasa Regrets Adopting the U.S. Dollar, 22. Juli 2014

http://allafrica.com/stories/201407230342.html

 

Das US-Außenministerium (US Department of State, USDOS) schreibt in seinem Länderbericht zur Menschenrechtslage vom Februar 2014 (Berichtszeitraum 2013), dass das Strafgesetzbuch eine bis zu einjährige Haftstrafe oder eine Geldstrafe von bis zu 5.000 US-Dollar [etwa 3.700 Euro, Anm. ACCORD] für eine Handlung, die körperlichen Kontakt zwischen männlichen Personen beinhalte und die von einer vernünftigen Person als unanständige Handlung eingestuft werde, vorsehe. Allerdings seien keine Fälle einer strafrechtlichen Verfolgung von einvernehmlichen gleichgeschlechtlichen Aktivitäten bekannt geworden. Das Gewohnheitsrecht halte Schwule und in einem geringeren Ausmaß Lesben von einem vollständigen Ausleben ihrer sexuellen Orientierung ab. In einigen Fällen werde durch das Gewohnheitsrecht die Darstellung von Zuneigung zwischen Männern kriminalisiert. Führungspersonen aller politischen Parteien, darunter Präsident Mugabe und der ehemalige Premierminister Tsvangirai hätten öffentlich die LGBT-Gemeinschaft kritisiert. Im Juli 2013 habe Mugabe die LGBT-Gemeinschaft gewarnt, dass er sie verfolgen und „köpfen“ werde. Mitglieder der Organisation Gays and Lesbians of Zimbabwe (GALZ) seien von Angriffen, Schikanierung und Diskriminierung betroffen gewesen. Der signifikante Anstieg von Schikanierung und Kontrolle der GALZ durch die Regierung sei politischen Machenschaften rund um den Prozess zur Ausarbeitung einer Verfassung zugeschrieben worden. Religiöse Anführer in der traditionell konservativen Gesellschaft und ChristInnen hätten Diskriminierung von Mitgliedern der LGBT-Gemeinschaft befürwortet und gefördert:

„According to the country’s criminal code ‘any act involving physical contact between males that would be regarded by a reasonable person to be an indecent act’ carries a penalty of up to one year in prison or a fine up to $5,000. Despite that, there were no known cases of prosecutions of consensual same-sex sexual activity. Common law prevents gay men and, to a lesser extent, lesbians from fully expressing their sexual orientation. In some cases, it criminalizes the display of affection between men. The leadership in all political parties, including President Mugabe and former prime minister Tsvangirai, publicly criticized the LGBT community. In July, Mugabe warned the LGBT community that he would come after them and that they would be ‘beheaded.’ Members of Gays and Lesbians of Zimbabwe (GALZ), the primary organization dedicated to advancing the rights of LGBT persons, experienced assault, harassment, and discrimination. The significantly increased harassment and scrutiny of GALZ by the government was attributed to political machinations surrounding the constitution-making process. Religious leaders in a society that was traditionally conservative and Christian espoused and encouraged discrimination against LGBT individuals.” (USDOS, 27. Februar 2014, Section 6)

Im Gegensatz zur GALZ sei das Sexual Rights Center (SRC), eine Organisation, die sich ebenfalls für die Rechte von „sexuellen Minderheiten“ einsetze, nur minimal von Schikanierung betroffen gewesen, so das USDOS weiters. Vor den Wahlen sei ein lesbisches Paar, das die Interessen des SRC vertreten habe, von der Zentralen Nachrichtenorganisation (Central Intelligence Organization, CIO) schikaniert und eingeschüchtert worden. Die CIO habe auch ihre Familien bedroht. Mitglieder der LGBT-Gemeinschaft hätten über weit verbreitete gesellschaftliche Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung berichtet. Als Reaktion auf gesellschaftlichen Druck hätten einige Familien Berichten zufolge LGBT-Mitglieder der eigenen Familie „korrigierender“ Vergewaltigung und Zwangsheirat unterworfen, um sie zu heterosexuellem Benehmen zu ermutigen. Derartige Verbrechen seien selten bei der Polizei angezeigt worden. Insbesondere Frauen seien einer Vergewaltigung durch männliche Familienmitglieder unterworfen worden. LGBT-Personen hätten die Schule aufgrund von Diskriminierung oftmals in einem jungen Alter beendet und seien prozentuell stärker von Arbeitslosigkeit und Obdachlosigkeit betroffen gewesen. Viele LGBT-Personen hätten aus Angst, dass die Gesundheitsdienstleister sie scheuen würden, keine medizinische Versorgung für sexuell übertragbare Krankheiten oder andere Gesundheitsprobleme in Anspruch genommen. Ende des Jahres 2013 habe eine mobile HIV/AIDS-Test-Klinik das Büro der SRC in Bulawayo besucht. Angehörige der LGBT-Gemeinschaft hätten sich danach beschwert, dass sich die MitarbeiterInnen der Klinik geweigert hätten, Paaren eine gemeinsame Beratung anzubieten. Die MitarbeiterInnen hätten laut Angaben von Angehörigen der LGBT-Gemeinschaft zudem diskriminierende Bemerkungen über die PatientInnen gemacht, darunter, dass sie von „Dämonen besessen sind“:

„In contrast to GALZ, the Bulawayo-based Sexual Rights Center (SRC), an organization similarly dedicated to advancing the rights of ‘sexual minorities,’ faced minimal harassment. Prior to elections, however, a lesbian couple, who were SRC stakeholders, were harassed and intimidated by the CIO, which also threatened their families. LGBT individuals reported widespread societal discrimination based on sexual orientation. In response to social pressure, some families reportedly subjected their LGBT members to ‘corrective’ rape and forced marriages to encourage heterosexual conduct. Such crimes were rarely reported to police. Women in particular were subjected to rape by male family members. LGBT persons often left school at an early age due to discrimination and had higher rates of unemployment and homelessness. Many persons who identified themselves as LGBT did not seek medical care for sexually transmitted diseases or other health issues due to fear that health providers would shun them. Late in the year, a mobile HIV/AIDS testing clinic visited the SRC’s Bulawayo office. Afterwards LGBT stakeholders complained that the clinic’s staff refused to provide joint counselling to couples and made discriminatory remarks about the patients, including that they were ‘possessed by demons.’” (USDOS, 27. Februar 2014, Section 6)

Das UK Foreign and Commonwealth Office (FCO) schreibt in seinem Länderbericht zu Menschenrechten und Demokratie von April 2014, dass Homosexualität in Simbabwe weiterhin illegal sei. Präsident Robert Mugabe würde sich in seinen Reden oftmals geringschätzig über Homosexuelle äußern und habe gleichgeschlechtliche Ehen bei seiner Rede zur Amtseinführung im August 2013 attackiert. Die Rechte von Homosexuellen würden aufgrund des mit Homosexualität verbundenen Stigmas nicht offen diskutiert. LGBT-Personen (Lesbian, Gay, Bisexual und Trans; Lesben, Schwule, Bisexuelle und Trans) würden weiterhin eine marginalisierte und stigmatisierte Gruppe darstellen. Die neue Verfassung würde LGBT-Rechte nicht explizit anerkennen. Im Juni 2013 seien unbekannte Angreifer gewaltsam in die Büros der Organisation Gays and Lesbians of Zimbabwe (GALZ) eingedrungen. Fünf Verdächtige seien darauf von der Polizei verhaftet worden. Es sei weiterhin zur Schikanierung der Organisation GALZ gekommen und im August 2013 habe die Polizei aufgrund der „Förderung von Homosexualität“ Eigentum (Computer, DVDs und Flugblätter) in den Büros beschlagnahmt. Das Gerichtsverfahren dauere weiter an, es werde jedoch erwartet, dass der oberste Gerichtshof die Durchsuchung und Beschlagnahmung als unrechtmäßig und der Verfassung widersprechend einstufe:

„Homosexuality remains illegal in Zimbabwe. President Robert Mugabe often refers disparagingly to gay people in his speeches, and attacked same-sex marriages at his inauguration speech in August. The rights of homosexuals are not openly discussed due to the stigma associated with homosexuality. LGBT people remain a marginalised and stigmatised group. The new constitution does not explicitly recognise LGBT rights. In June, the offices of Gays and Lesbians of Zimbabwe (GALZ) were forcefully entered by unknown assailants. Five suspects were subsequently arrested by police. Harassment of GALZ continued and, in August, police seized property (computers, DVDs and pamphlets) from their offices on the basis they were promoting homosexuality. The court case is ongoing, but it is expected that the High Court will rule that the search and seizure was unlawful and contravenes the constitution.” (FCO, 10. April 2014)

Die internationale Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) schreibt in ihrem Jahresbericht zur Menschenrechtslage vom Jänner 2014 (Berichtszeitraum 2013), dass Präsident Mugabe während seines Wahlkampfes im Juli 2013 erneut geäußert habe, dass Angehörige der LGBT-Gemeinschaft „schlimmer als Hunde und Schweine“ seien. Der Präsident habe zudem damit gedroht, sie zu köpfen. Die neue Verfassung würde LGBT-Rechte nicht ausdrücklich anerkennen. Am 22. August 2013 habe der Präsident gleichgeschlechtliche Ehen attackiert, die durch die neue Verfassung illegal und laut Angaben des Präsidenten eine „schmutzige, schmutzige, schmutzige Krankheit“ seien. Viele Angehörige der LGBT-Gemeinschaft seien aufgrund dieser Angriffe, willkürlicher Festnahmen von LGBT-AktivistInnen und Schikanierung der NGO Gays and Lesbian of Zimbabwe (GALZ) durch staatliche Beamte in den vergangenen Jahren, in den Untergrund gegangen:

Attacks against lesbian, gay, bisexual, and transgender (LGBT) individuals and rights activists continue to emanate from the highest level of government. During his election campaign in July, President Mugabe (who has a long history of making homophobic statements) reiterated that LGBT citizens are ‘worse than dogs and pigs,’ and threatened to behead them. The new constitution does not explicitly recognize LGBT rights, and in his inauguration speech on August 22, Mugabe attacked same-sex marriage, which the new constitution prohibits, saying it was a ‘filthy, filthy, filthy disease.’ These attacks on LGBT people, arbitrary arrests of LGBT activists by the police, and the harassment by state agents of the Gays and Lesbian of Zimbabwe (GALZ) nongovernmental organization in previous years, have driven many LGBT people underground.” (HRW, 21. Jänner 2014)

Die regierungsunabhängige Nachrichtenagentur Inter Press Service (IPS), deren Schwerpunkt der Berichterstattung auf entwicklungspolitischen Themen liegt, schreibt in einem Artikel vom Februar 2014, dass gleichgeschlechtliche Beziehungen in Simbabwe illegal seien. Obwohl die neue Verfassung Rechte wie Gleichheit und Nicht-Diskriminierung garantiere, gebe es keine speziellen Rechte für Mitglieder der Gemeinschaft der lesbischen, schwulen, bisexuellen, transsexuellen und intersexuellen Gemeinschaft. Es sei riskant, wenn nicht tödlich, in Simbabwe schwul oder lesbisch zu sein. Derartige Beziehungen seien in Simbabwe streng tabu:

„Zimbabwe criminalises same-sex relations. Even though the new constitution guarantees rights such as equality and non-discrimination, it is silent on specific rights for the lesbian, gay, bisexual, transgender and intersex (LGBTI) community. And it is risky, if not deadly, to be gay and lesbian in Zimbabwe – a country where such relations are beyond taboo.” (IPS, 11. Februar 2014)

 

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Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 23. Juli 2014)

·      Act No. 23/2004 of 2005 on Criminal Law (Codification and Reform), (veröffentlicht am 3. Juni 2005, in Kraft getreten am 1. Juli 2006) (verfügbar auf UNHCR Refworld)

http://www.refworld.org/docid/4c45b64c2.html

·      Criminal Law Code (Standard Scale of Fines) Notice, 2007 (verfügbar auf Kubatana.net)

http://archive.kubatana.net/docs/legisl/crim_law_code_fines_si30a_070207.pdf

·      FCO - UK Foreign and Commonwealth Office: Human Rights and Democracy Report 2013 - Section XI: Human Rights in Countries of Concern - Zimbabwe, 10. April 2014 (verfügbar auf ecoi.net)

http://www.ecoi.net/local_link/273736/402773_de.html

·      HRW - Human Rights Watch: World Report 2014 - Zimbabwe, 21. Jänner 2014 (verfügbar auf ecoi.net)

http://www.ecoi.net/local_link/267844/382149_en.html

·      IPS - Inter Press Service: Surviving Zimbabwe’s Anti-Gay Laws (Autor: Busani Bafana), 11. Februar 2014

http://www.ipsnews.net/2014/02/surviving-zimbabwes-anti-homosexuals-laws/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=surviving-zimbabwes-anti-homosexuals-laws

·      SW Radio Africa: Zimbabwe: Chinamasa Regrets Adopting the U.S. Dollar, 22. Juli 2014

http://allafrica.com/stories/201407230342.html

·      USDOS - US Department of State: Country Report on Human Rights Practices 2013 - Zimbabwe, 27. Februar 2014 (verfügbar auf ecoi.net)

http://www.ecoi.net/local_link/270709/400934_de.html