Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Provinz Nangarhar: Behandlungsmöglichkeiten für Personen mit psychischen Erkrankungen [a 8524-2 (8525)]

23. September 2013
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Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL) berichtet im Mai 2012, dass Depressionen, Angststörungen und posttraumatische Belastungsstörungen zu den am weitesten verbreiteten psychischen Erkrankungen in Afghanistan gehören würden. Es sei allerdings schwierig, genaue Zahlen festzulegen. Laut einer häufig erwähnten Schätzung seien 60 Prozent der afghanischen Bevölkerung von psychischen Erkrankungen betroffen. Andere Schätzungen reichten von 15 bis 98 Prozent. Ahmad Azadi, Kommunikationsbeauftragter der Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO) in Afghanistan, habe angegeben, dass es aufgrund fehlender Daten und psychosozialer Fachkräfte nicht möglich sei, korrekte Diagnosen zu stellen.
In Afghanistan, das über eine Bevölkerung von rund 30 Millionen EinwohnerInnen verfüge, gebe es landesweit nur wenige Einrichtungen zur Behandlung psychischer Erkrankungen. Die größte Einrichtung befinde sich in Kabul und könne nur 60 PatientInnen gleichzeitig behandeln. Es gebe spezialisierte Krankenhausabteilungen in Dschalalabad (Hauptstadt der Provinz Nangarhar, Anm. ACCORD) und Herat. In Mazar-i Scharif helfe ein privates Krankenhaus dabei, die Versorgungslücke zu schließen. Darüber hinaus gebe es in Afghanistan keine weiteren medizinischen Einrichtungen zur Behandlung psychischer Erkrankungen. Dem Leiter der staatlichen Society of Mental Health Specialists zufolge sei die Situation insbesondere in den afghanischen Regionen schwierig („dire“), allerdings gebe es auch positive Entwicklungen. Ein Beispiel für diese positiven Entwicklungen sei das private neuropsychiatrische Krankenhaus Alemi in Mazar-i Scharif.
Wie RFE/RL weiters anführt, würden psychische Erkrankungen nur selten als medizinisches Problem betrachtet und aus Scham häufig von der Familie verschwiegen. Personen, die an psychischen Erkrankungen leiden würden, würden sich oftmals zur Behandlung an heilige Stätten, so genannte „ziyarats“, begeben. Zu den bekannten „ziyarats“ gehöre unter anderem Niali Saheb in der Provinz Nangarhar.
Dem Besitzer des Alemi-Krankenhauses zufolge seien Zeit und Geld bei der Behandlung psychischer Erkrankungen ein Hindernis. Die Behandlung von Depressionen dauere beispielsweise viele Monate und die meisten seiner PatientInnen kämen aus entlegenen ländlichen Gebieten und könnten sich keine längeren Krankenhausaufenthalte leisten.
Wie RFE/RL erwähnt, versuche die Society of Mental Health Specialists die Regierung zu überzeugen, Geld bereitzustellen, um ExpertInnen auszubilden und Einrichtungen zur Behandlung psychischer Erkrankungen in allen Provinzen zu eröffnen:
„Among the mental illnesses affecting Afghans most are depression, anxiety, and posttraumatic stress disorder, but precise statistics are difficult to pin down. One frequently mentioned figure estimates that 60 percent of the population is affected by some form of mental illness. Other estimates range from around the 15 percent range to as high as 98 percent. […] Ahmad Azadi, communication and advocacy officer for the WHO [World Health Organization] in Afghanistan, cites a lack of recorded data and mental-health professionals to properly diagnose patients. […]
With some 30 million inhabitants, Afghanistan has only a handful of mental-health treatment facilities nationwide. In Kabul, the state's main facility has a capacity to treat just 60 patients at a time. There are specialized hospital wards in Jalalabad, in eastern Afghanistan, and Herat, in the west. In the northern city of Mazar-i Sharif a gleaming, private hospital helps fill the void. Other than that there are no other medical facilities to treat mental patients throughout Afghanistan's 34 provinces. Azizuddin Hemat, head of the government-run Society of Mental Health Specialists, says the situation is dire, especially in the country's regions, but that there are positive developments. He singles out the private Alemi Neuro Psychiatric Hospital in Mazar-i Sharif – the administrative center of Balkh Province – as a particular source of pride when it comes to treating patients with mental health-problems. […]
Public awareness of the problem is seen as key to treating it in a country where mental illnesses are seldom recognized as a medical issue, and are often covered up by family members out of shame. […] Sufferers often turn to holy shrines known as ‘ziyarats’ for treatment. Prominent ‘ziyarats’ such as Niali Saheb in Nangarhar, Shams Saheb in Ghazni province, and Shpole Baba in the eastern Mahipar town have become a popular destination for tens of thousands of people suffering from depression. […]
Time and money are a hindrance, according to Alemi [Dr. Nader Alemi, owner of the Alemi Neuro Psychiatric Hospital in Mazar-i-Sharif]. While treatment for depression, for example, usually takes many months, the majority of his patients come from remote rural areas and cannot afford extended hospital stays. […]
Meanwhile, in Kabul, the Society of Mental Health Specialists works to convince the government to allocate money to train experts and open mental heath facilities in all provinces.” (RFE/RL, 3. Mai 2012)
Afghanistan Today, ein vom deutschen Außenministerium finanziertes Ausbildungsprojekt für afghanische JournalistInnen, berichtet in einem Artikel vom November 2011, dass das Geschäft mit der „Heilung“ von psychisch Erkrankten durch eine zweifelhafte Mischung aus Religion und Aberglaube in der Provinz Nangarhar floriere. Erkrankte Personen würden zum bekannten Mia-Ali-Schrein in der Nähe von Dschalalabad gebracht und dort für 40 Tage angekettet. Der Artikel erwähnt den Fall des 25-jährigen Hazrat Mohammad, der in dem Schrein auf Wunsch seiner Verwandtschaft für 40 Tage angekettet sei und nur Brot und schwarzen Pfeffer esse. Ihm sei es nicht erlaubt, bis zum Ende seiner angeblichen Behandlung eine normale Toilette zu benutzen und sich zu waschen.
Fragen der psychischen Gesundheit würden in Afghanistan weiterhin vernachlässigt. Zwar gebe es in den Städten einige moderne Behandlungsmethoden, doch seien in den ländlichen Gebieten die alten Behandlungsweisen weit verbreitet. Einem Spezialisten im Bereich psychische Gesundheit und Dozenten an der Nangarhar Medical University zufolge sei die Behandlung im Mia-Ali-Schrein und anderen derartigen Schreinen unmenschlich und könne zu irreparablen Schäden führen.
Die Behandlung von erkrankten Personen in Schreinen sei in Afghanistan weit verbreitet. Alleine in der Provinz Nangarhar gebe es mehrere solcher Schreine, wovon sich einige angeblich auf die Heilung von Beschwerden wie Hepatitis C spezialisiert hätten.
Wie Afghanistan Today weiters berichtet, seien die verfügbaren staatlichen Behandlungsangebote nicht voll ausgelastet. Dem Leiter der Provinzabteilung für psychische Gesundheit zufolge seien 20 Betten verfügbar (14 für Männer und 6 für Frauen), wovon aktuell nur elf belegt seien. Es gebe keine Frauen unter den Patienten, da das städtische Krankenhaus gegenwärtig keine Ärztin mit Kenntnissen im Bereich psychische Gesundheit beschäftige. Die Betreuung der Patienten sei angemessen und mit Sicherheit humaner als in den Schreinen. Patienten könnten Fernsehen schauen, Musik hören und Brettspiele spielen. Außerdem stünden Beratungsleistungen für Familienangehörige von Patienten zur Verfügung:
„In the eastern province of Nangarhar, the business of ‘curing’ mental illness through a dubious mix of religion and superstition is thriving. Sick people brought to the famous Mia Ali shrine near Jalalabad are chained up in their own filth for 40 days at a time, while at a state-run specialized ward for mental illness, beds go empty. […]
Hazrat Mohammad wears only a loin cloth as he sits on the floor of the 2.5-square-metre room, counting on his fingers and muttering agitatedly to himself. His ankle and wrists are fettered with a thick chain that is anchored to the wall. Little more than a mud and stone-built enclosure with a doorway, the room reeks of bodily waste. In accordance with customs and beliefs stretching back more than three centuries, 25-year-old Hazrat will spend 40 days confined here at the request of relatives, eating only bread and black pepper. He is not allowed to use a normal toilet, nor is he allowed to wash until his supposed treatment is complete. […]
Mental health issues remain woefully neglected in Afghanistan in the 21st Century. Some modern treatments are available in the cities, but in rural areas the ancient ways still abound, much to the alarm of professionals. Not only is the practice at this and other similar shrines inhumane, says Sayed Jalal, a mental health specialist and lecturer at Nangarhar Medical University, but it may cause irreparable damage. […]
The culture of admitting people to shrines for treatment for various afflictions is widespread in Afghanistan. Several such shrines operate in Nangarhar Province alone, some of them supposedly specializing in curing specific ailments like hepatitis. […]
Meanwhile, the available state care is not being used to its full capacity. The head of the provincial Department for Mental Healthcare, Ahmad Zahir Allah Yar, said 20 beds were available, 14 for men and 6 for women, but that only 11 of these were currently occupied. None of these were women, he said, because the city hospital did not currently have a female doctor qualified in mental healthcare. Care on offer was adequate and certainly more humane than the shrines, the doctor said. Patients can watch television, listen to music and play board games while being treated. And there is also a consultancy service that advises families of patients how to cope with their condition.” (Afghanistan Today, 7. November 2011)
Die Nachrichtenagentur Associated Press (AP) berichtet in einem Artikel vom Mai 2012, dass laut Angaben von Fachkräften im Gesundheitsbereich und KritikerInnen Schreine wie der außerhalb von Dschalalabad gelegene Mia-Ali-Baba-Schrein ineffektiv seien und genutzt würden, um Profit zu machen.
In Afghanistan hätten viele keinen Zugang zu grundlegenden Gesundheitsdiensten, geschweige denn zu Einrichtungen für Personen mit psychischen Erkrankungen. Da laut Regierung mehr als 60 Prozent der afghanischen Bevölkerung unter psychischen Störungen leide, führe dies zu einer großen Lücke, die gefüllt werden müsse. Frustrierte Familien würden sich oftmals an Orte wie den Mia-Ali-Baba-Schrein begeben und dort auf ein Wunder hoffen:
„Shrines such as Mia Ali Baba [outside Jalalabad] are frowned upon by healthcare professionals and critics, who say they are ineffective and that those who run them prey on vulnerable people's religion and superstitions to make a profit. But in Afghanistan, racked by poverty and decades of war, many do not have access to basic healthcare, let alone facilities for the mentally ill. With the government saying that more than 60 per cent of Afghans suffer psychological disorders from anxiety to depression, that leaves a huge void to fill. Frustrated families often turn to places like Mia Ali Baba, hoping for a miracle. The prescription is drastic. Those sent here are chained to the walls of the small, windowless rooms. They are fed only water, black pepper and bread. They are not allowed to bathe anything except their faces, hands and feet. Speaking with others is prohibited. If a shrine keeper decides their situation is improving, they may be unchained for a few minutes so they can pray, walk outside or visit a proper bathroom.” (AP, 18. Mai 2012)
In einem im Jahr 2013 veröffentlichten Bericht schreibt die Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO) unter anderem über die Bemühungen, die von NGOs nach dem Sturz der Taliban unternommen worden seien, um die Situation im Bereich psychische Gesundheit zu verbessern. Wie die WHO berichtet, habe die NGO HealthNet TPO in der Provinz Nangarhar Dienstleistungen im Bereich psychische Gesundheit in alle Gesundheitseinrichtungen eingebunden. MitarbeiterInnen in Einrichtungen der Basisgesundheitsversorgung seien im Bereich psychische Gesundheit ausgebildet und anschließend regelmäßig beaufsichtigt worden. Distriktkrankenhäuser in Nangarhar hätten damit begonnen, ambulante Dienste anzubieten, außerdem sei im Provinzkrankenhaus eine Abteilung für psychische Gesundheit eingerichtet worden. Alleine in Nangarhar hätten 334 ÄrztInnen, 275 KrankenpflegerInnen und GeburtshelferInnen sowie 931 Gesundheitsfachkräfte in den Gemeinden („community health workers“) eine grundlegende Ausbildung im Bereich psychische Gesundheit erhalten. Während der ersten sechs Jahre des Programms seien 23 ÄrztInnen zu AusbilderInnen geschult worden. Der Anteil der Patientengespräche im Bereich psychische Gesundheit an der allgemeinen Pflege sei innerhalb von neun Jahren von einem auf rund fünf Prozent gestiegen. Bei 95.058 Personen seien psychische Erkrankungen diagnostiziert und behandelt worden:
„In the eastern province of Nangarhar, the NGO HealthNet TPO integrated mental health services into all health facilities, thereby providing coverage to almost 1.4 million people. Staff working in basic health facilities were trained in mental health and then provided with regular supervision. District hospitals in the province began to offer outpatient services, and a mental health ward was established in the provincial hospital. In Nangarhar province alone, 334 doctors, 275 nurses and midwives, and 931 community health workers received basic mental health training (see Photos 1 and 2). During the first six years of the programme, a total of 23 doctors were trained as trainers. The proportion of mental health consultations in general care increased in nine years from less than 1% to around 5% (95 058 people diagnosed and treated; see Figure 1).” (WHO, 2013, S. 28-29)
In den ACCORD derzeit zur Verfügung stehenden Quellen konnten im Rahmen der zeitlich begrenzten Recherche keine weiteren Informationen zu oben genannter Fragestellung gefunden werden. Im Folgenden finden sich Ausschnitte, die allgemeinere Informationen zu Behandlungsmöglichkeiten für Personen mit psychischen Erkrankungen in Afghanistan enthalten, und in denen die Provinz Nangarhar nicht explizit erwähnt wird:
 
Im Länderinformationsblatt Afghanistan vom Oktober 2012, das im Auftrag der Zentralstelle für Informationsvermittlung zur Rückkehrförderung (ZIRF) beim deutschen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) von der International Organization for Migration (IOM) verfasst wurde, wird erwähnt, dass körperlich und geistig Behinderte sowie Missbrauchsopfer, die eine Rückkehr nach Afghanistan in Betracht ziehen würden, eine starke Unterstützung durch die Familie und Gemeinschaft sicherstellen sollten. Medizinische Behandlungsmöglichkeiten für eine Vielzahl von Krankheiten und Beschwerden seien meist nicht verfügbar:
„Physically and mentally disabled persons, as well as victims of abuses, when considering return, must ensure strong family and community support. Medical assistance is widely unavailable for the treatment of a variety of diseases and afflictions.” (IOM, Oktober 2012, S. 15)
Die afghanische englischsprachige Tageszeitung Afghanistan Times berichtet in einem Artikel vom Dezember 2012, dass laut Angaben der im Ministerium für öffentliche Gesundheit angesiedelten Abteilung für psychische Gesundheit mehr als 50 Prozent der afghanischen Bevölkerung an psychischen Erkrankungen leide. Zusammen mit anderen nationalen und internationalen Organisationen plane die Abteilung, ÄrztInnen, PsychiaterInnen und KrankenpflegerInnen zu schulen, um dem Problem zu begegnen. Dem Leiter der Abteilung zufolge fehle es in Afghanistan an PsychiaterInnen und psychotherapeutischen Zentren.
Inge Missmahl, die Leiterin der International Psychosocial Organization (IPSO), habe angegeben, dass ihre Organisation seit 2008 in Afghanistan tätig sei und Schulungen für mehrere afghanische ÄrztInnen, PsychiaterInnen und KrankenpflegerInnen durchgeführt habe. Gerade hätten 20 PsychiaterInnen und BeraterInnen die Ausbildung erfolgreich absolviert und würden nun ihre Tätigkeit in den Provinzen Balch, Baglan, Badachschan, Kundus und Tachar beginnen. Laut Missmahl werde IPSO mit der finanziellen Unterstützung der Europäischen Union weitere 140 ÄrztInnen, PsychiaterInnen und KrankenpflegerInnen für andere Provinzen ausbilden:
„Mental Health Department said that more than 50 percent of Afghans were suffering from mental disorder across the country. Head of Mental Health Department, Bashir Sarwari, at a press conference said that psychiatric disorder is more common in women as compared to men. He said that Mental Health Department of Minister of Public Health (MoPH) in collaboration with other concerned national and international organizations planned to train doctors, psychiatrists and nurses to cope with the challenge across the country. Sarwari told media-persons that Afghanistan lack psychiatrists and psychotherapy centers. He requested authorities concerned for help in this regard. […]
Director of International Physiological Organization (IPSO) [gemeint ist wahrscheinlich die International Psychosocial Organization, Anm. ACCORD], Inge Missmahl appreciated organizers of the seminar and said that IPSO has started its activities in Afghanistan in 2008. She said that IPSO provided trainings to several Afghan doctors, psychiatrists and nurses. ‘Today we marked graduation of 20 psychiatrists and councilors, who were trained to perform their duties in Balkh, Baghlan, Badakhshan, Kundoz and Takhar provinces’, she added. IPSO will train 140 more doctor, psychiatrists and nurses with the financial support of European Union for other provinces, she mentioned.” (Afghanistan Times, 22. Dezember 2012)
Der deutsche Auslandsrundfunksender Deutsche Welle (DW) schreibt in einem Artikel vom Dezember 2012, dass der American Medical Association zufolge rund 70 Prozent der afghanischen Bevölkerung unter psychischen Erkrankungen leide. Personen mit geistiger Behinderung seien mit Diskriminierung konfrontiert und auch deren Familien würden leiden. Das psychiatrische Krankenhaus in Kabul sei die einzige derartige Klinik in der afghanischen Hauptstadt. Es handle sich um ein staatliches Krankenhaus, das kostenlose Untersuchungen anbiete und in dem Dutzende Kranke untergebracht seien:
„According to the American Medical Association, around 70 percent of the Afghan population suffers from psychological disorders. Mentally challenged people face discrimination and their families suffer. […] Kabul psychiatric hospital is the only clinic of its kind in the whole of the Afghan capital. It's a government hospital and provides free checkups. Dozens of patients can be accommodated and are looked after by Dr Sima.” (DW, 18. Dezember 2012)
BBC schreibt in einem Artikel vom Oktober 2012, dass geschätzt werde, dass rund die Hälfte der afghanischen Bevölkerung über 15 Jahre unter psychischen Problemen leide, darunter Depressionen, Angststörungen oder posttraumatische Belastungsstörungen. Außerhalb der afghanischen Hauptstadt Kabul gebe es kein Gesundheitswesen im Bereich der psychischen Gesundheit:
„In Afghanistan, most families have lost one or more member during the country's 30 years of conflict. And it's estimated about half of Afghans over 15 years of age have mental health problems such as depression, anxiety or post-traumatic stress disorder. Outside of the country's capital Kabul there is no mental healthcare system.” (BBC, 10. Oktober 2012)
Die kanadische Non-Profit-Organisation Canadian Women for Women in Afghanistan (CW4WAfghan), deren Ziel es ist, die Bildungschancen afghanischer Frauen und Familien zu verbessern und über die Menschenrechtslage in Afghanistan zu informieren, schreibt in einem Artikel von 2011, dass Angststörungen, posttraumatische Belastungsstörungen und Depressionen in der afghanischen Bevölkerung besonders verbreitet seien. Psychische Gesundheit sei ein deutlicher Schwachpunkt der afghanischen Politik und Praxis im Gesundheitsbereich nach dem Sturz der Taliban. Dienstleistungen im Bereich psychische Gesundheit seien nahezu nicht existent und es gebe nur wenige inländische Kapazitäten zur Vermeidung oder Behandlung psychischer Erkrankungen. Das afghanische Ministerium für öffentliche Gesundheit habe psychische Gesundheit als Priorität für die Gesundheitspolitik bis 2015 gelistet. Allerdings habe es keine klaren Aussagen über die Maßnahmen, die zu den erhofften Ergebnissen führen sollten, getroffen. In Afghanistan würden psychische Erkrankungen oftmals missverstanden und die Betroffenen stigmatisiert, weshalb es für die erkrankten Personen noch schwieriger sei, eine Behandlung und Unterstützung zu erhalten.
Laut Berichten gebe es in Afghanistan nur 42 PsychologInnen und PsychaterInnen. In Kabul verwalte das Ministerium für öffentliche Gesundheit die 1985 gegründete psychiatrische Klinik, die stationäre Dienstleistungen für Männer und Frauen anbiete und über ein Zentrum zur Behandlung von Drogenabhängigen verfüge. Das Krankenhaus, das lange für seinen heruntergekommenen und unhygienischen Zustand bekannt gewesen sei, verfüge nur über 60 Betten, während laut ExpertInnen eine Einrichtung mit mindestens 300 Betten erforderlich sei. Im Jahr 2010 sei das Krankenhaus außerdem von der internationalen NGO International Medical Corps (IMC) wegen fehlender Anschlussbehandlung nach der Entlassung der PatientInnen und der hohen Rückfallquote von Drogenabhängigen und psychisch erkrankten Personen kritisiert worden.
Im Jahr 2010 habe das Krankenhaus über 6.400 PatientInnen aufgenommen, außerdem hätten 21.000 ärztliche Konsultationen stattgefunden. Die psychiatrische Klinik in Kabul sei weiterhin das einzige Krankenhaus für psychische Erkrankungen in Afghanistan, obwohl das Ministerium für öffentliche Gesundheit im Jahr 2006 die Einrichtung von Krankenhäusern für psychische Erkrankungen mit jeweils 30 Betten in jeder Region, von Krankenhäusern mit 20 Betten in jeder Provinz und von Kliniken mit zehn Betten in jedem Distrikt versprochen habe. Zu Beginn des Jahres 2011 habe das Ministerium noch keine Pläne zur Errichtung eines neuen Krankenhauses in Kabul gehabt. Allerdings habe die Europäische Kommission im Jahr 2010 Pläne für ein Programm zur Unterstützung des vorhandenen Krankenhauses und zur Weiterbildung der 128 KrankenhausmitarbeiterInnen vorangetrieben, welches von IMC umgesetzt werden solle.
Das Ministerium für öffentliche Gesundheit führe derzeit ein Ausbildungsprogramm im Bereich psychische Gesundheit durch und es gebe Pläne, dieses im Jahr 2011 auf vier Krankenhäuser in der nördlichen Region des Landes auszuweiten. In Afghanistan gebe es keine Universitätsfakultät, die eine Ausbildung für Fachkräfte im Bereich psychische Gesundheit anbieten würde. Allerdings habe IMC im Februar 2011 angekündigt, mit den Ministerien für höhere Bildung und öffentliche Gesundheit zusammenarbeiten zu wollen, um die fortgeschrittene psychiatrische Ausbildung an afghanischen medizinischen Universitäten zu verbessern.
Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels gebe es eine kleine Anzahl an NGOs, die Dienstleistungen für Frauen im Bereich psychische Gesundheit anbieten würden. Allerdings seien diese wenigen Dienstleistungen weitestgehend auf städtische Gebiete beschränkt:
„Anxiety disorders, post-traumatic stress disorder (PTSD), and depression are particularly common among Afghans. […] Mental health is a notable area of weakness in health policy and practice post-Taliban. Mental health services are almost non-existent and there is little domestic capacity to prevent or treat mental illness. The Afghan Ministry of Public Health lists mental health as a priority in health policy to 2015; however, it does not clearly state the measures it will take to reach its hoped-for outcomes. […] In Afghanistan, mental illness is often misunderstood and stigmatized, as it is in most societies, making it even more difficult for people living with mental illness to access treatment and support. […]
Afghanistan reportedly has only 42 psychologists and psychiatrists in the entire country. In the capital, the Ministry for Public Health manages the Kabul Psychiatric Hospital, founded around 1985, which also includes inpatient services for men and women, and a drug treatment centre called the Jangalak Substance Misuse Centre. […] The hospital, long notorious for its dilapidated and unhygienic state, has only 60 beds; while experts say at least a 300-bed facility is needed. It was also criticized in a 2010 assessment by the IMC [International Medical Corps] for not providing follow-up treatment post-discharge and for the high relapse rates of addicts and mental health patients.
In 2010, over 6,400 patients were admitted to the hospital and 21,000 patient consultations took place (of which nearly half were treated for depression and 5,000 treated for psychosis), which remains the only mental health hospital in the country, despite announcements by the Minister of Public Health back in 2006 that 30-bed mental health hospitals would be opened in every region of the country, in addition to 20-bed hospitals in every province, and 10-bed clinics in every district. As of early 2011, the Ministry of Public Health had no plans in place to construct a new hospital in Kabul; however, in 2010, the European Commission moved ahead with plans to design a program to support the existing hospital and to build the capacity of the 128 hospital personnel. The program will be implemented by the international NGO, International Medical Corps. […]
The Ministry of Mental Health currently operates a mental health training program with funding from the European Union and Caritas, with plans to expand it to four hospitals in the northern region of the country in 2011. In Afghanistan, there is no dedicated university faculty to train mental health personnel; however, International Medical Corps announced in February 2011 its plans to work with the Ministries of Higher Education and Public Health ‘to improve advanced psychiatric education at medical universities in Afghanistan’ (IMC website). […]
Today, a small group of non-governmental organizations provide mental health services to Afghan women; however, the few services that do exist are largely confined to urban areas.” (CW4WAfghan, 2011)
Ein im Jahr 2011 veröffentlichter Bericht der WHO geht auf die Verfügbarkeit von Einrichtungen zur Behandlung von psychischen Erkrankungen in Afghanistan ein. Dem Bericht zufolge gebe es im Bereich psychische Gesundheit 21 Ambulanzen, eine Tagesklinik, ein Krankenhaus sowie 244 Betten für psychisch erkrankte Personen in allgemeinen Krankenhäusern. Der Bericht führt weiters an, dass auf 100.000 EinwohnerInnen 0,16 PsychiaterInnen, 0,34 ÄrztInnen ohne Spezialisierung auf psychische Gesundheit und 0,08 PsychologInnen kommen würden. (WHO, 2011, S. 2-3)
 
Im bereits weiter oben zitierten Bericht der WHO aus dem Jahr 2013 finden sich Informationen zur Frage, wie sich die Situation im Bereich psychische Gesundheit in Afghanistan seit dem Sturz der Taliban entwickelt hat. In der Zusammenfassung wird erwähnt, dass nach 2001 zunehmend Aufmerksamkeit auf die Stärkung der Dienstleistungen im Bereich psychische Gesundheit gelegt worden sei. Ursprünglich hätten NGOs bei der Erbringung der Dienstleistungen die Führung übernommen. Ab 2004 sei das Ministerium für öffentliche Gesundheit zunehmend involviert gewesen und im Jahr 2010 habe es einer nationalen Fünfjahresstrategie im Bereich psychische Gesundheit zugestimmt. Obwohl Afghanistan zu den ärmsten asiatischen Ländern gehöre, hätten Programme für humanitäre Hilfe zu einer der erfolgreichsten Erfahrungen in Asien hinsichtlich der Förderung der Gesundheitsversorgung im Bereich psychische Gesundheit in ausgewählten Gebieten eines Landes geführt. Zwar bestünden weiterhin große Herausforderungen, doch seien wichtige Fortschritte bei der Erhöhung der Priorität der Gesundheitsversorgung im Bereich psychische Gesundheit sowie bei der Bereitstellung von Dienstleistungen für hilfsbedürftige Personen erzielt worden:
„Afghanistan has experienced protracted violence and instability for the past 30 years. Following the fall of the Taliban government in 2001, attention increased on strengthening mental health services in the country. Initially, nongovernmental organizations (NGOs) took the lead in implementing services. From 2004, the Ministry of Public Health became increasingly involved, and in 2010 it endorsed a five-year National Mental Health Strategy. Although Afghanistan is one of Asia’s poorest countries, humanitarian recovery programming has paradoxically resulted in one of the continent’s most successful experiences in integrating and scaling up mental health care in selected areas of a country. Significant challenges remain, but important progress has been made in raising the priority of mental health care and providing services to those in need.” (WHO, 2013, S. 27)
Der gesamte Bericht zur Entwicklung der Situation im Bereich psychische Gesundheit in Afghanistan ist unter folgendem Link verfügbar:
 
 

Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 23. September 2013)