Anfragebeantwortung zu Bangladesch: Homosexualität (können Homosexuelle ihre Sexualität ausleben?; homosexuelle Szene, v.a. in Metropolen; Strafverfahren/Inhaftierungen) [a-8427]

3. Juli 2013
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Laut einem undatierten Länderprofil zu Bangladesch auf der Website der International, Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association (ILGA) seien gleichgeschlechtliche Beziehungen gemäß Paragraph 377 („widernatürliche Verstöße“) des Strafgesetzbuchs aus dem Jahr 1860 verboten. (ILGA, ohne Datum)
 
Der von ILGA zitierte Paragraph 377 des bangladeschischen Strafgesetzbuchs besage, dass jeder, der freiwillig widernatürlichen Geschlechtsverkehr (Penetration sei hierfür ausreichend) mit einem Mann, einer Frau oder einem Tier habe, mit einer bis zu lebenslangen Freiheitsstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren bestraft werde und auch mit einer Geldstrafe belegt werden könne:
„Section 377 ‘Unnatural Offences’
Whoever voluntary has carnal intercourse against the order of nature with man, woman, or animal, shall be punished with imprisonment of either description which may extend to life, or up to 10 years, and shall also be liable to fine.
Explanation: Penetration is sufficient to constitute the offence as described in this section.” (ILGA, ohne Datum)
Das österreichische Bundeministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (BMeiA) führt in seinen Reiseinformationen zu Bangladesch (Stand: 26. Juni 2013) an, dass gleichgeschlechtliche Beziehungen illegal seien, aber „keine Fälle der Strafverfolgung unter diesem Tatbestand bekannt“ seien. (BMeiA, 26. Juni 2013)
In seinem Länderbericht zur Menschenrechtslage vom April 2013 (Berichtszeitraum 2012) schreibt das US-amerikanische Außenministerium (US Department of State, USDOS), dass gleichgeschlechtlicher Geschlechtsverkehr, der einvernehmlich stattfinde, illegal sei, das betreffende Gesetz jedoch nicht angewendet worden sei.    Gruppen von lesbischen, schwulen, bisexuellen und Transgender-Personen (LGBT) hätten berichtet, dass die Polizei das Gesetz als Vorwand zur Schikanierung von LGBT-Personen, insbesondere von Männern, die als verweiblicht angesehen worden seien, verwendet habe:
„Consensual same-sex sexual activity is illegal, but the law was not enforced. Lesbian, gay, bisexual, and transgender (LGBT) groups reported that police used the law as a pretext to bully LGBT individuals, particularly those seen as effeminate men.” (USDOS, 19. April 2013, Section 6)
In einer gemeinsamen, im Jahr 2013 verfassten Stellungnahme für die Universal Periodic Review (UPR) des UNO-Menschenrechtsrats schreiben das Netzwerk für homosexuelle Männer in und aus Bangladesch, Boys of Bangladesh (BoB), die in Neu Delhi ansässige Menschenrechtsorganisation Creating Resources for Empowerment in Action (CREA) und die Sexual Rights Initiative (SRI), ein Zusammenschluss von Organisationen, der sich für Menschenrechte im Zusammenhang mit Gender und Sexualität einsetzt, dass es in der Geschichte Bangladeschs noch keinen Fall gegeben habe, bei dem eine Person unter Paragraph 377 des Strafgesetzbuchs vor Gericht gestellt oder eine Klage gegen sie eingereicht worden wäre. Allerdings solle der Paragraph 377 von Strafverfolgungsbehörden verwendet worden sein, um Hijra, Kothi (männliche Homosexuelle, die sich weiblich geben und beim gleichgeschlechtlichen Geschlechtsverkehr die passive Rolle übernehmen, Anm. ACCORD) und Gemeinschaften, die als LGBT identifiziert worden seien, zu schikanieren. Viele würden für die Beibehaltung des Paragraphen 377 plädieren, da es kein eigenes Gesetz gegen Kindesmissbrauch gebe.
Wie in der Stellungnahme weiters berichtet wird, würden Strafverfolgungsbehörden den Paragraphen 54 der Strafprozessordnung von 1898 verwenden, um Hijra, Kothi und Gemeinschaften, die als LGBT identifiziert worden seien, zu schikanieren. Laut Paragraph 54 der Strafprozessordnung könne die Polizei Personen ohne Haftbefehl festnehmen, wenn diese verdächtig seien, eine erkennbare Straftat begangen hätten oder versuchen würden, die Arbeit der Polizei zu behindern („try to create obstacle in any work“). In den meisten Fällen werde dieser Paragraph wahllos verletzt oder missbraucht.
Paragraph 74 der Verordnung der Polizeibehörde Dhaka („Dhaka Metropolitan Police ordinance“) werde ebenfalls oft genutzt, um männliche Sexarbeiter und Personen, die andersgeschlechtliche Bekleidung tragen würden („cross-dressers“), zu schikanieren.
Obwohl es keinen Fall gegeben habe, bei dem einer LGBT-Organisation die Registrierung verweigert worden wäre (weil es keinen Antrag einer LGBT-Organisation auf Registrierung gegeben habe), werde weithin davon ausgegangen, dass einer solchen Organisation wegen der bestehenden Gesetze die Erlaubnis, sich zu registrieren, verweigert werden könnte. Die Anwältin (am Obersten Gericht in Bangladesch, Anm. ACCORD) Sara Hossain sei der gleichen Ansicht:
„As a postcolonial nation-state Bangladesh retains the infamous British anti-sodomy law known as Section 377. It says ‘Whoever voluntarily has carnal intercourse against the order of nature with any man, woman or animal, shall be punished with imprisonment for life, or with imprisonment of either description for a term which may extend to ten years, and shall also be liable to fine.’ […]
Interestingly there has not been any case tried or filed under this section in the history of Bangladesh. Nonetheless ‘377’ is said to have been invoked by the law enforcing agencies to bully Hijra, Kothi and LGBT-identified communities. Since there is no separate law for Child Sexual Abuse, many argue section 377 to be retained for that purpose. […]
Law enforcers often use Section 54 of the Criminal Procedure 1898 to harass Hijra, Kothi and LGBT-identified communities. According to section 54, police can arrest people without any warrant if he or she is suspicious, committed any cognizable offense or try to create obstacle in any work. In most of the cases this section is randomly violated or misused by political benefit or by persuading own benefit. […]
Section 74 of DMP [Dhaka Metropolitan Police] ordinance is also frequently used to harass male sex workers and cross-dressers. […]
Though there has not been any case of denial for registering an LGBT organization by the government (because there has not been any application for registration from any LGBT organization), it is widely accepted that such an organization may not be allowed to register because of the existing laws. Once consulted with Barrister Sara Hossain, she also expressed the same view.” (BoB/CREA/SRI, 2013, S. 7-8)
In einem älteren, im Oktober 2009 erschienen Bericht schreibt Dina M. Siddiqi vom Center for Gender, Sexuality and HIV/AIDS an der BRAC-Universität in Dhaka, dass Forschungen des Centers zufolge Gesetze wie der Paragraph 54 der Strafprozessordnung die größte Rolle bei der Schikanierung von Hijra und Männern, die mit Männern Sex haben, spielen würden, und nicht Paragraph 377 des Strafgesetzbuchs:
„The Centre’s research indicated that laws such as Section 54 of the Criminal Procedure Code, rather than Section 377, played the major role in the harassment of hijra and MSM [men who have sex with men] communities.” (Siddiqi, Oktober 2009, S. 1)
In einer Stellungnahme für die Universal Periodic Review des UNO-Menschenrechtsrats vom Oktober 2012 berichtet CIVICUS: World Alliance for Citizen Participation, ein internationaler Zusammenschluss von Organisationen, der sich für die Stärkung der Zivilgesellschaft einsetzt, dass homosexuelle Handlungen in Bangladesch gemäß Paragraph 377 des Strafgesetzbuchs verboten seien. Diese Bestimmung werde jedoch nur selten angewendet. Der Paragraph 377 zwinge die LGBT-Gemeinschaft zu einem Schattendasein. Der Umstand, dass sie offiziell als illegal angesehen würden, sorge dafür, dass LGBT-Personen in der Öffentlichkeit schweigen würden und die Sammlung von Informationen über das Vorgehen gegen LGBT-AktivistInnen schwierig sei. Informelle LGBT-Organisationen hätten berichtet, dass es ihnen aufgrund möglicher Polizeirazzien unmöglich sei, sich zu organisieren, Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben, sich für Gesetzesänderungen einzusetzen oder dauerhafte Einrichtungen zu gründen:
„Homosexual acts are illegal in Bangladesh according to Section 377 of the Penal Code, which punishes consensual homosexual conduct with penalties of up to life imprisonment, although this provision is rarely enforced. Section 377 forces the local LGBT community into a shadow existence. Their official illegality silences their voices in the public sphere and makes the gathering of information on the targeting of LGBT activists difficult. Informal LGBT organizations reported that they were unable to organize, do outreach, petition for 6 changes to the law, or set up permanent establishments because of the possibility of police raids.” (CIVICUS: World Alliance for Citizen Participation, 9. Oktober 2012, S. 5-6)
In ihrem Jahresbericht für das Jahr 2011 schreibt die Bandhu Social Welfare Society (BSWS), eine bangladeschische NGO, die sich für stigmatisierte und sozial ausgegrenzte Männer und deren Partner einsetzt, dass jede homosexuelle Handlung von Gesellschaft und Staat als nicht akzeptabel angesehen werde und Paragraph 377 des Strafgesetzbuchs zu einer Kriminalisierung („pale of criminality“) und Nichtakzeptanz aller sexuellen Minderheiten geführt habe. Wenn man nach Anwendungen des Paragraphen 377 suche, erkenne man, dass nur selten von diesem Gebrauch gemacht worden sei. Allerdings gebe die Existenz des Paragraphen den staatlichen Akteuren, insbesondere der Polizei, die Möglichkeit, straffrei auf außerrechtlichem und außergerichtlichem Wege gegen alle sexuellen Minderheiten vorzugehen. In der Regel gingen die staatlichen Akteure gegen sexuelle Minderheiten vor, um Bestechungsleistungen, oftmals durch Forderungen nach Bestechungsgeld oder sexuellen Gefälligkeiten, zu erhalten. Die Nichterfüllung dieser Forderungen führe zu Gewalt:
„Section 377 of the Bangladesh Penal Code (BPC) prescribes punishment for what is described as unnatural offences, and this has been understood by the legal system to include the act of sodomy. While the strict interpretation of the law would imply that only the penetrator in the act of sodomy is guilty of the offence as described in section 377, in reality any act of homosexuality is treated as unacceptable by society and the state. In other words, the impact of the law which was originally to target a particular sexual act has in effect brought about a pale of criminality and non-acceptance against all sexual minorities in Bangladesh. If one searches the history of the application of section 377 to actual offences, one finds that it has rarely been used. This may give off the false impression that this is a law which is not used to target sexual minorities. The reality however is that the existence of the law gives the state agents, especially the police, the impunity to act against all sexual minorities in an extra legal and extra judicial manner. Usually the purpose of the state agents in targeting sexual minorities is for venal gains, often by way of demand for either bribes or sexual favors. It is when such demands are either not met or resisted that this results in violence.” (BSWS, 2012, S. 39)
Freedom House führt in seinem Jahresbericht zu politischen Rechten und bürgerlichen Freiheiten vom Jänner 2013 (Berichtszeitraum 2012) an, dass das Verbot von homosexuellen Handlungen nur selten angewendet werde, soziale Diskriminierung aber weiterhin die Norm sei. Transgender-Personen seien auch mit Repressionen konfrontiert, obwohl eine staatlich geförderte Kundgebung in der bangladeschischen Hauptstadt im Oktober 2011 eine bessere Anerkennung der Gruppe gefordert habe:
„A criminal ban on homosexual acts is rarely enforced, but societal discrimination remains the norm. Transgender people also face persecution, though a government-sponsored rally in the capital in October 2011 urged greater recognition for the group.” (Freedom House, Jänner 2013)
Die unabhängige US-amerikanische Nachrichtengruppe Salem-News.com, die eigenen Angaben zufolge 114 JournalistInnen und andere Beitragende in 24 verschiedenen Ländern (jedoch nicht in Bangladesch, Anm. ACCORD) habe (Salem News, ohne Datum), berichtet im August 2012, dass bangladeschische Behörden drei homosexuelle Männer in einem Hotel in Sylhet verhaftet hätten. Über die genauen Hintergründe der Verhaftung liefert der Artikel keine Informationen:
„Bangladeshi authorities have arrested three gay men in Sylhet. The saga is indicative of problems facing this community of gay men from home and abroad. […] In this event, Bangladeshi young gay men Sumon, Jakir and British citizen Alen were raided by police in a hotel. Their privacy was breached when they were illegally detained.” (Salem-News.com, 28. August 2012)
In den ACCORD derzeit zur Verfügung stehenden Quellen konnten im Rahmen der zeitlich begrenzten Recherche keine weiteren aktuellen Informationen zu konkreten Fällen von Verhaftungen und/oder Strafverfolgung von Homosexuellen in Bangladesch gefunden werden.
 
BoB, CREA und SRI schreiben in ihrer oben zitierten gemeinsamen Stellungnahme von 2013, dass in Bangladesch eine Kultur der kollektiven Verneinung der Existenz von sexuellen und Gender-Minderheiten herrsche. Außerdem gebe es keinen öffentlichen Diskurs über Geschlechtsverkehr/Sexualität, weshalb alles, was offenkundig sexuell sei, von der Gesellschaft missbilligt werde. Nicht-normatives sexuelles und Rollenverhalten werde als unmoralisch, sündhaft, abscheulich und absolut inakzeptabel angesehen. Deshalb würden sich gleichgeschlechtliche Beziehungen im Geheimen entwickeln und Personen in gleichgeschlechtlichen Beziehungen würden gezwungen, unsichtbar zu sein:
„There is a culture of collective denial about the existence of sexual and gender minorities in the country. The conservative Muslim dominated patriarchal social structure allows same-sex relationships (as friends/close friends) as long as they are platonic. In the country of 160 million people (world’s most densely populated country) sex is considered a taboo (and a very private matter). There is no public discourse on sex/sexuality, not even under the subtle pretext of HIV/AIDS. Hence anything overtly sexual is frowned upon by the society. Non-normative gender and sexual behavior is considered immoral, sinful, disgusting and absolutely unacceptable. As a result, same-sex relationships flourish and thrive in secrecy forcing people to be invisible and non-existent.” (BoB/CREA/Sexual Rights Initiative, 2013, S. 3)
Im Abschnitt über Diskriminierung und Gewalt aus Gründen der sexuellen Orientierung und des Geschlechts schreiben BoB, CREA und SRI, dass oftmals von Entführungen, willkürlichen Festnahmen, Inhaftierungen, Schlägen und Gruppenvergewaltigungen durch Strafverfolgungsbehörden und örtliche Schläger („thugs“) berichtet worden sei. Insbesondere Hijra, Kothi und andere „verweiblichte“ Männer seien oft gefährdet, Opfer dieser Formen von Gewalt zu werden. Außerdem gebe es ausführliche Berichte über die physische und psychische Belästigung („physical and psychological molestation”) „verweiblichter“ Männer in akademischen Einrichtungen und am Arbeitsplatz. Die meisten Personen, die als Hijra und Kothi identifiziert würden und eine Schule besucht hätten, würden Mobbing als einen der Hauptgründe dafür nennen, warum sie die staatlich geförderte Grundschule vorzeitig verlassen hätten. Viele hätten Berichten zufolge Selbstmordtendenzen entwickelt und ein akutes psychologisches Trauma erlitten. Darüber hinaus hätten sich viele der Prostitution und Drogen zugewendet.
Homosexuelle Frauen hätten außerdem über Gewalt durch Familienangehörige und die Gesellschaft berichtet. Diese würde einen großen Druck auf die Frauen ausüben und verlangen, dass sie heiraten. Wenn sie sich weigerten, zu heiraten, oder verdächtigt würden, sich in gleichgeschlechtlichen Beziehungen zu befinden, würden viele der Frauen mit Gewalt durch Familienangehörige konfrontiert. Aus Angst vor Stigmatisierung, Diskriminierung und Ablehnung durch die Gesellschaft würden die Beziehungen der Frauen immer geheim gehalten:
„Gross violations of rights have often been reported in the forms of abduction, arbitrary arrests, detention, beatings and gang rape by the law enforcing agencies and local thugs. Particularly Hijra, Kothi and other ‘effeminate’ males are often vulnerable to these forms of violence. There are also extensive reports of physical and psychological molestation of ‘effeminate’ males in academic institutions and workplaces. Most Hijra and Kothi-identified persons who attended schools cite bullying as one of the preeminent reasons for dropout from state sponsored primary schools. Many are reported to have turned suicidal and experienced acute psychological trauma. Left with no options, many turn to prostitution and drugs.
[…] Lesbian women have also reported violence from their family members and society. Society exerts great pressure on them to get married. On resisting many of the women face violence from their family when they refuse to marry or are suspected to be in same- sex relationships. There is immense stigma and fear within women. As a result their relationships are always in secrecy because of the fear of stigma, discrimination and rejection in society.” (BoB/CREA/SRI, 2013, S. 5)
Im oben zitierten Jahresbericht der Bandhu Social Welfare Society (BSWS) für das Jahr 2011 wird erwähnt, dass die Kultur der kollektiven Verneinung der Existenz von Homosexualität in Bangladesch deutlich sichtbar sei – ein Umstand, der dem sozialen Konservatismus zuzuschreiben sei. Die sexuellen Minderheiten seien im Allgemeinen im Untergrund und es sei für sie unüblich, in die Öffentlichkeit zu treten. Stigmatisierung, Tabuisierung und ein minimaler Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen hätten die sexuellen Minderheiten zu einer gefährdeten („vulnerable“) Gemeinschaft hinsichtlich sexuell übertragbarer Krankheiten, darunter HIV, gemacht:
„The culture of collective denial of the existence of Homosexuality is clearly visible in Bangladesh - a fact attributable to social conservatism. The sexual minority communities are generally underground and being out in public is uncommon. Stigmatization, taboo, and minimal access to health care have made it a vulnerable community regarding sexually transmitted diseases, including HIV.” (BSWS, 2012, S. 19)
Die BSWS berichtet weiters, dass Homosexualität in Bangladesch nicht legal sei. Deshalb fehlten den Angehörigen sexueller Minderheiten die verschiedenen sozialen und wirtschaftlichen Möglichkeiten. Die Erfahrung der BSWS zeige, dass die meisten der von ihr unterstützten Personen aufgrund ihrer Verhaltensweisen und sexuellen Identität aus den Bildungseinrichtungen ausscheiden würden. Viele Angehörige sexueller Minderheiten würden überall mit tiefgreifender Diskriminierung konfrontiert. In Bangladesch werde die Mehrheit der feminisierten Männer zu einem frühen Zeitpunkt in der Schule oder Madrasa misshandelt („abused“). Diese Situation führe zu Depressionen, Entfremdung, häufiger Abwesenheit vom Unterricht, Schulabbruch und Selbstmordtendenzen. Angesichts der Gesamtabbruchrate und Diskriminierung habe die BSWS Dialoge mit verschiedenen privaten und öffentlichen Universitäten begonnen, um eine dauerhafte Lösung für das Problem zu finden:
„In Bangladesh, homosexuality is not legalized. As a result of this the member of sexual minority communities are deprived from the different social and economic opportunities. BSWS experience shows that most of the beneficiaries drop from the educational institutions due to their behaviors and sexual identity. Many sexual minority individuals experience pervasive discrimination everywhere. In Bangladesh, most of the feminized males are abused in their early age at schools or madrasa. This situation induces depression, alienation, poor attendance in school, drop out and suicidal tendency. Considering the overall dropout rate and discrimination, BSWS initiated dialogue sessions with different private and public universities from July 2011 in order to find lasting solution to the problem.” (BSWS, 2012, S. 25)
Der oben zitierte USDOS-Länderbericht vom April 2013 (Berichtszeitraum 2012) schreibt, dass es einige informelle Unterstützungsnetzwerke für homosexuelle Männer gegeben habe, Organisationen zur Unterstützung homosexueller Frauen allerdings selten gewesen seien. Homosexuelle Männer und Frauen seien oftmals mit großem Druck seitens der Familie konfrontiert gewesen, die sie zur Heirat einer Person des anderen Geschlechts aufgefordert hätte.
Gelegentlich hätten sich Angriffe auf LGBT-Personen ereignet, allerdings seien diese aufgrund des Wunsches der Opfer nach Geheimhaltung nur schwer zu dokumentieren gewesen. Die Bandhu Social Welfare Society, eine lokale NGO, habe von 137 Übergriffen auf LGBT-Personen im Jahr 2012 berichtet (verglichen mit 109 im Vorjahr). Eine starke soziale Stigmatisierung aufgrund der sexuellen Orientierung sei verbreitet gewesen und habe eine offene Diskussion zu dem Thema verhindert.
Die Ministerien für öffentliche Verwaltung und Bildung hätten ein Pilotprojekt durchgeführt, um die Integration von Transgender-Personen in die Mainstream-Gesellschaft zu unterstützen. Im Rahmen des Projekts hätten Transgender-Personen eine 90-tägige Ausbildung in berufsbezogenen Fertigkeiten erhalten. Außerdem sei ein Sensibilisierungsprogramm zur Veränderung der negativen Wahrnehmung der Transgender-Gemeinschaft gestartet und eine Stiftung für Transgender-Personen gegründet worden, um diese Programm weiterzuführen:
„There were several informal support networks for gays, but organizations to assist lesbians were rare. Gays and lesbians often faced strong family pressure to marry opposite-sex partners.
Attacks on LGBT persons occurred on occasion, but those offenses were difficult to document because victims desired confidentiality. The Bandhu Social Welfare Society, a local NGO, reported 137 cases of assault against LGBT persons during the year, as compared with 109 in 2011. Strong social stigma based on sexual orientation was common and prevented open discussion of the subject.
The Ministries of Public Administration and Education conducted a pilot project to help integrate transgender persons into mainstream society. The project gave transgender persons 90 days of job skills training, began an awareness program to change negative views of the community, and established a foundation for transgender persons to continue the program.” (USDOS, 19. April 2013, Section 6)
In der oben zitierten gemeinsamen Stellungnahme von BoB, CREA und SRI wird erwähnt, dass die nationale AIDS-Politik die Existenz von Männern, die mit Männern Sex haben (MSM), anerkenne. Männliche Sexarbeiter seien außerdem eine anerkannte Kategorie der nationalen AIDS-Politik. Homosexualität sei jedoch weiterhin illegal. Es gebe weiterhin keinen gesetzlichen Rahmen zum Schutz der Rechte von HIV-Infizierten und AIDS-kranken Personen:
„The national AIDS policy acknowledges the existence of male to male sexual (MSM) practices. Yet paradoxically homosexuality remains criminalized. Male Sex Workers (MSW) is also a recognized category in the national AIDS policy. There is still no legal framework to protect the rights of people living with HIV/AIDS.” (BoB/CREA/SRI, 2013, S. 7)
In der bangladeschischen Online-Zeitung bdnews24.com, die nach eigenen Angaben Nachrichten in bengalischer und englischer Sprache zur Verfügung stelle und bei deren Geschäftsführer und Chefredakteur es sich um den Journalisten und früheren BBC-Moderator Toufique Imrose Khalidi handle (bdnews24.com, ohne Datum), findet sich ein im April 2013 verfasster Gastbeitrag von Rainer Ebert, graduierter Student an der US-amerikanischen Rice University, Gründungsmitglied der AktivistInnengruppe Bangladesh Liberal Forum und Associate Fellow am Oxford Centre for Animal Ethics, und Shakhawat Hossain, Menschenrechtsaktivist und freiwilliger Mitarbeiter von Boys of Bangladesh (BoB). Darin wird berichtet, dass die Bewegung für die Rechte von LGBT-Personen in Bangladesch in den vergangenen Jahren beträchtlich an Stärke gewonnen habe. Eine Reihe von kleinen aber handfesten Erfolgen sei erzielt worden. Einige Monate zuvor habe der Vorsitzende der Nationalen Menschenrechtskommission angekündigt, dass sein Team, gemeinsam mit der Nationalen Gesetzeskommission, ein Antidiskriminierungsgesetz ausarbeite, das auch die Diskriminierung aus Gründen der sexuellen Orientierung und Gender-Identität verbieten würde. Zuvor hätten Muhammad Yunus und drei weitere Nobelpreisträger in einer Stellungnahme die Legalisierung gleichgeschlechtlicher Beziehungen gefordert.
Obwohl diese Entwicklungen Hoffnung machen würden, befinde sich der Kampf für die Gleichberechtigung von LGBT-Personen noch in einer frühen Phase und LGBT-AktivistInnen in Bangladesch würden jede Gelegenheit nützen, um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen:
„What many people do not know is that the LGBT rights movement in Bangladesh has gained considerable momentum in recent years. A number of small, yet tangible victories have been achieved. Just a few months ago, for example, National Human Rights Commission (NHRC) Chairman Dr. Mizanur Rahman announced that his team, in collaboration with the National Law Commission, is drafting an anti-discrimination law which would also prohibit discrimination based on a person’s sexual orientation and gender identity. Earlier, Dr. Muhammad Yunus and three other Nobel Peace Prize laureates released a statement in which they called for the legalization of same-sex sexual relationships.
While these developments give hope, the struggle for LGBT equality is still in its early stages and LGBT activists in Bangladesh try to use every opportunity to bring attention to their cause.” (Ebert/Hossain, 27. April 2013)
In einem im Jahr 2011 im indischen LGBT-Onlinemagazin Pink Pages veröffentlichten Interview berichtet ein 30-jähriger Mann namens Tanvir, der als Mitarbeiter von Boys of Bangladesh (BoB) und Programmreferent des Goethe-Instituts Bangladesch beschrieben wird, dass sich nur gebildete und Männer der mittleren Einkommensklasse als Homosexuelle ansehen würden. Die Unterprivilegierten würden sich als Koti, Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), usw. identifizieren. Heterosexuelle Ehen seien in der bangladeschischen Gesellschaft, die sehr familienorientiert sei, Pflicht. Man könne sein, was man wolle, solange man verheiratet sei. Deshalb würden viele LGBT-Personen heiraten. Das Konzept der „Zugehörigkeit“ oder des „gegenseitigen Verständnisses“ sei innerhalb der Homosexuellen-Gemeinschaft immer noch nicht sehr verbreitet.
Wie Tanvir weiters ausführt, steige die Zahl der sichtbaren homosexuellen Männer in Dhaka und Chittagong merkbar an. In der bangladeschischen Gesellschaft sei es nicht einfach, sich als Homosexueller zu outen, da die Familien meistens groß seien und eine zu große Abhängigkeit von den Werten und Normen der anderen bestehe. Das Umfeld sei weiterhin schlecht, um sich in der Familie, in der Bildungseinrichtung oder am Arbeitsplatz zu outen und über seine Sexualität zu sprechen. Es gebe in den Medien kaum Diskussionen zum Thema Homosexualität. In den wenigen Fällen seien Homosexuelle verhöhnt worden bzw. habe man sich über sie lustig gemacht.
Die Homosexuellenszene in Dhaka sei weiterhin sehr diskret und im Wachsen begriffen („thriving“) und in den vergangenen fünf/sechs Jahren habe ihre Sichtbarkeit zugenommen. Abgesehen von Dhaka gebe es in Chittagong, Sylhet und Khulna eine sehr schwach ausgeprägte Homosexuellenszene:
„Gay as an identity is yet to be developed in Bangladesh. The community is highly class based in the sense that only the educated and middle income group men will identify themselves as gays whereas the underprivileged class would identify with koti, MSM etc. Heterosexual marriage is compulsory in our society which is very family oriented. You can be anything you want to be as long as you get married. So lots of LGBT folks get married at one point of time. The concept of the ‘sense of belongingness’ or ’mutual understanding’ is still not very common among the mass gay community. I think still people here can’t imagine that two men can live happily under the same roof as they never saw this in reality. But the number of visible gay man is increasing remarkably in Dhaka and Chittagong. It’s not easy to come out here in our society as mostly the families are extended and people are too dependent on each others values and norms. The environment is still not very comfortable for a gay to come out and speak of his sexuality in his family or educational institute or work place. There is hardly any discussion about this in the media but in the very few instances the issue comes out as a fun/mockery. […]
Gay scene is still very discreet and thriving in Dhaka with an increase in the visibility in last 5/6 years. Still people want to keep their gay friends and straight friends in a different list. People believe that his best friend will not remain a friend anymore if he comes out. Other than Dhaka, there is a very feeble gay scene in Chittagong, Sylhet and Khulna. […]
Gay women or lesbians are almost invisible here. There is only one informal lesbian organizations and the leader of that group is somewhat out and open.” (Pink Pages, 2011)
Weitere Informationen zur Lage und Behandlung von Homosexuellen finden sich in folgenden Dokumenten:
 
 
 
 

Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 3. Juli 2013)