Anfragebeantwortung zu Nigeria: Informationen zu einer innerstaatlichen Fluchtalternative (allgemein und in Lagos) [a-8453]

5. Juli 2013
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Das US-Außenministerium (US Department of State, USDOS) schreibt in seinem Länderbericht zur Menschenrechtslage vom April 2013 (Berichtszeitraum 2012), dass alle StaatsbürgerInnen das Recht hätten, in jedem Landesteil zu leben, jedoch hätten bundesstaatliche und lokale Regierungen oftmals ethnische Gruppen diskriminiert, die in ihren Wohngebieten nicht indigen seien. Fallweise seien Einzelpersonen gezwungen worden, in eine Region zurückzukehren, von der ihre ethnische Gruppe abstamme, zu der sie jedoch keine persönlichen Verbindungen mehr hätten. Bundesstaatliche und lokale Regierungen hätten nicht-indigene Personen mittels Drohungen, Diskriminierung bei Anstellungen oder Zerstörung ihrer Häuser gezwungen, umzuziehen. Jene, die sich für einen Verbleib entschieden hätten, seien manchmal weiter diskriminiert worden, etwa durch die die Verweigerung von Stipendien und Ausschluss von einer Anstellung bei zivilen Diensten, Polizei und Militär:
„All citizens have the right to live in any part of the country, but state and local governments frequently discriminated against ethnic groups not indigenous to their areas, occasionally compelling individuals to return to a region where their ethnic group originated but to which they no longer had personal ties. State and local governments sometimes compelled nonindigenous persons to move by threats, discrimination in hiring and employment, or destruction of their homes. Those who chose to stay sometimes experienced further discrimination, including denial of scholarships and exclusion from employment in the civil service, police, and military.” (USDOS, 19. April 2013, Section 6)
In einer Anfragebeantwortung des Immigration and Refugee Board of Canada (IRB) vom November 2012 werden zwei Professoren für Soziologie (von der Universität Massachusetts Boston und der Universität Prince Edward Island) und ein Professor für Geschichte (Universität Obafemi Awolowo in Ile-Ife, Nigeria) bezüglich Hindernissen bei einer Relokation in einen anderen Landesteil zitiert. Die Interviews seien am 25. Oktober 2012 und am 9. Oktober 2012 geführt worden. Laut Angaben der Soziologieprofessoren könne eine Person, die in einen anderen Landesteil umziehe, wo ihre ethnische Gruppe eine Minderheit bilde, im Allgemeinen von örtlichen BewohnerInnen als „Außenstehender“ oder als Mitglied einer anderen ethnischen Gruppe identifiziert werden. Beide Soziologieprofessoren hätten angegeben, dass, obwohl es Fälle geben könnte, wo einige Einzelpersonen als Angehörige einer anderen ethnischen Gruppe „durchgehen“ könnten, insgesamt örtliche BewohnerInnen meist die „verblüffende“ Fähigkeit hätten, „sie“ von „uns“ zu unterscheiden. Der Geschichtsprofessor habe angegeben, dass Einzelpersonen, die in Städte wie Lagos, Abuja und Port Harcourt umziehen, aufgrund ihrer „Niederlassung weit weg von den Hauptströmungen der Indigenen und ihrer Lebensweise leicht identifiziert“ werden könnten:
„According to the professors of Sociology, an individual who relocates to another part of the country where his or her ethnic group is a minority can generally be identified by local residents as an ‘outsider’ or as a member of a different ethnic group (Professors 25 Oct. 2012). The professors note that although ‘there may be instances where some individuals can 'pass' for another ethnic group, overall, local residents often have the uncanny ability to differentiate 'them' from 'us'’ (ibid.). Similarly, the Professor of History indicated that individuals who migrate to cities such as Lagos, Abuja, and Port Harcourt can be ‘easily identified’ because of their ‘settlement far away from the mainstream of the indigenes and their way of life/outlook’ (9 Oct. 2012).” (IRB, 20. November 2012)
Jedoch sei laut dem vom IRB zitierten Geschichtsprofessor der indigene Status in großen Städten wie Lagos, Abuja und Port Harcourt bezüglich Zugang zu öffentlichen Jobs und Landeigentum weniger wichtig als an anderen Orten, da die indigene Bevölkerung in diesen Gebieten durch Migration in die Städte „überwältigt“ worden sei. Indigene ethnische Gruppen würden in Lagos den Grundstücksmarkt dominieren. Nicht-Indigene würden im Bereich der Politik mit Diskriminierung konfrontiert sein. In anderen Industriezweigen, wo eine Nachfrage herrsche, könnten sie im Allgemeinen Arbeit finden:
„However, according the Professor of History, indigeneship status is less important in big cities such as Lagos, Abuja, and Port Harcourt than it is in other places, in terms of access to public jobs or ownership of land, because the indigene population in these areas has been ‘overwhelmed’ by migrants to the cities (Professor 9 Oct. 2012). He explained, for example, that the establishment of the Federal Capital Territory pushed the indigenes of Abuja further from the ‘centre of influence’ (ibid.). However, he also indicated that indigenous ethnic groups continue to dominate the market for land in Lagos, and that indigenes of the Niger Delta, including in Port Harcourt, have been demanding a greater allocation of jobs in the region's oil industry (ibid.). Non-indigenes also face discrimination in the field of politics (ibid.). Nevertheless, the Professor stated that, in other industries, they can generally find work where there is a demand for it (ibid.).” (IRB, 20. November 2012)
Die Soziologieprofessoren hätten laut dem IRB zudem angegeben, dass ethnische Minderheiten dazu tendieren würden, in oder außerhalb einer Stadt in denselben Stadtteilen zu leben. Der Großteil der Yoruba-Städte habe etwa ein unter dem Begriff „Sabongeri“ bekanntes Wohngebiet, das von ethnischen Hausa-Fulani bewohnt würde:
„The professors of Sociology indicated, similarly, that ethnic minorities tend to live in the same neighbourhood within or on the outskirts of a city (25 Oct. 2012). They explained, for example, that most Yoruba towns have an ethnic Hausa-Fulani residential area known as the ‘Sabongeri’ (Professors 25 Oct. 2012).” (IRB, 20. November 2012)
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Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 5. Juli 2013)
  • IRB - Immigration and Refugee Board of Canada: Nigeria: Whether a member of an ethnic group can be identified by physical characteristics, manner of dress, or by any other means; obstacles faced when relocating to Abuja, Lagos or Port Harcourt [NGA104216.E], 20. November 2012 (verfügbar auf ecoi.net)http://www.ecoi.net/local_link/233724/356397_de.html
  • USDOS - US Department of State: Country Report on Human Rights Practices 2012 - Nigeria, 19. April 2013 (verfügbar auf ecoi.net)
    http://www.ecoi.net/local_link/245102/355026_en.html