Amnesty International Report 2022/23; Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; Eswatini 2022

Berichtszeitraum: 1. Januar 2022 bis 31. Dezember 2022

AMTLICHE BEZEICHNUNG

Königreich Eswatini

STAATSOBERHAUPT

König Mswati III.

STAATS- UND REGIERUNGSCHEF*IN

Cleopas Dlamini

Stand:
1/2023

Grundlegende Menschenrechte wurden unterdrückt, und politische Aktivist*innen festgenommen, gefoltert und anderweitig misshandelt, zudem durchsuchten Sicherheitskräfte ihre Wohnungen. Friedliche Proteste wurden gewaltsam aufgelöst. Die Regierung wies von UN-Sonderberichterstatter*innen vorgebrachte Menschenrechtsbedenken zurück. Hunderte Menschen waren weiterhin von rechtswidrigen Zwangsräumungen bedroht. Lesbische, schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen (LGBTI+) wurden diskriminiert, schikaniert und ausgegrenzt. Frauenrechtsorganisationen zeigten sich nach wie vor besorgt über das Ausmaß der geschlechtsspezifischen Gewalt.

Folter und andere Misshandlungen

Die Sicherheitskräfte gingen weiterhin mit Einschüchterungsversuchen und Schikanen gegen Personen vor, die abweichende Meinungen vertraten. Am 31. Januar 2022 wurde Colani Maseko, Vorsitzender der Studierendenvereinigung Swaziland National Union of Students (SNUS), von Angehörigen der Kriminalpolizei in Zivil unter dem Vorwand einer "Befragung" verschleppt. Er kam am 4. Februar gegen Kaution wieder frei, nachdem er wegen Aufwiegelung und Sachbeschädigung angeklagt worden war. Im Mai wurde er erneut vor der Universität von Eswatini von Soldaten entführt. Sie schlugen ihn und brachten ihn anschließend zur Matsapha-Polizeistation, von wo aus er später ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Sakhile Nxumalo, ein weiterer führender Vertreter der SNUS, wurde am 1. Februar 2022 von Polizisten entführt, misshandelt und u. a. mit Stromschlägen traktiert. Er kam am selben Tag ohne Anklage wieder frei.

Die Polizei nahm Tibusiso Mdluli und Nontsetselelo Nkambule von der Vereinigten Demokratischen Volksbewegung (People’s United Democratic Movement – PUDEMO) ins Visier, weil sie bei einer Demonstration am 23. März 2022 in der Stadt Mbabane Kleidungsstücke mit ihren Parteiinsignien trugen. Die beiden Frauen wurden in ein Polizeifahrzeug verfrachtet, entkleidet, beleidigt und von mehr als 40 Polizist*innen brutal zusammengeschlagen und anschließend im Mvutshini Township aus dem Fahrzeug geworfen.

Im August 2022 lobte der König öffentlich die Polizei und forderte sie auf, nach der Devise "Auge um Auge" zu handeln.

Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit

Die Behörden nutzten weiterhin das Gesetz über staatsgefährdende und subversive Aktivitäten (Sedition and Subversive Activities Act) von 1938 sowie das Gesetz zur Terrorismusbekämpfung (Suppression of Terrorism Act – STA) von 2008, um kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen.

Im Juni 2022 wurde Zweli Martin Dlamini, Redakteur der Swaziland News, eines der wenigen unabhängigen Nachrichtenportale des Landes, unter Berufung auf das STA als Terrorist eingestuft.

Im Juli äußerten sich drei UN-Sonderberichterstatter*innen und andere UN-Vertreter*innen besorgt über die "schwerwiegenden Einschränkungen der Grundrechte", u. a. im Zusammenhang mit der Unterdrückung von Massenprotesten. Die Regierung von Eswatini bestritt ihre Verantwortung für die angeprangerten Grundrechtsverletzungen.

Am 1. September 2022 erließ die Regierung ein Einreiseverbot gegen den südafrikanischen Staatsbürger Sicelo Mngomezulu. Als Begründung wurden seine Äußerungen bezüglich der Schilftanz-Zeremonie (Umhlanga), einer jährlich stattfindenden kulturellen Veranstaltung, angeführt. Der tatsächliche Grund für das Einreiseverbot könnte jedoch der Umstand sein, dass er einer der Rechtsbeistände der beiden Parlamentsabgeordneten Mduduzi Bacede Mabuza und Mthandeni Dube war. Die Abgeordneten waren im Jahr 2021 unter konstruierten Anklagen auf Grundlage des STA und wegen Verstößen gegen die Coronavorschriften inhaftiert worden. Justizvollzugsbeamte griffen sie in den frühen Morgenstunden des 22. September 2022 brutal an. Sie erhielten anschließend 24 Stunden lang keinen Zugang zu medizinischer Versorgung, bis ihr Anwalt einen entsprechenden Antrag vor Gericht stellte.

Am 20. September 2022 explodierten im Haus von Mlungisi Makhaya, dem Vorsitzenden der PUDEMO, Sprengsätze. Er und seine Familie waren nicht zu Hause, und es wurde niemand verletzt. Berichten zufolge deutete der verwendete Sprengstoff darauf hin, dass dieser von Sicherheitskräften dort deponiert worden war.

Rechtswidrige Zwangsräumungen

Im April 2022 setzte eine Grundbesitzerin eine Räumungsanordnung für mehr als acht Siedlungen (homesteads) im Dorf KaMbhoke in der Region Shiselweni um. Die Unterkünfte von mehr als 30 Menschen wurden dabei zerstört. Gewalttätige Proteste von Jugendlichen der betroffenen Gemeinschaft verhinderten den Abriss weiterer Häuser. Den ehemaligen Bewohnern*innen wurden keine alternativen Unterkünfte zur Verfügung gestellt.

Im Juli 2022 teilte ein Grundbesitzer einer auf dem Land der Mbondzela-Farm in der Stadt Gege lebenden Gemeinschaft mit, dass er bei Gericht die Räumung des von ihr bewirtschafteten Landes beantragt habe. Die Betroffenen wurden aufgefordert, das Land nicht weiter zu nutzen, sodass ihnen Ernährungsunsicherheit drohte. Von der Räumung waren die Bewohner*innen von etwa 45 Siedlungen betroffen.

Der Vorschlag zur Novellierung des Gesetzes über die Kontrolle von Farmbewohner*innen (Farm Dwellers Control Amendment Bill), mit dem die Beziehungen zwischen Farmbewohner*innen und -besitzer*innen neu geregelt werden sollen, blieb weiter im Senat anhängig.

Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intergeschlechtlichen (LGBTI+)

LGBTI+ waren in Eswatini weiterhin Diskriminierung, Schikanen und Ausgrenzung ausgesetzt. Im April 2022 bestätigte das Hohe Gericht die Entscheidung des Unternehmensregisteramts, den Antrag der LGBTI-Gruppe Eswatini Sexual and Gender Minorities auf Eintragung als Organisation abzulehnen. Im September 2022 drangsalierte eine Gruppe von Menschen ein schwules Paar in Mbabane und verspottete die beiden, weil sie "so taten, als seien sie Frauen".

Geschlechtsspezifische Gewalt

Geschlechtsspezifische Gewalt war weit verbreitet. Am 11. Februar 2022 wurde eine Frau in der Stadt Nhlangano von ihrem ehemaligen Partner getötet, der etwa 40 Mal auf sie einstach. Der Täter starb später im Krankenhaus, nachdem er von einer aufgebrachten Menschenmenge angegriffen worden war. Frauenrechtsorganisationen intensivierten ihre Forderung, angesichts der anhaltenden Gewalt einen nationalen Notstand auszurufen. Sie unterzeichneten die Charta über geschlechtsspezifische Gewalt in Eswatini (Eswatini Gender Based Violence Charter), die zur Beendigung derartiger Verbrechen aufruft. Die als "Volksinitiative" bezeichnete Charta wurde von der amerikanischen Anwaltskammer (American Bar Association), zivilgesellschaftlichen Gruppen und der Regierung unterstützt.

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